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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: 25 U 3940/04
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, AHB, AVB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
VVG § 12 Abs. 3
VVG §§ 74 ff.
VVG § 76 Abs. 1
VVG §§ 149 ff.
VVG § 154 Abs. 1
VVG § 154 Abs. 2
AHB § 7 Ziff. 3
AVB § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 25 U 3940/04

Verkündet am 15. März 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.5.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der beklagten Versicherung Leistungen aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern (sog. ... Versicherung). Sie stützt ihren Anspruch auf Schäden, die ihr nach ihrer Behauptung durch Pflichtverletzungen eines ihrer früheren Vorstände, Herrn ..., in einer die vertragliche Deckungssumme in Höhe von DM 5.000.000,00 übersteigenden Höhe entstanden seien. Sie ist der Auffassung, der Versicherungsschutz umfasse nicht nur die Abwehr von Schadensersatzansprüchen, sondern auch die Befriedigung begründeter Schadensersatzansprüche, sodass sie bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte geltend machen könne, bevor ein Anspruch gegen den Schädiger festgestellt sei. Soweit - wie hier - wegen der Verletzung von Pflichten im Innenverhältnis Deckung von dem Versicherer beansprucht werde, sei die ... Versicherung nicht Haftpflichtversicherung, sondern Eigenschadenversicherung. Im Übrigen wird wegen des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhaltes gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I Bezug genommen.

Das Landgericht hat ohne Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage im Hauptantrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Zahlungsantrag im Deckungsprozess sei derzeit nicht begründet, weil im Haftpflichtprozess vor dem Landgericht München II ein zur Zahlung verpflichtendes Ereignis durch den angeblichen Schädiger noch nicht festgestellt sei. Zahlungsklage könne der Versicherungsnehmer begrifflich jedoch erst dann erheben, wenn sich ein eventueller Freistellungsanspruch gegenüber dem Versicherer in einen Zahlungsanspruch umgewandelt habe. Dem Hilfsantrag der Klägerin hat das Landgericht entsprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, welche den von ihr gestellten Hauptantrag im vollen Umfang weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 13.05.2004 die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.500.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. DÜG seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil als richtig. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der streitgegenständlichen ... Versicherung um eine Haftpflichtversicherung im Sinne der §§ 149 ff. VVG handelt, die in erster Linie dem Schutz des versicherten Organmitglieds dient. Sie weist darauf hin, dass in der Haftpflichtversicherung der Versicherungsanspruch auf die Befreiung von begründeten und die Abwehr von unbegründeten Schadensersatzansprüchen gerichtet ist. Dem Versicherer werde durch § 149 VVG ein Ermessen dahin eingeräumt, seine Verpflichtungen gegenüber dem Berechtigten entweder durch Abwehr von ihm unbegründet erscheinenden Schadensersatzansprüchen zu erfüllen oder durch Entschädigung von begründeten Schadensersatzansprüchen. Dieses Wahlrecht, das erst in dem nach § 154 Abs. 1 VVG maßgeblichen Zeitpunkt der endgültigen Feststellung der Haftpflichtschuld ende, würde dem Versicherer bei Annahme eines Direktanspruchs genommen, wenn er sich - wie hier - für eine Abwehr der Schadensersatzansprüche entschlossen hat.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien, die vorgelegten Unterlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.2.2005 und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Eine Beweisaufnahme vor dem Senat hat nicht stattgefunden.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Es ist festzustellen, dass das Landgericht die Klage, soweit sie noch Gegenstand der Berufung ist, zu Recht abgewiesen hat. Insoweit wird zunächst in vollem Umfang auf die zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Auch nach Auffassung des Senats ist der Zahlungsantrag der Klägerin im vorliegenden Deckungsprozess derzeit unbegründet, weil der Haftpflichtprozess zwischen der Klägerin und dem - angeblichen - Schädiger ... noch nicht abgeschlossen ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung.

Bei der gegenständlichen ... Versicherung handelt es sich um eine freiwillige Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Organmitglieder juristischer Personen. Rechtsgrundlagen sind daher vor allem die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes, und zwar insbesondere die Vorschriften über die Haftpflichtversicherung (§§ 149 ff. VVG) und die Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung (§§ 74 ff. VVG). Die Zubilligung eines auf Befriedigung gerichteten Versicherungsanspruchs widerspräche dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzip und stünde im Widerspruch zu dem dem Versicherer eingeräumten Wahlrecht.

