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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 12.08.2005
Aktenzeichen: 25 U 2582/05
Rechtsgebiete: ARB 75, ZPO


Vorschriften:

ARB 75 § 11 Abs. 2
ARB 75 § 26 Abs. 1 S. 4
ZPO § 264 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 25 U 2582/05

Verkündet am 12. August 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

erlässt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.3.2005 wird unter Abweisung des erweiterten Feststellungsantrages zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 26.000,- festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist über seine Ehefrau bei der Beklagten im Rahmen einer Versicherung mit Familien und Verkehrsrechtschutz mit Vertragsrechtschutz zu den Bedingungen der ARB 75 versichert.

Er hat die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Deckungsschutz hinsichtlich der Gerichtskosten für eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der N...LB zu gewähren.

Hinsichtlich der Einzelheiten dieser rechtlichen Auseinandersetzung wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts vom 10.3.2005 Bezug genommen.

Der Kläger hatte Fondsanteile über insgesamt 5 Mio. DM an einem Immobilienfonds in F sowie einen Einkaufsmarkt zum Preis von DM 1,758 Mio. in W erworben. Er besitzt 5 Eigentumswohnungen im Wert von insgesamt € 250.000,-.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die beabsichtigte Klage sei dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen und falle nicht unter den Risikoausschluss des § 26 Abs. 1 Satz 4 ARB 75.

Die Beklagte hat Leistungen abgelehnt und vorgetragen, der Bereich der privaten Vermögensverwaltung sei überschritten. Im Übrigen sei der Kläger gemäß § 11 Abs. 2 ARB 75 nicht aktivlegitimiert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird ergänzend auf den Tatbestand des Endurteils des Landgerichts München I vom 10.3.2005 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei zwar aktivlegitimiert, ein Anspruch auf Gewährung von Rechtschutz bestehe jedoch nicht, da der Ausschluss des § 26 Abs. 1 S. 4 ARB 75 greife. Es sei zwar zweifelhaft, ob das Kriterium der wertmäßig das Übliche sprengenden Anlage und das Kriterium der Fremdfinanzierung jeweils für sich genommen dazu führen könnten, die private Vermögensverwaltung zu verneinen. In der Gesamtschau werde jedoch die Grenze zur selbständigen unternehmerischen Tätigkeit überschritten. Schon nach den Angaben des Klägers habe dieser Investitionen im Umfang von rund 20 Mio. DM getätigt bzw. habe dies gewollt. Das damit übernommene Risiko stelle ein typisch unternehmerisches Risiko dar. Hinzu komme, dass mit Ausnahme des Betrages von DM 500.000,- mit welchem das Wertpapierdepot eingerichtet worden sei, sämtliche Investitionen fremdfinanziert worden seien bzw. fremdfinanziert werden sollten. Bei der Größenordnung der eingesetzten Geldmittel falle darüber hinaus ein erheblicher Verwaltungsaufwand an. Es komme nicht darauf an, dass der Kläger sich nur in geringfügigem Maße um die Verwaltung kümmern müsse und im übrigen Dritte hierfür eingesetzt habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 10.3.2005 (Bl. 40/49 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.3.2005 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 5.4.2005, eingegangen am 8.4.2005, welche mit Schriftsatz vom 23.5.2005, eingegangen am selben Tag, begründet wurde.

Mit seiner Berufung erweitert der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens seinen Klageantrag, indem er nunmehr die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm in vollem Umfang Deckungsschutz für die gerichtliche Auseinandersetzung mit der N..LB zu gewähren. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass; der Kläger den bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei allein darauf abzustellen, ob die Tätigkeit den Umfang eines planmäßigen Geschäftsbetriebes erfordere, wie die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Die Beteiligungen an den Immobilienfonds würden nur einen minimalen Verwaltungsaufwand beim Kläger erfordern. Die Verwaltung von fünf Eigentumswohnungen erforderten jährliche Nebenkostenabrechnungen sowie gelegentlich den Abschluss neuer oder geänderter Mietverträge.

Auch im Rahmen der Beteiligung an dem Seniorenwohnheim entstehe dem Kläger kein beträchtlicher Verwaltungsaufwand. Das Wohnheim sei im Rahmen eines so genannten Triple-Net-Vertrages an einen Pächter vermietet. Dieser trage für den gesamten Betrieb die Verantwortung, kümmere sich um "Dach und Fach". Von dem Vertrag seien alle potentiell Verwaltungsaufwand generierenden Tätigkeiten wie Nebenkostenabrechnungen, Instandhaltung, Versicherungen und Abwicklung von Untermietverhältnissen umfasst. Beim Kläger bestehe lediglich der Aufwand, die monatlich eingehenden Mietzahlungen zu überprüfen.

Bei dem verpachteten Supermarkt sei die Pflicht zur Instandhaltung beim Kläger verblieben, die Abrechnung der Nebenkosten übernehme gemäß vertraglicher Verpflichtung der Pächter.

