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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.07.2000
Aktenzeichen: 24 U 64/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 566
BGB § 139
BGB § 313 Satz 1
ZPO § 273
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 3
ZPO § 546 Abs. 2
I. Schließen Parteien einen Pachtvertrag mit (grundstücks)kaufrechtlichen Elementen, kommt es für die Frage der Formbedürftigkeit des ganzen Vertrags auf die Abhängigkeit des Grundstückskaufvertrags als maßgebliches Kriterium an.

Die einseitige Abhängigkeit des Pachtvertrags vom Grundstückskaufvertrag genügt nicht, eine rechtliche Einheit im Sinne des Formgebots zu begründen.

II. Gehen beide Parteien davon aus, die in den Pachtvertrag aufgenommene, einen Grundstückskaufvertrag nur vorbereitende Regelung sei als Kaufvorvertrag formbedürftig und deshalb, weil nur schriftlich formuliert, ungültig, kann ihnen insoweit der Rechtsbindungswille fehlen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN - ZIVILSENATE IN AUGSBURG - IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 24 U 64/99

Verkündet am 20. Juli 2000

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung und Forderung

erläßt der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2000 folgendes

Endurteil:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 3. Dezember 1998 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. II der Urteilsformel nunmehr lautet:

1. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin zukünftig folgende Beträge zu zahlen:

je 12.800 DM monatlich für die Zeit von März 2000 bis Januar 2006, zur Zahlung fällig jeweils zum dritten Werktag eines jeden Monats;

2. 5 % Zinsen per anno über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank aus je 6.615 DM für die Zeit vom 5.3.1998 bis zum 15.4.1998, 6.4.1998 bis 12.5.1998, 7.5.1998 bis 15.6.1998, 5.6.1998 bis 10.7.1998, 6.7.1998 bis 10.8.1998, 6.8.1998 bis 8.9.1998, 4.9.1998 bis 14.10.1998, 6.10.1998 bis 13.11.1998, 5.11.1998 bis 15.12.1998, 4.12.1998 bis 31.12.1998

sowie 5 % Zinsen per anno über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 6.615 DM für die Zeit vom 1.1.1999 bis 21.1.1999, 8.1.1999 bis 12.2.1999, 4.2.1999 bis 12.3.1999, 4.3.1999 bis 16.4.1999, 8.4.1999 bis 7.5.1999, 6.5.1999 bis 9.6.1999, 7.6.1999 bis 8.7.1999, 6.7.1999 bis 11.8.1999, 5.8.1999 bis 15.9.1999, 6.9.1999 bis 14.10.1999, 6.11.1999 bis 17.11.1999, 5.11.1999 bis 21.12.1999, 6.12.1999 bis 17.1.2000, 7.1.2000 bis 28.2.2000, 4.2.2000 bis 15.3.2000, ab 6.3.2000 bis auf weiteres und ab 6.4.2000 bis auf weiteres.

Im übrigen ist die Widerklage erledigt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Beschwer der Klägerin beträgt 691.200 DM.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem Pachtverhältnis.

Mit Vertrag vom 30.12.1995 verpachtete die Beklagte an die Klägerin ein Anwesen in für die Zeit vom 1.2.1996 bis 31.1.2006 "zum Zweck des Betriebs einer Kureinrichtung für Mutter-Kind-Kuren". Die Klägerin verpflichtete sich, den Betrieb der Einrichtung aufrechtzuerhalten, wobei ihr Änderungen der Zielgruppe eingeräumt wurden. Der monatliche Gesamtpachtzins beträgt nunmehr 12.800 DM. Die Klägerin übergab der Beklagten als Sicherheit eine Bankbürgschaft über 800.000 DM. Der Verpächterin wurde gestattet, die Bürgschaft jeweils monatlich nachträglich für maximal einen Monatspachtzins zuzüglich Umsatzsteuer in Anspruch zu nehmen. Eine solche Inanspruchnahme der Bürgschaft sollte auch bei von der Verpächterin nicht zu vertretender Nicht- oder eingeschränkter Nutzung des Pachtobjekts möglich sein.

Die Klägerin bezahlte ab 1.3.1998 nur noch einen Pachtzins in Höhe von 6.185 DM. Mit Schreiben vom 30.1. und 23.2.1998 kündigte sie das Pachtverhältnis unter Berufung auf die Einsparungen im Gesundheitswesen und Patientenrückgang aus wichtigem Grund zum 31.5.1998 (Anlagen K 2 und K 3) sowie erneut mit Schreiben vom 1.5.1998 zum 31.12.1998 (Anlage K 5). Die Beklagte zog die Pachtzinsdifferenz und auch den Pachtzins, soweit die Klägerin den Betrag nicht ohne Anerkennung einer Rechtspflicht als "Nutzungsentschädigung" bezahlte, durch Inanspruchnahme der genannten Bankbürgschaft ein.

Die Klägerin hat vorgetragen,

die Befristung des Pachtvertrags bis 31.1.2006 sei wegen eines Formverstoßes unwirksam. Denn in dem Pachtvertrag sei eine notariell zu beurkundende Verpflichtung zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags enthalten. Des weiteren sei wegen Einsparungen im Gesundheitswesen ein erheblicher Geschäftsrückgang zu verzeichnen, somit die Geschäftsgrundlage für den Pachtvertrag weggefallen. Jedenfalls müsse der Pachtzins den geänderten Verhältnissen angepasst werden. Die Befriedigung aus der Bankbürgschaft verstoße gegen Treu und Glauben. Im übrigen habe sich die Beklagte geweigert, das Pachtanwesen zu verkaufen.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

I. Es wird festgestellt, dass das Pachtverhältnis zwischen den Parteien über das Anwesen mit Ablauf des 31.12.1998 wirksam beendet ist.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 33.075 DM zu bezahlen nebst 9,25 % Zinsen aus jeweils 6.615 DM seit 1.4., 1.5., 1.6., 1.7. und 1.8.1998.

