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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 15.12.2000
Aktenzeichen: 21 U 4720/00
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 823 | |
BGB § 1004 |
§§ 823, 1004 BGB
1. Der bloße Vertreiber einer im Ausland verlegten Zeitschrift haftet grundsätzlich als Täter oder Störer für rechtswidrige Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Offen bleibt, ob dies auch für untergeordnete Eingriffe gilt.
2. Ein Unterlassungsgebot gegen den Verbreiter richtet sich nach seinem Tatbeitrag, geht also in der Regel nur auf ein Verbot des Verbreitens. Dies kann anders sein, wenn sich der Verbreiter die Behauptung zu eigen macht.
3. Zur Auslegung einer Erklärung des Betroffenen, nach Abdruck eines Interviews den Weg über die Gerichte nicht weiter zu verfolgen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 21 U 4720/00 9 O 6287/00 LG München I
Verkündet am 15. Dezember 2000
Die Urkundsbeamtin: Warmuth Justizangestellte
In dem Rechtsstreit
wegen einstweiliger Verfügung
erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Klemm aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2000 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 9. Zivilkammer, vom 02.08.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Die Verfügungsklägerin macht gegen die Verfügungsbeklagte einen presserechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.
Die Verfügungsklägerin ist Veranstalterin privater Rundfunkangebote in Bayern und u. a. aufgrund der Bestimmungen des Bayerischen Mediengesetzes für die Zulassung von Rundfunkanbietern in Bayern zuständig.
Die Verfügungsbeklagte verbreitet die Zeitschrift "I", die monatlich erscheint und im Abonnement auch in München vertrieben wird. Verlegerin der vorbezeichneten Zeitschrift ist die E-I-M S.A. in Luxemburg.
In der Ausgabe der Zeitschrift "I" Nr. 2/2000 (Februar 2000) wurde auf Seite 9 unter der Überschrift "K-Gruppe beeinflußt BLM: neuer technischer Leitfaden für bayerische Regionalsender" über die Verfügungsklägerin berichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf den in Ablichtung vorliegenden Artikel (Anlage ASt 1) Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte wegen der in den Verfügungsanträgen bezeichneten Textstellen vorprozessual abgemahnt und erfolglos aufgefordert, eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.
Sie ist der Ansicht, der streitgegenständliche Beitrag enthalte zahlreiche Falschbehauptungen, weshalb sie von der Verfügungsbeklagten zu unterlassen seien.
Nachdem das Landgericht München I auf den Antrag der Verfügungsklägerin vom 04.04.2000 den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mangels Verfügungsgrundes abgewiesen hatte, hat der Senat am 03.05.2000 nach der Beschwerde der Verfügungsklägerin folgende einstweilige Verfügung erlassen:
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 10.04.2000, Az. 9 O 6287/00, aufgehoben.
II. Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von DM 5,-- bis DM 500.000,--, an dessen Stelle - im Fall der Uneinbringlichkeit - eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff., 890 ZPO verboten, zu behaupten und/oder zu verbreiten:
1. "Um den kompletten Fernsehmarkt regieren zu können, hat die K-Gruppe ihren Einfluß bei der B geltend gemacht und dafür gesorgt, daß diese einen neuen technischen Leitfaden einführt, der kleinen Stadtsendern hohe Kosten aufdrückt, so wurde den bayerischen Sendern auferlegt, bis um 31.12.1999 gewisse technische Voraussetzungen zu erfüllen, um für das Sat1-Mantelprogramm Regionalfenster liefern zu können."
2. "Entgegen der in Bayern gesetzlich vorgeschriebenen Vielfalt beschloß der B-Medienrat in öffentlicher Sitzung ohne Gegenstimme im Sommer 1998 eine Satzungsänderung, die die Lokalradios zu einer vertraglichen Zusammenarbeit mit dem Verlegerradio A Bayern zwingen sollte. Den Einwänden der bayerischen Verlegerradios, die beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof Klage eingereicht hatten, wurde am 21. Dezember 1999 stattgegeben. Die B räumte laut Pressemeldungen ein, daß sie seit etlichen Jahren die nun vom Gericht als rechtswidrig erklärte Praxis ausübte und entgegen dem Bayerischen Mediengesetz spätestens Anfang der neunziger Jahre keine mittelständigen Anbieter mehr eigenständig zulassen wollte."
III. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
IV. Die Antragsgegnerin trägt 5/6, die Antragstellerin trägt 1/6 der Kosten des Verfügungsverfahrens.
V. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 60.000,-- (DM 25.000,-- je für Anträge 1 und 2, DM 10.000,-- für Antrag 3) festgesetzt.
Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 09.06.2000 Widerspruch eingelegt.
Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen, sie sei nicht passiv legitimiert, da sie selbst lediglich für den Anzeigenservice, den Vertrieb und den Verkauf sowie die Abwicklung von Einzelbestellungen der Zeitschrift "I" zuständig sei. Ein Verfügungsgrund sei nicht gegeben. Im übrigen fehle es am Rechtsschutzbedürfnis der Verfügungsklägerin, da deren Präsident mit Schreiben vom 15.05.2000 angeboten habe, gegen den Abdruck eines von der Verfügungsklägerin verfaßten Interviews auf die Weiterverfolgung des Gerichtsweges zu verzichten. Abgesehen davon sei der Unterlassungsanspruch nicht begründet, da die streitgegenständlichen Äußerungen keine unwahren Tatsachenbehauptungen darstellten.
Die Verfügungsbeklagte hat beantragt:
Die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichts München vom 03.05.2000 wird aufgehoben. Der Verfügungsantrag vom 04.04.2000 wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
die einstweilige Verfügung des OLG München vom 03.05.2000 zu bestätigen.
Zur Begründung hat die Verfügungsklägerin ihren Vortrag wiederholt, wonach es sich bei den streitgegenständlichen Behauptungen um unzutreffende Tatsachenbehauptungen handele, wobei die Verfügungsbeklagte für die gerichtliche Geltendmachung der beantragten Unterlassungsansprüche passiv legitimiert sei. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten seien auch der Verfügungsgrund der Dringlichkeit und das notwendige Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung des Senats vom 03.05.2000 bestätigt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten.
Im übrigen wird von einer Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
In der für ein Urteil gebotenen (§ 313 Abs. 3 ZPO) und insbesondere für ein Berufungsurteil auch zulässigen (§ 543 ZPO; vgl. BVerfG NJW 1996, 2785; 1999, 1387/1388) Kürze - die sich auch daraus erklärt, daß die Sache in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat umfassend diskutiert worden ist (vgl. Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl., § 313 Rn. 27) - ist folgendes auszuführen:
1. Die Verfügungsbeklagte ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch passiv legitimiert. Anspruchsgrundlage sind §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, aber auch §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB, je in analoger Anwendung § 186 StGB. Diese Ansprüche richten sich gegen den Täter im Sinn von §§ 830, 840 BGB oder den Störer im Sinn von § 1004 BGB. Als Täter oder Störer ist jeder anzusehen, der die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine solche Beeinträchtigung erwarten läßt (BGH GRUR 1957, 352). Sind an einer Beeinträchtigung in diesem Sinn mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch besteht, grundsätzlich nicht auf die Art des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten (Täter oder Störer) an. Im allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (BGH NJW 1976, 799 - Alleinimporteur). Dies folgt unmittelbar aus § 830 Abs. 2 BGB, wonach Anstifter und Gehilfen Mittätern gleichstehen.
Nach diesen Kriterien ist die Verfügungsbeklagte für den Unterlassungsanspruch passiv legitimiert. Sie verbreitet die Zeitschrift I in Deutschland, hat also an der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Verfügungsklägerin mitgewirkt und ist deshalb Gehilfe und Störer. Dem steht nicht entgegen, daß die Verfügungsbeklagte sich "nur" als technischen Verbreiter ansieht. Hierzu wird zwar die Ansicht vertreten, daß die presserechtliche Haftung einzuschränken sei (S, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28.7). Dabei muß aber differenziert werden. Der Schadensersatzanspruch setzt den vollen Tatbestand des § 823 Abs. 1/Abs. 2 BGB voraus. Hier kann es im Bereich des Verschuldens eine Rolle spielen, ob und inwieweit es dem bloßen Verbreiter zuzumuten ist, die Produkte zu kontrollieren. Dies wird insbesondere für den Importeur und den Grossisten eine Rolle spielen. Bei Unterlassungsanspruch ist Verschulden aber gerade nicht Voraussetzung.
