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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 25.04.2001
Aktenzeichen: 28 W 1088/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 485
ZPO § 494 a
ZPO § 91 ff.
Leitsatz:

1. Im selbständigen Beweisverfahren kann dem Antragsteller bei tatsächlich nicht durchgeführter Beweisaufnahme weder gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung gesetzt, noch können ihm gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO nach ergebnislosem Fristablauf die dem Gegner entstandenen Kosten auferlegt werden.

2. Eine isolierte Kostenentscheidung ist im selbständigen Beweisverfahren in entsprechender Anwendung der allgemeinen Kostenvorschriften auf Antrag auch dann möglich und geboten, wenn die Beweisaufnahme aufgrund einseitiger Erledigungserklärung nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurde und hinsichtlich des materiellen Kostenerstattungsanspruchs weder ein gesonderter Rechtsstreit anhängig, noch eine vergleichsweise Regelung getroffen worden ist.

3. Für die Kostenentscheidung nach einseitiger Erledigungserklärung im selbständigem Beweisverfahren ist nicht die materielle Rechtslage zu prüfen, sondern lediglich festzustellen, ob die beantragte Beweiserhebung nachträglich durch tatsächliche Veränderungen oder Wegfall des rechtlichen Interesses an ihr hinfällig geworden und wem dies zuzurechnen ist.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 28 W 1088/01 3 OH 953/00 LG Ingolstadt

Beschluß

des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München

vom 25.04.2001

in dem selbständigen Beweisverfahren,

wegen Beweissicherung

hier: Beschwerde gegen die Zurückstellung einer Kostenentscheidung

Tenor:

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 12.12.2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das selbständige Beweisverfahren hinsichtlich der beantragten Kostenentscheidung gemäß § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 10 C 2630/00 vor dem Amtsgericht Ingolstadt ausgesetzt wird.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.589,20 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Antragsteller waren Eigentümer der Wohnung Nr. in der von der Antragsgegnerin 1992 errichteten Eigentumswohnanlage in. In einem früheren von der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Antragsgegner angestrengten selbständigen Beweisverfahren 3 OH 1703/97 LG Ingolstadt waren durch Sachverständigengutachten vom 31.08.1998 unter anderem überhöhte Trittschallwerte zwischen der Toilette der Wohnung 6 und dem Wohnzimmer der darunterliegenden Wohnung 3 der Antragsteller festgestellt worden. Nachdem die Antragsgegnerin von sich aus keine Mängelbeseitigung durchgeführt hatte, forderten die Antragsteller sie mit Anwaltsschreiben vom 26.01.1999 zur Beseitigung der festgestellten Trittschallmängel in der Decke zwischen dem Wohnzimmer ihrer Wohnung und der Toilette der darüberliegenden Wohnung auf und setzten hierzu eine Frist bis zum 31.03.1999 (Anlage zu Blatt 1/6 d.A.).

Mit notariellem Vertrag vom 04.05.1999 verkauften die Antragsteller ihre streitgegenständliche Wohnung zu einem Preis von 280.000,- DM. In Ziffer XIII des notariellen Vertrages ist festgehalten, daß zwischen dem Wohnzimmer der streitgegenständlichen Wohnung und der Toilette der darüberliegenden Wohnung Nr. 6 gutachtlich Mängel in der Trittschalldämmung festgestellt worden seien. Diese Mängel seien der Käuferin bekannt und beim Kaufpreis in Höhe von 15.000,- DM bereits in Abzug gebracht (vgl. Anlage zu Blatt 1/6 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 14.06.1999 leiteten die Antragsteller das vorliegende weitere selbständige Beweisverfahren ein, mit dem sie die Feststellung der zur Beseitigung der im Gutachten vom 31.08.1998 festgestellten Mängel der Trittschalldämmung zwischen ihrer bisherigen und der darüberliegenden Wohnung erforderlichen konkreten Maßnahmen sowie, der hierfür erforderlichen Kosten begehrten. Darin wiesen sie auf den wegen der vorhandenen Mängel der Trittschalldämmung geminderten Wiederverkaufspreis hin, der sie zum Schadensersatz gegenüber der Antragsgegnerin berechtige. Nachdem das Landgericht antragsgemäß die Erholung eines weiteren Gutachtens beschlossen und der Sachverständige eine vorbereitende Stellungnahme abgegeben hatte, führte die Antragsgegnerin in der über der streitgegenständlichen Wohnung liegenden Wohnung Nr. 6 Mängelbeseitigungsarbeiten durch, deren Anlaß und Art streitig sind.