III. Weiter wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin jeweils am 1.9.1998, 1.10.1998, 1.11.1998, 1.12.1998 und 1.1.1999 einen Betrag in Höhe von 6.615 DM nebst jeweils 9,25 % Zinsen zu bezahlen.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben und folgende Anträge gestellt:

I. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin zukünftig folgende Beträge zu zahlen:

a) Je 6.615 DM für die Monate November bis Dezember 1998, zur Zahlung fällig mit dem 3. Werktag eines Monats, sowie

b) je 12.800 DM für die Zeit der Monate Januar 1999 bis Januar 2006, je fällig wiederum zum 3. Werktag eines jeden Monats, sowie

c) 5 % per anno über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank aus je 6.615 DM für die Zeit vom 5.3.1998 bis 15.4.1998, 6.4.1998 bis 12.5.1998, 7.5.1998 bis 15.6.1998, 5.6.1998 bis 10.7.1998, 6.7.1998 bis zum 10.8.1998, 6.8.1998 bis zum 8.9.1998, 4.9.1998 bis zum 14.10.1998, 6.10.1998 bis zum 13.11.1998, 5.11.1998 fortlaufend.

II. Im übrigen ist die Widerklage erledigt.

Die Klägerin hat hinsichtlich der Widerklage beantragt:

I. Die Widerklage wird bezüglich der Restpacht von 6.615 DM für Oktober 1998 für erledigt erklärt.

II. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Beklagte hat eingewendet,

das wirtschaftliche Risiko des Betriebs der liege bei der Klägerin, sei somit kein die Geschäftsgrundlage bildender Umstand. Die Änderung der kassenrechtlichen Vorschriften zur Erstattungsfähigkeit von Kuren sei nicht unerwartet gekommen, die Klägerin in der Ausrichtung der Zielgruppen vertraglich auch nicht gebunden.

Im Hinblick auf das Zahlungsverhalten der Klägerin sei die auf die Zukunft gerichtete Widerklage geboten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage antragsgemäß entschieden.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, zwar sei die (vorvertragliche) Kaufverpflichtung formungültig. Die Nichtigkeit der den Kauf betreffenden Bestimmungen führe aber nicht zur Unwirksamkeit des Pachtvertrags selbst. Dies ergebe sich im Hinblick auf die in § 18 enthaltene salvatorische Klausel, wonach die etwaige Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen den Vertrag im ganzen unberührt lässt. Im übrigen erfasse die Formvorschrift des § 566 BGB nur miet- und pachtvertragstypische fortdauernde Vereinbarungen, nicht aber - wie beim Kauf - eine Abrede über eine einmalige Leistung.

Das Landgericht verneinte des weiteren die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Dabei stellte es insbesondere auf die der Klägerin mögliche, jedoch von ihr nicht einmal versuchte Änderung der Zielgruppenausrichtung, auf die auch für den Fall der Nicht- oder eingeschränkten Pachtnutzung eingeräumte Bankbürgschaft sowie auf das wirtschaftliche Risiko der Klägerin bei für die Zukunft keineswegs gesicherter Gesetzeslage im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens ab. Umstände für eine Kündigung aus wichtigem Grund lägen nicht vor, insbesondere kein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin stellt in erster Linie auf die Unwirksamkeit der zeitlichen Befristung des Pachtvertrags ab. Aus dem Pachtvertrag und der (nicht ordnungsgemäß verbundenen) Anlage hierzu, wobei auch die Darlehensfinanzierung mit Absicherung durch Grundpfandrecht vorbereitet worden sei, ergebe sich der unmittelbare und untrennbare Zusammenhang der Verkaufs- bzw. der Kaufverpflichtung mit diesem Pachtvertrag. Wegen der fehlenden notariellen Form sei der Pachtvertrag samt Anlage nichtig. Das gelte auch für die salvatorische Klausel, die im übrigen bei wesentlichen, den Gesamtcharakter des Vertrags bestimmenden Klauseln nicht zum Tragen komme. Aber selbst unter Berücksichtigung der salvatorischen Klausel und von § 139 BGB werde der Formmangel nach § 566 BGB nicht geheilt.

Was den Wegfall der Geschäftsgrundlage betrifft, so sei die Entwicklung der Marktnische der Mutter-Kind-Betreuung, insbesondere die Kürzung der Leistungen, bis 1995 nicht vorhersehbar gewesen. Eine Änderung der Zielgruppenausrichtung sei wegen der vielfältigen versicherungs- und baurechtlichen Voraussetzungen nicht ohne weiteres möglich gewesen.

Die Klägerin stellt folgende Anträge:

1. Das Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 3.12.1998 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Pachtverhältnis zwischen den Parteien über das Anwesen mit Ablauf des 31.12.1998 wirksam beendet ist.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte stellt folgende Anträge:

I. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin zukünftig folgende Beträge zu zahlen:

je 12.800 DM monatlich für die Zeit von März 2000 bis Januar 2006, zur Zahlung fällig zum dritten Werktag eines jeden Monats,

5 % Zinsen per anno über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank aus je 6.615DM für die Zeit vom 5.3.1998 bis zum 15.4.1998, 6.4.1998 bis 12.5.1998, 7.5.1998 bis 15.6.1998, 5.6.1998 bis 10.7.1998, 6.7.1998 bis 10.8.1998, 6.8.1998 bis 8.9.1998, 4.9.1998 bis 14.10.1998, 6.10.1998 bis 13.11.1998, 5.11.1998 bis 15.12.1998, 4.12.1998 bis 31.12.1998,

sowie 5 % Zinsen per anno über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 6.615 DM für die Zeit vom 1.1.1999 bis 21.1.1999, 8.1.1999 bis 12.2.1999, 4.2.1999 bis 12.3.1999, 4.3.1999 bis 16.4.1999, 8.4.1999 bis 7.5.1999, 6.5.1999 bis 9.6.1999, 7.6.1999 bis 8.7.1999, 6.7.1999 bis 11.8.1999, 5.8.1999 bis 15.9.1999, 6.9.1999 bis 14.10.1999, 6.11.1999 bis 17.11.1999, 5.11.1999 bis 21.12.1999, 6.12.1999 bis 17.1.2000, 7.1.2000 bis 28.2.2000, 4.2.1000 bis 15.3.2000, ab 6.3.2000 bis auf weiteres und ab 6.4.2000 bis auf weiteres.