S vertritt zwar an der angegebenen Stelle auch die Auffassung, daß der technische Verbreiter auch im Bereich der verschuldensunabhängigen Störerhaftung nicht in Anspruch genommen werden könne. Dieser Auffassung kann aber so und uneingeschränkt nicht gefolgt werden. S beruft sich auf zwei Belegstellen. Diese decken aber seine Auffassung nicht. S in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., § 6 LPG Rn. 228 stellt die Rechtslage etwas unklar dar. Er verneint eine Prüfungspflicht des Bibliothekars und schreibt dann weiter: "; vielmehr bedarf es dazu eines Anstoßes durch Abmahnung des Betroffenen". S schaltet also nur den Filter der Abmahnung vor. W, auf welchen sich S noch beruft, vertritt die Auffassung an der angegebenen Stelle (Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rn. 12.53) nicht. Zu Rn. 10.199 bejaht er aber den Unterlassungsanspruch gegen den Verbreiter ausdrücklich. Er hat diese Meinung schon in seinem Beitrag "Die Haftung des Bibliothekars als Verbreiter" in NJW 1973, 603 geäußert. Derselben Auffassung ist auch R (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 41. Kapitel Rn. 21 = S. 326 f.). Dem ist zu folgen. Der Unterlassungsanspruch muß auch gegen den "bloßen" Verbreiter bestehen. Die Rechtsdurchsetzung kann nicht von der Gestaltung des Vertriebs abhängen. Auch der Verbreiter ist Störer im Sinn von BGH NJW 1976, 799 - Alleinimporteur, weil er einen Tatbeitrag zur Störung leistet. Ohne den Beitrag der Beklagten hätte eine Beeinträchtigung der Rechte der Verfügungsklägerin in Deutschland nicht stattgefunden. Der Beitrag der Verfügungsbeklagten kann auch nicht etwa als "untergeordnet" im Sinn von unwesentlich angesehen werden. Ob man mit S die Haftung auf Unterlassung von einer Abmahnung abhängig macht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine solche lag im Schreiben der Verfügungsklägerin vom 09.02.2000. Außerdem verlangt der Senat mit der herrschenden Meinung ohnehin eine Abmahnung vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens (Senat, Beschluß vom 02.05.2000, NJW-RR 2000, 42 = OLGR München 2000, 343). Fehlt diese, so kann bei sofortigem Anerkenntnis § 93 ZPO angewendet werden mit der Folge, daß dem Anspruchsteller die Verfahrenskosten aufzuerlegen sind.
2. Der Verfügungsbeklagten ist auch die Behauptung, nicht nur die Verbreitung der Äußerungen zu verbieten. Grundsätzlich hat sich zwar der Inhalt des negatorischen Anspruchs nach dem konkreten Tatbeitrag zu richten (BGH NJW 1976, 799/800 - Alleinimporteur). Im vorliegenden Fall hat die Verfügungsbeklagte die Auffassung vertreten, die Behauptungen seien wahr. Außerdem ist der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten auch der Geschäftsführer des Verlages. Dieser hat sich geweigert, für den Verlag mit Sitz in Luxemburg die verlangte vergleichsweise vorgeschlagene Unterlassungserklärung (Schriftsatz des Verfügungsklägervertreters vom 02.06.2000) abzugeben. Es ist daher davon auszugehen, daß insoweit eine Erstbegehungsgefahr besteht. Die Verfügungsbeklagte ist durch die Verurteilung auch nicht übermäßig beschwert. Sie kann sich durch vertragliche Vereinbarung mit dem Verlag im Innenverhältnis entsprechend absichern.
3. Der vereinbarungsgemäße Abdruck eines Interviews mit dem Präsidenten der Verfügungsklägerin in I Nr. 6/2000 (Anlage AG 10) steht der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Zwar ist davon auszugehen, daß die Erklärung des Präsidenten der Verfügungsklägerin vom 15.05.2000 (Anlage AG 1) zur verbindlichen Vereinbarung zwischen den Parteien geworden ist. Damit ist aber nur eine Vereinbarung dahin getroffen worden, daß mit dem Abdruck des Interviews "der Weg über die Gerichte von uns nicht weiterverfolgt wird" (so der Wortlaut der Erklärung im entscheidenden Teil). Diese Erklärung ist nach den Grundsätzen von §§ 133, 157 BGB auszulegen. Dabei ist entscheidend, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mußte (Palandt/Heinrichs, BGB 60. Aufl., § 133 Rn. 9). Hierzu muß der Empfänger unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit prüfen, was der Erklärende gemeint hat (BGH NJW 1981, 2295/2296 - Festpreiszusage). Entscheidend ist der (durch normative Auslegung zu ermittelnde) objektive Verkehrswert (BGHZ 36, 30/33 - Idealheim). Aus § 157 BGB ergibt sich, daß Vertragsbestimmungen so zu verstehen sind, daß sie sich nicht als einseitige Interessendurchsetzung darstellen, sondern eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der jeweiligen Gegenseite ermöglichen (MünchKomm/Mayer-Maly, BGB 3. Aufl., § 157 Rn. 6).
