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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 28.05.2003
Aktenzeichen: 21 U 3770/00
Rechtsgebiete: BB-BUZ, ZPO


Vorschriften:

BB-BUZ § 2 Abs. 1
BB-BUZ § 2 Abs. 2
ZPO § 144
ZPO § 296
ZPO § 411
ZPO § 411 Abs. 3
ZPO § 412 Abs. 1
1. Bei der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kommt es für den Nachweis des Versicherungsfalles darauf an, ob von einem bestimmten Zeitpunkt an ein Zustand gesundheitlicher Art bestanden hat, aufgrund dessen der Versicherte - infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls - außerstande war, seinen Beruf auszuüben.

2. Von den, den Gegenstand der Klage bildenden Zuständen zu unterscheiden sind beim Kläger neu eingetretene Erkrankungen oder Unfälle, wegen derer das in den Versicherungsbedingungen vorgeschriebene Verfahren für die Feststellung der Berufsunfähigkeit noch nicht durchgeführt ist.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 21 U 3770/00

Verkündet am 28.05.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung u. a.

erläßt der 21, Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Klemm aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2003 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München II, 11. Zivilkammer vom 01.03.2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte kann die Sicherheit auch durch eine Prozessbürgschaft der Commerzbank AG Filiale München erbringen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht Ansprüche auf eine Berufsunfähigkeitsrente geltend.

I.

Am 20.06.1990 schloß der Kläger bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab. Der Kläger hat danach bei Berufsunfähigkeit Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rente von zunächst 2.721,20 DM (Anl. K 1), Gemäß den Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Anl. K 7), die nach S. 4 des Versicherungsscheins zum Vertragsinhalt gemacht wurden, ist die Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen, wenn der Versicherte zu mindestens 50 % berufsunfähig wird.

Der Kläger, der zunächst als Steuerbeamter, dann als Berufsmusiker und ab 01.07.1986 als selbständiger Buchhalter tätig war, machte im August 1996 gegenüber der Beklagten Berufsunfähigkeit geltend, wobei er in der als Anlage K 5 vorgelegten Selbstauskunft zur Berufsunfähigkeit vom 08.08.1996 als Grund chronisches Asthma bronchiale angab. Die Beklagte wies seinen Antrag nach Einholung eines internistisch-pneumologischen-arbeitsmedizinischen Fachgutachtens des Prof. Dr. med. (Klinikum Innenstadt der Universität München) vom 01.04.1997, das einen Berufsunfähigkeitsgrad von 30% angab, mit Schreiben vom 20.05.1997 zurück (Anl. K 4). Auf das Gutachten vom 01.04.1997 sowie die ergänzende gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. vom 30.06.1997 wird verwiesen (zu Bl. 190 a/193 und zu Bl. 253/260 d.A.).

Der Kläger erhob mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17.11.1997 Klage mit der Behauptung, er sei seit Dezember 1995 zu 55 % berufsunfähig. Zur Begründung bezieht er sich auf das als Anlage K 2 vorgelegte fachärztliche Gutachten des Herrn Dr. vom 22.08.1997 sowie eine arbeitsmedizinische Begutachtung des TÜV vom 05.11.1997 (Anl. K 3).

