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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.12.2000
Aktenzeichen: 21 U 5142/00
Rechtsgebiete: BayPresseG


Vorschriften:

BayPresseG Art. 10
Gegendarstellung des Vorsitzenden eines Sportverbandes

Art. 10 BayPresseG

1. Der Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung muss im Bereich des BayPresseG so rechtzeitig geltend gemacht werden, dass er vom Erstgericht bei der gebotenen zügigen Terminierung noch innerhalb der Aktualitätsgrenze verhandelt (und entschieden) werden kann.

2. Die Aktualitätsgrenze liegt bei Tageszeitungen etwa bei 4 Wochen, bei wöchentlich erscheinenden Zeitschriften bei 4 bis 6 Wochen - jeweils bezogen auf Artikel von durchschnittlicher Bedeutung.

3. Darf ein erstes Gegendarstellungsverlangen nicht schon wegen Überschreitung der Aktualitätsgrenze abgewiesen werden, leidet es aber unter einem anderen Mangel, dann kann ein weiteres, hilfsweise geltend gemachtes Verlangen regelmäßig kaum wegen Überschreitung der Aktualitätsgrenze zurückgewiesen werden, wenn über beide Verlangen im selben und ersten Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der ursprüngliche Antrag fallen gelassen worden also nur noch über die zweite Fassung entschieden werden muss.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 21 U 5142/00 9 O 14157/00 LG München I

Verkündet am 01. Dezember 2000

Die Urkundsbeamtin: Warmuth Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

wegen einstweiliger Verfügung

erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Klemm und Schmidt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2000 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Endurteil des Landgerichts München I, 9. Zivilkammer, vom 06.09.2000 aufgehoben.

II. Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Verfügungsbeklagten auferlegt, in dem gleichen Teil der "S Zeitung", in dem der Artikel unter der Überschrift "Zwang zum freiwilligen Rücktritt" ("S Zeitung vom 27.07.2000, Seite 35"), mit gleicher Schrift und unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße, in der nächsten, zum Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der "S Zeitung" die nachfolgende Gegendarstellung abzudrucken:

Gegendarstellung

In der "S Zeitung" vom 27.07.2000 auf Seite 35 wird unter der Überschrift "Zwang zum freiwilligen Rücktritt - Mit schrägen Winkelzügen versucht das Ruder-Präsidium Bundestrainer H aus dem Amt zu drängen" behauptet, am Samstag sei eine Vorstandssitzung des Deutschen Ruderverbandes (DRV) angesetzt gewesen. Dabei müsse wohl eine Entscheidung gegen den Bundestrainer H gefallen sein.

Hierzu stelle ich fest:

In der Vorstandssitzung des Deutschen Ruderverbandes (DRV) am 22. Juli 2000 gab es keine Entscheidung gegen H. Es wurde festgestellt, daß der bis 31.12.2000 geschlossene Vertrag zu erfüllen ist.

Weiter wird behauptet, am Sonntagnachmittag hätten die Funktionäre, zunächst Sportdirektor M M und Vizepräsident H S, später auch Präsident W M und Vorstandsmitglied E Z - den Bundestrainer zum Gespräch gebeten. Dabei legten sie ihm eine offenbar handschriftlich verfaßte Erklärung vor. Er, H, bitte den Vorstand "um eine temporäre Freistellung von seinen Aufgaben". Falls H den Text nicht sofort unterschreibe - angeblich wurde sogar eine Bedenkzeit abgelehnt - müßte man ihn suspendieren oder freistellen.

Hierzu stelle ich fest:

Ich habe R H nicht zu einem Gespräch gebeten, ihm keine Erklärung vorgelegt, ihn um keine Unterschrift gebeten und ihm keine Suspendierung angedroht - weder allein noch im Beisein Dritter.

In seinem Kommentar zu diesem Artikel schreibt G F unter der Überschrift "Die Lust am Untergang":

"Apropos M. Am Samstag wurde ihm mitgeteilt, daß beim nächsten Rudertag im Frühjahr 2001 ein Gegenkandidat aufgestellt wird".

Hierzu stelle ich fest, daß mir am Samstag keinerlei Gegenkandidatur mitgeteilt worden ist.

