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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 17.02.2009
Aktenzeichen: 25 U 3975/08
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, AVB, BGB
Vorschriften:
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
VVG § 172 Abs. 1 a.F. | |
VVG § 172 Abs. 2 | |
VVG § 176 a.F. | |
VVG § 176 Abs. 1 a.F. | |
VVG § 176 Abs. 3 a.F. | |
AVB § 6 Abs. 3 | |
AVB § 16 | |
AVB § 18 | |
BGB § 242 |
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 25 U 3975/08
Verkündet am 17.02.2009
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erlässt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Billner und die Richter am Oberlandesgericht Fuchs und Dr. Brokamp aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2009 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Kläger gegen das Teilurteil des Landgerichts München I vom 6.3.2008 wird, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zur Hälfte und die Kläger je zu 1/6.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Kläger fordern von der Beklagten im Wege der Stufenklage weitere Zahlungen auf den Rückkaufswert ihrer durch Kündigung vorzeitig beendeten kapitalbildenden Lebensversicherungsverträge.
Der Kläger zu 1) unterhielt bei der Beklagten eine private Rentenversicherung (Versicherungsnummer ...) mit Versicherungsbeginn am 1.11.1999 und geplantem Ende am 1.11.2037. Der Kläger zu 1) kündigte den Vertrag mit Wirkung zum 30.6.2002 und erhielt daraufhin von der Beklagten 238,60 € ausbezahlt.
Der Kläger zu 2) unterhielt bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Versicherungsnummer ...). Die Versicherung begann am 1.1.2000 zu laufen und sollte am 31.12.2011 planmäßig auslaufen. Der Kläger zu 2) kündigte den Vertrag mit Wirkung zum 31.12.2005 und erhielt daraufhin von der Beklagten 576,58 € (429,69 € Rückkaufswert zuzüglich 146,89 € Überschussbeteiligung) ausbezahlt.
Der Kläger zu 3) unterhielt bei der Beklagten eine private Rentenversicherung (Versicherungsnummer ...) mit Versicherungsbeginn am 1.11.1999 und geplantem Ende am 1.10.2041. Der Kläger zu 3) kündigte den Vertrag mit Wirkung zum 30.6.2002; er erhielt keine Auszahlung.
Den Verträgen lagen die als Anlage K 3a (Kläger zu 2) bzw. K 3b (Kläger zu 1) und zu 3)) vorgelegten allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AVB) zu Grunde. Die Versicherungsscheine enthielten am Ende einen Abschnitt "Rückkaufswerte und beitragsfreie Versicherungssummen" (Anlage K 2a (Kläger zu 2)) bzw. "Rückvergütungen und beitragsfreie Renten (Anlage K 2b (Kläger zu 1); ebenso für den Kläger zu 3)) mit einer tabellarischen Zusammenstellung der Rückkaufswerte und Rückvergütungen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 2a, K 2b, K 3a und K 3b Bezug genommen.
Der Kläger zu 1) behauptet, er habe auf seinen Versicherungsvertrag Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 2.530,77 € an die Beklagte geleistet.
Der Kläger zu 2) behauptet, er habe auf seinen Versicherungsvertrag Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 2.406,84 € an die Beklagte geleistet.
Der Kläger zu 3) behauptet, er habe auf seinen Versicherungsvertrag Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 2.475 € an die Beklagte geleistet.
Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 23.6.2007 unter Ziffern II 1 b dd (Kläger zu 1); Bl. 124/125 d.A.), II 1 b ff (Kläger zu 2); Bl. 125/126 d.A.) und II 1 b ii (Kläger zu 3); Bl. 127 d.A.) Bezug genommen.