II.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug vorgebracht, neben dem allergischen Asthma bronchiale, das eine Berufsunfähigkeit von 30 % begründe, liege eine Schwerhörigkeit vor, die mit 15 % zu bewerten sei. Darüber hinaus leide er an einer Wirbelsäulenfehlhaltung und Wirbelsäulenbeschwerden, woraus eine Berufsunfähigkeit von 10 % resultiere. Insgesamt sei er daher zu 55 % nicht mehr in der Lage, die (im Schriftsatz vom 29.04.1998, Bl. 31/33 d. A., im einzelnen geschilderte) Tätigkeit als selbständiger Buchhalter zu erfüllen. Es sei ihm auch nicht möglich, seinen Beruf teilweise auszuüben, da er Aufträge von verschiedenen Firmen bekomme und diese jeweils in einem gewissen Zeitraum termingerecht erledigen müsse. In diesem Zeitraum sei daher seine ständige Präsenz erforderlich. Dies sei insbesondere wegen der Bronchialerkrankung, die nach einem Anfall tagelang nachwirken könne, nicht möglich. Seine Tätigkeit erfordere zudem ständig länger andauerndes Sitzen, was sich auf seine Wirbelsäulenbeschwerden negativ auswirke. Die von der Beklagten vorgeschlagene Lösung eines Stehpults sei wegen der Notwendigkeit, am PC zu arbeiten, nicht durchführbar. Die äußerst schmerzhaften Wirbelsäulenbeschwerden hätten sich trotz regelmäßiger Krankengymnastik nicht gebessert. Eine am 01.04.1998 im Krankenhaus Starnberg durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule habe ergeben, dass bei L 5/S 1 ein Bandscheibenvorfall sowie eine erhebliche degenerative spondylarthrotische Veränderung bei L 4/5 und L 5/S 1 vorliege. Seine Hörbeeinträchtigung sei so gravierend, dass er an Besprechungen mit mehreren Personen nicht teilnehmen könne, was jedoch bei Abschluss- und Bilanzbesprechungen unbedingt notwendig sei. Der Einsatz eines Hörgeräts habe keine Abhilfe verschafft.

Unter Berücksichtigung der Schwerhörigkeit und der Wirbelsäulenprobleme liege jedenfalls ein erheblich höherer Grad der Berufsunfähigkeit vor als nach dem Gutachten von Prof. vom 01.04.1997, das lediglich die asthmatischen Probleme berücksichtigt habe.

Der Kläger hat in 1. Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 65.181,60 zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen, sowie die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ab dem 01.12.1997 die vereinbarten Leistungen aus der Lebensversicherung, derzeit monatlich DM 2.721,80, an ihn zu erbringen.

Die Beklagte hat

Klageabweisung beantragt.

Sie bestreitet eine 50 %ige Berufsunfähigkeit des Klägers i.S. von § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BB-BUZ. Es sei schon vom Ansatz her verfehlt, den Grad der Berufsunfähigkeit durch Addition von Einzelbeeinträchtigungen zu gewinnen.

Das Gutachten Dr. (Anl. K 2) bestätige keine durchgängigen, sondern rezidivierende Rückenbeschwerden, die belastungsabhängig aufträten, insbesondere bei längeren Sitz- oder Stehphasen. Die Beschwerden seien also bei Einhaltung entsprechender Arbeitspausen und bei wechselnden Positionen, wie z. B. der Verwendung eines Stehpults, in gewissem Maße vermeidbar. Rückenbeschwerden, die bei Schreibtischarbeit weit verbreitet seien, seien durch Therapie (Rückenschule, Krankengymnastik) und richtige Sitzhaltung positiv zu beeinflussen. Der Bandscheibenvorfall sei ausweislich des Befundes des Kreiskrankenhauses Starnberg nicht gravierend, insbesondere liege keine Einengung des Spinalkanals vor. Im übrigen sei ein Bandscheibenvorfall, sogar durch ambulante Operation, behebbar. Die Auswirkung des allergischen Asthma bronchiale auf die Arbeit des Klägers als Buchhalter sei nicht nachvollziehbar. Asthmaanfälle seien durch Meidung des Allergens und Medikamente in der Regel gut beeinflussbar. Selbst wenn der Kläger durch einen Asthmaanfall stunden- oder tageweise nicht arbeiten könne, resultiere daraus noch keine Berufsunfähigkeit. Dasselbe gelte für die vom Kläger behauptete (in ihrem Ausmaß bestrittene) Schwerhörigkeit. Probleme des Klägers bestünden nach seinen Angaben vor allem dann, wenn mehrere Personen gleichzeitig sprächen. Dies sei auch in Besprechungen weder sinnvoll noch erforderlich und könne durch einen entsprechenden Hinweis des Klägers an die Gesprächsbeteiligten vermieden werden. Im übrigen machten die Besprechungen nur einen geringen Teil der vom Kläger beschriebenen Tätigkeit aus.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 01.03.2000 die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, eine mindestens 50 %ige Minderung der Berufsunfähigkeit sei durch die Beweisaufnahme nicht festgestellt worden. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. sei der Kläger in der Lage, den Beruf als selbständiger Buchhalter zu mehr als 50 % auszuüben. Bei dem Asthma bronchiale handle es sich um kein Dauerasthma; es sei ein nur gering- bis mäßiggradiges hyperreagibles Bronchialsystem gegeben. Ferner lägen eine Fehlhaltung der Wirbelsäule und mäßiggradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule vor. Der Hörverlust rechts betrage etwa 90 %, links sei die Hörminderung aber nur gering. Berufsunfähigkeit sei nur zu 30 % gegeben. Seine Beschwerden (Asthma, Wirbelsäule) könne der Kläger durch Ausgestaltung seines Arbeitsplatzes positiv beeinflussen. Es bestehe kein Anlass für die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens, auch nicht wegen des Privatgutachtens von Dr. vom 07.07.1999. Jedenfalls für das Jahr 1995 habe beim Kläger kein Lungenemphysem vorgelegen. Dadurch sei keine größere Behinderung der beruflichen Tätigkeit eingetreten. Gelegentlich beim Kläger auftretender Schwindel sei nicht ausschlaggebend für die Tätigkeit als Buchhalter.

Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen (Bl. 209ff. d. Akten).

III.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger bringt im Wesentlichen vor, das Landgericht sei von falschen Tatbestandsvoraussetzungen ausgegangen. Eine über 50 % Berufsunfähigkeit sei für den geltend gemachten Anspruch nicht erforderlich.

Es sei fraglich, ob das Landgericht bei der Auswahl des Sachverständigen die erforderliche Sorgfalt angewendet habe. Dem arbeitsmedizinischen Zentrum des TÜV sei die Beurteilung nicht möglich, ob eine Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen des Versicherungsvertrages vorliege. Das Landgericht sei nicht auf seine, des Klägers, Einwendungen eingegangen. Das Asthma mit drei- bis viermal in der Woche auftretenden nächtlichen Anfällen beeinträchtige ihn in der Ausübung seines Berufs grundlegend. Bei ihm sei ein Lungenemphysem diagnostiziert Worden. Ferner läge eine Schlafapnoe vor. Bei den Wirbelsäulenbeschwerden handle es sich um degenerative Veränderungen im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich mit Schmerzzuständen und neurologischen Veränderungen. Die Wirbelsäulenschmerzen seien immer vorhanden. Der Radiologe Dr. N v G habe eine erhebliche spondylarthrotische Veränderung bei L 4/L 5 und L 5/S 1 festgestellt. Die nervale Reizerscheinung schränke ihn, den Kläger, in seiner Tätigkeit als Buchhalter stark ein. Zu einer Arbeit am Stehpult sei er nicht in der Lage. Da zu seiner Schwerhörigkeit ein Sprachaudiogramm nicht durchgeführt worden sei, sei das Gutachten mangelhaft. Das Schwindelsyndrom (Gleichgewichtsstörungen) sei nicht genügend berücksichtigt worden.

Er sei in der Ausübung seines Berufs grundlegend beeinträchtigt. In seinem Beruf träten temporär Spitzenbelastungen, insbesondere vor einem Quartalsabschluss auf. Mögliche Unterbrechungen bei Gesprächen mit Kunden könnten zu einer ablehnenden Haltung gegenüber seiner beruflichen Leistungsfähigkeit führen. Eine prophylaktische Therapie sei bislang nicht effektiv gewesen. Schwindelattacken träten teilweise mehrmals täglich auf. Er leide an Bluthochdruck von 200/100 mmHg, obwohl er sich seit Jahren einer entsprechenden Behandlung unterziehe. Eine Weiterarbeit in dem Stressberuf des selbständigen Buchhalters sei nicht möglich und lebensbedrohlich. Sein, des Klägers, berufskundlicher Hintergrund werde nicht ausreichend berücksichtigt.