Mit Schriftsatz vom 01.12.1999 erklärten die Antragsteller das selbständige Beweisverfahren für erledigt, weil aufgrund der durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten die Geräuschbelastung nunmehr soweit eingeschränkt sei, daß nicht mehr von einer Überschreitung der zulässigen Trittschallnormen auszugehen sei. Die Antragsgegnerin verweigerte mit Schriftsatz vom 13.12.1999 ihre Zustimmung zur Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens. Bereits begrifflich sei im selbständigen Beweisverfahren eine Hauptsacherledigung nicht möglich. Im übrigen läge auch in der Sache keine Erledigung vor, da die durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten andere Mängel betroffen hätten. Mit Schriftsatz vom 24.01.2000 bestanden die Antragsteller auf einer Erledigung des Verfahrens durch die durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten, wofür sie Sachverständigenbeweis anboten, und beantragten zugleich, der Antragsgegnerin die Kosten aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragte ihrerseits, den Antragstellern gemäß § 494 a ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu setzen.

Mit Beschluß vom 04.08.2000 wies das Landgericht den Antrag der Antragsteller, die Kosten des Beweisverfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen, zurück und setze ihnen zugleich zur Klageerhebung gegen die Antragsgegnerin gemäß § 494 a ZPO eine Frist von 6 Wochen ab Zustellung des Beschlusses. Ob die Kostenregelung nach § 91 a ZPO auf selbständige Beweisverfahren generell entsprechend anwendbar sei, könne dahinstehen, da keine übereinstimmende Erledigungserklärung vorliege. Über das dem Beweissicherungsantrag zugrundeliegende Rechtsverhältnis bestehe nach wie vor Streit. Da das selbständige Beweisverfahren gemäß § 485 ZPO ausschließlich der Feststellung eines Sachverhalts, nicht aber der Entscheidung über ein streitiges Rechtsverhältnis diene, müßten die Antragsteller ihren behaupteten Kostenerstattungsanspruch im Wege einer gesonderten Klage geltend machen, in dem die Frage der Erledigung in der Hauptsache als Vorfrage zu klären sei. Die Interessenlage sei die gleiche wie nach Abschluß einer durchgeführten Beweisaufnahme. Deshalb sei den Antragstellern gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu setzen, nach deren ergebnislosem Ablauf eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO zu treffen wäre. Aufgrund dieses Beschlusses erhoben die Antragsteller fristgemäß gegen die Antragsgegnerin beim Landgericht Ingolstadt Klage auf Feststellung, daß die Hauptsache aus dem vorliegenden selbständigen Beweisverfahren erledigt sei.

Mit Schriftsatz vom 24.11.2000 beantragte die Antragsgegnerin, den Antragstellern die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach § 494 a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen, da die erhobene Klage auf Feststellung der Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens keine Hauptsacheklage im Sinne des § 494 a Abs. 1 ZPO sei. Gemäß Verfügung vom 28.11.2000 ließ der Vorsitzenden den Parteien mitteilen, daß die Entscheidung über den Kostenantrag der Antragsgegnerin bis zur Erledigung des Verfahrens über die erhobene Klage zurückgestellt werde (Blatt 55 d.A.). Nach zwischenzeitlich erfolgter Abrechnung gingen die Antragsteller im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 01.12.2000 von der Feststellungs- zur Zahlungsklage über und verlangen nunmehr aus dem Gesichtspunkt, des Verzugsschadens von der Antragsgegnerin die Erstattung der ihnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 2.262,42 DM.

Mit ihrer Beschwerde vom 12.12.2000 wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Zurückstellung ihres Kostenantrags im selbständigen Beweisverfahren. Eine Zurückstellung kenne das Prozeßrecht nicht. Es kenne lediglich eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit gemäß § 148 ZPO, die bei der eingereichten Feststellungsklage offenkundig nicht gegeben sei. Es handle sich um keine Hauptsacheklage, da wegen der Mängel, um die es im selbständigen Beweisverfahren gegangen sei, gerade keine Klage erhoben worden sei. Auch die nunmehrige Abänderung in eine Kostenerstattungsklage stelle keine Hauptsacheklage im Sinne des § 494 a ZPO dar. Eine Vorgreiflichkeit der nunmehrigen Zahlungsklage für die ausstehende Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren bestehe nicht.