Hiervon ausgehend kann die Erklärung des Präsidenten der Verfügungsklägerin nur dahin aufgefaßt werden, daß mit dem Abdruck des Interviews keine neuen, weiteren gerichtlichen Schritte unternommen werden, die Sache damit beendet sein solle. Die Erklärung konnte von der Verfügungsbeklagten nach Treu und Glauben nicht dahin verstanden werden, daß die Verfügungsklägerin nur wegen des Interviews auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet. Einem solchen, die Verfügungsbeklagte bevorzugenden, Verständnis stehen neben dem Wortlaut der Erklärung auch die vorangegangenen und begleitenden Vergleichsverhandlungen entgegen. Die Verfügungsklägerin hatte den Vorschlag einer Vereinbarung durch die Verfügungsbeklagte, übersandt mit Schreiben vom 12.05.2000 (Anlage ASt 12), gerade nicht unterzeichnet, sondern nur die Erklärung vom 15.05.2000 abgegeben. Mit dieser Erklärung war der Vergleichsvorschlag vom 12.05.2000 von der Verfügungsklägerin abgelehnt worden, verbunden mit einem neuen Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB). Der Vergleichsvorschlag der Verfügungsbeklagten hatte einen Verzicht der Verfügungsklägerin auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung des Senats vom 03.05.2000 vorgesehen unter Freistellung der Verfügungsbeklagten von jeglichen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Angesichts dieser Ablehnung des Angebots konnte die Verfügungsbeklagte auch nicht davon ausgehen, daß die Verfügungsklägerin für den Fall auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet, daß die Verfügungsbeklagte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung des Senats einlegen würde. Es war nur versprochen, daß die Verfügungsbeklagte von sich aus keine weiteren gerichtlichen Schritte ergreift. Die Vereinbarung bedeutete nicht, daß sich die Verfügungsklägerin nicht wehrt, wenn die Verfügungsbeklagte ihrerseits das gerichtliche Verfahren wieder in Gang setzt. Dies hat sie aber mit ihrem Widerspruch vom 09.06.2000 gegen die einstweilige Verfügung des Senats getan. Für einen solchen Fall war nichts vereinbart. Insbesondere ergibt sich aus dem Schreiben des Präsidenten der Verfügungsklägerin nichts dafür, daß sie sich nicht gegen einen Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung des Senats wehren durfte.
4. Der Unterlassungsanspruch besteht deshalb, weil die Unwahrheit der bekämpften Behauptungen glaubhaft gemacht ist. Dies ergibt sich aus den von der Verfügungsklägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen (Anlagen ASt 7 und 9). Es ist insbesondere überwiegend glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO), daß die Verfügungsklägerin keinen neuen technischen Leitfaden einführte; daß mit Satzungsänderung vom Sommer 1998 kein Versuch unternommen wurde, die Lokalradios zu einer vertraglichen Zusammenarbeit mit dem Verlegerradio Antenne Bayern zu zwingen; daß die bayerischen Verlegerradios beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof keine Klage eingereicht haben und daß dieser der Klage nicht stattgegeben hat, auch nicht am 21.12.1999; und daß die Verfügungsklägerin nicht laut Pressemeldungen eingeräumt hat, daß sie seit etlichen Jahren die nun vom Gericht als rechtswidrig erklärte Praxis ausgeübt habe. Es handelt sich hierbei um Tatsachenbehauptungen. Von ihrer Unwahrheit ist aufgrund der eidesstattlichen Versicherung und der anderen Unterlagen im Verfügungsverfahren auszugehen. Dem steht nicht entgegen, daß der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am 22.12.1999 eine Entscheidung erlassen hat, wonach § 9 Abs. 3 der Satzung über die Nutzung der Hörfunkfrequenzen nichtig ist (Az 7 N 98.3333, ZUM 2000, 335). Die Entscheidung befaßt sich mit anders gelagerten Problemen, ob nämlich die Satzung ein hartes Frequenzsplitting ausnahmslos verbieten kann, also ein Frequenzsplitting ohne Vereinbarung über organisatorische, technische, programmliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Ausführungen der Verfügungsbeklagten hierzu im Schriftsatz vom 26.06.2000 enthalten nicht überzeugende Rechtfertigungswindungen. Die Behauptung "maßgeblicher Mitwirkung und Vermittlung" der Verfügungsklägerin im Rahmen des Leitfadens liegt neben der Sache. Die ABF-Gesellschaften haben sich die technischen Richtlinien selbst gegeben; die ABF ist die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Programmanbieter GmbH, die Dachgesellschaft der Lokalsender. Zur Frage einer Klage gegen die Satzungsänderung hat die Verfügungsbeklagte selbst drei "Druckfehler" zugestanden. Darüber hinaus befaßt sich die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit der Fassung der Hörfunksatzung vom 09.10.1998, geändert durch Satzung vom 01.03.1999. Der behauptete Zwang zur Zusammenarbeit der Lokalradios mit dem Verlegerradio Antenne Bayern deckt sich mit dem Inhalt der Satzungsänderung nicht. Die Verfügungsbeklagte gesteht selbst zu, daß die Regelung von 1993 einen deutlicheren Zwang zur Zusammenarbeit enthielt. Im übrigen beruht die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nur darauf, daß der Satzung die Rechtsgrundlage fehlt. Aus der Entscheidung folgt nicht, daß die Einwendungen gegen die vertragliche Zusammenarbeit auch bei entsprechender Rechtsgrundlage durchgreifen würden.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, weil es sich um ein Urteil im Verfahren der einstweiligen Verfügung handelt.
Ende der Entscheidung
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