Hamburg, den 01. September 2000

Prof. Dr. W M

Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes (DRV)

III. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Der Verfügungskläger macht gegen die Verfügungsbeklagte einen presserechtlichen Gegendarstellungsanspruch geltend.

Der Verfügungskläger ist Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes, die Verfügungsbeklagte verlegt die täglich erscheinende "S Zeitung". In der "S Zeitung" vom 27.07.2000 erschien auf S. 35 unter der Überschrift "Zwang zum freiwilligen Rücktritt" ein Artikel, der sich mit Auseinandersetzungen innerhalb des Deutschen Ruderverbandes beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des streitgegenständlichen Artikels wird auf die Anl. ASt 1 zur Antragsschrift vom 02.08.2000 verwiesen.

Mit Schreiben seiner Hamburger Prozeßbevollmächtigten vom 01.08.2000 (vgl. Anl. ASt 4) forderte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte zum Abdruck der in der Anl. ASt 3 auf den 31.07.2000 datierten Gegendarstellung auf.

Mit Schreiben seiner Hamburger Prozeßbevollmächtigten vom 01.09.2000 wurde die Verfügungsbeklagte zum Abdruck einer weiteren Fassung der Gegendarstellung, datiert auf den 01.09.2000, aufgefordert.

Die Verfügungsbeklagte hat den Abdruck der geforderten Gegendarstellungen jeweils abgelehnt.

Der Verfügungskläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünde gemäß Art. 10 Abs. 1 BayPrG ein Anspruch auf Abdruck der Gegendarstellung vom 01.09.2000 zu. Die Aktualitätsgrenze sei gewahrt. Unstreitig sei der zunächst eingereichte Hauptantrag innerhalb der Aktualitätsgrenze angebracht worden, so daß dies in gleicher Weise für den Hilfsantrag gelte. Den Bedenken der Verfügungsbeklagten gegen die zunächst geforderte Gegendarstellung sei mit der Gegendarstellung vom 01.09.2000, deren Abdruck nunmehr ausschließlich weiterverfolgt werde, Rechnung getragen worden.

Nachdem der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 06.09.2000 den ursprünglichen Antrag vom 02.08.2000 zurückgenommen hatte, hat er zuletzt beantragt:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin auferlegt, in dem gleichen Teil der "S Zeitung", in dem der Artikel unter der Überschrift "Zwang zum freiwilligen Rücktritt" ("S Zeitung vom 27.07.2000, S. 35), mit gleicher Schrift und unter Hervorhebung des Wortes "Gegendarstellung" als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße, in der nächsten, zum Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung" die nachfolgende Gegendarstellung abzudrucken:

Gegendarstellung

In der "S Zeitung vom 27.07.2000 auf Seite 35 wird unter der Überschrift "Zwang zum freiwilligen Rücktritt - Mit schrägen Winkelzügen versucht das Ruder-Präsidium Bundestrainer H aus dem Amt zu drängen" behauptet, am Samstag sei eine Vorstandssitzung des Deutschen Ruderverbandes (DRV) angesetzt gewesen. Dabei müsse wohl eine Entscheidung gegen den Bundestrainer H gefallen sein.

Hierzu stelle ich fest:

In der Vorstandssitzung des Deutschen Ruderverbandes (DRV) am 22. Juli 2000 gäbe es keine Entscheidung gegen H. Es wurde festgestellt, daß der bis 31.12.2000 geschlossene Vertrag zu erfüllen ist.

Weiter wird behauptet, am Sonntagnachmittag hätten die Funktionäre, zunächst Sportdirektor M M und Vizepräsident H S, später auch Präsident W M und Vorstandsmitglied E Z - den Bundestrainer zum Gespräch gebeten. Dabei legten sie ihm eine offenbar handschriftlich verfaßte Erklärung vor. Er, H, bitte den Vorstand "um eine temporäre Freistellung von seinen Aufgaben". Falls H den Text nicht sofort unterschreibe - angeblich wurde sogar Bedenkzeit abgelehnt - müßte man ihn suspendieren oder freistellen.