1.1. Bei der ... Versicherung handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung i.S.d. §§ 74 ff. VVG. Sie dient in erster Linie dem Schutz des versicherten Organmitglieds, indem sie dieses von der Erfüllung der Schadenersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung) und Dritten (Außenhaftung) befreit. Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, der Abschluss einer ... Versicherung liege überwiegend im Interesse der Gesellschaft, kann dieser Auffassung aus versicherungsrechtlicher Sicht nicht gefolgt werden.

Die Versicherung wird zum Schutz der versicherten Personen vor Haftungsrisiken wegen Vermögensschäden abgeschlossen. Die versicherten Personen sind nach Ziffer 2 der der Versicherungspolice beigefügten "Allgemeinen Bedingungen" gegenwärtige, frühere oder zukünftige Mitglieder der geschäftsführenden Organe (z.B. Vorstand oder Geschäftsführer), der Aufsichtsorgane (z.B. Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat) oder beratender Organe (z.B. Beirat) des Versicherungsnehmer oder seiner Tochterunternehmen im Sinne von Ziffer 3 wenn und soweit diese Personen während des versicherten Zeitraums Mitglieder waren oder sind. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ... als ehemaliges Mitglied der geschäftsführenden Organe versicherte Person ist. Damit ist die Versicherung vorrangig zu seinem Schutz abgeschlossen wurde. Davon geht grundsätzlich auch die Klägerin aus. Sie meint lediglich, dass dies nur im Falle einer Außenhaftung zu gelten habe. Die Innenhaftung will sie als Eigenschadenversicherung verstanden wissen.

Unter dem Begriff Innenhaftung sind diejenigen Fälle zu verstehen, in denen ein Organmitglied - wie hier - vom Versicherungsnehmer oder einem anderen versicherten Unternehmen - selbst auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommen wird und nicht von einem außenstehenden Dritten (Außenhaftung). Dafür, dass bei Innenhaftung eine Eigenschadenversicherung vorliegen soll, bietet der Versicherungsvertrag nach seinem Wortlaut keine Anhaltspunke, da dort nicht zwischen Außenhaftung und Innenhaftung unterschieden wird. Die ... Versicherung ist insgesamt als Haftpflichtversicherung konzipiert, was dazu führt dass die Versicherungsnehmerin im Rahmen der Innenhaftung die Stellung eines Dritten i.S.d. § 149 VVG einnimmt. Im vorliegenden Fall kommt ohnehin im Wesentlichen überhaupt nur eine Innenhaftung in Betracht, da das Haftungsrecht in Deutschland so angelegt ist, dass die Innenhaftung den Normalfall bildet. Grundsätzlich können sich geschädigte Dritte nur an die Gesellschaft selbst, nicht jedoch an deren Organmitglieder wenden. Die Gesellschaft kann sich u.U. im Rahmen eines Innenregresses an dem verantwortlichen Organmitglied schadlos halten. Ein unmittelbarer Anspruch des geschädigten Dritten gegen das Organmitglied wird im Wesentlichen nur unter den strengeren Voraussetzungen der Deliktshaftung möglich sein.

1.2. Wie bei allen freiwilligen Haftpflichtversicherungen sind die Haftungsgläubiger nicht in den Schutzbereich solcher Versicherungen einbezogen. Infolge der Anwendbarkeit des § 149 VVG auf den gegenständlichen Versicherungsvertrag bedurfte es entgegen der Auffassung der Klägerin auch keines ausdrücklichen Hinweises in den Versicherungsbedingungen darauf, dass die Versicherungsnehmerin zunächst ihre materiellen Ansprüche gegen ein schädigendes Organmitglied in einen Prozess feststellen lassen muss, bevor sie gegen den Versicherer vorgehen kann.

