Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.07.2003
Aktenzeichen: 23 U 1637/03
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 87 a V
HGB § 87 c II
HGB § 89 b
HGB § 89 b II Ziffer 2
HGB § 89 b III Ziffer 2
HGB § 89 b V 1
HGB § 89 I 2
BGB § 226
ZPO § 447
ZPO § 448
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 23 U 1637/03

Verkündet am 01.07.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Buchauszug und Forderung

erläßt der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2003 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 21.11.2002 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der unter besonderer Berücksichtigung der nachfolgenden Punkte in klarer und übersichtlicher Weise Auskunft über sämtliche zwischen dem 01.01.1998 und dem 15.11.2001 von ihm oder ihm unterstellten Vermittlern eingereichten und/oder betreuten Versicherungs-, Finanzdienstleistungs-, Bauspar- und sonstigen Geschäften gibt:

1) Name und Anschrift des Kunden/Versicherungsnehmer

2) Versicherungs(schein)nummer

3) Art und Inhalt des Versicherungsvertrages

- Sparte

- Tarifart

- Dauer

- prämien- bzw. provisionsrelevante Sondervereinbarungen

4) Nettojahresprämie

- Höhe

- Fälligkeit/Zahlungsweise

- Eingang

5) Versicherungsbeginn

6) Stornohaftungszeit

7) a) Bei Lebensversicherungsverträgen zusätzlich:

- Versicherungssumme

- Eintrittsalter der versicherten Person

- Laufzeit des Vertrages, Beitragszahlungsdauer

b) bei Investmentfonds zusätzlich:

- Beitragssumme

- Einmalanlage oder Anlageplan

- Beginn und Dauer der Beitragszahlung

- Fälligkeit und Zahlungseingang

c) bei Immobilien- und Medienfonds zusätzlich:

- Anlagesumme

- Fälligkeit und Zahlungseingang

8) Bei Verträgen mit Dynamisierung zusätzlich:

- Erhöhung der Versicherungssumme

- Zeitpunkt der Erhöhung der Versicherungssumme

- Erhöhung der Jahresprämie

9) im Falle von Änderungen:

- Datum der Änderung

- Art der Änderung

- Gründe der Änderung

10) im Falle von Stornierungen:

- Datum der Stornierung

- Gründe der Stornierung

- Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen mit Daten der Mahnung und Vollstreckung

11) im Falle von Nichtpolicierungen:

- Grund für die Nichtpolicierung

- Datum der Mittelung an den Kläger

III. Hinsichtlich sich eines aus dem Buchauszug ergebenden Zahlungsanspruchs des Klägers wird die Sache an das Landgericht München I zurückverwiesen.

VI. Im übrigen werden die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

V. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 25.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Buchauszug und sich daraus ergebende ausstehende Provisionen sowie Handelsvertreterausgleich.

Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 30.09.1974 einen Vertrag zur Übernahme einer Versicherungsagentur (Anlage K 1). Bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich seit dem Jahr 1971 war der Kläger für die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Versicherungsvertreter tätig.

Im Oktober 2000 unterzeichnete der Kläger mit dem Namen des Versicherungsnehmers W J einen Antrag auf Abschluss einer neuen Hausratsversicherung bei der Beklagten. Streitig ist zwischen den Parteien insoweit, ob der Kläger von der Ehefrau des Versicherungsnehmers im Rahmen eines Telefonats beauftragt worden war, den Änderungsantrag im Namen des Versicherungsnehmers zu unterschreiben.

Mit Schreiben vom 09.01.2001 (Anlage K 7) wies der anwaltliche Bevollmächtigte des Versicherungsnehmers Junge die Zahlungsforderung der Beklagten aufgrund der neuen Police mit dem Hinweis zurück, dass sein Mandant einen entsprechenden Vertrag nicht unterschrieben habe und ein entsprechendes Angebot hierzu vielmehr ausdrücklich zurückgewiesen habe.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Wolfsburg vom 04.09.2001 wurde der Kläger wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je DM 100,00 verurteilt. Der Kläger legte gegen den Strafbefehl zunächst Einspruch ein, nahm diesen jedoch mit Schreiben vom 10.10.2001 wieder zurück. Der Strafbefehl ist seit 12.10.2001 rechtskräftig. Die Beklagte hat hiervon am 26.10.2001 durch eine Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Kenntnis erlangt.