Die Kriterien der Vermögensobergrenze, des Fremdkapitalanteils sowie einer bestehenden beruflichen Tätigkeit seien demgegenüber zur Abgrenzung der privaten von der selbständigen Vermögensverwaltung nicht geeignet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsätze vom 23.5.2005 (Bl. 59/64 d.A.) und vom 19.7.2005 (Bl. 81/84 d.A.), sowie auf die Erklärungen des Klägervertreters im Termin vom 19.7.2005 (Bl. 85/89 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 10.3.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts München I wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Rechtschutzfall B...gen NLB" mit der Schadensnummer 6-.04 Deckungsschutz seit Versicherungsbeginn zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr früheres Vorbringen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil als richtig. Zwischenzeitlich habe die Beklagte durch weitere Schadensmeldungen in Erfahrung gebracht, dass der Kläger Engagements für über 23 Mio. DM eingegangen sei. Aus den Investitionen des Klägers ergebe sich auch ein erheblicher Verwaltungsaufwand u.a. durch den Abschluss von Verträgen zur Finanzierung und Besicherung von Darlehen und den Aufwand durch Vermietung und Verpachtung der erworbenen Immobilien. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 15.6.2005 (Bl. 66/67 d.A.) und vom 5.7.2005 (Bl. 69/80 d.A.) sowie auf die Erklärungen des Beklagtenvertreters im Termin vom 19.7.2005 (Bl. 85/89 d.A.) Bezug genommen Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme fand nicht statt.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers sowie der in der Berufungsinstanz gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässigerweise erweiterte Feststellungsantrag sind unbegründet. Das Landgericht hat eine Einstandspflicht der Beklagten zu Recht verneint.

Der Risikoausschluss des § 26 Abs. 1 Satz 4 ARB 75 greift ein, da die Tätigkeit des Klägers im Rahmen der streitgegenständlichen Vermögensanlage nicht mehr der privaten Vermögensverwaltung zugerechnet werden kann, sondern als selbständige Tätigkeit im Sinne der vorgenannten Klausel anzusehen ist. Die allein aufgrund der Deckungsersuchen bekannt gewordenen Investitionen des Klägers belaufen sich auf einen Gesamtbetrag von insgesamt DM 23.072.743,-, wobei die Investitionen ganz überwiegend fremdfinanziert wurden. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass unter den vorgenannten Voraussetzungen bei einer vorzunehmenden Gesamtschau der Kläger den Bereich der privaten Vermögensverwaltung verfassen hat. Den Vortrag des Klägers, sein Verwaltungsaufwand sei denkbar gering, da er lediglich die Einzahlungen habe veranlassen müssen und danach keine weiteren Tätigkeiten als die Überprüfung seiner Kontoauszüge und die Lektüre von Gesellschafterinformationen anfallen würden, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 5.7.2005 im einzelnen vorgetragen, dass und welche Rechtsgeschäfte des Klägers im Rahmen der Besicherung der vom ihm abgeschlossenen Darlehensverträge vorgenommen hat (u.a. Bestellung von Buchgrundschulden, Abtretung von zwei neu abzuschließenden fondsgebundenen Lebensversicherungen; stille Abtretung der Mietforderungen gegenüber den Mietern des Objektes L.....Straße und H.........straße in Sch..........; Abtretung von Miet- und Pachtzinsforderungen; Verpfändung von Wertpapieren). Auch wenn der Kläger die von ihm erworbenen gewerblichen Immobilien (Seniorenwohnheim und Supermarkt) sowie die 5 Eigentumswohnungen vermietet hat, entsteht hierbei insgesamt ein beträchtlicher Verwaltungsaufwand, welcher nach Ansicht des Senats einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, wie die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte. Soweit der Kläger geltend macht, er habe im Rahmen der Verpachtung des Seniorenwohnheims einen so genannten Triple-Net-Vertrag abgeschlossen, vermag dieser Umstand an der Beurteilung nichts ändern. Der Kläger hat durch diese von ihm beschriebene vertragliche Konstruktion den beim Betrieb einer solchen Anlage entstehenden Verwaltungsaufwand einem Dritten übertragen. Dabei hat er auch Aufgaben wie den Abschluss von Versicherungen für die Immobilie sowie die Instandhaltung der Immobilie auf den Pächter übertragen, obwohl diese Bereiche auch bei Verpachtung typischerweise beim Eigentümer verbleiben und ebenfalls einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand erzeugen, welcher trotz Überwälzung auf einen Dritten bei der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und selbständiger Tätigkeit dem Kläger zugerechnet werden muss.

Dasselbe gilt für die Verpachtung des Supermarktes. Dort trägt der Kläger nicht die Last der Instandhaltung. Die typischerweise vom Verpächter vorzunehmende Nebenkostenabrechnung hat er aufgrund vertraglicher Vereinbarung auf den Pächter übergewälzt. Dieser Verwaltungsaufwand ist trotz der Übertragung auf einen Dritten ebenfalls dem Kläger zuzurechnen.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus §§ 91 und 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen, die im Rahmen des in der Berufungsinstanz erweiterte Feststellungsklage war im Übrigen zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs.2 ZPO). Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 23.9.1992, NJW 1992, 3242) ab.

Ende der Entscheidung

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