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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 12.07.2002
Aktenzeichen: 21 U 1608/02
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 89a
1. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. des § 89a HGB ist gegeben, wenn dem zur Kündigung berechtigten Teil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dessen Ablauf oder bis zum Ablauf der Frist bei ordentlicher Kündigung (hier Kündigungsfrist von 6 Monaten) nicht zumutbar ist.

2. Schwerer Vertragsverstoß eines Handelsvertreters durch unzureichende Gebietsbetreuung, insbesondere auch von Krankenhäusern, und durch Nichtbeachtung von vom Handelsvertreter akzeptierten Weisungen des Unternehmers in diesem Bereich.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 21 U 1608/02

Verkündet am 12.07.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Klemm aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2002 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 30. Zivilkammer, vom 9. November 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.800 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Handelsvertretervertrages.

I.

Aufgrund Vertrages vom 14.11.1978 war der Kläger als freier Handelsvertreter zunächst für die Firma W H und sodann für die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Firma H tätig (Anlage K 1 zu Blatt 1/6 der Akten).

Mit Schreiben vom 21.7.2000 (Anlage K 2) kündigte die Beklagte den Handelsvertretervertrag mit dem Kläger fristlos mit der Begründung, der Kläger habe seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt, nachdem die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 26.4.2000 die Arbeitsweise des Klägers im Hinblick auf unzureichende Gebietsbetreuung, insbesondere in den neuen Bundesländern gerügt hatte (Anlage K 4). Vorausgegangen war eine Unterredung zwischen dem Kläger und der Geschäftsleitung der Beklagten am 19.4.2000 in den Firmenräumen der Beklagten in München.

II.

Wegen des (weiteren) Vertrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 9.11.2001 (Blatt 118/132 der Akten) die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt, es habe ein wichtiger Grund im Sinne von § 89 a Abs.1 HGB für die außerordentliche Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses bestanden. Der Leistungsumfang für den Kläger sei in § 2 des Handelsvertretervertrages klar geregelt. Danach habe der Kläger auch Kliniken und Krankenhäuser, nicht nur Fachhandelskunden aufzusuchen. Es habe hierzu keine andere betriebliche Übung gegeben. Das werde durch die Aussagen der Zeugen bestätigt. Der Kläger habe sein Vertragsgebiet im Jahr 1999 und in der Folgezeit erheblich vernachläßigt. Das ergebe sich aus der Aussage der Zeugin B. Danach sei der Umsatz im Jahr 1999 um 1.000.000.-- DM zurückgegangen; bei dem Kläger habe der Umsatz statt erwarteter etwa 2.300.000.-- DM nur 1.600.000.-- DM betragen. Der Kläger habe in seinem alten Gebiet in Norddeutschland einhundert Krankenhäuser, in den neuen Bundesländern nur sechs Krankenhäuser besucht, davon drei auf strikte Anweisung der Beklagten. Dabei habe es in dem zuletzt genannten Gebiet etwa dreihundert von dem Kläger zu besuchende Krankenhäuser gegeben. Diese Tätigkeit sei nicht objektiv unmöglich gewesen. In dem Gespräch vom 19.4.2000 liege eine Abmahnung. Die Parteien hätten vereinbart, daß der Kläger durch verstärkten Einsatz und eine 14-tägige Reisetätigkeit in dem neuen Verkaufsgebiet etwa dreihundert Krankenhäuser besuche. Die Vereinbarung sei unter denn 26.4.2000 schriftlich fixiert worden. Der Kläger habe sie nicht eingehalten. Eine weitere Abmahnung sei unzumutbar gewesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