Nach zwischenzeitlicher Verweisung durch das Landgericht Ingolstadt ist die Zahlungsklage nunmehr unter dem Aktenzeichen 10 C 2630/00 beim Amtsgericht Ingolstadt anhängig. Das Amtsgericht hat über sie noch nicht entschieden, auch nicht über ihre Zulässigkeit.

II.

Das als "Beschwerde nach § 252 ZPO" bezeichnete Rechtsmittel der Antragstellerin ist zulässig. Es kann dahinstehen, ob die vom Vorsitzenden verfügte Mitteilung, daß die Entscheidung über den Kostenantrag der Antragsgegnerin bis zur Erledigung des Verfahrens über die nunmehrige Klage der Antragsteller zurückgestellt werde, als formlose Anordnung einer Aussetzung nach § 148 ZPO auszulegen ist. In diesem Fall wäre das Rechtsmittel nach § 252 ZPO als (einfache) Beschwerde im Sinne des § 567 Abs. 1 ZPO zulässig, der das Landgericht durch die Vorlageverfügung vom 26.01.2001 gemäß § 571 ZPO nicht abgeholfen hat. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin wäre jedoch auch als sofortige Beschwerde nach §§ 494 a Abs. 2 Satz 3, 577, 567 Abs. 1 ZPO statthaft und zulässig. Der Kostenantrag der Antragsgegnerin vom 24.11.2000 war ausdrücklich auf den fruchtlosen Ablauf der zur Klageerhebung nach § 494 a Abs. 1 gesetzten Frist gestützt. Durch die mitgeteilte Zurückstellungsverfügung bis zum Abschluß des gesonderten, Klageverfahrens hat das Landgericht diesen Antrag zumindest faktisch auf nicht absehbare Dauer zurückgewiesen. Auch für diesen Fall der Zurückweisung des Kostenantrags eröffnet § 494 a Abs. 2 Satz 3 ZPO den Weg der sofortigen Beschwerde (vgl. Thomas-Putzo, 22. Aufl., Rdnr. 9 zu § 494 a ZPO). Das am 14.12.2000 eingegangene Rechtsmittel wäre auch als sofortige Beschwerde nicht wegen Überschreitung der zweiwöchigen Frist gemäß § 577 Abs. 1 ZPO verspätet, weil die lt. Erledigungsvermerk am 28.11.2000 ausgeführte Verfügung der Antragsgegnerin formlos mitgeteilt wurde, so daß die Frist nicht zu laufen begonnen hat.

Das Rechtsmittel bleibt jedoch im Ergebnis ohne Erfolg. Das Landgericht hat letztlich zu Recht über den Kostenantrag der Antragsgegnerin gemäß § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO noch keine Entscheidung getroffen und diese bis zum Abschluß des von den Antragstellern inzwischen angestrengten Klageverfahrens zur Durchsetzung ihres behaupteten Kostenerstattungsanspruchs zurückgestellt. Damit hat das Landgericht seinem eigenen fehlerhaft ergangenen Beschluß vom 04.08.2000 und der dadurch veranlaßten Klage der Antragsteller Rechnung getragen. Das Landgericht hätte nämlich mit diesem Beschluß weder den Kostenantrag der Antragsteller zurückweisen, noch ihnen eine Frist zur Klageerhebung nach § 494, a Abs. 1 ZPO setzen dürfen.