Im übrigen ist die Widerklage erledigt.

Die Beklagte trägt im wesentlichen wie im ersten Rechtszug vor.

Sie meint weiter, die Formunwirksamkeit einzelner Bestimmungen des Pachtvertrags (Kaufvertragselemente) lasse die formwirksame Fristklausel des im übrigen gültigen Pachtvertrags unberührt.

Die Beklagte behauptet, die Parteien hätten von der Formunwirksamkeit der kaufvertraglichen Elemente des Pachtvertrags gewusst. Die Ankaufsklausel sei deshalb mangels eines Rechtsbindungswillens unwirksam. Die Klägerin habe aber - wegen der Vorgespräche mit den Kassen, wegen der im Hinblick auf die Betriebseröffnung abgeschlossenen Verträge und wegen des Kurbeginns im Januar 1996 - unbedingt vor dem 31.12.1995 einen wirksamen Pachtvertrag fest abschließen wollen und zwar ohne Rücksicht auf die Ankaufsklausel. Auch die Beklagte, die einen florierenden Betrieb aufgegeben hatte, habe auf einer langfristigen Pachtbindung der Klägerin bestanden.

Im Verlauf der monatelangen Gespräche sei wiederholt von der Notwendigkeit eines Notartermins die Rede gewesen, der aber nicht mehr rechtzeitig vor Jahresschluss zustande gekommen sei. Die endgültige Entscheidung über den Kauf habe zeitnah erfolgen sollen. Die Klägerin habe ihr Ankaufsrecht auch nicht innerhalb der vertraglich vorgesehenen Frist (Ablauf März 1996) ausgeübt und sei letztlich selbst von einer Gültigkeit des Pachtvertrags ohne Ankauf ausgegangen. Sie, die Beklagte, sei zunächst zum Verkauf bereit gewesen und habe erst dem im Schreiben vom 19.9.1996 verspäteten Ankaufswunsch der Klägerin mit Schreiben vom 26.9.1996 (Anlage K 8) und anlässlich einer gemeinsamen Besprechung am 7.11.1996 widersprochen. Beide Parteien seien sich letztlich einig gewesen, dass die Unwirksamkeit der Kaufvertragselemente (oder deren Nichtanwendung) nicht zur Abänderung der Laufzeit des Pachtvertrags führen sollte.

Die Beklagte meint, das Nichtzustandekommen eines Grundstückskaufvertrags habe auch keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage zur Folge. Denn die Parteien hätten diesen Fall insbesondere durch die zeitliche Befristung des Pachtvertrags und die Absicherung der Pachtzinszahlungen über die gesamte Pachtzeit durch die Bankbürgschaft besonders geregelt.

Die Klägerin erwidert im wesentlichen, die Beklagte habe treuwidrig gehandelt, als sie trotz fehlenden Rechtsbindungswillens die deutlich für die Einheitlichkeit des Vertrags sprechenden Bestimmungen unverändert ließ und ihr, der unter Zeitdruck stehenden Klägerin, die Nachholung des Kaufvertrags in Aussicht stellte. Auch habe die Beklagte gegen § 18 des Vertrags verstoßen, wonach die Parteien bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen auf eine sachgerechte Vertragsänderung hinzuwirken hatten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien und ihrer Beweisangebote wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, auf die Sitzungsniederschriften und auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Senat hat am 17.2.2000 einen Aufklärungsbeschluss (Bl. 170-175 d. A.) erlassen. Er hat ferner die gemäß § 273 ZPO vorbereitend geladenen Zeugen (Steuerberater der Beklagten), (Ehemann der Klägerin), (Assessor jur.) vernommen (vgl. Protokoll vom 6.4.2000 Bl. 264 - 275 d.-A.).

Die Einhaltung der Förmlichkeiten des Berufungsrechtszuges ist zur Sitzungsniederschrift vom 25.11.1999 festgestellt worden (Bl. 112 d. A.).

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage mit zutreffenden Gründen abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Der Senat bezieht sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Lediglich ergänzend, insbesondere zu den Berufungsangriffen, wird ausgeführt:

I. Klage

Die Klägerin hat die Berufung auf die Abweisung der Feststellungsklage beschränkt.

Die Feststellungsklage ist unbegründet.

Das streitgegenständliche Pachtverhältnis ist nicht mit Ablauf des 31.12.1998 wirksam beendet worden.

1. Die Parteien haben schriftlich (§ 566 BGB) einen zeitlich bis zum Jahr 2006 befristeten Pachtvertrag geschlossen.

a) Der Pachtvertrag ist nicht deswegen unwirksam, weil er kaufvertragliche Elemente enthält und nicht notariell beurkundet wurde (§ 313 Abs. 1 BGB).

