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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.04.2007
Aktenzeichen: 25 U 5570/06
Rechtsgebiete: AMPreisV


Vorschriften:

AMPreisV § 4
AMPreisV § 5
AMPreisV § 5 Abs. 5
AMPreisV § 5 Nr. 1
AMPreisV § 5 Nr. 2
AMPreisV § 5 Nr. 3
Der private Krankenversicherer kann aus der gemäß § 5 Abs. 5 AMPreisV getroffene Rabattvereinbarung zwischen der Spitzenorganisation der Apotheker und den Spitzenverbänden der Krankenkassen über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitung aus Stoffen gemäß §§ 4 und 5 AMPreisV keine Ansprüche ableiten. Er ist verpflichtet, denjenigen( höheren ) Preis zu erstatten, welche die Apotheke dem Versicherungsnehmer auf Grundlage von § 5 Nr. 1-3 Arzneimittelpreisverordnung in Rechnung gestellt hat.
Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, in welcher Höhe die Beklagte als Krankenversicherer des inzwischen verstorbenen Versicherungsnehmers die Kosten für bezogene Arzneimittel ( Zytostatika ) ersetzen muss. Während die Klagepartei die Auffassung vertreten hat, die Beklagte müsse sämtliche Kosten erstatten, welche die Apotheke dem Versicherungsnehmer auf Grundlage von § 5 Nr. 1-3 Arzneimittelpreisverordnung in Rechnung gestellt habe, hat die Beklagte die Ansicht vertreten, sie müsse nur die Kosten erstatten, welche die Apotheke auf Grundlage der gemäß § 5 Abs. 5 AMPreisV getroffenen Vereinbarung zwischen der Spitzenorganisation der Apotheker und den Spitzenverbänden der Krankenkassen erstatten müsse, da es ansonsten einen Markt für Zytostatika mit unterschiedlicher Preisbildung gebe. Die habe der Gesetzgeber nicht gewollt, wie sich aus § 78 Abs. 2 AMG ergebe.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Diese hat nach Hinwies des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ihre Berufung zurückgenommen.

Gründe:

I.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat den Klageanträgen zu Recht entsprochen.

1. Unstreitig wurde von der X -Apotheke der Preis der gelieferten Arzneimittel zutreffend nach § 5 Abs. 1 bis III AMPreisV berechnet. Aufwendungen für Heilbehandlung, die der Versicherer im Versicherungsfall in der Krankheitskostenversicherung zu ersetzen hat, entstehen dem Versicherungsnehmer durch das Eingehen von Verbindlichkeiten. Allerdings verpflichtet die Krankheitskostenversicherung als Passivenversicherung den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen, die diesem in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind (vgl. BGH NJW 2003,1596 m.w.N.). Dies wäre nicht der Fall, wenn der verstorbene Versicherungsnehmer die Möglichkeit gehabt hätte, die streitgegenständlichen Arzneimittel zu Abgabepreisen zu beziehen, welche der Vereinbarung zwischen der Spitzenorganisation der Apotheker und den Spitzenverbänden der Krankenkassen auf Grundlage von § 5 Abs. 5 AMPreisV entsprechen. Diese Möglichkeit bestand indessen nicht, nachdem der Versicherte nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, sondern bei der Beklagten versichert war. Die Beklagte kann keine Rechte aus der Vereinbarung der Spitzenverbände herleiten.

2. Die Beklagte zeigt keine tragbare rechtliche Konstruktion auf, wie sich die getroffene Vereinbarung (s.o.) auf die Privatversicherer erstrecken soll.

a. Anders als wohl im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform diskutiert und in § 18 KHK für die Beteiligung auch der Privaten Krankenversicherungen an den Verhandlungen über die Höhe der Pflegesätze für die Krankenbausbehandlung normiert, räumen die geltenden Vorschriften den Privatversicherern ausdrücklich keine Möglichkeit ein, dementsprechende Rabattvereinbarungen zu treffen. § 5 Abs. 4 und 5 AMPreisV sprechen unmissverständlich von Krankenkassen und nicht von Krankenversicherern, die Vorschrift ist einer Auslegung nicht zugänglich, zumal sie mit § 129 Abs. 5 SGB V korrespondiert. Ob diese Privilegierung der gesetzlichen Kassen gegen höherrangiges Recht verstößt, braucht nicht entschieden zu werden, da die Beklagte nur aus einer getroffenen Vereinbarung Rechte herleiten könnte (zur Rechtmäßigkeit vgl. SG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2004, Az. S 8 KR 45/02, recherchiert bei JURIS). Im Übrigen würde ein Gesetzesverstoß des § 5 Abs. V AMPreisV allenfalls zu einer Unwirksamkeit dieser Regelung und der auf Grundlage dieser Regelung getroffenen Preisvereinbarungen führen, nicht jedoch dazu, dass diese Preisvereinbarungen nunmehr auch für den Privatversicherten verbindlich wären.

b. Der Argumentation der Beklagten, durch die Vereinbarung gem. § 5 Abs. 4 AMPreisV sei nun ein allgemein verbindlicher neuer Preis bestimmt worden, folgt der Senat nicht. War die Vereinbarung zulässig, so kann nur derjenige Rechte daraus herleiten, der sie getroffen hat. Insoweit korrespondiert § 5 AMPreisV mit § 129 Abs. 5 SGB V, der den gesetzlichen Kassen ausdrücklich die Möglichkeit einer Rabattvereinbarung eröffnet. Aus einer Rabattvereinbarung herzuleiten, dass nunmehr abweichend von § 5 Abs. 1 AMPreisV ein neuer Preis festgelegt worden sein soll, kann nicht mit dem Sinn und Zweck des § 78 Abs. 2 AMG begründet werden.

c. Anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus § 17 KHEntG. Diese Norm regelt die Berechnung der Pflegesätze sowie die Vergütung für vor- und nachstationäre Behandlungen. Für die Frage, wie im streitgegenständlichen Fall die Preise für die gelieferten Arzneimittel zu berechnen sind, ergibt sich aus dieser Norm kein weiterer Erkenntnisgewinn. Soweit die Beklagte darauf abhebt, dies zeige, dass der Gesetzgeber auch auf anderen Gebieten eine einheitliche Preisgestaltung vorschreibe, gilt dasselbe. Diese Erkenntnis kann bereits aus dem Wortlaut des § 78 Abs. 2 S 2 AMG gewonnen werden. Aus ihr folgt jedoch, wie bereits unter Nr. 2 a ausgeführt, kein Anspruch der Beklagten bzw. ihres Versicherungsnehmers, dieselben Rabatte wie Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen zu erhalten.

II.

Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Zurückweisungsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vor.

Der Beklagten wird angeraten, aus Kostengründen ihre Berufung zurückzunehmen.

Ende der Entscheidung

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