Für eine Fristsetzung zur Klageerhebung nach § 494 a Abs. 1 ZPO fehlten im vorliegenden Fall bereits nach dem Wortlaut, aber auch nach dem Sinngehalt dieser Vorschrift die Voraussetzungen. Eine derartige Fristsetzung zur Klageerhebung kommt danach nur "nach Beendigung der Beweiserhebung" im selbständigen Beweisverfahren in Betracht. Diese Voraussetzung bestand im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht, weil die Beweiserhebung durch Erstattung eines Sachverständigengutachtens abgebrochen wurde, nachdem die Antragsteller den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens, nämlich die Beweiserhebung über die zur Beseitigung der bestehenden Trittschallmängel erforderlichen Arbeiten und deren Kosten (einseitig) für erledigt erklärt hatten, da die Antragsgegnerin die Mängel inzwischen beseitigt hätten. Die angeordnete Beweiserhebung wurde somit nicht mehr, beendet, sie konnte somit als solche auch nicht mehr gemäß § 493 Abs. 1 ZPO in einen nachfolgenden Hauptprozeß einbezogen werden. Damit war die Grundlage für eine Fristsetzung zur Klageerhebung nach § 494 a Abs. 1 ZPO entfallen. Dies entspricht auch dem Sinngehalt dieser Vorschrift. Denn diese hat nicht die - regelmäßigen - Fälle im Auge, in denen sich die Beweisbehauptungen im selbständigen Beweisverfahren zum großen Teil bestätigt haben, sondern diejenigen Fälle, in denen die Beweisaufnahme gerade keine Bestätigung der Behauptungen, insbesondere zum Vorliegen von Mängeln erbracht hat. Nur in diesen Fällen besteht Veranlassung, den Antragsteller zur Entscheidung zu zwingen, entweder seine Interessen in einem Hauptprozeß weiter zu verfolgen, in dessen Verlauf dann auch eine Gesamtkostenentscheidung zu treffen ist, oder aber nach ergebnislosem Fristablauf die Gesamtkosten des selbständigen Beweisverfahrens, also auch die von ihm letztlich grundlos verursachten Kosten des Antragsgegners tragen zu müssen.

Darüberhinaus ist der Beschluß vom 04.08.2000 auch insoweit fehlerhaft, als er den Kostenantrag der Antragsteller, im selbständigen Beweisverfahren für unzulässig erklärt und die Antragsteller zur Geltendmachung ihres behaupteten Kostenerstattungsanspruchs auf die Erhebung einer Klage in einem gesonderten Rechtsstreit verweist, in dem die Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens als Vorfrage zu klären sei. Da der Streit, ob die ursprünglichen Mängel von der Antragsgegnerin tatsächlich beseitigt worden sind und die Beweisaufnahme über die erforderlichen Beseitigungsarbeiten und deren Kosten sich hierdurch erledigt haben, nicht beendet sei, bestehe kein Anlaß, von einer Entscheidung nach § 494 a ZPO abzusehen. Das Interesse der Antragsgegnerin an einer möglichst schnellen Klärung der Frage, wer ihre Auslagen zu tragen hat, führe daher zur Anwendung des § 494 a ZPO zum Nachteil der Antragsteller.

Dem Landgericht ist zwar im Ausgangspunkt recht zu geben; daß das selbständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO im Grundsatz keine (Gesamt-)Kostenentscheidung kennt, weil die Kosten des Beweisverfahrens als Teil der Kosten des Hauptprozesses gelten (vgl. Thomas-Putzo, 22. Auflage, Rdnr. 5 zu § 494 a ZPO). Soweit ein Hauptprozeß nicht durchgeführt, aber auch keine vergleichsweise Kostenregelung getroffen wird, trägt somit jede Seite die ihr entstandenen Kosten selbst. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet lediglich § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO, die sich jedoch ausschließlich auf die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners bezieht.