Die Kläger sind der Auffassung, die Beklagte habe ihnen in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise Auskunft über die Rückkaufswerte, das Deckungskapital und die Überschussbeteiligungen zu erteilen. Ferner fordern die Kläger nach Erfüllung der Auskunft von der Beklagten einen weiteren Betrag, der nach Erteilung der Auskünfte beziffert wird.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Teilurteil vom 6.3.2008 (Bl. 216/225 d.A.) verurteilt, den Klägern jeweils hinsichtlich ihrer jeweiligen Versicherung (Nummer ... (Kläger zu 1)), ... (Kläger zu 2)) und ... (Kläger zu 3)) darüber Auskunft zu erteilen, wie hoch das ungezillmerte Deckungskapital im Zeitpunkt der jeweiligen Beendigung des Versicherungsvertrages (zum 30.6.2002 (Kläger zu 1)), zum 31.12.2005 (Kläger zu 2)) und zum 30.6.2002 (Kläger zu 3)) war. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage habe in der derzeit allein zu entscheidenden Auskunftsstufe nur zum Teil Erfolg. Die Kläger hätten einen Anspruch auf einen Rückkaufswert, der einen Mindestbetrag nicht unterschreiten dürfe. Dieser Mindestbetrag werde nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals bestimmt. Über die Höhe dieses Mindestbetrags seien die Kläger in entschuldbarer Weise im Ungewissen, während die Beklagte diese Auskunft unschwer erteilen könne. Ein weiterer Auskunftsanspruch bestünde nicht. Zum einen würde der Beklagten die geforderte Offenlegung der Berechnungsgrundlagen nicht zumutbar sein, da die Gefahr bestünde, dass die Informationen zu Zwecken des Wettbewerbs missbraucht würden. Zum anderen vermöge die Kammer hinsichtlich der Rückkaufswerte keinen Auskunftsanspruch zu erkennen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf den "vollen" Rückkaufswert. Dies würde die Versicherungsnehmer, die ihren Vertrag bis zum Laufzeitende oder jedenfalls für längere Zeit beitragspflichtig aufrechterhalten, benachteiligen.
Mit den Berufungen verfolgen die Parteien, soweit sie den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ihr ursprüngliches Begehren weiter und beantragen:
Die Kläger beantragen:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts München I vom 6.3.2008 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. (Auskunft)
Den Klägern hinsichtlich der in der Anlage K 1 unter den Nummern 4, 6 und 9 aufgeführten kapitalbildenden Versicherungsverträgen, die vor Ablauf der jeweils vorgesehenen Vertragslaufzeit gekündigt wurden, in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise Auskunft darüber zu erteilen,
a) welche Rückkaufswerte (gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG a.F.) die Verträge im Zeitpunkt ihrer Beendigung hatten, dies jeweils ohne Durchführung eines "Abzugs" gemäß § 176 Abs. 4 VVG a.F.;
b) wie hoch das mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechnete ungezillmerte (also nicht um verrechnete Abschlusskosten verringerte) Deckungskapital der Verträge im Zeitpunkt ihrer Beendigung war, auch dies ohne Durchführung eines "Abzugs" gemäß § 176 Abs. 4 VVG a.F.;
c. welche Überschussbeteiligung den Verträgen im Zeitpunkt ihrer Beendigung bereits zugewiesen worden war und welche Kapitalertragssteuern und Solidaritätszuschläge hierauf an die Finanzverwaltung abgeführt wurden;
2. (Nacherfüllung) den Klägern zur vollständigen Erfüllung ihrer Ansprüche aus den beendeten Versicherungen jeweils einen weiteren Betrag zu zahlen, wobei die Kläger die geforderten Nachzahlungsbeträge (zuzüglich der darauf entfallenden Verzugszinsen) nach Erteilung der Auskünfte gemäß Nr. 1 beziffern werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hatte ebenfalls Berufung eingelegt und den Antrag angekündigt:
Das Teilurteil des Landgerichts München I vom 6.3.2008 wird teilweise abgeändert und die Klage, soweit das Landgericht darüber entschieden hat, in vollem Umfang abgewiesen.
Die Kläger hatten angekündigt, hierzu zu beantragen:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 6.3.2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger zu 1) habe auf seinen Versicherungsvertrag Prämienzahlungen in Höhe von 2.376,94 € geleistet, die vollständig auf die Hauptversicherung entfallen seien.
Der Kläger zu 2) habe auf seinen Versicherungsvertrag Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 2.199,20 € geleistet, von denen 2.080,26 € auf die Hauptversicherung und 118,94 € auf die Zusatzversicherung entfallen seien.
Der Kläger zu 3) habe auf seinen Versicherungsvertrag Prämienzahlungen in Höhe von 2.300,34 € an die Beklagte geleistet.
Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26.2.2008 - soweit es im Schriftsatz "2007" heißt, handelt es sich um ein offenkundiges Versehen - unter Ziffern II 2 c (Kläger zu 1); Bl. 186/187 d.A.), II 2 d (Kläger zu 2); Bl. 187/188 d.A.) und II 2 f (Kläger zu 3); Bl. 189/190 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte hat zunächst die Auffassung vertreten, die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen würden in Verbindung mit den Tabellen auf den Versicherungsscheinen den Anforderungen genügen, die der Bundesgerichtshof in gefestigter Rechtsprechung an die Transparenz gestellt hat, weshalb der Mindestrückkaufswert vorliegend mangels Regelungslücke nicht zum Tragen käme. Folglich bestünde auch kein diesbezüglicher Auskunftsanspruch.
Mit Beschluss vom 3.11.2008 (Bl. 274/277 d.A.) hat der Senat unter Darlegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung die streitgegenständlichen allgemeinen Versicherungsbedingungen intransparent seien. Die Kläger hätten Anspruch auf den um den Stornoabzug bereinigten vertraglich vereinbarten garantierten Rückkaufswert zuzüglich der Überschussbeteiligung gemäß § 18 AVB (dies sei die "versprochene Leistung" bzw. der "vereinbarte Betrag" im Sinne der Entscheidung BGH NJW 2005, 3559 unter III und IV 2), mindestens aber - und dieser Betrag werde bei der hier vorliegenden typischen Fallkonstellation, für die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade entwickelt worden sei, relevant werden - auf die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals ohne Stornoabzug (sog. "Mindestbetrag" im Sinne der Entscheidung BGH NJW 2005, 3559 unter III und IV 2). Abschließend hat der Senat angeregt, den Klägern die Höhe des Rückkaufswerts, der Überschussbeteiligung und des Mindestbetrags jeweils bezogen auf den maßgeblichen Tag der Vertragsbeendigung zu benennen, den Mindestbetrag (als den voraussichtlich höchsten Betrag) auszuzahlen und den Rechtsstreit sodann übereinstimmend für erledigt zu erklären.
Mit Schriftsatz vom 14.11.2008 (Bl. 298/300 d.A.) hat die Beklagte sodann - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - folgende Werte mitgeteilt:
Kläger zu 1): Vereinbarter garantierter Rückkaufswert: | 0,00 € |
Überschussbeteiligung: | 44,60 € |
Mindestbetrag nach Bundesgerichtshof: | 1.099,08 € |
Kläger zu 2): Vereinbarter garantierter Rückkaufswert: | 429,69 € |
Überschussbeteiligung: | 146,89 € |
Mindestbetrag nach Bundesgerichtshof: | 646,85 € |
Kläger zu 3): Vereinbarter garantierter Rückkaufswert: | 0,00 € |
Überschussbeteiligung: | 44,30 € |
Mindestbetrag nach Bundesgerichtshof: | 1.085,55 € |
Im Termin vom 17.2.2009 haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit - d.h. die Benennung der Beträge und damit insbesondere auch die Berufung der Beklagten betreffend - übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten auch Anspruch auf die Benennung der gesetzlichen Rückkaufswerte gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG a.F.. Vom Anspruch auf den gesetzlichen Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG a.F. dürfe durch Vertrag nur zu Gunsten der Kläger abgewichen werden (§ 178 Abs. 2 VVG a.F.), weshalb der gesetzliche Rückkaufswert maßgeblich bliebe, wenn er über dem vertraglichen Mindestbetrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege. In der Praxis entspreche der gesetzliche Rückkaufswert - vereinfacht dargestellt - 100 % des gezillmerten Deckungskapitals.
Zudem hätte die Beklagte ihre Auskünfte so zu erteilen, dass die Angaben auch auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüft werden können. Es könne den Klägern nicht zugemutet werden, die Zahlenbehauptungen der Beklagten schlicht und einfach zu glauben. Der Antrag sei auch hinreichend bestimmt. Eine präzisere Beschreibung dessen, was die Beklagte schuldet, sei den Klägern nämlich (noch) nicht möglich, weil sie noch nicht wüssten, nach welchen "anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik" die Beklagte verfahren sei. Wenn indessen die Auskunft erteilt sei, können die Kläger - gegebenenfalls mit Hilfe eines Versicherungsmathematikers - durchaus feststellen, ob die Auskunft ausreichend sei oder nicht. Falls nicht, könnten sie die fehlenden Informationen konkret abfragen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Berufung der Kläger sei unbegründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien für den Fall, dass die Regelungen in den Versicherungsbedingungen über die Verrechnung von Abschlusskosten in der Lebensversicherung - wie hier nicht - unwirksam sein sollten, zwei Beträge zu unterscheiden: Zum einen der Mindestbetrag, der der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals entspricht; zum anderen der Betrag der versprochenen Leistung. Der Rückkaufswert sei Teil der vertraglich versprochenen Leistung. Hinsichtlich der Rentenversicherungsverträge der Kläger zu 1) und zu 3) sei die Begrifflichkeit "gesetzlicher Rückkaufswert" sogar falsch, da Rentenversicherungsverträge gerade nicht in den Anwendungsbereich des § 176 VVG a.F. fielen.