Für die Fälle der Innenhaftung, in denen der Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüche geltend macht, ergibt sich nichts anderes daraus, dass er die Versicherungsprämien bezahlt. Damit kommt das Unternehmen nur der allgemeinen Fürsorgeverpflichtung (vgl. dazu Nothoff, Rechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Director's & Officer's-Versicherung - Effektiver Schutz von Vorständen und Aufsichtsräten gegen Haftungsrisiken, NJW 2003, 1350 ff.) gegenüber den Organmitgliedern, u.U. auch einer Verpflichtung aus einem Anstellungsvertrag nach. Teilweise wird eine ... Versicherung auch als Bestandteil eines ordnungsgemäßen Risikomanagements angesehen, (vgl. Lange, Praxisfragen der ... Versicherung DStR 2002, 1626 ff.). So hat auch das Unternehmen, der Versicherungsnehmer, ein nachhaltiges Interesse daran, dass sich die Organmitglieder ganz auf diese Aufgabe als Geschäftsführer, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied konzentrieren können, und zwar auch im Schadensfall (vgl. Terbille, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, § 16 Rd.Nr.35 mit weiteren Nachweisen). Diese Konzentrationsmöglichkeit wäre nachhaltig eingeschränkt, wenn sich die Organmitglieder im Falle einer Inanspruchnahme, insbesondere einer unberechtigten, vorrangig um ihre Verteidigung kümmern und befürchten müssten, bei einer fahrlässigen Pflichtverletzung in den persönlichen finanziellen Ruin getrieben zu werden (vgl. Terbille a.a.O.)

1.3. Es ist zwar nachvollziehbar, dass die geschädigte Gesellschaft im Rahmen der Innenhaftung - wie auch der vorliegende Fall zeigt - kein Interesse daran hat, dass der Versicherer dem versicherten Organmitglied Abwehrschutz leistet. Der Gesellschaft ist vielmehr daran gelegen, den Versicherer direkt auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, ohne zuvor einen lästigen und zeitaufwendigen Haftungsprozess führen zu müssen. Dies wiederum widerspricht jedoch dem Interesse des Versicherers, weil sich die Aussichten einer Anspruchsabwehr verschlechterten. Denn der Gesellschaft böte sich die "Chance", sich des Organmitglieds als Zeugen zum Beweis für dessen Haftung und für die damit einhergehende Deckung zu bedienen (vgl. Koch, Rechtsstellung in der ... Versicherung (I) in GmbHR 2004, 19 ff., 20). Letztlich greifen hier zum Teil die gleichen Erwägungen ein, die dem haftpflichttypischen Abtretungsverbot zugrunde liegen. So soll durch die Regelung des § 7 Ziff. 3 AHB nicht nur verhindert werden, dass der Versicherer statt von seinem Versicherungsnehmer von einem anderen Gläubiger in Anspruch genommen wird. Das Abtretungsverbot dient auch dem Zweck, eine mögliche Benachteiligung des Versicherers in seiner Beweisführung zu vermeiden, die daraus resultiert, dass sein Versicherungsnehmer im Prozess die Stellung eines Zeugen einnimmt (so BGH VersR 1997, 1088, 1090). Hier käme das ehemalige Organmitglied ... als Zeuge in Betracht.

Soweit die Klägerin vorträgt, der ... Versicherer könne im Rahmen der Innenhaftung schon deshalb kein Wahlrecht besitzen, weil er durch die Gewährung von Rechtsschutz gegenüber der versicherten Person gegen die Interessen des eigenen Versicherungsnehmers handeln würde, ist dies die Konsequenz des auch hier anwendbaren Trennungsprinzips (Siehe unter 1.4.) Das Argument der Klägerin, der Haftpflichtprozess würde dazu beitragen, dass die Deckungssumme durch die auf Seiten der versicherten Person entstehenden und von der Deckungssumme abzuziehenden Verfahrenskosten reduziert werde, ändert ebenfalls nichts, sondern führt lediglich zu der Frage, ob die streitgegenständlichen ... Versicherungsbedingungen, die in § 2 Ziffer 5 eine Anrechnung der Verfahrenskosten auf die Deckungssumme vorsehen, überhaupt als wirksam angesehen werden können, was hier aber nicht entscheidungserheblich ist.