Nach inzwischen fast einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur enthält § 494 a Abs. 2 ZPO jedoch keine abschließende Regelung für Kostenentscheidungen im selbständigen Beweisverfahren, sondern läßt außerhalb seines Anwendungsbereichs Kostenentscheidungen nach eigenen Regeln zu (vgl. Thomas-Putzo, 22. Auflage; Rdnr. 6 zu § 494 a ZPO; Zöller-Herget, 22. Auflage, Rdnr. 13 zu § 91 ZPO jeweils m.w.N.). Das selbständige Beweisverfahren ist nach der gesetzgeberischen Absicht in erster Linie auf die erleichterte Möglichkeit einer gütlichen Einigung außerhalb eines förmlichen Rechtsstreits ausgerichtet, wie sich insbesondere aus § 485 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 ZPO erkennen läßt. Eine gütliche Einigung im Rahmen eines Vergleichs enthält üblicherweise auch eine Einigung über die angefallenen Kosten. Notfalls gilt § 98 ZPO. In den Fällen, in denen dieses vorrangige Ziel nicht erreicht wird und die im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens erhobenen tatsächlichen Feststellungen insbesondere in Form von Sachverständigengutachten nach § 493 Abs. 1 ZPO in ein streitiges Verfahren einbezogen werden, sind die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten solche des Hauptsachestreits, über die im Rahmen der dortigen Entscheidung mitentschieden wird (vgl. Thomas-Putzo, 22. Aufl., Rdnr. 5 zu § 494 a ZPO m.w.N.). Auch hier folgt also dem tatsächlich durchgeführten selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung, wenn auch erst im anschließenden Hauptsachestreit. § 494 a Abs. 2 ZPO regelt ergänzend lediglich den Fall, daß nach Durchführung des selbständigen, Beweisverfahrens weder eine vergleichsweise Regelung - üblicherweise auch der Kosten - gefunden, noch Klage im Hauptsacheverfahren erhoben wird, obwohl auf Antrag des Antragsgegners nach § 494 a Abs. 1 ZPO eine entsprechende Frist gesetzt ist. Auch dieser Fall setzt jedoch voraus, daß das selbständige Beweisverfahren tatsächlich durchgeführt worden ist.

Keine unmittelbar geltende gesetzliche Kostenregelung besteht hingegen für all diejenigen Fälle, in denen ein beantragtes selbständiges Beweisverfahren in der Sache tatsächlich nicht oder nur unvollständig durchgeführt wird, weil z.B. der Antrag als unzulässig zurückgewiesen oder zurückgenommen wird oder die behaupteten Mängel zwischenzeitlich beseitigt worden sind, so daß die Durchführung des Beweisverfahrens, insbesondere die Erstattung eines Gutachtens hinfällig geworden ist. Nur für diese Fälle der tatsächlich nicht durchgeführten selbständigen Beweisaufnahme bestehen keine unmittelbar geltenden Kostenregelungen, obwohl ein tatsächliches Bedürfnis dafür besteht. Denn einerseits verursachen die Antragsteller durch die Beantragung des selbständigen Beweisverfahrens außer eigenen Kosten im Regelfall auch Kosten ihres Gegners, die jedoch letztlich grundlos anfallen, wenn der Antrag aus welchen Gründen auch immer letztlich nicht ausgeführt wird; aber auch kein Vergleich zustandekommt. Der Antragsgegnerin ist es jedoch nicht zuzumuten, letztlich grundlos von den Antragstellern verursachte Kosten selbst tragen zu müssen. Andererseits kann den Antragstellern in den "Erledigungsfällen", insbesondere in den Fällen, in denen sich die Beweisaufnahme durch zwischenzeitliche Behebung der ursprünglich tatsächlich vorhandenen streitgegenständlichen Mängel erübrigt hat, ein Kostenausgleich nicht verwehrt werden. Zwar kann der Antragsteller einen eventuellen Kostenerstattungsanspruch aus dem selbständigen Beweisverfahren - wie hier veranlaßt durch den Beschluß vom 04.08.2000 - jederzeit zum Gegenstand eines eigenen Rechtsstreits machen. Diese Möglichkeit schließt jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts eine abschließende (Gesamt-)Kostenentscheidung bereits im selbständigen Beweisverfahren auch in den Fällen, in denen die Beweiserhebung durch "Erledigung" hinfällig geworden ist, nicht aus. Die gesetzgeberische Intention des neugeregelten selbständigen Beweisverfahrens, die Parteien unter Vermeidung eines Rechtsstreits durch eine vorgezogene Feststellung der Tatsachen zu einer raschen und kostensparenden vergleichsweisen Einigung zu bringen, wie sie in § 485 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 ZPO auch deutlich zum Ausdruck kommt, widerspricht darüber hinaus der Praxis, die Antragsteller in Fällen "erledigter" selbständiger Beweisverfahren ohne tatsächliche Beweisaufnahme allein zur Durchsetzung eines hieraus entstandenen Kostenerstattungsanspruchs auf ein zusätzliches gesondertes Klageverfahren zu verweisen. Ziel des selbständigen Beweisverfahrens ist die Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten, nicht die Erzwingung zusätzlicher Prozesse allein zur Durchsetzung dort wegen des vorzeitigen Abbruchs nicht geregelter Kostenansprüche. Es besteht somit in all denjenigen selbständigen Beweisverfahren, in denen die Beweisaufnahme tatsächlich nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurde, hinsichtlich der Kostenregelung eine Gesetzeslücke, die in analoger Anwendung der Kostenbestimmungen des streitigen Verfahrens, insbesondere der §§ 91 ff. ZPO (einschließlich § 91 a ZPO) und des § 269 Abs. 3 ZPO zu schließen ist (vgl. Senatsbeschluß vom 02.03.2001 - 28 W 979/01 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Das bloße Unterbleiben einer Kostenentscheidung zugunsten des Antragsgegners (vgl. OLG Hamburg, MDR 1998, 242; OLG Hamm, MDR 1999, 1406) schließt diese Lücke nur teilweise und bleibt in den "Erledigungsfällen" auf halben Weg stehen. Vielmehr besteht dann, wenn der Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren noch vor vollständiger Beweiserhebung den behaupteten Anspruch erfüllt, insbesondere die behaupteten Mängel beseitigt und sich die Beweisaufnahme damit erledigt hat, ein berechtigtes Interesse, auch über die dem Antragsteller entstandenen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu entscheiden, ohne ihn zu einem weiteren gerichtlichen Verfahren zu zwingen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Antragsteller - wie hier - einen entsprechenden Kostenantrag gestellt hat. Eine isolierte Kostenentscheidung, ist im selbständigen Beweisverfahren in entsprechender Anwendung der allgemeinen Kostenvorschriften auf Antrag stets dann möglich, wenn die Beweisaufnahme tatsächlich nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurde, die Beweisthemen, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sein sollten, nicht Gegenstand eines anderweitigen Hauptsacheverfahrens sind - und die Beteiligten die Kosten auch nicht vergleichsweise geregelt haben (vgl. Senatsbeschluß vom 02.03.2001 - 28 W 979/01 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dies gilt auch für die entsprechende Anwendbarkeit des § 91 a ZPO (vgl. OLG Frankfurt, OLGZ 1993, 441; OLG Koblenz, BauR 1998, 1045; OLG München (15. Senat), BauR 2000, 139; dagegen OLG Hamburg, MDR 1998, 242; OLG Stuttgart, BauR 2000, 445) sowie für die Fälle lediglich einseitiger Erledigungserklärung - wie hier -, was nach allgemeinen Regeln zu einer Kostenentscheidung nach §§ 91, 92 ZPO führt, je nachdem, ob und in welchem Umfang das selbständige Beweisverfahren tatsächlich erledigt ist.