Nach der Rechtsprechung bedarf ein Vertrag, der als solcher dem Formgebot des § 313 Satz 1 BGB nicht unterliegt, dann der notariellen Beurkundung, wenn er mit dem Grundstücksgeschäft im Sinne dieser Vorschrift eine rechtliche Einheit bildet. Denn in diesem Falle muss die zwischen den Teilen des einheitlichen Geschäfts bestehende Abhängigkeit urkundlichen Ausdruck finden. Eine rechtliche Einheit bilden die Verträge, wenn sie nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen. Dafür ist nicht Voraussetzung, dass die Abhängigkeit der Verträge wechselseitig ist. Auch bei einseitiger Abhängigkeit stehen und fallen beide Geschäftsteile mit dem Vertrag, von dem der andere abhängt. Das Abhängigkeitsverhältnis als solches ist aber kein hinreichender Grund, das für einen Vertrag geltende Formerfordernis auf den anderen auszudehnen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Formbedürftigkeit des ganzen Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB vielmehr entscheidend auf die Abhängigkeit des Grundstückkaufvertrags als maßgebliches Kriterium an. Die einseitige Abhängigkeit des weiteren Geschäfts vom Grundstückskaufvertrag genügt hingegen nicht, eine rechtliche Einheit im Sinne des Formgebots zu begründen. In diesem Fall liegen aus der Sicht des für das Beurkundungserfordernis maßgebenden Grundstückskaufvertrags jeweils eigenständige Regelungen vor (vgl. BGH Urteil vom 26.11.1999 - V ZR 251/98 NJW 2000, 951 f.).

Der vorliegende Vertrag enthält eine Verpflichtung der Parteien, bis 31.3.1996 auf den Abschluss eines ggfl. aufschiebend bedingten Kaufvertrags hinzuwirken. Soweit sich insbesondere aus der Vorbemerkung und aus § 16 samt der "beigefügten" Anlage des Pachtvertrags ein Vorvertrag zu einem bereits vorbereiteten Kaufvertrag entnehmen lässt, wäre dieser als solcher nach § 313 Abs. 1 BGB formbedürftig.

Für die Frage, ob der Gesamtvertrag, also insbesondere auch der Pachtvertrag, der notariellen Form bedarf, kann aus den genannten Gründen dahingestellt bleiben, ob der Pachtvertrag ohne die kauf(vor)vertraglichen Bestimmungen geschlossen worden wäre. Entscheidend ist nur, ob der Teil des "Pachtvertrages", der einen Grundstückskaufvertrag vorbereitet und der rechtlich als Vorvertrag gewertet werden kann, vom Abschluss des Pachtvertrags abhängig war. In diesem Fall würde sich die Form des § 313 Abs. 1 BGB auf das gesamte Vertragswerk erstrecken und wäre ggf. auch der Pachtvertrag formnichtig.

b) Unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts, des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Umstände lässt sich nicht verlässlich feststellen, ob der Grundstücks(vor)vertrag vom Abschluss eines Pachtvertrags abhängig war.

Die Umstände, insbesondere die dem Vertragsschluss vorausgehenden Verhandlungen der Parteien und ihrer Berater, wie sie von den vernommenen Zeugen übereinstimmend bekundet werden, die Zusammenfassung pacht- und kaufvertraglicher Elemente in einer Urkunde sowie die Verzahnung beider Vertragsbestandteile sprechen für einen einheitlichen gemischten Vertrag. Da die Verträge in einer Urkunde niedergelegt wurden, könnte auch die Vermutung dafür sprechen, dass die Parteien einen rechtlichen Zusammenhang angestrebt haben (vgl. BGHZ 54, 71/72; Strieder bei Baumgärtel Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. § 313 RdNr. 1).

Die Beklagte lässt selbst unwidersprochen vortragen, im Zusammenhang mit dem Abschluss des Pachtvertrags seien monatelange Verhandlungen über den Ankauf der Immobilie geführt worden. Der Pachtvertrag sei dann auf Drängen des Geschäftsführers der Klägerin doch schon fest abgeschlossen worden, weil das Objekt wegen der Vorgespräche mit den Kassen unbedingt zum Jahreswechsel bezogen werden sollte. Beide Parteien hatten zu diesem Zeitpunkt den - wenn auch nur schriftlich und deshalb insoweit nicht in der rechten Form geäußerten - tatsächlichen Willen, einen Kaufvertrag über die Immobilie abzuschließen.

Zweifelhaft bleibt aber unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der angebahnten Geschäftsbeziehung trotz der Zusammenfassung pacht- und kaufvertraglicher Elemente in einer Urkunde, ob die Verträge nach dem Willen der Parteien im Sinne einer rechtlichen Einheit überhaupt derart voneinander abhingen, dass sie miteinander stehen und fallen sollten (vgl. BGHZ 78, 346/349). Dafür würde freilich, wie ausgeführt, keine Wechselseitigkeit erforderlich sein, sondern schon eine einseitige Abhängigkeit ausreichen. Ungeklärt ist vor allem der für das Formerfordernis für den Gesamtvertrag maßgebliche Umstand, ob der Abschluss des Grundstücks(vor)vertrags von der nicht notariell zu beurkundenden Pachtvereinbarung abhing.

Aus der Vertragsurkunde selbst lassen sich - abgesehen von der Zusammenfassung pacht- und kaufvertraglicher Elemente - keine sicheren Anhaltspunkte für eine Abhängigkeit des Grundstücksgeschäfts vom Pachtvertrag entnehmen. Der Vertragsinhalt spricht vielmehr im wesentlichen dafür, dass der Pachtvertrag in Erwartung des schon weitgehend vorbereiteten Immobiliengeschäfts geschlossen wurde. Sollte die salvatorische Klausel in § 18 des Vertrags überhaupt für den Gesamtcharakter des "Pachtvertrags" prägende Hauptbestandteile anwendbar sein (vgl. BGH WPM 1996, 23 f. und Senatsbeschluss vom 17.2.2000 (Bl. 170-175 d. A.), könnte sie eher gegen eine solche Abhängigkeit sprechen. Denn bei Ungültigkeit einer Bestimmung sollte nicht einfach der Rest des Vertrags gelten, sondern war den Parteien auferlegt, eine Vertragsänderung vorzunehmen, die dem Sinn und dem Zweck der unwirksamen Einzelbestimmung angesichts des Vertragszwecks am nächsten kommt. Abgesehen davon hatten beide Parteien jedenfalls noch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Ende 1995 unbestritten, durch Zeugenaussagen bestätigt und in der streitgegenständlichen Vertragsurkunde dokumentiert noch den festen Willen, das Grundstücksgeschäft notariell beurkunden zu lassen. Letztlich scheiterte die Beurkundung schon Ende 1995 nur daran, dass kein Notartermin mehr zu bekommen war (vgl. Aussage der Zeugen und S. 3-4 = Bl. 266 - 267 d. A. bzw. S. 8 = Bl. 271 des Senatsprotokolls vom 6.4.2000).