Das nervenärztliche Gutachten des Sachverständigen Dr. med Dipl.-Psych. sei oberflächlich und nicht geeignet, seinen, des Klägers, Beschwerden gerecht zu werden. Der Sachverständige Prof. Dr. med., der das pneumologisch-arbeitsmedizinische Zusatzgutachten erstattet habe, habe die Anforderungen in seinem, des Klägers Beruf nicht genau erfragt und den Grad der Berufunfähigkeit fehlerhaft eingeschätzt. Auch das Gutachten des Sachverständigen Dr. sei ungenügend. Es werde weder genau auf seine Leidensgeschichte, noch auf seinen speziellen Beruf eingegangen. Befunde würden unterschlagen. Der Sachverständige Dr. zitiere nur die ihm genehmen Teile des Vorgutachtens. Fehler und Oberflächlichkeiten der Vorgutachten würden kritiklos übernommen. Eine schlafmedizinische Untersuchung sei unabdingbar. In keinem der Gutachten werde der zuerkannte Grad der Berufsunfähigkeit begründet. Sämtliche Gutachten der Sachverständigen und gingen von falschen Voraussetzungen bezüglich des vorliegenden Berufsbildes aus. Ihre Ergebnisse müssten daher falsch sein.

Der Kläger beantragt zu erkennen:

Das Endurteil des Landgerichts München II vom 01.03.2000, Az.: 11 O 7094/97, wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 65.181,60 zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01.12.1997 die vereinbarten Leistungen aus der Lebensversicherung Nr. 2.7684947.57, derzeit mtl. DM 2.721,80, an den Kläger zu erbringen.

Die Beklagte beantragt

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagten und Berufungsbeklagten wird nachgelassen, eine eventuelle Sicherheitsleistung durch eine unbedingte, unwiderrufliche, unbefristete und selbstschulderische Bürgschaft der Commerzbank München zu erbringen.

Die Beklagte bringt vor, der Sachverständige Dr. habe sich mit dem Parteigutachten von Dr. ausreichend auseinandergesetzt. Die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers begründeten keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit. Selbst wenn ab und an Schwindelanfälle bei dem Kläger aufträten, sei nicht erkennbar, inwieweit sich dies auf die behauptete Berufsunfähigkeit bei der Tätigkeit als selbständiger Buchhalter auswirken sollte. Die Asthmaanfälle begründeten ebenfalls keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Parteischriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

IV.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens sowie eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Ing., Facharzt für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin, Sozialmedizin (TÜV Süddeutschland). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die arbeitsmedizinische Begutachtung vom 16.03.1999 (Bl. 113/137 der Akten) und auf das ergänzende arbeitsmedizinische Gutachten vom 02.11.1999 (Bl. 166/173 der Akten) Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Ergänzungsgutachten und durch Anhörung des Sachverständigen Dr.. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahme des Sachverständigen Dr. vom 06.03.2001 (Bl. 288/297 der Akten), die Sitzungsniederschrift vom 02.05.2001 (Bl. 309/313 der Akten), das nervenärztliche Gutachten des Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 24.01.2002 (Bl.331/345 der Akten), das wissenschaftlich begründete pneumologisch-arbeitsmedizinische Zusatzgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med., Facharzt für Arbeitsmedizin, Internist/Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin (LMU München) vom 23.05.2002 (Anlage zu Bl. 349/356 der Akten), das arbeitsmedizinische Gutachten des Sachverständigen Dr. vom 18.06.2002 (Bl. 349/356 der Akten) sowie auf das arbeitsmedizinische Ergänzungsgutachten dieses Sachverständigen vom 09.01.2003 (Bl. 383/388 der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 65.1 81,60 DM nebst Zinsen besteht nicht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, ab 01.12.1 997 Leistungen aus der Lebensversicherung Nr. 2.7684947.57 an den Kläger zu erbringen.

Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils und nimmt auf sie Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO a.F.).

