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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 06.04.2000
Aktenzeichen: 23 W 3227/99
Rechtsgebiete: BGB, StBerG, StGB


Vorschriften:

BGB § 134
StBerG § 64 Abs. 2 Satz 2
StGB § 203 Abs. 1 Nr. 3
Leitsatz:

Eine Steuerberatungsgesellschaft kann eine Honorarforderung auch an eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit identischer Geschäftsführung nur unter den engen Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. StBerG abtreten.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 23 W 3227/99 12 HKO 4667/99 LG München I

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hier: Beschwerde über Kostenentscheidung

erläßt der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 06. April 2000 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 19. November 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer sofortigen Beschwerde.

III. Der Wert der Beschwerde wird auf DM 2.600,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, machte gegen die Beklagte vor dem Landgericht München I zwei ihr mit schriftlichem Vertrag vom 07.01.1998 von ihrer Schwestergesellschaft X. Steuerberatungsgesellschaft abgetretene Forderungen aus steuerlicher Beratung in Höhe von DM 10.281,00 und DM 345,00 geltend. Nach Rücknahme der Klage in Höhe des letzteren Betrages und Hinterlegung des ersteren Betrages durch die Beklagte haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Landgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 19.11.1999 der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO auferlegt, da sie unterlegen wäre. Die Abtretung der Honorarforderung an die Klägerin habe gegen das gesetzliche Verbot des § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG verstoßen und sei daher nach § 134 BGB unwirksam. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 01.12.1999 eingegangenen Beschwerde. Sie ist der Ansicht, auf § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG komme es dann nicht mehr an, wenn bereits tatbestandsmäßig die Vorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB über die Verletzung von Privatgeheimnissen nicht gegeben sei. Das sei hier der Fall. Zedentin und Zessionarin hätten denselben Geschäftsführer, so daß ein unbefugtes Offenbaren von Wissen über die Beklagte ausscheide. Dagegen hält die Beklagte die Entscheidung des Landgerichts für zutreffend.

Das nach § 91 a Abs. 2 Satz 1, § 567 Abs. 1, § 577 ZPO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung des Landgerichts entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen und damit der Vorschrift des § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Abtretung der streitgegenständlichen Honorarforderung an die Klägerin am 07.01.1998 gegen § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG verstößt und damit nach § 134 BGB unwirksam ist und dass deshalb die Klägerin nicht aktivlegitimiert war. Die abgetretene Forderung war weder rechtskräftig festgestellt, noch war ein erster Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen oder eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung der Beklagten zur Abtretung eingeholt worden. Die Abtretung ist zudem an die Klägerin als eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und damit nicht an einen als Steuerberater oder als Steuerbevollmächtigten zugelassenen Dritten erfolgt.

2. Daran ändert nichts, dass Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als auch Rechtsanwälte nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 StBerG ebenfalls zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind. Diese sind als mögliche Abtretungsempfänger in § 64 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. StBerG nicht genannt worden und kommen als solche nur unter den Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. StBerG in Betracht. Das entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Gesetzgebungsverfahren zum 6. Gesetz zur Änderung des StBerG, mit dem die Vorschrift des § 64 Abs. 2 StBerG zum 01.07.1994 eingeführt worden ist, der Anregung des Bundesrates nicht entsprochen, außer Steuerberatern auch Rechtsanwälten unter Erstreckung der Verschwiegenheitspflicht allgemein ein Erwerb von Honorarforderungen der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten zu ermöglichen (BT-Drucksache 12/6753, S. 29). Vielmehr ist er der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (a.a.O., S. 33) gefolgt und hat die dort vorgeschlagene Neufassung des § 64 Abs. 2 StBerG Gesetz werden lassen.

3. Entgegen der Klägerin spielt es keine Rolle, ob hier in Folge der Identität der Geschäftsführung von Zedentin und Zessionarin die Strafvorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht verletzt worden ist. Diese ist nicht Sondervorschrift zu § 64 Abs. 2 StBerG. Das ergibt sich schon aus den nur zu einem Teil übereinstimmenden Regelungsmaterien beider Vorschriften. Hinsichtlich der Abtretbarkeit von Honorarforderungen ist es vielmehr umgekehrt. Insoweit ist § 64 Abs. 2 StBerG lex specialis. Im Übrigen betrifft die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes in NJW 1995, 2915 ff. noch den Rechtszustand vor Inkrafttreten des § 64 Abs. 2 StBerG.

4. Schließlich ist eine Abtretung, die gegen § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG verstößt, gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar richtet sich das Gebot, die Vertraulichkeit im Verhältnis zu den Mandanten zu wahren, allein gegen den Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Dennoch ergeben Wortlaut und Zweck des Verbots, dass es sich gegen die Vornahme einer Abtretung selbst richtet und diese verhindern soll, soweit nicht die besonders zugelassenen Ausnahmen eingreifen: Der Gesetzgeber will gerade durch die Unwirksamkeit der Abtretung verhindern, dass eine Person, die nicht der Verschwiegenheitspflicht des § 57 Abs. 1 StBerG unterliegt, Zugang zu geheimzuhaltenden Daten von Mandanten des steuerlichen Beraters erlangt (BGH NJW 1999, 1544, 1546).

Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO

Beschwerdewert: §§ 3, 5 und 6 ZPO.

Ende der Entscheidung

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