Für die Frage der Abhängigkeit des Grundstücksgeschäfts ist ferner die Aussage des Zeugen zu berücksichtigen, dass die Vertragsverhandlungen der Parteien auf ein Kauf- und Pachtangebot der Klägerin zurückgingen. Dabei sollten ursprünglich nach der Vorstellung der Klägerin 70 % des Pachtzinses auf den Kaufpreis angerechnet werden. Im Rahmen der Verhandlungen seien dann alle möglichen Varianten zwischen Kaufvertrag und Pachtvertrag durchgesprochen worden.

Nach der Aussage des Zeugen, der auf der Seite der Klägerin beratend tätig wurde und der - nach seinen Worten - nur deren Haltung beurteilen konnte, war das Ziel der Klägerin, das Grundstück anzukaufen, also nicht lediglich einen Pachtvertrag zu schließen. Es sei immer vorgesehen gewesen, "das Anwesen zu kaufen und dem Kauf eine Pachtphase vorzuschalten." Primäres Anliegen der Klägerin sei eine steuerliche Optimierung des vorgesehenen Kurbetriebs gewesen. Auch der letzte Vertragsentwurf (Kauf und Mietvertrag unter Anrechnung des Mietzinses zu 70 % auf den Kaufpreis) habe von der beauftragten hergerührt.

Der Zeuge hat des Weiteren ausgesagt, es habe ein einheitliches Vertragswerk (Pacht- und Kaufvertrag) abgeschlossen werden sollen. Er habe das so verstanden, dass ein "Pachtvertrag jedenfalls abzuschließen war" und dass im übrigen die Parteien Frist zum Abschluss eines Kaufvertrags erhalten sollten. Aus seiner Kenntnis hätte die Beklagte den Pachtvertrag in jedem Fall abgeschlossen, unabhängig von einem wirksamen Kaufvertrag. Es sei "streng genommen immer nur um einen Miet/Pachtvertrag verhandelt worden, wobei den Pächtern die Möglichkeit eines Ankaufs des Grundstücks gegeben werden sollte."

Dafür, dass der Grundstückskauf von einem vorgeschalteten Pachtvertrag abhängig sein sollte, könnte allerdings die Aussage des Zeugen sprechen, ein Grundstücksvorvertrag mit einer der Klägerin eingeräumten Option von 10 Jahren wäre "nach (s)einer Einschätzung der Lage" nicht ohne Abschluss eines langfristigen Pachtvertrages abgeschlossen worden. Die Beklagte hätte zu diesem Zeitpunkt auch keine Option von drei Monaten für einen Grundstückskauf gegeben, wenn es nicht zu einem langfristigen Pachtvertragsschluss gekommen wäre. Der Zeuge hat aber gleichzeitig eingeräumt, "keine sicheren Erkenntnismöglichkeiten (zu haben), welche Bedeutung der Kaufvertrag im Verhältnis zum Pachtvertrag für die Klägerin hatte."

Der Zeuge hat bekundet, seine Ehefrau, die Beklagte, hätte seiner Meinung nach der Klägerin eine Kaufoption jedenfalls bis 31.3.1996 auch dann bewilligt, wenn es nicht zum Abschluss des Pachtvertrags gekommen wäre. Ein ausdrückliches Gespräch habe er allerdings über eine solche Variante nicht geführt.

Unter Berücksichtigung dieser Aussagen kann der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, der Grundstücks(vor)vertrag sei vom Abschlusss eines Pachtvertrags abhängig gewesen. Dabei ist vor allem der Umstand von Bedeutung, dass die Parteien sich verpflichtet hatten, auf den Abschluss des bereits in einer Anlage vorbereiteten, aufschiebend bedingten Kaufvertrags "bis zum 31.3.1996" hinzuwirken. Von der Interessenlage der Beklagten aus gesehen ist - objektiv und auch vom Empfängerhorizont der Klägerin her betrachtet - kaum anzunehmen, sie habe den Vorvertrag mit dieser zeitlichen Vorgabe von einem langfristigen Pachtvertrag abhängig machen wollen (vgl. hierzu auch die Beurteilung der Interessenlage durch den Ehemann). Denn sie konnte Ende 1995 noch davon ausgegeben und ist offensichtlich auch davon ausgegangen, die stets an einem Ankauf interessierte Klägerin werde bzw. müsse bis zu dem genannten Termin die endgültige Entscheidung über den Abschluss des Haupt(kauf)vertrags treffen. Darauf lassen der Schriftverkehr im Jahr 1996 und ihr späteres, eine Verkaufsverpflichtung ablehnendes Verhalten schließen. Selbst wenn die Klägerin schon den Vorvertrag zum Grundstückskaufvertrag vom Abschluss eines vorgeschalteten Pachtvertrags abhängig machen wollte, wofür (jedenfalls nach den Aussagen der Zeugen ) einiges sprechen könnte, wäre ein übereinstimmender Vertragswille, schon der Grundstücksvorvertrag solle mit dem Abschluss des Pachtvertrag stehen und fallen, nicht sicher festzustellen.

Da die Klägerin aus der Formnichtigkeit des "Pachtvertrags" Rechte für sich herleitet, geht es zu ihren Lasten, dass nicht festgestellt werden kann, ob das notariell zu beurkundende Grundstücksgeschäft vom Abschluss eines Pachtvertrags abhängig war.