Mit Schreiben vom 08.11.2001 (Anlage K 2) kündigte die Beklagte den Vermittlervertrag mit dem Kläger unter Hinweis auf die vorgenannte Verurteilung fristlos aus wichtigem Grund. Ferner forderte sie die Herausgabe des noch beim Kläger befindlichen Geschäftsmaterials, die am 15.11.2001 auch erfolgte.

Der Kläger verlangt von der Beklagten einen Buchauszug über alle Geschäfte, für die ihm Provision gebührt, für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis 15.11.2001 und macht im Wege der Stufenklage die sich hieraus ergebenden noch ausstehenden Provisionen geltend. Ferner verlangt er im Wege der Teilklage einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von Euro 25.000,00.

Das Landgericht München I hat mit Teilurteil vom 21.11.2002 den Antrag auf Erteilung eines Buchauszuges abgewiesen und einen Ausgleichsanspruch in Höhe von Euro 25.000,00 zugesprochen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges nicht bestehe, da die Beklagte dargetan habe, dass die dem Kläger bisher erteilten Abrechnungen sämtliche Angaben enthielten, die der Kläger zur Nachprüfung aller Provisionspflichtigen Geschäfte benötige. Der Kläger habe monatliche Kontoauszüge von der Beklagten erhalten und sei gehalten gewesen, diese Abrechnungen unter Hinzuziehung seiner Bücher und Aufzeichnungen zu lesen und zu überprüfen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger über den gesamten Zeitraum der Vertragsbeziehung niemals Beanstandungen hinsichtlich der ihm erteilten Provisionsabrechnungen erhoben habe. Demgegenüber sei der Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in der geltend gemachten Höhe begründet. Durch die Herausgabe der Geschäftsunterlagen am 15.11.2001 sei es zu einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung gekommen. Ein auf schuldhaftem Verhalten des Klägers beruhender wichtiger Grund für die Kündigung des Vertragsverhältnisses liege nicht vor. Zwar sei der Kläger mit Strafbefehl vom 04.09.2001 rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass er den Versicherungsvertrag, den er dem Versicherungsnehmer vermitteln wollte, offensichtlich als für diesen günstig angesehen habe. Es bestünden auch Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger bei seinen Telefongesprächen mit der Ehefrau des Versicherungsnehmers und mit diesem selbst von deren grundsätzlich aufgeschlossener Einstellung zur Vertragsänderung ausgegangen sei. Er habe auch gar nicht versucht, die Unterschrift des Versicherungsnehmers nachzuahmen; eine "vertuschte" Fälschung liege nicht vor. Das Verhalten des Klägers sei daher nach 27jähriger, beanstandungsfreier Tätigkeit als nicht so schwerwiegend anzusehen, dass es zu einer außerordentlichen Kündigung hätte führen können. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beklagte bereits mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 01.02.2001 mitgeteilt habe, von dem Vorwurf der Urkundenfälschung Kenntnis zu haben, die Kündigung aber erst 9 Monate später, ohne den Kläger zuvor zu einer Stellungnahme aufgefordert zu haben, ausgesprochen habe.

Zwar sei der Ausgleichsanspruch insoweit zu kürzen, als er nicht der Billigkeit entspreche. In Höhe des geltend gemachten Betrages von Euro 25.000,00 sei der Anspruch jedoch unter Berücksichtigung sämtlicher ausgleichsmindernder Billigkeitsgesichtspunkte jedenfalls gerechtfertigt.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens wird im übrigen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen das Teilurteil des Landgerichts München I haben sowohl der Kläger, als auch die Beklagte Berufung eingelegt.

Der Kläger möchte mit seiner Berufung weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Buchauszugs erreichen.

Das Urteil des Landgerichts sei insoweit ein Überraschungsurteil, als darin ausgeführt werde, der Kläger habe ausreichende Information auch dadurch, dass er das Inkasso für die Beklagte betrieben habe. Dies treffe nicht zu und sei auch nicht vorgetragen worden.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Buchauszug lägen vor. Die erteilten Abrechnungen enthielten die geforderten Informationen nicht einmal ansatzweise. Sinn eines Buchauszuges sei es gerade, die Überprüfung der Abrechnungen zu ermöglichen. Unter anderem fehlten den Abrechnungen Auskünfte zu Stornierungen, Dynamisierungen, Änderungen, etc.