III.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger bringt im wesentlichen vor, es habe kein wichtiger Grund im Sinne von § 89 a Abs.1 Satz 1 HGB für die fristlose Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses bestanden. Er, der Kläger, habe berechtigterweise primär die Kontakte zu den Fachhandelskunden gehalten und den Fachhandel vorrangig aufgesucht, weil die Krankenhäuser und sonstige Endabnehmer die Produkte der Beklagten ausschließlich über den Fachhandel und nicht direkt bei der Beklagten bezögen. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit sei nach seiner Auffassung effektiver. Die Artikel der Beklagten würden je nach Bedarf eingekauft. Der Endabnehmer werde seine Entscheidung aufgrund aktueller Beratung durch seinen Ansprechpartner beim Fachhandel treffen. Diese Beratung sei deutlich effektiver als ein Herantreten an die Krankenhauskunden. Er, der Kläger, habe daher nicht Besuche bei den einzelnen Krankenhäusern geschuldet. Er habe den effektiven Vertrieb der Produkte der Beklagten mit der Intensivierung der von ihm gewählten Vertriebsschiene durch Kontaktaufnahme zu dem Fachhandel erreicht. Er habe langjährig in dieser Weise gearbeitet. Hieraus ergäben sich Rücksichtnahmen auf Seiten der Beklagten. Der Beklagten sei nicht unzumutbar gewesen, das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Der Umsatz in seinem Gebiet sei nicht auf Grund von Vernachlässigungen durch ihn, den Kläger, zurückgegangen. Dazu gebe es keine gesicherten Erkenntnisse. Er habe den Handelsvertretervertrag nicht verletzt. Wenn man sein Verhalten als Vertragsverletzung ansehen wollte, wäre es nicht so gravierend, daß die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ausgeschlossen wäre. Es gäbe keine Umstände, die das Vertrauensverhältnis schwerwiegend beeinträchtigt hätten.

Es wäre eine weitere deutliche Abmahnung erforderlich gewesen. Im weiteren Verlauf habe er nur seine Rechte wahrgenommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I, Geschäftszeichen 30 O 15495/00, vom 9.11.2001 festzustellen, daß der zwischen den Parteien bestehende Handelsvertretervertrag vom 14.11.1978 durch die fristlose Kündigung vom 21.7.2000 nicht beendet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte bringt vor, durch die Vernachlässigung des Verkaufsgebiets insgesamt und durch die Nichtbearbeitung einzelner Regionen innerhalb dieses Gebiets des Klägers habe dieser seine Hauptpflicht verletzt. Dies sei ein wichtiger Grund im Sinne von § 89 a HGB. Der Kläger habe Krankenhäuser zu besuchen gehabt. Der Kläger habe den Endabnehmer, der letztlich die Bestellungen vornehme, zu beraten und von der Werthaltigkeit des Produkts zu überzeugen. Der Kläger sei nicht berechtigt, entgegen dem Vertrag aufgrund bloßer Bezugswege den lediglich zwischengeschalteten Fachhändler als Abnehmer als wichtiger anzusehen als den eigentlichen Endkunden. Aus den Ausführungen des Klägers werde deutlich, daß er die Bedeutung der Produkte für die Anwender und das daraus resultierende Beratungsinteresse der Endabnehmer an den Produkten falsch bewerte. Der Kläger unterschätze den Einfluß des betroffenen Personals. Der Fachhandel verfolge eine andere Zielsetzung, als der Außendienst/Handelsvertreter von ihr, der Beklagten, dies tun sollte. Der Kläger habe auch seine Verpflichtung zur Betreuung der Fachhandelskunden massiv verletzt, indem er im Jahr 1999 in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt keine Fachhandelskunden, in Sachsen, Niedersachsen, Bremen und Thüringen nur je einen Fachhandelskunden besucht habe. Die Frage der Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung und einer Interessenabwägung stelle sich im Grunde nicht. Denn das Verhalten des Klägers sei als "Arbeitsverweigerung" zu bezeichnen. Der Kläger verweigere nachhaltig, seine vertragliche Hauptpflicht als Handelsvertreter zu leisten. Das gelte insbesondere für die Tätigkeit eines Gebietsvertreters. Es wäre schlechthin unerträglich, sie, die Beklagte, zur Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Gebietsprovisionen zu verpflichten. Das Gespräch vom 19.4.2000 erfülle die Anforderung an eine Abmahnung. Eine weitere Abmahnung sei in ihrem Schreiben vom 20.6.2000 enthalten. Es lägen kein Verzicht und keine Verwirkung des außerordentlichen Kündigungsrechts vor, da sie, die Beklagte, nach Kenntnis des Sachverhalts den Kläger im April 2000 zur Rede gestellt habe und sie damals davon ausgegangen sei, daß durch das Gespräch und eventuell durch Änderung des Vertragsgebiets das Problem aus der Welt zu schaffen sei und daß sich der Kläger wie angekündigt vertragstreu verhalten würde. Die Feststellung des Sachverhalts sei für sie schwierig gewesen, da der Kläger seine Besuchsberichte für sie, die Beklagte, und einen anderen Unternehmer stets in einer Urkunde vorgenommen habe. Es sei daher grob treuwidrig, wenn sich der Kläger darauf berufe, sie, die Beklagte, habe sein Tun gebilligt. Durch die Abmahnung sei der Kündigungsgrund nicht "verbraucht".