Ein von den Klägern mit der Formulierung "in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise" intendierter Anspruch auf Offenlegung der Berechnungsgrundlagen bestünde nicht. Es bestünde die Gefahr des Missbrauchs der Daten. Zudem sei niemand verpflichtet, seinem Vertragspartner seine Kostenstruktur und seine Kalkulationsgrundlagen offenzulegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Aktenfundstellen sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Kläger hat, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, keinen Erfolg. Einen Auskunftsanspruch, der über die von der Beklagten erteilte Auskunft hinausgeht, haben die Kläger nach Auffassung des Senats nicht. Soweit die Beklagte Auskunft erteilt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
1. Den Klägern steht entgegen ihrer Auffassung kein Anspruch auf die Benennung weiterer, von den bereits genannten Werten zu unterscheidender gesetzlicher Rückkaufswerte gemäß § 176 Abs. 1 und 3 VVG a.F. zu.
Der Zeitwert wurde vereinbart.
a. Nach § 176 Abs. 3 VVG hat der Versicherer bei der Ermittlung des Zeitwerts, der dem Rückkaufswert gleichsteht, für den Fall der Kündigung anerkannte Regeln der Versicherungsmathematik zu Grunde zu legen. Auch wenn diese dem Versicherer einen Spielraum gewähren, braucht er dem potenziellen Versicherungsnehmer aber nicht im Einzelnen mitzuteilen, welche Methode er zur Ermittlung des Zeitwerts anwendet, wenn er das Ergebnis einer Berechnung in Form einer Tabelle garantierter Rückkaufswerte, wenn auch ohne garantierte Überschussbeteiligung, genau darstellt (BGH NJW 2001, 2014 unter I 2 b bb).
Wie in dem Fall, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Grunde lag, wurden die Kläger im hier zu entscheidenden Fall darauf hingewiesen, dass der Rückkaufswert nicht der Summe der gezahlten Beiträge entspricht; ebenso wurden die in der Tabelle aufgeführten Werte als Garantiewerte bezeichnet. Einer Vereinbarung des Zeitwerts steht es auch nicht entgegen, dass die im Versicherungsschein enthaltene Tabelle einen Stornoabzug beinhaltet. Darauf wird der Versicherungsnehmer in § 6 Abs. 3 AVB nämlich deutlich hingewiesen, so dass die Werte dann, wenn der Stornoabzug - wie hier - unwirksam vereinbart sein sollte, ohne weiteres bereinigt werden können. Keinen relevanten Unterschied zur Fallgestaltung, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Grunde lag, sieht der Senat auch darin, dass der Rückkaufswert vorliegend nicht als "vertraglich festgelegt", sondern als Mindestbetrag bezeichnet wird, da als Bezugsgröße nur der Gesetzeswortlaut wiederholt wird; die Kläger selbst stellen - aus ihrer Sicht konsequent - auch gar nicht auf diesen Unterschied ab, sondern argumentieren, der garantierte Betrag müsse, unabhängig ob er als vertraglich festgelegt bezeichnet werde oder nicht, über dem gesetzlichen Mindestrückkaufswert liegen.
b. Die Vorstellung der Kläger deckt sich erst recht nicht mit der Konzeption, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Schließung der Regelungslücke in den Fällen der vorliegenden Art entwickelt hat.
aa. Den Klägern ist allerdings darin Recht zu geben, dass §§ 6 Abs. 3, 16 AVB intransparent sind.