Beim Versicherungsvertreter könne die Provisionsabrechnung den Buchauszug nicht ersetzen, da die Provision nicht nur für die im Abrechnungszeitraum vermittelten Versicherungsverträge, sondern auch für früher vermittelte Verträge anfalle. Unerheblich sei, dass die Abrechnungen in der Vergangenheit nicht moniert worden seien.

Der Kläger beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Buchauszug zur Verfügung zu stellen, der unter besonderer Berücksichtigung der im Einzelnen genannten Punkte in klarer und übersichtlicher Weise Auskunft über sämtliche zwischen dem 01.01.1998 und dem 15.11.2001 von ihm oder ihm unterstellten Vermittlern eingereichten und/oder betreuten Versicherungs-, Finanzdienstleistungs-, Bauspar- und sonstigen Geschäfte gibt.

Ferner beantragt er, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine nach Erteilung des Buchauszuges noch zu beziffernden Betrag für noch ausstehende Provisionen nebst Zinsen zu zahlen.

Wegen der näheren Einzelheiten des Antrags wird auf Blatt 72/74 d. A. Bezug genommen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die monatlichen Abrechnungen ausreichend gewesen seien. Der Kläger habe als Inhaber einer Generalagentur auch die Bestandspflege übernommen und daher über entsprechende Informationen verfügt. Er habe kein rechtliches Interesse an einem Buchauszug. Bis zur Kündigung habe er die Provisionabrechnungen nicht beanstandet. Einen Anspruch habe er erstmals, im Zusammenhang mit der Geltendmachung seines Ausgleichsanspruchs erhoben. Die Geltendmachung des Anspruchs sei im übrigen treuwidrig.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts keine einvernehmliche Beendigung des Vertrages stattgefunden habe. Das Landgericht habe für die Ablehnung eines wichtigen Grundes für die Kündigung Tatsachen zugrunde gelegt, die nicht vorgetragen bzw. bestritten gewesen seien. Das Erstgericht übersehe im übrigen, dass allein die Tatsache der Urkundenfälschung für die Kündigung ausreiche. Die Kündigung habe auch erst nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens ausgesprochen werden können. Aufgrund des Schreibens des Versicherungsnehmers habe es zunächst lediglich einen Verdacht gegeben, aufgrund dessen eine Kündigung nicht auszusprechen gewesen sei. Ferner bemängelt die Beklagte, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts die Richtigkeit der Ausgleichsberechnung durch den Kläger bestritten gewesen sei.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts München I vom 21.11.2002 abzuändern, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger Euro 25.000,00 nebst 5 % Zinsen seit dem 16.11.2001 zu zahlen und die Klage (auch insoweit) abzuweisen.

Der Kläger macht geltend, dass eine Urkundenfälschung bestritten werde. Er sei vielmehr von der Zeugin J telefonisch mit der Unterschriftsleistung beauftragt worden. Er habe gar nicht versucht, die Unterschrift des Versicherungsnehmers nachzumachen. Eine Urkundenfälschung sei für ihn wirtschaftlich unsinnig gewesen.

Die Beklagte habe nicht bis zum Abschluss der Ermittlungen warten dürfen, sie habe zumindest eine Stellungnahme des Klägers zu dem Vorwurf einholen müssen.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie das Sitzungsprotokoll vom 20.05.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist im wesentlichen begründet. Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten ist in vollem Umfang begründet.

1. Buchauszug

Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 87 c II HGB einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs.

a)

Die Beklagte hat ihre Verpflichtung nicht bereits durch Übersendung monatlicher Provisionsabrechnungen erfüllt. Der Buchauszug soll es dem Handelsvertreter ermöglichen, Klarheit über seine Provisionsansprüche zu gewinnen und die vom Unternehmer erteilte oder zu erteilende Provisionsabrechnung nachzuprüfen (BGH WM 1982, 152).

Provisionsabrechnungen können daher einen Buchauszug nur dann ersetzen, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und wenn sie entweder zusätzlich alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind (BGH NJW 2001, 2233, 2236).