Hiergegen kann die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg einwenden, daß ein selbständiges Beweisverfahren definitionsgemäß nicht in der Hauptsache erledigt sein könne, weil es keine Hauptsache gäbe, diese vielmehr in dem gesonderten Hauptprozeß liege. Hauptsache ist nämlich ganz allgemein die von der verfahrenseinleitenden Partei begehrte Rechtsfolge (vgl. Thomas/Putzo, 22. Auflage, Rn. 3 zu § 91 a ZPO). Dies ist im selbständigen Beweisverfahren die Feststellung bestimmter tatsächlicher Umstände, die in der Folge dann nach § 493 Abs. 1 ZPO in den Hauptprozeß eingeführt und dort verwertet werden kann. Auch der Einwand, bei einer Entscheidung analog § 91 a Abs. 1 ZPO sei auf die Prüfung der materiellen Rechtslage abzustellen, was im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens nicht möglich sei (vgl. OLG Hamburg, MDR 1998, 242) überzeugt nicht. Denn im selbständigen Beweisverfahren wird weder die Entscheidungserheblichkeit des Beweisthemas zu dem Hauptprozeß, noch dessen Erfolgsaussicht selbst geprüft (vgl. Thomas/Putzo, 22. Auflage, Rn. 4 zu § 485 ZPO), sondern lediglich die besonderen Voraussetzungen für dessen Zulässigkeit nach §§ 485 ff. ZPO (vgl. OLG München, 15. Senat, BauR 2000, 139). Hat der Antragsteller diese besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, im Falle des § 485 Abs. 2 ZPO, insbesondere das rechtliche Interesse an der Erhebung eines Sachverständigenbeweises, schlüssig dargetan, so sind die beantragten Beweise zu erheben. Eine Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens tritt unter diesen Umständen stets dann ein, wenn die beantragte Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund vollständiger Mängelbeseitigung tatsächlich nicht mehr möglich oder das rechtliche Interesse daran entfallen ist. Die Kosten hat dementsprechend derjenige zu tragen, dem es zuzurechnen ist, daß es nicht zur Beweiserhebung gekommen ist (vgl. OLG Frankfurt, OLGZ 1993, 441; OLG Koblenz, BauR 1998, 1045). Da das selbständige Beweisverfahren lediglich "eine Zulässigkeit, aber keine Begründetheit kennt, braucht auch im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung - wie hier - die materielle Rechtslage nicht geprüft werden, sondern allenfalls die Frage, ob die beantragte Beweiserhebung tatsächlich nicht mehr möglich war bzw. das rechtliche Interesse an ihr entfallen und wem dies zuzurechnen ist. Im vorliegenden Fall wäre demnach lediglich noch festzustellen gewesen, ob die Antragsgegnerin tatsächlich die im Gutachten vom 31.08.1998 im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 1703/97 festgestellten Schallmängel oder - ohne weitere Substantiierung - ganz andere Mängel beseitigt hat. Diese Entscheidung hätte das Landgericht im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren treffen müssen und hätte die Antragsteller - diesbezüglich - nicht auf einen gesonderten Rechtsstreit zur Geltendmachung dieses behaupteten Kostenerstattungsanspruchs verweisen dürfen. Erst recht hätte es den Antragstellern - bereits tatbestandlich - zur Erhebung, einer derartigen Klage keine Frist gemäß § 494 Abs. 1 ZPO setzen dürfen, wie dies mit Beschluß vom 04.08.2000 geschehen ist.