2. Der "Pachtvertrag" ist auch nicht aus dem Grund nichtig, dass ein Teil des einheitlichen Rechtsgeschäfts (gemischter Vertrag mit pacht- und kaufvertraglichen Bestandteilen) formunwirksam ist (§ 139 BGB).

a) Die Beklagte, die sich auf die Gültigkeit des übrigen Geschäfts, des Pachtvertrags, beruft, hat bewiesen, dass die Parteien jedenfalls diesen Vertrag unabhängig von der Wirksamkeit des Vorvertrags (!) zum Kaufvertrag schließen wollten.

Hierzu hat der Zeuge bekundet, aus seiner Kenntnis hätte die Beklagte den Pachtvertrag auf jeden Fall abgeschlossen, gleichgültig, ob es letztlich zu einem wirksamen Kaufvertragsabschluss gekommen wäre. Nur wenn es noch um die Jahreswende 1995/1996 zu einem Notartermin (Abschluss des vorbereiteten Kaufvertrags) gekommen wäre, hätte sich seiner Einschätzung nach ein Pachtvertrag erübrigt. Streng genommen sei immer nur über einen Miet-/Pachtvertrag verhandelt worden, wobei den Pächtern die Möglichkeit zum Ankauf gegeben werden sollte. Der Zeuge hat ebenfalls ausgesagt, seine Frau hätte den Pachtvertrag auch ohne Kaufvorvertrag geschlossen.

Der Zeuge hat zwar erklärt, aus der Sicht der Pächterin (Klägerin) wäre ein Pachtvertrag ohne Ankaufsmöglichkeit nicht abgeschlossen worden; es sei immer vorgesehen worden, das Anwesen zu kaufen und dem Kauf eine Pachtphase vorzuschalten. Unbestritten sowie nach den Aussagen der Zeugen und war es aber so, dass die Klägerin im Hinblick auf die schon getätigten Vorbereitungen und den Kurbeginn das Objekt auf jeden Fall um die Jahreswende beziehen wollte, was ohne einen Pachtvertrag nicht möglich gewesen wäre. Der Pachtvertrag lag somit im Interesse der Beklagten, die ihren eigenen Kurbetrieb aufgegeben hatte, als auch im Interesse der Klägerin, die Planungssicherheit benötigte.

Nach den Aussagen dieser beiden Zeugen gingen nach dem Vorgespräch vom 22.12.1995 beide Parteien davon aus, dass der "Pachtvertrag" einschließlich Grundstücksgeschäft, letzteres als vorbereitender Vertrag mit Kaufverpflichtung, der notariellen Form bedurfte. Dennoch wurde der Pachtvertrag abgeschlossen. Die Klägerin wollte somit in jedem Fall (auch ohne gültige Grundstücksvereinbarung) einen Pachtvertrag, allerdings in der berechtigten Erwartung, die Beklagte werde zumindest bis 31.3.1996 bereit sein, auf den (formgültigen) Abschluss des vorbereiteten Kaufvertrags hinzuwirken, wie dies in der Vorbemerkung des "Pachtvertrags" festgehalten ist. Mit anderen Worten: Die Klägerin wollte den Pachtvertrag abschließen, obwohl sie wusste, dass der Kaufvorvertrag nicht gültig war. Denn sie ging davon aus, auch die Beklagte werde auf den Abschluss des bereits vollständig vorbereiteten Kaufvertrags hinwirken, wozu sie sich jedenfalls bis 31.3.1996 verpflichtet hatte.

b) Aber selbst wenn sich nach dem Beweisergebnis unter Würdigung aller Umstände ein gemeinsamer Wille der Parteien oder jedenfalls ein für die Beklagte erkennbarer Wille der Klägerin, der Pachtvertrag solle vom Abschluss des Grundstücksgeschäfts abhängig sein, nicht feststellen ließe, ginge dies zu Lasten der Klägerin.

Die abdingbare Vorschrift des § 139 BGB greift nicht ein, wenn die Parteien eine abweichende Bestimmung getroffen haben. Ein Abstellen auf den mutmaßlichen Parteiwillen ist dann nicht veranlasst (vgl. BGH WPM 1994/1035 f.). Der Pachtvertrag enthält in § 18 eine salvatorische Klausel, nach der die etwaige Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen den Vertrag im Ganzen unberührt lässt. Die Vertragsparteien sind in diesem Fall - wie bereits ausgeführt - verpflichtet, in eine Vertragsänderung einzuwilligen, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Einzelbestimmung angesichts des Vertragszwecks am nächsten kommt. Durch eine solche Klausel, die aus den unter 1. genannten Gründen auch nicht der notariellen Form bedurfte, kann § 139 BGB zulässig abbedungen werden.

Im vorliegenden Fall verbliebe, wenn die kauf(vor)vertraglichen Elemente herausgelöst werden, eine pachtvertragliche Regelung, die selbständig vereinbart werden konnte und deshalb auch isoliert Bestand hatte. Jedoch kann die Vertragsauslegung ergeben, dass die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel von dem Parteiwillen nicht mehr gedeckt ist: denn diese Klausel verkehrt die Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil. Dann würde die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die eine über die Nichtigkeit einer einzelnen Bestimmung (hier: der kaufvertraglichen Elemente) hinausgehende Nichtigkeit weiterer Vertragsbestimmungen (hier: der pachtvertraglichen Elemente) oder des gesamten Vertrags begründen, denjenigen treffen, der sich darauf beruft (vgl. BGH WPM 1996, 24 und NJW-RR 1997, 685). Das wäre im vorliegenden Fall die Klägerin, so dass sich das mitgeteilte Beweisergebnis zu ihren Lasten auswirkt.

c) Letztlich steht auch die Anwendung des § 139 BGB als solche rechtlich in Frage. Wenn beide Parteien bewusst davon ausgingen (vgl. hierzu die Aussagen der Zeugen und ), die insbesondere in § 16 des Pachtvertrags aufgenommene, einen Kaufvertrag nur vorbereitende Regelung sei als Kaufvorvertrag ebenfalls formbedürftig und deshalb, weil nur schriftlich formuliert, ungültig, dann kann ihnen insoweit der (in der vorgeschriebenen Form geäußerte) Rechtsbindungswille ganz gefehlt haben (vgl. BGHZ 45, 376/379, BGH WPM 1994, 1711 f.). Für § 139 BGB bliebe dann kein Anwendungsbereich. Das Rechtsgeschäft würde dann ohnehin nur von den pachtvertraglichen Regelungen gebildet. Der Pachtvertrag selbst ist - auch mit der für die Zehnjahresbindung vorgesehenen Schriftform - wirksam zustandegekommen.