Die von der Beklagten dem Kläger erteilten Provisionsabrechnungen (Anlage B 1) erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie enthalten lediglich Versicherungsnummer, den Namen des Kunden, die Belegnummer, die Buchungsart, die Berechnungszeit, das Buchungsdatum, die Höhe der Provision sowie eine Unterteilung in einzelne Buchungsarten. Es fehlen unter anderem jedoch Angaben zu Stornierungen, so insbesondere die Mitteilung des Stornogrundes und der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen.

b)

Die Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des Buchauszugs ist im vorliegenden Fall auch nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs erst im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Ausgleichsanspruch erhoben wurde. Eine Verbesserung der Verhandlungsposition des Klägers im Hinblick auf die Durchsetzung des Ausgleichsanpruchs mag hierbei eine Rolle gespielt haben. Die Beklagte hat jedoch nicht nachgewiesen, dass der Kläger in Wirklichkeit überhaupt kein Interesse an der Erteilung des Buchauszugs hat, sondern es vielmehr nur darum geht, ein Druckmittel im Hinblick auf die Verhandlungen der Beklagten über den Ausgleichsanspruch zu erhalten. Anhaltspunkte hierfür liegen nicht vor. Der Kläger hat bereits mit Schreiben seines anwaltlichen Bevollmächtigen vom 18.03.2002 (Anlage K 5) einen Buchauszug gefordert. Er hat weder direkt noch indirekt die Geltendmachung des Rechts mit einem Entgegenkommen der Beklagten hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs verknüpft.

Die Erteilung des Buchauszugs soll es dem Handelsvertreter ermöglichen, die ihm erteilten Abrechnungen zu prüfen. Ein Verstoß gegen das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB liegt daher schon deshalb nicht vor, weil nicht dargetan ist, dass die Geltendmachung des Anspruchs nur den Zweck haben kann, der Beklagten einen Schaden zuzufügen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten muss der Kläger auch kein besonders rechtliches Interesse an der Erteilung des Buchauszugs dartun, da sich dieser Anspruch bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

Der Umstand, dass die Erteilung eines Buchauszugs möglicherweise mit einem erheblichen Aufwand für die Beklagte verbunden ist, führt nicht zu einer Unzumutbarkeit. Es ist vielmehr Sache der Beklagten, sich von vornherein auf ein Buchauszugsverlangen einzustellen (NJW 2001, 2333, 2336).

c)

Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger während der langjährigen Vertragsbeziehungen bisher die Provisionsabrechnungen niemals beanstandet hat.

Da der Buchauszug der Bezifferung und Durchsetzung von Provisionsansprüchen dient, entfällt der Anspruch hierauf zwar, wenn sich der Handelsvertreter und Unternehmer über die Provision und Abrechnung endgültig geeinigt haben (BGH NJW 1981, 457; BGH NJW 1996, 588). Eine Einigung in diesem Sinne liegt aber nicht allein in der mehrjährigen widerspruchslosen Hinnahme der Provisionabrechnungen des Unternehmers durch den Handelsvertreter (BGH NJW 1996, 588).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Ziffer 9 des Agenturübernahmevertrages vom 30.09.1974, (Anlage K 1), wonach der Vertreter die Buchungen durch den Unternehmer anerkennt, wenn er nicht binnen 14 Tagen nach Zugang Einwendungen erhebt. Eine solche Regelung verstößt gegen § 87 a V HGB und kann daher den Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs nicht ausschließen (BGH NJW 1 996, 588/589).

d)

Welche Angaben in den Buchauszug aufzunehmen sind, hängt in erster Linie von der zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer geltenden Provisionsregelung ab (BGH NJW 2001, 2333).

In einem Buchauszug sind allerdings nur solche Umstände aufzunehmen, die die vermittelten Verträge, also die Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und seinen Kunden betreffen. Nicht wiederzugeben sind Tatsachen, die allein dem Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter entspringen (BGH NJW 2001, 2333/2334).

Hiernach kann der Kläger nicht verlangen, dass in den Buchauszug auch das Datum der Stornogefahrmitteilung aufgenommen wird. Die Mitteilung über eine Stornogefahr betrifft nicht die Ausführung des vermittelten Geschäfts durch das Unternehmen, sondern erfolgt vielmehr im Innenverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsvertreter, um diesen zu ermöglichen, selbst Maßnahmen zur Erhaltung des Vertrages zu ergreifen (BGH NJW 2001, 2333/2335).

Insoweit war daher die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen. Die weiteren geforderten Angaben hat der Buchauszug jedoch zu enthalten. Insbesondere sind die Angaben zu Stornierungen, Dynamisierungen und Vertragsänderungen in den Buchauszug aufzunehmen.

Hinsichtlich eines sich aus dem Buchauszug ergebenden möglichen Provisionszahlungsanspruch war die Sache zur weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückzuweisen.

