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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 02.04.2003
Aktenzeichen: 21 W 1074/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 1004
ZPO § 920
1. Glaubhaftmachungslast im Verfügungsverfahren bei Gewährung rechtlichen Gehörs.

2. Keine Bindung des Beschwerdegerichts an die Würdigung von Mitteln zur Glaubhaftmachung im Verfügungsverfahren nach neuer ZPO.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 21 W 1074/03

In dem Rechtsstreit

wegen einstweiliger Verfügung

erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 2. April 2003

folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 12.3.2003 gegen den Beschluss des LG München I, 15. Zivilkammer, Aktenzeichen: 15 O 1713/03, vom 11.2.2003 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

III. Der Beschwerdewert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Die Behauptung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe ihren Hymen zuerst, aber erfolglos verklebt und deshalb danach mit Nadel und Faden zusammengenäht, ist für die Antragstellerin ehrenrührig. Die Antragstellerin ist nicht Ärztin, hätte sich also strafbar gemacht, wenn die Behauptungen der Antragsgegnerin zuträfen (vgl. § 5 HeilprG; §§ 223 ff. StGB); zumindest hätte sie rechtswidrig gehandelt. Es handelt sich auch um eine Tatsachenbehauptung. Es geht um etwas Geschehenes, das grundsätzlich dem Beweis offen steht. Deshalb gilt die in das Zivilrecht transformierte Beweisregel des § 186 StGB (vgl. BGH in BGHZ 132, 13/23 = NJW 1996, 1131 - Lohnkiller; BGHZ 139, 95 = NJW 1998, 3047 -IM-Sekretär). Es liegt danach an der Antragsgegnerin glaubhaft zu machen, dass die Antragstellerin so, wie behauptet, vorgegangen ist. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung gilt dies jedenfalls dann, wenn rechtliches Gehör gewährt worden ist und in solchen Fällen auch im Beschwerdeverfahren (vgl. Senat, B.v. 6.7.1994, 21 W 3384/94; B.v. 14.5.1999, 21 W 1455/99 - Doc; OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1127/1128; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 24. Aufl., Rn. 9 vor § 916).

Insoweit stehen sich die eidesstattlichen Versicherungen der Antragstellern und der Antragsgegnerin entgegengesetzt gegenüber.

2. Der Senat ist an die Würdigung der Glaubhaftmachungsmittel durch das Landgericht nicht gebunden Die Neufassung der Zivilprozessordnung enthält für das Beschwerdeverfahren keine den §§ 513, 529 ZPO entsprechenden Regelungen. Er halt diese Würdigung jedoch im Ergebnis für zutreffend.

3. Die Antragsgegnerin ist ihrer erweiterten Darlegungslast (vgl. BVerfGE 99, 185 = NJW 1999, 1322 - Helnwein; BGH GRUR 1975, 36 = NJW 1974, 1710 - Arbeitsrealitäten und BGH GRUR 1987, 397 = NJW-RR 1987, 754 - Insiderwissen; Senat OLGZ 1987, 216 - Opus Dei und OLGR 2001, 325 = ZUM 2001, 809 - Ärzteliste I) nachgekommen. Es ist naheliegend, dass sie die genauen Daten nicht angeben kann und auch ebenfalls, dass sie die Namen der anderen Personen nicht weiß, die nach ihrer Behauptung ebenfalls von der Antragstellerin behandelt worden sein sollen. Der Tag des ersten Eingriffs ist durch den Tag der Fernsehaufnahmen festgelegt. Aus diesem Tag ergeben sich die anderen möglichen Zeitpunkte genau genug.

4. Die Anforderungen an die Detaillierung der eidesstattlichen Versicherung sind bei der Antragstellern geringer. Ihre eidesstattlichen Versicherungen vom 27.1. und 7.2.2003 verneinen die Behauptungen der Antragsgegnerin jeweils. Das wurde an sich genügen. Jedoch nimmt die Antragstellern in ihren eidesstattlichen Versicherungen nicht zu den weiteren Behauptungen der Antragsgegnerin Stellung, insbesondere nicht dazu, dass sie, die Antragstellern, bei einer Marokkanerin denselben Eingriff vorgenommen haben soll mit der Erläuterung, dass sie dasselbe auch bei der Antragsgegnerin gemacht habe. Auch bei der Marokkanerin habe die Antragstellern das Jungfernhäutchen genäht. Beide eidesstattlichen Versicherungen der Antragsgegnerin wurden der Antragstellern übermittelt. Sie hat hierzu schriftsätzlich durch ihre Anwältin Stellung genommen. Ihr Vortrag hierzu ist aber nicht glaubhaft gemacht. Die kleineren Unebenheiten in den eidesstattlichen Versicherungen der Antragsgegnerin vom 10.2 2003 reichen nicht aus, um sie als unglaubwürdig anzusehen. Der Senat gibt in Würdigung der gegensätzlichen eidesstattlichen Versicherungen der Parteien den Angaben der Antragsgegnerin den Vorzug, so dass ihre Behauptungen glaubhaft gemacht sind und sie damit den Anforderungen der § 186 StGB, § 294 ZPO Genüge getan hat. Aus der glaubhaft gemachten Behandlung der Marokkanerin ist ein Rückschluss auf die Behandlung der Antragsgegnerin zu ziehen. Auch daraus, dass glaubhaft gemacht ist, dass die Antragstellern weitere Personen in anderer Weise, aber ebenfalls mit körperlichen Eingriffen behandelt hat, folgt ein Indiz auf die Wirklichkeit bezüglich des vorliegenden Sachverhalts, nämlich dafür, dass die Behauptungen der Antragsgegnerin überwiegend glaubhaft sind.

5. Die Voraussetzungen des § 574 ZPO für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde hegen nicht vor. Es handelt sich um einen Einzelfall ohne grundsätzliche Bedeutung, der weder der Rechtsfortbildung noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen kann.

6. Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO. Beschwerdewert: § 20 GKG, § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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