Der Versicherungsanspruch ist in der Haftpflichtversicherung gemäß § 149 VVG auf die Befreiung von begründeten und die Abwehr von unbegründeten Schadenersatzansprüchen gerichtet. Soweit nun die Gesellschaft im Rahmen der Innenhaftung Ansprüche auf Schadenersatz gegen das Organmitglied hat, fallen der Anspruch auf Zahlung gegen das Organmitglied und die formelle Berechtigung, den Versicherungsanspruch gegen die ... Versicherung geltend zu machen, in der Person der Gesellschaft zusammen (§ 75 Abs. 1 VVG weist mit zwingender Wirkung die Rechte aus der ... Versicherung auf Gewährung von Rechtsschutz und auf Befreiung von den Haftpflichtverbindlichkeiten gegenüber dem geschädigten Dritten allein dem versicherten Organmitglied als Interessenträger zu. Gemäß § 75 Abs.2, 76 Abs. 1 VVG ist aber nicht der Versicherte, sondern grundsätzlich nur der Versicherungsnehmer berechtigt, Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Prozessstandschaft gegen den Fremdversicherer geltend zu machen.). Damit stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft den ... Versicherer nicht unmittelbar auf Befriedigung, also Zahlung in Anspruch nehmen kann. Das OLG München (VersR 1994, 422) hat diese Frage in einem CMR-Versicherungsfall bejaht, in dem der Versicherungsnehmer zugleich Drittgeschädigter i.S.d. § 149 VVG war und zur Begründung ausgeführt, der Versicherungsnehmer brauche nicht als Dritter den Anspruch des versicherten Frachtführers auf Befreiung von der Verbindlichkeit gegen die Versicherung zu pfänden und sich überweisen zu lassen, weil er ihn ohnehin gemäß § 76 Abs. 1 VVG geltend machen könne. Auch liege die Zustimmung des Versicherten vor. Dieses Ergebnis kann auf die Situation der ... Versicherung nicht übertragen werden, da das Recht der Transportversicherung zahlreiche Besonderheiten aufweist und sich die genannte Entscheidung nicht mit dem Trennungsprinzip auseinandersetzt. Für die ... Versicherung kommt dieses Ergebnis schon deshalb nicht in Betracht, weil es den Versicherer seines ihm nach § 149 VVG zustehenden Ermessens berauben würde, seine Vertragspflicht gegenüber dem Berechtigten entweder durch Entschädigung begründeter Schadenersatzansprüche oder durch Abwehr von aus seiner Sicht unbegründeten Schadenersatzanprüchen er erfüllen. Das Wahlrecht endet, erst in dem nach § 154 Abs. 1 VVG maßgeblichen Zeitpunkt der endgültigen Feststellung der Haftpflichtschuld. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die ... Versicherung im Bereich der Innenhaftung auch den Schutz der Gesellschaft als Versicherungsnehmerin bezweckt, weil die Versicherungsdeckung der Gesellschaft das Risiko einer Insolvenz der versicherten Person abnimmt. Für das Interesse der Gesellschaft an eine ... Versicherung lassen sich viele Gesichtspunkte anführen. So dient diese Versicherung der Rekrutierung qualifizierter Führungskräfte für Aufsichtsräte und Vorstände von Aktiengesellschaften, weil ohne eine derartige Versicherung eine Vielzahl von Kandidaten nicht bereit wäre, eine derartige Organsteilung einzunehmen. Die Sicherstellung qualifizierten Führungspersonals liegt evident im Interesse der Gesellschaft. Auch im Innenverhältnis stellt sich die Befreiung der Organmitglieder von Haftungsrisiken als primär im Gesellschaftsinteresse stehend dar. Dies beruht auf der Erwägung, dass persönliche Haftungsrisiken stets zu einer Zurückhaltung - im unternehmerischen Bereich führen, die objektive unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht stets als geboten erscheint. So ist die ... Versicherung mit Recht als "konstitutives Element zur Sicherung unternehmerischer Handlungsfreiheit" bezeichnet worden (Dreher, ZHR 165 (2001)m 293 (310)).

1.4. Die Zubilligung eines auf Befriedigung gerichteten Versicherungsanspruchs steht zudem im Widerspruch zu dem in der Haftpflichtversicherung geltenden sog. "Trennungsprinzip", wonach die Haftpflichtfrage und die Deckungsfrage unabhängig voneinander und in getrennten Prozessen zu verhandeln ist und führt aus den bereits weiter oben genannten Gründen zumeist zu einer Verschlechterung der Rechtsposition des Versicherers. Nicht zuletzt deswegen erlaubt § 154 Abs. 2 VVG Vereinbarungen, die es dem Versicherungsnehmer verbieten, den Anspruch des geschädigten Dritten anzuerkennen oder den Anspruch zu befriedigen. Aus § 2 der AVB ergibt sich, dass die Versicherung zunächst Deckungsschutz in Form der Abwehr von Schadensersatzansprüchen gegen die versicherte Person gewähren kann. Hieraus folgt die Notwendigkeit, die Haftungsfrage im Haftpflichtprozess zu klären (Trennungsprinzip).