2. Ausgleichsanspruch

a)

Dem Kläger steht ein Ausgleichanspruch gemäß § 89 b HGB nicht zu. Der Anspruch ist gemäß § 89 b III Ziffer 2, § 89 b V 1 HGB ausgeschlossen, da für die Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Klägers vorlag.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde das Vertragsverhältnis nicht durch eine konkludente Aufhebungsvereinbarung, sondern durch die Kündigung seitens der Beklagten vom 08.11.2001 wirksam beendet. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 89 b II Ziffer 2 HGB liegt vor, wenn dem Unternehmer die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dessen Ablauf Oder auch nur bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem es durch ordentliche Kündigung beendet werden könnte, nicht zumutbar ist (BGH WM 1999, 1986, 1988; Küstner in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 2. Auflage, § 89 a Rn. 2). Die Abwägung der Interessen beider Vertragspartner ergibt hier unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des konkreten Falls, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum nächsten Termin, an dem das Vertragsverhälntis eine ordentliche Kündigung hatte beendet werden können nicht zumutbar war Es ist unstreitig, dass der Kläger einen Antrag auf Abschluss einer Hausratsversicherung mit einer Laufzeit von 10 Jahren unter dem Datum 24 10 2000 mit dem Namen des Versicherungsnehmers W J unterzeichnet hat. Der Kläger wurde wegen dieses Verhaltens im Verfahren 24B Cs 111Js8009/01 des Amtsgerichts Wolfsburg mit Strafbefehl vom 04 09 2001, rechtskräftig seit 12.10.2001, wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je DM 100,00 verurteilt.

Der Kläger hat den äußeren Sachverhalt eingeräumt und macht lediglich geltend, von der Ehefrau des Versicherungsnehmers mit der Abgabe der Erklärung im Namen und mit dem Schriftzug des Versicherungsnehmers bevollmächtigt worden zu sein. Der Kläger trägt allerdings selbst nicht vor, vom Versicherungsnehmer selbst mit der Unterschriftsleistung in seinem Namen bevollmächtigt worden zu sein. Als erfahrenem Versicherungsvertreter war dem Kläger bewusst, dass ein Gespräch mit der Ehefrau des Versicherungsnehmers ihn keineswegs dazu berechtigt, mit dessen Namen zu unterschreiben. Der Kläger hat nicht dargetan, dass die Ehefrau des Versicherungsnehmers ihrerseits von diesem bevollmächtigt war, dem Kläger einen entsprechenden Auftrag zu geben. Im übrigen ist auch bestritten, dass die Ehefrau des Versicherungsnehmers überhaupt einen derartigen Auftrag an den Kläger gegeben hat.

Im Ermittlungsverfahren hat diese das Vorbringen des Klägers gerade nicht bestätigt. Der Kläger hat für sein diesbezügliches Vorbringen in erster Instanz keinen Beweis angeboten. Erst in zweiter Instanz hat er für seine Behauptung seine Vernehmung als Partei angeboten. Die Beklagte hat ihr Einverständnis hierzu gemäß § 447 ZPO nicht erklärt. Für eine Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO bestand auch davon abgesehen ebenfalls keine Veranlassung, weil der Kläger die strafgerichtliche Verurteilung, die unter anderem auf der Aussage der Ehefrau des Versicherungsnehmers beruht, akzeptiert hat und seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgenommen hat. Es kann daher offen bleiben, ob dieses neue Verteidigungsmittel des Klägers überhaupt nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen wäre. Der Kläger hat keine Umstände dafür vorgetragen, warum er die Parteivernehmung gemäß § 447 ZPO nicht bereits in erster Instanz angeboten hat.

Das Verhalten des Klägers, einen Antrag auf Abschluss einer Versicherung mit dem Namen des Versicherungsnehmers unterschrieben zu haben, ohne vom Versicherungsnehmer hierzu beauftragt worden zu sein, rechtfertigt die fristlose Kündigung seitens des Versicherungsunternehmens. Der Kläger hat hiermit gegen grundlegende Verhaltensregeln für die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters verstoßen und die notwendige Vertrauensbasis mit dem Unternehmen zerstört. Ein Versicherungsunternehmen muss darauf vertrauen können, dass die vom Versicherungsvertreter vermittelten Versicherungsverträge auf einwandfreie Weise zustande gekommen sind. Es ist für den Ruf eines Versicherungsunternehmens im hohen Maße abträglich, wenn publik wird, dass ein für sie tätiger Versicherungsvertreter Verträge mit dem Namen eines Kunden unterschreibt, ohne hierzu berechtigt zu sein.