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Parteischriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der

Zeugen H-J L, P E, F K B und B B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.9.2001 (Bl.92/106) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Handelsvertretervertrag vom 14.11.1978 ist durch die wirksame fristlose Kündigung vom 21.7.2000 beendet worden.

Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils und nimmt auf sie Bezug.

Die folgenden Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (§ 313 Abs.3 ZPO). Die Kürze der Darstellung erklärt sich auch daraus, daß der Streit im Termin zur mündlichen Verhandlung sachlich und rechtlich eingehend erörtert wurde (vgl. hierzu Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Auflage, § 313 Randnummer 27). Auch ist zu berücksichtigen, daß es sich um ein Berufungsurteil handelt, das mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht angefochten werden kann (vgl. BVerfG NJW 1996, 2785; 1999, 1387/1388).

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 89 a HGB ist gegeben, wenn denn zur Kündigung berechtigten Teil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dessen Ablauf oder auch nur bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem es durch ordentliche Kündigung beendet werden könnte, nicht zumutbar ist (BGH NJW-RR 1999, 1481/1483 mit weiteren Nachweisen). Wann das der Fall ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

Zutreffend hat das Landgericht das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes dargelegt. Es handelt sich dabei nicht nur um einen kleineren oder mittleren Vertragsverstoß. Der Kläger hat seine Hauptpflicht verletzt. Der Kläger ist Gebietsvertreter im Sinne von § 87 Abs. 2 HGB gewesen. Ihm war die Wahrnehmung der Belange des beklagten Unternehmens in dem betreffenden Bezirk ganz allgemein übertragen (vgl. BGH NJW 1964, 1622/1623 = BGHZ 41, 292). Der Gebietsvertreter, den für die besonderen Rechte als Gegenleistung besondere Pflichten treffen, muß den zugewiesenen Bereich laufend und in besonderer Weise pflegen (Baumbach/Hopt, HGB, 30. Auflage, § 87 Randnummer 28).

Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist die von ihm geschuldete Tätigkeit (vgl. auch § 86 Abs. 1 HGB) nicht auf die Wahrnehmung der Interessen der Beklagten bei dem Fachhandel beschränkt gewesen. Der Kläger war vielmehr verpflichtet, auch die in seinem Bezirk vorhandenen Endabnehmer und Interessenten, namentlich die Krankenhäuser, regelmäßig zu besuchen und bei ihnen für den Absatz der Erzeugnisse des beklagten Unternehmens zu werben. Das folgt bereits aus § 2 des Handelsvertretervertrages vom 14.11.1978 (Anlage K 1).

Das Landgericht hat ferner schlüsssig dargelegt, daß die klägerische Behauptung einer anderen betrieblichen Übung durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt worden ist.

Das Landgericht hat die maßgebenden Zeugen (auf das Schreiben des Zeugen B vom 17.7.2001 mit im wesentlichen gleichen Inhalt kommt es nicht mehr an) selbst vernommen und sich einen persönlichen Eindruck von deren Glaubwürdigkeit gemacht. Der Senat sieht keinen Anlaß zu einer abweichenden Würdigung der Aussagen, weder zu diesem, noch zu den anderen Punkten. Konkrete Angriffe auf die vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung bringt der Kläger auch nicht vor. Die Voraussetzungen für eine wiederholte Vernehmung der Zeugen sind nicht gegeben (vgl. § 398 ZPO).