Hierzu stelle ich fest:

Ich habe R H nicht zu einem Gespräch gebeten, ihm keine Erklärung vorgelegt, ihn um keine Unterschrift gebeten und ihm keine Suspendierung angedroht - weder allein noch im Beisein Dritter.

In seinem Kommentar zu diesem Artikel schreibt G F unter der Überschrift "Die Lust am Untergang":

"Apropos M. Am Samstag wurde ihm mitgeteilt, daß beim nächsten Rudertag im Frühjahr 2001 ein Gegenkandidat aufgestellt wird".

Hierzu stelle ich fest, daß mir am Samstag keinerlei Gegenkandidatur mitgeteilt worden ist.

Hamburg, den 01. September 2000

Prof. Dr. W M

Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes (DRV)

Die Verfügungsbeklagte hat

Zurückweisung des Antrages

beantragt.

Sie hat gemeint, die vorgelegte Darstellung erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen. Im übrigen sei die Aktualitätsgrenze nicht gewahrt.

Das Landgericht hat Bedenken zur Aktivlegitimation des Verfügungsklägers und zur Einhaltung der Aktualitätsgrenze geäußert. Es hat in Teil 2 keine zulässige Entgegnung gesehen und wegen des Grundsatzes "ganz oder gar nicht" den Antrag insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Verfügungsklägers.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Der nur noch geltend gemachte Hilfsantrag entspricht den Anforderungen von Art. 10 des BayPrG i. d. F. vom 19.04.2000 (BayGVBl. S. 340). Die Verfügungsbeklagte war deshalb antragsgemäß zum Abdruck der Gegendarstellung zu verurteilen.

I.

Die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO in entsprechender Anwendung auf das besondere landesrechtliche Verfahren zur Durchsetzung des Gegendarstellungsanspruchs (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl. Rn. 500 f.) liegen vor. Insbesondere bestehen keine Bedenken wegen der Dringlichkeit. Art. 10 BayPrG enthält zu dieser Frage keine spezielle Regelung. Bei der Anwendung der heranzuziehenden §§ 935, 940 ZPO ist aber zu bedenken, daß der Anspruch auch in Bayern in der Regel im Verfahren der einstweiligen Verfügung endgültig entschieden wird (Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 594).

Im vorliegenden Fall hat der Verfügungskläger das gerichtliche Verfahren schon am 03.08.2000 eingeleitet, also 1 Woche nach Erscheinen des Artikels. Deshalb bestanden insoweit selbstverständlich keine Bedenken wegen der Dringlichkeit. Hieran änderte sich nichts dadurch, daß am 05.09.2000 (Eingang beim Landgericht) ein Hilfsantrag angekündigt und am 06.09.2000 der Hauptantrag nicht mehr gestellt wurde. Der Termin zur mündlichen Verhandlung über den Hauptantrag war vom Landgericht auf den 06.09.2000 bestimmt worden. Es ist schon dogmatisch nicht vorstellbar, daß das Austauschen des Antrags vor dem Termin die Dringlichkeit entfallen ließe. Es handelte sich zwar um einen neuen Streitgegenstand, weil jede Fassung der Gegendarstellung einen besonderen Streitgegenstand bildet (Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 615). Der Hilfsantrag trug aber nur den Bedenken der Verfügungsbeklagten Rechnung, er paßte die Gegendarstellung den Haupteinwendungen in der Klageerwiderung an. Ein Zusammenhang dieses Vorgangs mit dem Eilbedürfnis des Verfügungsklägers ist nicht zu erkennen.

II.

Auch die Einwendungen der Verfügungsbeklagten zum Verfügungsanspruch greifen nicht durch.

1. Die zweite Fassung der Gegendarstellung konnte per Telefax vom Gerät des Hamburger Rechtsanwalts des Verfügungsklägers übermittelt werden. Das Original der Gegendarstellung ist vom Verfügungskläger selbst unterzeichnet; die Schriftform ist gewahrt. Hieran ändert die Übermittlung dieser Gegendarstellung durch Telefax nichts. Dabei genügt auch die Absendung vom Gerät des bevollmächtigten Rechtsanwalts (Senat AfP 1999, 72 = OLGR 1998, 297 - Birgenair; der Beschluß des Senats in ZUM-RD 2000, 428 betraf den Fall der Absendung vom Gerät eines Dritten). Die Gegenmeinung kann jedenfalls angesichts der Entscheidung des gemeinsamen Senats der Obersten Bundesgerichte vom 05.04.2000 (NJW 2000, 2340) kaum mehr aufrechterhalten werden (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 200).