Nachdem dies doch - fehlerhaft - geschehen war und die Antragsteller tatsächlich fristgemäß eine gesonderte Klage zunächst auf Feststellung der Erledigung des selbständigen Beweisverfahrens und - nach Klageänderung - nunmehr auf Erstattung der dort entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten erhoben hatten, hat das Landgericht zu Recht über den Kostenantrag der Antragsgegnerin gemäß § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht entschieden und die Entscheidung bis zum rechtskräftigen Abschluß des nunmehr anhängigen Rechtsstreits und die Kostenerstattungspflicht zurückgestellt. Denn wegen der anderweitigen Rechtshängigkeit des materiellen Kostenerstattungsanspruchs durfte das Landgericht zur Vermeidung möglicherweise widersprüchlicher Ergebnisse zu diesem Zeitpunkt keine eigene Kostengrundentscheidung im selbständigen Beweisverfahren mehr treffen. Zu Recht hat das Landgericht eine Kostenentscheidung jedoch lediglich zurückgestellt und nicht endgültig abgelehnt. Denn soweit die Erstattungsklage letztlich nicht in der Sache entschieden, sondern mangels Zulässigkeit rechtskräftig abgewiesen werden sollte, würde das Verfahrenshindernis wieder entfallen, so daß in diesem Fall letztlich doch eine (Gesamt-)Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren zu treffen wäre. Es handelt sich somit der Sache nach um einen Fall der Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit nach § 148 ZPO. Dies war zur Klarstellung - wie tenoriert - festzuhalten. Das Rechtsmittel erwies sich somit im Ergebnis als unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der nach §§ 25 Abs. 2, 12 GKG festzusetzende Beschwerdewert ergibt sich nach §§ 2 bis 4 ZPO aus dem Interesse, das die Antragsgegnerin als Beschwerdeführerin an der Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und der stattdessen begehrten Auferlegung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu Lasten der Antragsteller haben.

Der Höhe nach bemißt sich dieses Interesse nach der Höhe der Gebühren ihres Prozeßbevollmächtigten für das selbständige Beweisverfahren, also zwei Gebühren nach § 31 Abs. 1 BRAGO bei einem festgesetzten Streitwert von 11.000,- DM zuzüglich 40,- DM Auslagenpauschale nach § 26 BRAGO zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer.

Ende der Entscheidung

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