Klauseln in allgemeinen Bedingungen einer Lebensversicherung, die die Beitragsfreistellung, die Kündigung des Vertragsverhältnisses sowie den Rückkaufswert und die Abschlusskosten regeln, sind wegen Intransparenz unwirksam, wenn sie dem Versicherungsnehmer etwaige wirtschaftliche Nachteile nicht deutlich vor Augen führen. Handelt es sich um wirtschaftliche Nachteile von besonderem Gewicht - wie dies bei einer Kündigung oder Beitragsfreistellung der Fall ist - muss der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss an der Stelle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Grundzügen unterrichtet werden, an der die Regelung der Kündigung und Beitragsfreistellung angesprochen ist. Auch auf die wirtschaftlichen Folgen der Verrechnung der Abschlusskosten für den Fall der Kündigung oder Beitragsfreistellung in den ersten Jahren muss der Versicherungsnehmer im Wortlaut der Klausel im Ansatz deutlich genug aufmerksam gemacht werden (BGH NJW 2001, 2014 unter I 2 b bb und II 2 c; BGH NJW-RR 2007, 1628 unter II 2 a; BGH NJW-RR 2008, 187 unter II 2 a aa; BGH VersR 2008, 337 unter II 2 a aa).
§§ 6 Abs. 3, 16 AVB unterscheiden sich nicht wesentlich von den Klauseln, die der Beurteilung des Bundesgerichtshofs oblagen. Das hat letztlich auch die Beklagte selbst so gesehen, wie die Durchführung des Treuhänderverfahrens (vgl. Anlage K 4) belegt, dessen Voraussetzung es gemäß § 172 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 VVG a.F. ja gerade ist, dass eine Bestimmung in den Versicherungsbedingungen unwirksam ist. Da nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei den vorliegenden wirtschaftlichen Nachteilen von besonderem Gewicht der erforderliche deutliche Hinweis bereits in der Klausel selbst erfolgen muss, kann es dahinstehen, ob die Ausführungen am Ende der Versicherungsscheine unter "Rückkaufswerte und beitragsfreie Versicherungssummen" bzw. "Rückvergütungen und beitragsfreie Renten" (Anlagen K 2a S. 8/9 bzw. K 2b S. 10/11) in Verbindung mit der Schlusserklärung der Antragsformulare den Anforderungen an eine möglichst klare und durchschaubare Darstellung der wirtschaftlichen Nachteile genügen. Eine ausnahmsweise Heilung der Intransparenz durch eine individuelle Aufklärung (vgl. OLG Stuttgart VersR 2008, 909: Dem Versicherungsnehmer dieses Verfahrens war bei Antragstellung ein Versicherungsverlauf mit den Rückkaufswerten für sämtliche Versicherungsjahre vorgelegt worden, dessen Kenntnisnahme er durch Unterschrift bestätigt hat) liegt darin jedenfalls nicht.
bb. Die im Treuhänderverfahren durchgeführte Ersetzung der diesbezüglichen Klauseln durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam. Dies hat zur Folge, dass ein Stornoabzug im Sinne des § 176 Abs. 4 VVG a.F. entfällt, da er nicht vereinbart ist. Hinsichtlich des Rückkaufwerts ist die Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung in der Weise zu schließen, dass es grundsätzlich bei der Verrechnung der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren bleibt. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Beitragszahlung bleibt jedenfalls die versprochene Leistung geschuldet; der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufwerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag wird bestimmt durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals. Bereits erworbene Ansprüche aus einer vereinbarten Überschussbeteiligung werden dadurch nicht erhöht (BGH NJW 2005, 3559 unter III und IV 2).
cc. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass die ergänzende Vertragsauslegung durch den Bundesgerichtshof verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht widerspricht. Die Festlegung eines Mindestbetrags nach der vom Bundesgerichtshof gewählten Berechnungsmethode stütze sich auf eine Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen. Es sei berücksichtigt, dass der sein Vertragsverhältnis frühzeitig beendende Versicherungsnehmer durch privatautonomes Handeln keine hinreichenden Möglichkeiten habe, seine Vermögensinteressen auf andere Weise effektiv zu verfolgen (BVerfG NJW 2006, 1783 unter B I 3 b).
dd. Aus dieser Konzeption ergibt sich, dass die Kläger Anspruch auf den um den Stornoabzug bereinigten vertraglich vereinbarten garantierten Rückkaufswert zuzüglich der Überschussbeteiligung, mindestens aber auf die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals ohne Stornoabzug haben. Einen dritten in den Vergleich einzustellenden Betrag, der nach der Vorstellung der Kläger zudem auch keinen Stornoabzug enthalten dürfte, gibt es nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die die unterschiedlichen Interessen der Versicherungsnehmer berücksichtigt, nicht (vgl. zum Ganzen Schwintowski, Der Rückkaufswert als Zeitwert - eine (scheinbar) überwundene Debatte, VersR 2008, 1425 insb. unter II 4 d und 5).