Die folgenden Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (§ 313 Abs. 3 ZPO). Die zulässige (vgl. BVerfG NJW 1996, 2785; 1999, 1387/1388) Kürze der Darstellung erklärt sich auch daraus, dass der Streit im Termin zur mündlichen Verhandlung sachlich und rechtlich eingehend erörtert wurde (vgl. hierzu Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Auflage, § 313 Rn. 27).

I.

Die geltend gemachten Ansprüche aus dem zwischen den Parteien geschlossenenen Versicherungsvertrag sind nicht gegeben, weil keine Berufsunfähigkeit des Klägers von mindestens 50 % nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungsbedingungen (vgl. §§ 1, 2 der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung) vorliegt. Auf den genauen - darunterliegenden - Prozentsatz der Berufsunfähigkeit kommt es nicht an.

Dies wird in dem in Bezug genommenen Urteil des Landgerichts ausführlich und überzeugend dargelegt. Die im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachten und die Anhörung des Sachverständigen Dr. führen zur Überzeugung des Senats zu keinem anderen Ergebnis.

1. Für den vom Antragssteller zu führenden Nachweis des Versicherungsfalles kommt es darauf an, ob von einem bestimmten Zeitpunkt an ein Zustand gesundheitlicher Art bestanden hat, aufgrund dessen der Versicherte - infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls - außerstande war, seinen Beruf (oder eine andere Tätigkeit) auszuüben (Benkel/Hirschberg, Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, 1. Aufl., § 2 BUZ, Rn. 12 mit weiteren Nachweisen). Für den Grad der Berufsunfähigkeit sind die Erkrankungen des Klägers maßgebend, die als Begründung der Berufsunfähigkeit Gegenstand der Klage sind, unter Einschluss von bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetretenen Verschlimmerungen dieser Beschwerden. Der Antrag des Klägers, die Leistungspflicht der Beklagten wegen Berufsunfähigkeit aufgrund dieser Erkrankungen für die Zeit ab 01.12.1997 festzustellen, schließt einen später beginnenden Zeitraum ein.

Davon zu unterscheiden sind beim Kläger neu eingetretene Erkrankungen oder Unfälle, wegen derer das in den Versicherungsbedingungen vorgeschriebene Verfahren für die Feststellung von Berufsunfähigkeit noch nicht durchgeführt ist (vgl. Senat VersR 1997, 1126; Prölss/Martin/Voit, VVG, 26. Auflage, § 2 BUZ, Rn. 59; Voit, Berufsunfähigkeitsversicherung, Rn. 606 (S. 234)). Der - teilweise schwierigen - Abgrenzung zwischen ursprünglich zur Begründung der Berufsunfähigkeit geltend gemachten Erkrankungen und anderen, neu hinzugetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedarf es hier nicht, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sämtliche vom Kläger im Laufe des Verfahrens vorgetragenen Beschwerden keine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % begründen.

2. Maßgebend für den Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers sind die vom Gericht eingeholten medizinischen Sahverständigengutachten. Danach liegt beim Kläger kein Grad der Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % vor. Gemäß den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen in den arbeitsmedizinischen Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. vom 06.03.2001 (Bl. 288/297 der Akten), 18.06.2002 (Bl. 349/356 der Akten) und 09.01.2003 (Bl. 383/388 der Akten), bei der gerichtlichen Anhörung dieses Sachverständigen am 02.05.2001 (Bl. 303/313 der Akten) sowie in dem nervenärztlichen Zusatzgutachten des Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. vom 24.01.2002 (Bl. 331/345 der Akten) und in dem pneumologisch-arbeitsmedizinischen Zusatzgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. vom 23.05.2002 (Anl. zu Bl. 349/356 der Akten) sind die vom Kläger erhobenen Einwände medizinischen Inhalts in jedem einzelnen Punkt ausreichend behandelt und widerlegt. Eine Änderung gegenüber dem im ersten Rechtszug erstatteten Gutachten hat sich nicht ergeben.