2. Die Durchsetzung der Hilfsfassung scheitert nicht an der Aktualitätsgrenze.

Art. 10 BayPrG i. d. F. vom 19.04.2000 hat die bisher geltende Regelung inhaltlich nicht geändert. Im Bereich des BayPrG gilt also insbesondere nicht das Unverzüglichkeitsgebot. Wird mit der Geltendmachung des Anspruchs zu lange zugewartet, dann kann das berechtigte Interesse weggefallen sein - als materiell-rechtliche Voraussetzung (BayobLGZ 1970, 151 = NJW 1970, 1927). Nach der Rechtsprechung des Senats muß der Anspruch so rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht worden sein, daß er vom Erstgericht bei der gebotenen zügigen Terminierung noch innerhalb der Aktualitätsgrenze verhandelt (und entschieden) werden kann (Senat AfP 1998, 86 = NJW-RR 1998, 26 - Matratzenschlacht). Bei der Bestimmung der Aktualitätsgrenze ist darauf abzustellen, ob die von der Gegendarstellung angegriffenen Tatsachenbehauptungen beim durchschnittlichen Leser noch so im Gedächtnis sind, daß ihm die Gegendarstellung eine korrigierende Information liefern kann. Diese Grenze wird vom Senat bei Tageszeitungen etwa bei 4 Wochen gesehen, sofern es sich um Behauptungen von durchschnittlicher Bedeutung handelt; bei wöchentlich erscheinenden Zeitschriften geht der Senat von 4 bis 6 Wochen aus.

Gemessen an diesen Grundsätzen wäre der Hilfsantrag außerhalb der Aktualitätsgrenze gestellt. Das vom Verfügungskläger zu seiner außerordentlichen Bedeutung als Verbandsvorsitzender vorgelegte Konvolut ändert hieran nichts.

Der Ablauf der Aktualitätsgrenze steht im vorliegenden Fall aber der Durchsetzung des Anspruchs nicht entgegen, weil der Antrag rechtzeitig vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht der Verfügungsbeklagten übermittelt wurde und von ihr mit sachlichen Einwendungen abgelehnt worden ist. Darf ein erstes Gegendarstellungsverlangen nicht schon wegen Überschreitung der Aktualitätsgrenze abgewiesen werden, leidet es aber unter einem anderen Mangel, dann kann ein weiteres, hilfsweise geltend gemachtes Verlangen regelmäßig kaum wegen Überschreitung der Aktualitätsgrenze zurückgewiesen werden, wenn über beide Verlangen im selben und ersten Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden kann (Senat AfP 1999, 72 = OLGR 1998, 297 - Birgenair). Diese Grundsätze müssen auch im vorliegenden Fall angewendet werden. Es kann keinen Unterschied machen, ob die materiell-rechtlich nicht begründete erste Fassung der Gegendarstellung noch Gegenstand des Rechtsstreits ist oder nicht. Aus seinem prozesstaktisch vernünftigen Verhalten - eine als bedenklich erkannte erste Fassung der Gegendarstellung fallen zu lassen - kann dem Betroffenen kein rechtlicher Nachteil erwachsen. Ob die dargestellte Rechtsprechung des Senats auch für den Fall gilt, daß das Medium die Veröffentlichung der Hilfsfassung nur und ausschließlich wegen Verstreichens der Aktualitätsgrenze ablehnt und glaubhaft macht, daß sie diese Gegendarstellung bei früherem Verlangen veröffentlicht hätte - bleibt offen; ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Verfügungsbeklagte hat vielmehr auch und erneut sachliche Einwendungen erhoben.