2. Die Beklagte hat den Klägern - wenn auch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - die Höhe der gerade in Ziffer II 1 dargelegten maßgeblichen Werte, nämlich des um den Stornoabzug bereinigten vertraglich vereinbarten garantierten Rückkaufswerts, der Überschussbeteiligung und des Mindestbetrags (Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals ohne Stornoabzug) jeweils bezogen auf den Tag der Vertragsbeendigung benannt.
3. Ein weiterer Auskunftsanspruch ("in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise") steht den Klägern nicht zu.
a. Ein solcher Anspruch auf Offenlegung der Berechnungsgrundlagen (vgl. Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 6.3.2008 S. 3, Bl. 210 d.A.) ergäbe sich nur dann aus § 242 BGB, wenn die Kläger anderenfalls Ansprüche auf Zahlung des Rückkaufswerts nicht oder nur unzumutbar schwer durchsetzen könnten, weil sie in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang ihrer Rechts im Ungewissen, die Beklagte aber in der Lage wäre, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen (BGH VersR 1983, 746 unter I 3; OLG Celle VersR 2007, 930 unter 2 c und d).
b. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor:
Der Zeitwert wurde vereinbart. Wird das Ergebnis der Berechnung des Zeitwerts in Form einer Tabelle garantierter Rückkaufswerte, wenn auch ohne garantierte Überschussbeteiligung, genau dargestellt, genügt dies dem Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers (BGH NJW 2001, 2014 unter I 2 b bb). Auch die weiteren benötigten Informationen - vor allem der im Gesamtbeitrag enthaltene Beitragsanteil für eine gegebenenfalls abgeschlossene Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - sind bereits im Versicherungsschein (vgl. Anlage K 2a S. 3 unten) enthalten. Die von der Beklagten zusätzlich erteilten Auskünfte versetzen die Kläger daher in der Gesamtschau in die Lage, ihre Ansprüche geltend zu machen.
Es widerspräche auch Treu und Glauben, die Offenlegung der Berechnungsgrundlagen zu verlangen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 15.2.2006 (BVerfG NJW 2006, 1783), in der es die vom Bundesgerichtshof entwickelte Lösung eines Mindestbetrags (BGH NJW 2005, 3559) bestätigt hat, unter B I 2 c (= Rz 66/70) ausdrücklich auch die beschränkte Auskunftspflicht der Versicherer berücksichtigt. Daraus ergibt sich, dass es zur Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer angemessen ist, dass ihnen hinsichtlich der Berechnung der Rückkaufswerte kein Anspruch auf Auskunft eingeräumt, sondern im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Mindestsumme garantiert wird. Die Offenlegung der Berechnungsgrundlagen und damit insbesondere auch der Kostenstruktur (vgl. Führer/Grimmer, Einführung in die Lebensversicherungsmathematik, S. 131) kann von der Beklagten angesichts dieses Gesamtkonzepts grundsätzlich nicht verlangt werden.
Es ist nicht ersichtlich, dass es den Klägern in den hier zu entscheidenden Einzelfällen unzumutbar wäre, die erteilte Auskunft auf der Basis der vorhandenen Informationen (vor allem Versicherungsschein, jährliche Informationen, Schlussabrechnung) zu überprüfen und sodann - gegebenenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Einholung einer eidesstattlichen Versicherung - zu entscheiden, ob der von der Beklagten genannte , als zu niedrig erachtete Betrag durch Einfordern des vermeintlich geschuldeten Betrags in der letzten Stufe einer Überprüfung - z.B. durch Erholen einer Auskunft des Bundesamtes für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) - zugeführt werden soll.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 91 a Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils (vgl. oben unter II 2) hat die Beklagte die Kosten nach § 91 a Abs. 1 ZPO zu tragen, da der Auskunftsanspruch der Kläger soweit begründet war, als die Beklagte die Auskunft erteilt hat; insoweit wäre die Beklagte unterlegen. Die in Anwendung des Rechtsgedankens von § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgenommene Kostenteilung beruht darauf, dass der Senat den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil als gleichgewichtig zu dem Teil erachtet, in dem die Berufung zurückgewiesen wurde, § 3 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Senat sieht sich - wie dargelegt - in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Ende der Entscheidung
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