a) Der Sachverständige Dr. hat in seinem nervenärztlichen (Zusatz-)Gutachten vom 24.01.2002 überzeugend ausgeführt, dass sich beim Kläger auf neurologischem Fachgebiet kein pathologisch-neurologischer Befund ergeben habe. Eine Schwindelsymptomatik habe sich nicht nachweisen lassen. Die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik mit kurzzeitigen Drehschwindelanfällen könnten einem benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel entsprechen. Eine wesentliche Einschränkung des Hörvermögens (auch für leise gesprochene Anweisungen) sei nicht zu erkennen gewesen. Bei dem Kläger liege auf neurologischem Fachgebiet eine Leistungseinbuße nicht vor, die wesentlich zu einer Berufsunfähigkeit als selbstständiger Buchhalter führe.

b) Ebensowenig ergibt sich aus dem pneumologisch-arbeitsmedizinischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. vom 23.05.2002 eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers. Darin wird zwar ein langjähriges nicht-allergisches Asthma bronchiale bestätigt, das trotz Therapie mit einer mittelgradigen unspezifischen Atemwegsüberempfindlichkeit einhergeht. Die funktionellen Auswirkungen sind aber nicht so ausgeprägt, dass sie zur Berufsunfähigkeit des Klägers als selbstständiger Buchhalter führten. Ein Emphysem mit funktioneller Relevanz lag danach beim Kläger ebenfalls nicht vor.

c) Der Sachverständige Dr. kommt zusammenfassend aus arbeitsmedizinischer Sicht zu dem Ergebnis, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit der Untersuchung im März 1999 nicht in einem Ausmaß verschlechtert habe, dass eine Berufsunfähigkeit des Klägers zumindestens 50 % für die Tätigkeit als selbstständiger Buchhalter gegeben sei. Die lungenfachärztliche und fachneurologische Zusatzuntersuchung hätten keinen Hinweis auf eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers und auch keine neuen Aspekte zur Berufsunfähigkeit ergeben. Insbesondere lägen kein Lungenemphysem und keine Wirbelsäulenveränderungen vor, die nennenswert zu einer Berufsunfähigkeit als selbständiger Buchhalter beitrügen. Auch die geklagten Schwindelerscheinungen hätten nicht objektiviert und als wesentlich zur Frage der Berufsunfähigkeit festgestellt werden können. Auch aus dem vom Kläger behaupteten Schlafapnoesyndrom ergebe sich kein wesentlicher bleibender Faktor zu einer Berufsunfähigkeit. Das Hörvermögen erscheine bei allen Begutachtungen ausreichend für normale Gespräche. Zusätzlich bestätigt durch ein Tonaudiogramm (vgl. Anl. 2 zu Bl. 113/137 der Akten) ist eine wesentliche Einschränkung für die berufliche Tätigkeit des Klägers nicht gegeben. Dabei geführte geschäftliche Besprechungen finden in der Regel nicht in "lautem Umfeld" statt. Gleichzeitigem Sprechen mehrerer Ansprechspartner kann durch eine entsprechende Bitte begegnet werden. Ferner kann gemäß dem Gutachten des Sachverständigen Dr. unter entsprechender Behandlung der Beruf des Klägers ohne gesundheitliches Risiko wegen des Blutdrucks geleistet werden. Stresssituationen - insbesondere zu "Stoßzeiten" - sind dabei berücksichtigt.

d) Es ist nicht ersichtlich, dass die Gutachter von falschen Anknüpfungstatsachen ausgegangen und demzufolge zu falschen Ergebnissen gelangt sind.

Die in den Unterlagen dokumentierten und auch die anlässlich der jeweiligen Begutachtung aktuell geäußerten Beschwerden des Klägers sind berücksichtigt worden. Ebenso sind die allgemeine, soziale und spezielle Vorgeschichte, die beruflichen Besonderheiten bei dem Kläger und die bei ihm - namentlich im Bezug auf seine Tätigkeit als selbständiger Buchhalter - auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausweislich der Verfahrensakten ausreichend dokumentiert und berücksichtigt worden (vgl. außer den Gutachten auch den vom Kläger vorgelegten "jährlichen Stundennachweis", Bl. 32 der Akten, in dem der Kläger von einem 8-Stunden-Tag unter Einschluss von Tätigkeiten wie "wöchentliche Belegabholung" ausgeht). Bei der Beurteilung sind außer den Haupttätigkeiten des selbständigen Buchhalters auch die hierfür notwendigen "Nebentätigkeiten" berücksichtigt worden. Auf die Leidensgeschichte des Klägers und seinen Beruf ist ausführlich und teilweise wiederholt eingegangen worden. Dies bei jedem weiteren Ergänzungs- oder Zusatzgutachten in aller Ausführlichkeit zu wiederholen, ist nicht geboten, zumal da es sich hier weder um einen seltenen Beruf noch um eine Tätigkeit mit wesentlichen Abweichungen von dem üblichen Berufsbild handelt.