Die Klagepartei kann hier auch nicht mit dem Argument gehört werden, es bestehe die Gefahr, dass das Gericht im Haftpflichtprozess der Klage mit einer Begründung stattgebe, die nicht zu einer Haftung der beklagten Versicherung führe und der Haftpflichtprozess sich damit als nutzlos erweise. Es obliegt nämlich dem Geschädigten, den Haftpflichtprozess so zu führen, dass er durch die Entscheidung des angerufenen Gerichts eine Bindungswirkung für den Versicherer herbeiführt (vgl. Lange, Praxisfragen der ... Versicherung DStR 2002, 1626 ff., 1674 ff.). Vor allem im Schadensfall kann geschickte Einlassung einer - gut beratenen - versicherten Person viel Porzellan erhalten, das durch ungeschickte Einlassung mit dem Risiko des Deckungsverlusts zerschlagen würde. Ähnliches gilt für den Geschädigten, der durch umsichten Sachvortrag mehr erreicht als durch wahllose Erhebung verschiedenster Vorwürfe, die möglicherweise dazu beitragen, den zur Schadensdeckung notwendigen Versicherungsschutz des Schädigers in Frage zu stellen (vgl. Lange, Praxisfragen der ... Versicherung DStR 2002, 1626 ff., 1674 ff.).

1.5. Eine andere Frage ist, ob dem strikten Trennungsprinzip des Haftpflichtversicherungsrechts namentlich bei der ... Versicherung als Versicherung eines fremden Interesses im eigenen Namen so fundamentale Bedeutung zukommt, dass es zwingender Rechtsnatur wäre. Solange keine zwingende Gesetzesvorschrift besteht, die verbietet, durch Vertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer eine direkte Inanspruchnahme des Versicherers zu vereinbaren, es auch möglich, dass ... Versicherungsverträge, Sonderwünschen des Versicherungsnehmers Rechnung tragen und diesem ein eigenständiges Recht zur Klage auf die Versicherungsleistung einräumen. Sa ist in der Lehre die Auffassung vertreten worden (z.B. Säcker, Streitfragen zur Versicherung, VersR 2005, 10 ff.) bei ökonomischer Analyse des Instituts der vom Unternehmen primär im Eigeninteresse abgeschlossenen ... Versicherung sei kein überzeugendes Argument ersichtlich, dem Versicherungsnehmer die Geltendmachung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung aus dem Versicherungsvertrag gegen den Versicherer gem. § 76 Abs. 1 VVG zu versagen, obgleich dem Versicherten die Direktleistung des Versicherers an den Versicherungsnehmer schadenstilgend und schadensmindernd zugute käme. Aus teleologischer Sicht sei die Notwendigkeit, im Konfliktfall zwei Prozesse sukzessiv führen zu müssen, statt einen gemeinsamen Prozess gegen die ihre Schuld bestreitenden Versicherten und den Versicherer zu führen, nicht zu begründen, zumal diese Konstruktion dem Versicherer erlaube, das im Erstprozess (Haftpflichtprozess) zwischen ihm und dem, Versicherten bestehende Bündnis aufzulösen und im Deckungsprozess eine argumentative Kehrtwendung um 180° vorzunehmen. Dadurch wäre es möglich, das Trennungsprinzip vertraglich abzubedingen; im vorliegenden Fall wurde eine derartige Vereinbarung aber nicht getroffen.

2. Die unmittelbare Inanspruchnahme der Beklagten unter Umgehung des Trennungsprinzips war auch nicht ausnahmsweise deswegen möglich, weil die Beklagte der Klagepartei eine Frist gemäß § 12 Abs. 3 VVG gesetzt hat. Die Klagepartei war nicht gezwungen, im Hinblick auf diese Frist Leistungsklage zu- erheben. Zur Wahrung der Frist hätte es genügt, Feststellungsklage - wie im Hilfsantrag geschehen - zu erheben. Über diesen Hilfsantrag hat das Landgericht ja-auch entschieden.

Daher war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO besteht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, da keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, die höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde, vorliegt, noch durch die Entscheidung Rechtsfragen angesprochen werden, die der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.

Ende der Entscheidung

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