Darüberhinaus ist dem Kläger beginnend jedenfalls mit der Besprechung vom 19.4.2000 wiederholt die ausdrückliche Weisung zu jener vor allem die Endabnehmer einbeziehenden Tätigkeit erteilt worden.

Diese Weisung der Beklagten war zulässig und für den Kläger bindend. Weisungen des Unternehmers muß der Handelsvertreter als Interessenwahrer des Unternehmers grundsätzlich befolgen (§ 665 BGB), zum Beispiel zur Person der Geschäftsgegner sowie zur Gestaltung seiner Kundenwerbung und -betreuung (vgl. Baumbach/Hopt a. a. O. § 86 Randnummer 15 mit weiteren Nachweisen). Die von der Beklagten erteilte Weisung hat nur die dargelegte, ohnehin vertraglich umschriebene Tätigkeit des Klägers zum Inhalt gehabt, diese lediglich wiederholt. Darüber hinaus hat sich der Kläger ebenfalls in § 2 des Handeslvertretervertrages verpflichtet, die Weisungen des Unternehmers zu beachten. Davon entbindet den Kläger auch die Wahrnehmung einer weiteren Handelsvertretung nicht.

Die Weisung hat weder die Selbstständigkeit des Klägers als Handelsvertreter im Kern angetastet, noch kann davon die Rede sein, daß die Weisung nicht sachgerecht gewesen wäre (vgl. Baumbach/Hopt a. a. O. § 86 Randnummer 16 mit weiteren Nachweisen). Daran ändert nichts die (unstreitige) Tatsache, daß Vertragspartner der Beklagten, die mit dem Fachhandel nicht in Konkurrenz treten will, jeweils der Fachhandel ist, über den der Endabnehmer die Produkte der Beklagten bezieht.

Die umfangreiche Argumentation des Klägers zu diesem Punkt verliert bereits dadurch an Gewicht, daß er selbst, allerdings beschränkt auf seinen ursprünglichen Bezirk in den alten Bundesländern, in erster Linie durchaus die Endverbraucher/Krankenhäuser aufgesucht hat. Gemäß der glaubhaften Aussage der Zeugin B B hat der Kläger nach dem Ergebnis der Auswertung seiner Besuchsberichte in seinem "alten" Gebiet in Norddeutschland im Jahr 1999 100 Krankenhäuser besucht. Die Beweisaufnahme hat den ohnehin naheliegenden Nutzen der Betreuung der Krankenhäuser für das beklagte Unternehmen, zum Beispiel durch Akquisition neuer Kunden bestätigt. Es ist auch nicht Sache des Handelsvertreters, sondern die des Unternehmens, solche Entscheidungen der Geschäftspolitik zu treffen, nämlich ob ausschließlich der Fachhandel oder zusätzlich auch der Endverbraucher vom Handelsvertreter zu betreuen ist.

Vor diesem Hintergrund ist kein Sachverständigengutachten einzuholen zu der Behauptung des Klägers, die aktuelle Beratung des Endabnehmers durch seinen Ansprechpartner beim Fachhandel sei deutlich effektiver als ein Herantreten (durch den Handelsvertreter) an die Krankenhauskunden; die Fachhändler seien die eigentlichen Ansprechpartner der Endabnehmer; der Endverbraucher informiere sich beim Fachhandel über die für ihn geeigneten Produkte. Denn maßgebend ist hier nicht eine solche Bewertung, sondern die vom Kläger konkret eingegangene vertragliche Verpflichtung zu Besuchen ebenfalls der einzelnen Krankenhäuser. Der Kläger stellt auch nicht in Abrede, eine solche vertragliche Vereinbarung getroffen zu haben (Blatt 145 der Akten). Ebensowenig kommt es aus den gleichen Gründen hier auf die Behauptung des Klägers an, daß die Krankenhäuser durch den Fachhandel über die beratungsintensiven Spezialprodukte des medizinischen Strahlenschutzes direkt informiert würden.

Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist der Kläger auch abgemahnt worden.

Vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich, wenn der Kündigungsgrund in einer Störung der Leistungsseite besteht; entbehrlich ist eine Abmahnung bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen (Baumbach/Hopt a. a. O. § 89 a Randnummer 10 mit weiteren Nachweisen).

Geht man im Streitfall von der Notwendigkeit einer Abmahnung aus und sogar von dem im Arbeitsrecht bestehenden Erfordernis, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedroht werde (vgl. Schaub, NJW 1990, 873/874 mit weiteren Nachweisen), so sind selbst diese Voraussetzungen erfüllt. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß schon in der Besprechung vom 19.4.2000 die Anforderungen an eine Abmahnung grundsätzlich erfüllt worden sind. In dem eine weitere Abmahnung darstellenden Schreiben der Beklagten vom 20.6.2000 (Anlage B 4 zu Blatt 11/25 der Akten) wird ferner ausreichend deutlich die Beendigung des Handelsvertreter-Verhältnisses angedroht (vgl. "es bestand bisher kein Trennungswunsch unsererseits..."; Unterstreichung nicht im Original).

Die für die außerordentliche Kündigung maßgebende Pflichtverletzung steht gemäß den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts fest. Der Kläger hat in der Zeit nach Erhalt der Abmahnung weiterhin bis zur Kündigungserklärung vom 21.7.2000. Vor allem gegen seine vertragliche Verpflichtung verstoßen, die Endabnehmer, namentlich die Krankenhäuser in seinem Vertragsgebiet in den neuen Bundesländern aufzusuchen und zu betreuen. Dabei kann die Beklagte unterstützend auf das abgemahnte Fehlverhalten des Klägers zurückgreifen (vgl. Schaub a. a. O. Seite 876).

Die Beklagte war berechtigt, das Handeslvertreterverhältnis fristlos zu kündigen. Es war für sie auch bei Berücksichtigung des viele Jahre zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses nicht zumutbar, den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten. Nach seinem § 9 ist der Handelsvertretervertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Im vorliegenden Fall hätte bei ordentlicher Kündigung die gesetzliche Kündigungsfrist von 6 Monaten gegolten (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 2 HGB). Für das beklagte Unternehmen war ein so langes Zuwarten wegen der dargelegten Schwere und Hartknäckigkeit der vom Kläger begangenen Vertragsverletzung nicht zumutbar. Der Kläger war (neben zwei festangestellten Außendienstmitarbeitern) der einzige freie Handelsvertreter der Beklagten und für einen vergleichsweise großen Teil Deutschlands ausschließlich zuständiger Gebietsvertreter. Der von der Beklagten erzielte Umsatz war bereits im Jahr 1999 um 1 Million DM gegenüber dem Vorjahr gesunken, wobei, wie die Zeugin B B ebenfalls glaubhaft bekundet hat, gerade bei dem Kläger der tatsächlich erzielte Umsatz - 1.600.000.-- DM - erheblich hinter den konkret auf frühere Umsatzzahlen gestützten Erwartungen - etwa 2.300.000.-- DM - zurückgeblieben ist. Dies spricht für ein beträchtliches Ausmaß der Untätigkeit des Klägers für die Beklagte. Der Kläger hat eingeräumt, daß an dem Umsatzrückgang um 1 Million DM der Rückgang in seinem Gebiet mit gut 2/3 beteiligt war. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses ergibt sich zusätzlich daraus, daß der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die bei der Besprechung vom 19.4.2000 von ihm (wenn auch zögerlich) zugesagte, ohnehin vertraglich geschuldete Tätigkeit, vor allem das Aufsuchen von Krankenhäusern in den neuen Bundesländern, durch Anwaltsschreiben vom 11.5.2000 (Anlage 5 zu Blatt 1/6) wieder in Abrede stellen und die Erfüllung einer Hauptpflicht verweigern hat lassen.

Dabei hatte der Kläger gemäß dem Schreiben bereits damals den Eindruck, daß auf seiten der Beklagten "ein gewisser Trennungswunsch bestehen mag".

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Es handelt sich um die anhand nicht zweifelhafter Voraussetzungen zu prüfende Frage der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses in einem konkreten Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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