e) Eine erneute mündliche Erläuterung nunmehr des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. vom 09.01.2003 (oder der Zusatzgutachten der Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. vom 24.01.2002 und Prof. Dr. med. vom 23.05.2002) war nicht geboten, auch nicht im Hinblick auf die - im Wesentlichen nur wiederholten - Einwendungen des Klägers im Schriftsatz vom 07.03.2003. Der Senat hält sie nach seinem Beweiserhebungsermessen nicht für erforderlich (vgl. § 411 Abs. 3, § 144 ZPO). Die erstatteten Gerichtsgutachten sind, wie erwähnt, ausreichend, vollständig, verständlich und überzeugungsfähig. Im Zusammenhang mit diesen bestehen keine Zweifel, Unklarheiten oder Widersprüche. Namentlich bestehen keine Missverständnisse der Sachverständigen zu den maßgebenden Anschlusstatsachen. Der Senat war auch nicht wegen eines Antrags des Klägers zur abermaligen Vorladung des Sachverständigen Dr. verpflichtet. Der Kläger hat weder einen solchen Antrag gestellt, wofür mit Verfügung vom 28.01.2003 (Bl. 389 der Akten) eine Frist gemäß §§ 411, 296 ZPO gesetzt war, noch den mit derselben Verfügung für den Fall der Antragstellung aufgegebenen Vorschuss einbezahlt.

f) Die vom Kläger beantragte Anordung einer neuen Begutachtung war nicht geboten (vgl. § 412 Abs. 1 ZPO), wofür bereits die bisherigen Darlegungen sprechen. Die Gutachten des Sachverständigen Dr. einschließlich der Zusatzgutachten der Sachverständigen Dr. med. Dipl.-Psych. und Prof. Dr. med. sind in sich geschlossen, fachlich stichhaltig und überzeugend. Mängel der Gutachten sind nicht erkennbar. Die Sachkunde der genannten Sachverständigen unterliegen keinem Zweifel; sie sind gerade auf den Gebieten der Arbeitsmedizin, der Neurologie sowie der Lungen- und Bronchialheilkunde erfahrene Sachverständige. Dass ein neuer Gutachter in Bezug auf die hier zu entscheidenden Fragen über überlegene Forschungsmittel verfügten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem vom Kläger in erster Instanz vorgelegten, in dessen Auftrag erstellten arbeitsmedizinischen Fachgutachten von Dr. med. vom 07.07.1999 (Anl. K 9 zu Bl. 141/155 der Akten), das zu einem abweichenden, dem Kläger für sein Klagebegehren erheblich günstigeren Ergebnis kommt, sowie zur Stellungnahme von Dr. vom 09.02.2000 (Anl. zu Bl. 178/189 der Akten) hat der gerichtlich bestellte Sachverständige mit überzeugter Begründung Stellung genommen.

II.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 80.085,73 Euro (156.634,08 DM) festgesetzt.

Für die Berechnung des Streitwerts wird von dem 3 1/2fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Rente (§ 9 ZPO; 114.315,60 DM) abzüglich 20% wegen des Feststellungsantrags (= 91.452,48 DM) zuzüglich (§ 5 ZPO) der verlangten Rückstände (65.181,60 DM) ausgegangen (vgl. BGH NJW-RR 2000, 1266; Voit a.a.O. Rn. 605 (Seite 234) mit weiteren Nachweisen).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 543 Abs. 2 ZPO n.F.). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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