3. Gegen die Nr. 1 der Gegendarstellung bestehen keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Betroffenheit. Allerdings gibt Art. 10 BayPrG den Anspruch nur einem unmittelbar Betroffenen. Die Rechtsprechung zu anderen Regelungen, welche ein mittelbares Betroffensein genügen lassen, kann deshalb nicht unbesehen herangezogen werden.

Unmittelbar betroffen im Sinn des Art. 10 BayPrG ist jeder auf den sich die mitgeteilten Tatsachen beziehen (BayObLGSt 1961, 155 = NJW 1961, 2075). Erforderlich ist, daß die von der Gegendarstellung erfaßten Tatsachenbehauptungen den Anspruchsteller unmittelbar und individuell berühren. Es muß eine besondere Nähe der Tatsachen zum Anspruchsteller gegeben sein. Die Entscheidung setzt eine normative Wertung durch das Gericht zur besonderen Nähe voraus. Der Begriff des unmittelbaren Betroffenseins läßt sich nicht allgemein gültig definieren. Die Frage muß im Einzelfall entschieden werden (vgl. die Beispiele bei Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 69 ff.). Im vorliegenden Fall werden im Artikel zwar zunächst zwei andere Namen mitgeteilt; die Rede ist aber von den "Funktionären" und in der zweiten Linie wird der Name des Verfügungsklägers ausdrücklich genannt mit der Bezeichnung als "Präsident". Damit wird seine Verantwortung für den Deutschen Ruderverband (DRV) besonders herausgestellt. Er, der Vizepräsident (richtig: der stellvertretende Vorsitzende), der Sportdirektor und ein Vorstandsmitglied sollen den Bundestrainer zur Unterschrift gedrängt haben, "mit zweifelhaften Winkelzügen". Wer, wenn nicht der Vorsitzende des Verbandes und neben diesem sollte von einer solchen Behauptung unmittelbar betroffen sein? Es geht nicht um irgendwelche Vorgänge im Verband; es geht um das Verhalten des Vorstands, um Vorgänge im Vorstand selbst. Selbstverständlich ist der 1. Vorsitzende von einer solchen Meidung unmittelbar und individuell berührt.

4. Die Erstmitteilung zu Nr. 2 ist nicht zu ausführlich wiedergegeben. Nach Art. 10 Abs. 2 Satz 3 BayPrG soll die Gegendarstellung den Umfang des beanstandeten Textes nicht wesentlich überschreiten. Aus dessen Satz 4 folgt, daß Überschreitungen des Umfangs kostenpflichtig sind (Senat AfP 1999, 72 = OLGR 1998, 297 - Birgenair). Maßstab ist die Entgegnung, die entgegengesetzte Darstellung, nicht die gesamte Gegendarstellung (Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 233). Eine Grenze für die Wiedergabe der Erstmitteilung ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung selbst nicht. Sie folgt deshalb allenfalls aus allgemeinen Erwägungen. Die Entgegnung ist für den Leser nur verständlich, wenn sie der Erstmitteilung gegenüber gestellt wird. Diese darf daher der Entgegnung vorangestellt werden; im Einzelfall kann dies sogar zwingende Voraussetzung sein. Dabei kann der Text der Erstmitteilung insoweit wiedergegeben werden, als ihm entgegengetreten wird. Grundsätzlich ist es hier zulässig, den Text in der konkreten Verletzungsform zu zitieren. Jede Weglassung bringt die Gefahr, daß der Sinn oder Aussagegehalt der Erstmitteilung verändert und dadurch die gesamte Gegendarstellung unzulässig wird. Dieser Gefahr braucht sich der Betroffene nicht auszusetzen. Ein kleinlicher Maßstab ist hier nicht angebracht (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl. Rn. 29.18).

Vorwiegend geht es um ein Gespräch mit dem Bundestrainer zur Frage einer "temporären Freistellung". Hierzu baten zunächst der Sportdirektor und der Vizepräsident (stellvertretende Vorsitzende), später auch der Verfügungskläger und ein weiteres Vorstandsmitglied. Dies kann dahin verstanden werden, daß zunächst die beiden erstgenannten, danach die beiden anderen oder auch alle 4 Personen versucht hatten, die Unterschrift des Bundestrainers zu erhalten. Das ist als ein Gespräch mit einem Ziel anzusehen. Als Strategie wird aufgezeigt, daß der Bundestrainer zweistufig in die Zange genommen wurde, wobei der Verfügungskläger selbst in der zweiten Stufe mitwirkte. Eine Kürzung der Erstmitteilung zu diesem Gesamtkomplex war für den Verfügungskläger unzumutbar; keinesfalls fehlte insoweit das berechtigte Interesse.