Sollte in einem solchen Fall noch zusätzlich festgestellt werden müssen (was umstritten ist, vgl. Staudinger BGB 12. Aufl. § 139 RdNr. 24 m. w.Nachw.), dass das Rechtsgeschäft - hier der Pachtvertrag - mit diesem Inhalt von den Parteien für sich gewollt war, ist dies bewiesen (vgl. oben unter 2.) bzw. träfe bei Nichtaufklärbarkeit wiederum die Klägerin die Beweislast.

3. Da der Pachtvertrag einschließlich der Zehnjahresklausel wirksam geschlossen wurde, war die Klägerin zur fristgerechten Kündigung mit Schreiben vom 1.5.1998 zum Ablauf des 31.12.1998 (Anlage K 5) nicht berechtigt.

Die Klägerin konnte den Pachtvertrag auch nicht aus wichtigem Grund kündigen (vgl. Schreiben vom 30.1. und 23.2.1998 Anlagen K 2 und 3). Sie beruft sich insoweit auf gesetzlich angeordnete Einsparungen im Gesundheitswesen und leitet den wichtigen Grund aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage her. Es liegen aber weder entscheidungserhebliche Störungen der Geschäftsgrundlage vor noch ist der Klägerin das Festhalten am Pachtvertrag bis zum Jahr 2006 unzumutbar. Sie kann nicht einmal die von ihr mit dem Schreiben vom 30.1.1998 unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage angekündigte Herabsetzung des Pachtzinses verlangen (vgl. Ausführungen unter II zur Widerklage).

II. Widerklage

Die Widerklage ist in dem tenorierten Umfang als Zukunftsleistungsklage zulässig (§ 259 ZPO). Denn angesichts des Verhaltens der Klägerin, die weiterhin Ansprüche der Beklagten ernstlich bestreitet, besteht die Besorgnis der Leistungsverweigerung. Soweit die Klägerin im Senatstermin vom 25.11.1999 erklärt hat (Bl. 114 d. A.), für die Zeit der tatsächlichen Nutzung den vollen Pachtzins in Höhe von 12.830 DM monatlich zu bezahlen, erfolgte die Erklärung ausdrücklich "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht." Auch dass die Beklagte vertraglich die Möglichkeit eingeräumt erhalten hat, sich aus der Bürgschaft zu befriedigen, ändert an der Leistungsverweigerung der Klägerin nichts. Die Klägerin wendet sich im Rechtsstreit gegen diese Art des Pachtzinseinzugs und beruft sich darauf, das Verhalten der Beklagten sei "grob rechtsmissbräuchlich" und "in hohem Maße sittenwidrig" (vgl. Klageschrift).

1. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Pachtzinses in Höhe von je 12.800 DM bis Januar 2006 - vertragsgemäß zur Zahlung fällig jeweils zum dritten Werktag eines Monats -, da der Pachtvertrag fortbesteht und eine ordentliche Kündigung bis zu dem genannten Zeitpunkt nicht zulässig ist.

Was die zunächst im Wege der Leistungs(wider)klage geltend gemachten Pachtzinszahlungen von November 1998 bis einschließlich Februar 1999 betrifft, so ist die Widerklage antragsgemäß für erledigt zu erklären. Die Widerklage war insoweit von Anfang an zulässig und begründet. Durch die (freiwilligen) Zahlungen der Klägerin und der als Bürgin für die Schuldnerin ist ein erledigendes Ereignis eingetreten. Die Beklagte sieht sich hierdurch als befriedigt an.

2. Die Klägerin kann nicht aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls bzw. der Änderung der Geschäftsgrundlage ab 2.3.1998 eine Anpassung des Pachtzinses an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse (Einsparungen im Gesundheitswesen) verlangen.

Nach h.M. in der Rechtsprechung wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsschluss zutage getretenen gemeinschaftlichen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein, künftigen Eintritt oder Fortbestand gewisser Umstände, auf denen der Geschäfts-(Vertrags)wille der Parteien aufbaut (vgl. BGHZ 131, 214).

Die Verpachtung an die Klägerin erfolgte "zum Zweck des Betriebs einer Kureinrichtung für Mutter-Kind-Kuren". Sie war zwar während der Laufzeit des Vertrages verpflichtet, "den Betrieb der Einrichtung" (als Kurbetrieb) aufrechtzuerhalten, durfte aber jederzeit die Zielgruppe ändern (vgl. § 1 des Pachtvertrags). Die Durchführung der von der Klägerin beabsichtigten Mutter-Kind-Kuren oder von Kuren mit anderer Zielgruppenausrichtung war somit Vertragsinhalt. Da die Parteien ausdrücklich an Kuren mit einem anderen Personenkreis als solchen mit Müttern und Kindern gedacht haben und die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Zielgruppenänderung (auch z. B. für den Fall der wirtschaftlichen Unrentabilität der Mutter-Kind-Kuren) erteilt hat, war die Durchführbarkeit der Mutter-Kind-Kuren nicht Geschäftsgrundlage. Dies ergibt sich, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, auch aus § 17 des Pachtvertrags, wonach bei einer von der Beklagten nicht zu vertretenden Nichtnutzung oder eingeschränkten Nutzung des Pachtgegenstandes durch die Klägerin eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft vereinbart war.