Der Beklagten war es daher nicht zuzumuten, bis zum Ablauf der Frist einer ordentlichen Kündigung, die im vorliegenden Fall gemäß § 89 I 2 HGB 6 Monate betragen hätte, den Kläger weiter zu beschäftigen. Das Verhalten des Klägers war vielmehr derart gravierend, dass das Vertrauen der Beklagten in ein redliches Verhalten des Klägers zerstört war.

Dem steht auch nicht entgegen, dass sich der Kläger offenbar nicht darum bemüht hat, die Unterschrift des Versicherungsnehmers in der Weise nachzumachen, dass eine Entdeckung erschwert wird. Der Kläger hat nämlich andererseits auch keinerlei Vermerk angebracht, dass er im Auftrag des Versicherungsnehmer oder im Auftrag dessen Ehefrau handelt.

Auch der Umstand, dass der wirtschaftliche Vorteil, den der Kläger aus seinem Verhalten gezogen hat, sehr gering ist, nämlich eine Mehrprämie von lediglich DM 0,90 pro Halbjahr ausmacht, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Selbst wenn der Kläger für sich überhaupt keinen wirtschaftlichen Vorteil erzielt hätte, wäre es für die Beklagte nicht hinnehmbar, dass der Kläger ihr gegenüber das Vorliegen eines ordnungsgemäßen, weil vom Versicherungsunternehmer unterschriebenen Versicherungsantrages vorspiegelt.

Zu Gunsten des Klägers ist zwar zu berücksichtigen, dass er offenbar 30 Jahre für die Beklagte, bzw. deren Rechtsvorgängerin gearbeitet hat, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen ist. Auch diese lange Vertragsdauer führt nicht dazu, dass die Beklagte ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Klägers, das im unmittelbaren Zusammenhang mit seinen Vertragspflichten steht, hinnehmen muss und sich nicht sofort von ihrem Vertragspartner trennen kann. Da das Verhalten des Klägers die Vertrauensgrundlage nachhaltig beeinträchtigt hat, konnte die Beklagte auch nach langjähriger beanstandungsfreier Tätigkeit das Vertragsverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung beenden. Hieran vermag auch der Umstand, dass der Kläger hierdurch seines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89 b III Ziffer 2 HGB verlustig geht, nichts zu ändern. Der Senat verkennt nicht, dass der vollständige Ausschluss des Ausgleichsanspruchs nach langjähriger Tätigkeit eine erhebliche Härte für den Kläger darstellt. Dieser Gesichtspunkt ist daher bei der Prüfung der Voraussetzungen eines wichtigen Grundes zu berücksichtigen (BGH NJW 1999, 946, 948). Bei einem gravierenden Verstoß des Versicherungsvertreters, der eine Zerstörung der Vertrauensgrundlage zur Folge hat, führt jedoch auch der Verlust des Ausgleichsanspruchs nicht dazu, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Hinblick auf die langjährige Zusammenarbeit zu verneinen ist. Andernfalls käme § 89 b III Ziffer 2 HGB regelmäßig nur bei nicht langjährigen Vertragsverhältnissen zum tragen. Ein dahingehender Wille des Gesetzgebers ist nicht ersichtlich.

Das Verhalten des Klägers war auch schuldhaft. Wie bereits ausgeführt, konnte der Kläger selbst, wenn seine Behauptung, von der Ehefrau des Versicherungsnehmers beauftragt worden zu sein, zutrifft, nicht davon ausgehen, aufgrund einer solchen Beauftragung mit dem Namen des Versicherungsnehmers selbst unterschreiben zu dürfen.