5. Die Entgegnung in Nr. 2 durfte auch den Zusatz "weder allein noch im Beisein Dritter" enthalten. Die Gegendarstellung darf soviel Raum in Anspruch nehmen, wie zur klaren und konzentrierten Widerlegung der Erstmitteilung erforderlich ist (Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 235). Das bedeutet auch, daß inhaltlich und nicht nur räumlich enthalten sein darf, was für die Beurteilung des Lesers zum Vorgang erforderlich ist. Der Artikel behauptet eine Einwirkung auf den Bundestrainer durch 2 oder 4 Personen. Würde dem nur entgegnet werden, daß diese Personengruppe nicht auf den Bundestrainer eingeredet habe, dann drängte sich dem Leser die Frage auf, ob es nicht der Vorsitzende allein gewesen sein könnte. Diese Frage mußte deshalb nicht offen gelassen werden. An dem Zusatz zur Klarstellung hatte der Verfügungskläger ein berechtigtes Interesse. Die Entgegnung kann auch Ergänzungen zur Erstmitteilung enthalten, wenn sie für das Verständnis des Lesers bedeutsam und erforderlich oder wenn sie notwendig sind, um die Gegendarstellung plastischer zu machen (Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 225) oder um die Gefahr des Einwandes der Irreführung auszuschließen. Zwar muß der Einwand der Irreführung auf eindeutige Fälle beschränkt werden (Senat AfP 1998, 515 = NJW-RR 1999, 386 - Immunitätsausschuß). Der Betroffene muß sich aber nicht der Gefahr einer solchen Einwendung aussetzen, jedenfalls dann nicht, wenn es nur um einen kleinen Zusatz, eine kurze Klarstellung geht.

6. Schließlich bestehen keine Bedenken gegen die Nr. 3 unter dem Gesichtspunkt der Irreführung. Sie kann vorliegen, wenn eine einseitige oder unvollständige Entgegnung einen unrichtigen Eindruck herbeiführt und dem Leser Schlußfolgerungen aufgezwungen werden, die mit der Wahrheit nicht in Einklang stehen (OLG Hamburg AfP 1977, 395; Seitz/Schmidt/Schoener a. a. O. Rn. 261). An diesem Einwand sind aber, wie soeben zitiert, strenge Anforderungen zu stellen.

Unstreitig wollte und will der Verfügungskläger im Frühjahr 2001 nicht mehr als Vorsitzender des DRV kandidieren. Darum geht es aber in dem Artikel nicht. Die Behauptung ist aufgestellt worden, um die nachfolgende Behauptung plausibel zu machen, daß der Verfügungskläger unter Druck stand, in "Bedrängnis" geraten war und als Ablenkungsmanöver seinerseits Druck auf den Bundestrainer ausübte. "Da hört man die Nachtigall mit schweren Schritten trapsen", heißt es ausdrücklich. Diesem Eindruck durfte der Kläger mit der Beschränkung auf den angeblichen Gegenkandidaten entgegentreten. Für den Leser wäre es eine nicht unwesentliche, also zulässige Zusatzinformation gewesen, daß der Verfügungskläger nicht mehr kandidieren wollte oder will. Zwingend war der Zusatz aber nicht, weil es im Kern um das Bedrängtsein des Verfügungsklägers ging. Daran fehlte es schon, wenn ein Gegenkandidat nicht mitgeteilt worden war.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 264 Nr. 3 ZPO. Die Hauptfassung der Gegendarstellung war nicht mehr Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht. Die Hilfsfassung hat sich den Einwendungen der Verfügungsbeklagten angepaßt, wie sie in der Klageerwiderung vom 29.08.2000 erstmals erhoben worden waren.

Ende der Entscheidung

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