Die Klägerin kann nicht beweisen, ob und ggf. welche Vorstellungen sich die Parteien bei Vertragsabschluss über die wirtschaftliche Rentabilität der Mutter-Kind-Kuren gemacht haben. Dass die Klägerin Gäste ganz oder zu einem überwiegenden Teil aus dem Personenkreis der gesetzlich Versicherten erwartete und dies der Beklagten bekannt war, ist nicht in substantiierter Weise behauptet. Nur für diesen Fall könnten die Einsparungen im öffentlichen Gesundheitswesen im Zusammenhang mit der (subjektiven) Geschäftsgrundlage überhaupt Bedeutung erlangen. Ob der Gästeschwund bei der Klägerin auf diese Einsparungen zurückzuführen ist und ob nicht andere Gründe (z. B. in der Führung des Hauses, wegen veränderter Konkurrenzverhältnisse), kann dahingestellt bleiben.

Aber auch die Voraussetzungen einer Änderung der "großen Geschäftsgrundlage" liegen nicht vor. Darunter werden Einwirkungen von "Veränderungen in der Sozialexistenz" auf Vertragsverhältnisse verstanden, wie z. B. wesentlicher Währungsverfall, Kriegs- oder kriegsähnliches Geschehen, nicht aber z. B. allgemeiner Wechsel der Wirtschaftsordnung (vgl. BGHZ 131, 214; 128, 329). Ob die hier maßgeblichen gesetzlich angeordneten Einsparungen im Gesundheitswesen eine Störung der Geschäftsgrundlage in diesem Sinne darstellen können und ob sich die Parteien insoweit Vorstellungen über von ihnen nicht vorhergesehene oder nicht vorhersehbare (nachträglich geänderte) Umstände gemacht haben, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn durch die Einsparungen ist weder eine wesentliche Äquivalenzstörung (grobes Missverhältnis zwischen den beiderseitigen vertraglichen Leistungspflichten) noch eine Zweckverfehlung (Vertragszweck endgültig nicht mehr erreichbar) eingetreten. Das streitgegenständliche Objekt ist auch nach den Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenkassen in seinem Pachtwert als Kurhaus nicht geschmälert und nach wie vor für die Durchführung von Kuren geeignet.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, es handle sich hier in Wirklichkeit um Störungen außerhalb des vertraglichen Risikobereichs. Durch Umstände, die in den Risikobereich einer Vertragspartei fallen, wird aber die Geschäftsgrundlage des Vertrags grundsätzlich nicht berührt (vgl. BGH ZIP 2000, 887 ff.; BGHZ 129, 253; BGH NJW 1981, 2406 und NJW 1978, 2390). Das Risiko der nutzbringenden Verwendung der Pachtsache ging vielmehr zu Lasten der Klägerin. Sie hat durch Abschluss eines Pachtvertrags über die Laufzeit von 10 Jahren das wirtschaftliche Risiko übernommen, dass sich das Haus mit den von ihr (der Betreiberin) durchgeführten Mutter-Kind- oder auch mit anderen Kuren "rechnet". Sie konnte wegen der auch schon vor Vertragsschluss laufenden Veränderungen im Gesundheitswesen und zunehmend knapper öffentlicher Kassen nicht damit rechnen, dass das Haus stets mit sozialversicherten Kurgästen ausgelastet sein wird. Dass speziell im Mutter-Kind-Kuren-Bereich noch keine Kürzung bevorstand, ändert daran nichts. Deshalb bedarf es auch nicht der Beweisaufnahme, insbesondere nicht der beantragten Vernehmung zahlreicher Zeugen zu diesem Punkt (vgl. Berufungsschriftsatz vom 2.3.1998 S. 6 unten = Bl. 94 d. A. unter Bezugnahme auf den Schriftsatz I.Instanz vom 16.11.1998 S. 7 ff. = Bl. 43 ff. d. A.; Schriftsatz der Klägerin vom 16.3.2000 S. 22 = Bl. 209 d. A.; Schriftsatz vom 3.4.2000 = Bl. 247 ff. d. A.).

Selbst wenn aber, was der Senat nicht annimmt, mi6t den Einsparungen im Gesundheitswesen die Geschäftsgrundlage des Pachtvertrags berührt wäre, hätte dies nicht die von der Klägerin vorgenommene Pachtzinsminderung zur Folge. Denn Störungen der Geschäftsgrundlage sind nur dann erheblich und können zur Anpassung der Geschäftsgrundlage führen, wenn der hiervon betroffenen Partei (der Klägerin) die unveränderte Vertragserfüllung (Zahlung des vollen Pachtzinses) nicht mehr zugemutet werden kann. Das ist in der Regel nur der Fall, wenn das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde (vgl. BGHZ 1997, 323). Davon kann bei Einsparungen im Gesundheitswesen und einer dadurch verringerten Zahl von Kurgästen keine Rede sein. Soweit der Grund für den Rückgang im Bereich der Mutter-Kind-Kuren liegen sollte, worauf sich die Klägerin vor allem beruft, war und ist es ihr zumutbar, entweder ihr Angebot und ihre Werbung verstärkt auf den privat versicherten Personenkreis abzustellen oder aber eine andere Zielrichtung der Kuren zu wählen. Sie kann keinesfalls das wirtschaftliche Risiko des Betriebs der Kureinrichtung auf die Vermieterseite abwälzen.

3. Der Zinsanspruch ist dem Grund und der Höhe nach, auch was die Fälligkeitsdaten betrifft, nicht substantiiert angegriffen.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit und der Vollstreckungsschutz richten sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Beschwer wird nach §§ 3, 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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