Einer Abmahnung bedurfte es nicht, da das Fehlverhalten des Klägers die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, dass diese auch nicht durch eine erfolgreiche Abmahnung wiederhergestellt werden konnte (BGH WM 1992, 1 56; Küstner in Röhricht/Graf von Westphalen, a. a. O., § 89 a Rn. 8).

b)

Die am 08.1 1.2001 ausgesprochene fristlose Kündigung war auch nicht verspätet. Zwar ist eine außerordentliche Kündigung innerhalb angemessener Frist nach Kenntnisnahme von dem Kündigungsgrund auszusprechen. Ein 2-monatiges Zuwarten kann daher in der Regel nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Überlegung der Folgerungen hierauf angesehen werden, weil ein solches darauf hindeutet, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist (BGH NJW 1994, 722, 723; BGH WM 1999, 1886, 1889). Erstmals in groben Umrissen Kenntnis erlangt von dem Vorwurf hat die Beklagte durch das Schreiben des anwaltlichen Bevollmächtigten des Versicherungsnehmers Junge vom 09.01.2001 (Anlage K 7). Von der seit 12.10.2001 rechtskräftigen Verurteilung des Klägers hat die Beklagte aufgrund einer Nachfrage am 26.10.2001 erfahren.

Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 08.11.2001, die sich auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers stützte, erfolgte noch innerhalb einer der Beklagten zuzugestehenden angemessenen Zeitspanne zur Überlegung. Zwar darf der Kündigende mit dem Ausspruch der Kündigung grundsätzlich dann nicht zuwarten, bis harte, verizifierbare Fakten vorliegen, wenn der kündigungsberechtige Teil bereits zuvor hinreichend konkrete Hinweise auf ein vertragswidriges Verhalten des Vertragspartner hat, es aber gleichwohl unterlässt, diesem nachzugehen (BGH WM 1999, 1986, 1989). Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger behauptet nach wie vor, im Hinblick auf das Einverständnis der Ehefrau des Versicherungsnehmers zu Unrecht strafgerichtlich verurteilt worden zu sein und diese Verurteilung lediglich mangels Beweisbarkeit seiner Einlassung hingenommen zu haben.

Zwar hat die Beklagte als Reaktion auf das Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Versicherungsnehmers vom 09.1.2001 diesem gegenüber mit Schreiben vom 01.02.2001 (Anlage K 8) erklärt, dem Vorwurf umgehend nachzugehen. Sie hat dann die strafgerichtliche Verurteilung abgewartet. Eigene Ermittlungen hat sie offensichtlich nicht angestellt, insbesondere hat sie den Kläger auch nicht mit dem Vorwurf konfrontiert und zu einer Stellungnahme aufgefordert. Hierzu war die Beklagte allerdings auch nicht gehalten. Sie durfte zunächst in die Redlichkeit ihres Versicherungsvertreters vertrauen und die Ermittlungen hinsichtlich des strafrechtlichen Vorwurfs den hierfür zuständigen Behörden überlassen. Parallele Ermittlungen musste die Beklagte nicht führen. Dies gilt um so mehr, als der Kläger nach wie vor lediglich den äußeren Sachverhalt einräumt und weiterhin eine Beauftragung seitens der Ehefrau des Versicherungsnehmers behauptet. Die Beklagte war weder gehalten, eigene Ermittlungen anzustellen, noch gegenüber dem Kläger aufgrund des bloßen Verdachts einer strafbaren Handlung eine Kündigung auszusprechen. Es war vielmehr auch im Interesse des Klägers angezeigt, zunächst eine abschließende Klärung des Sachverhalts durch eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung abzuwarten. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln in VersR 2001, 2034 ff. nichts anderes. Der dortigen Entscheidung lag zugrunde, dass sämtliche Pflichtverstöße des Vertreters bereits mit dem Schadensereignis offen lagen. Das Oberlandesgericht Köln hat ausgeführt, dass der Unternehmer jedenfalls durch die ihm später gewährte Einsicht in die Ermittlungsakte über das bisherige Ermittlungsergebnis, das für ihn keine neuen Erkenntnisse enthielt, unterrichtet war und er daher im unmittelbaren Anschluss hieran die Kündigung zeitnah hätte aussprechen müssen. Dieser Fall unterscheidet sich grundlegend vom vorliegenden Fall, in dem der Sachverhalt vom Kläger als Beschuldigten und vom Versicherungsnehmer als Anzeigeerstatter unterschiedlich dargestellt wurde und daher erst der Klärung durch die Strafverfolgungsbehörden bedurfte.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Kostenentscheidung ist der Endentscheidung des Landgerichts über den noch anhängigen Provisionszahlungsanspruch vorbehalten.

Die Voraussetzungen über die Zulassung der Revision gemäß § 543 II ZPO liegen nicht vor. Der Senat wendet, die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Einzelfall an. Eine Abweichung von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts (insbesondere der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln VersR 2001, 1234 ff.) liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück