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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 02.03.2001
Aktenzeichen: 28 W 979/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 485 | |
ZPO § 494 a Abs. 2 | |
ZPO § 269 Abs. 3 |
Eine isolierte Kostenentscheidung ist im selbständigen Beweisverfahren in entsprechender Anwendung der allgemeinen Kostenvorschriften auf Antrag stets dann möglich, wenn die Beweisaufnahme tatsächlich nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurde, die Beweisthemen, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sein sollten, nicht Gegenstand eines anderweitigen Hauptsacheverfahrens sind und die Beteiligten die Kosten auch nicht vergleichsweise geregelt haben.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 28 W 979/01 14 OH 6323/97 LG München II
Beschluß
des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München
vom 02.03.2001
Im selbständigen Beweisverfahren
wegen Beweissicherung
hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts München II gemäß Ziffer II des Beschlusses vom 10.01.2001 - 14 OH 6323/97 - wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.752,-- DM festgesetzt.
Gründe:
Die am 02.02.2001 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den ihnen am 19.01.2001 zugestellten Beschluß des Landgerichts München II vom 10.01.2001, gemäß dessen Ziffer II die Antragsteller die den beiden Antragsgegnern und den fünf auf deren Seite beigetretenen Nebenintervenienten entstandenen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen haben, ist nach §§ 269 Abs. 3 Satz 5 analog, 577, 569 ZPO statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Landgericht hat zurecht auf Antrag der Streithelfer zu 1) und zu 3) den Antragstellern in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten der Antragsgegner wie deren Streithelfer im selbständigen Beweisverfahren auferlegt, nachdem sie mit Schriftsatz vom 06.09.1999 darum gebeten hatten, die Begutachtung durch den Sachverständigen nicht mehr fortzusetzen und die angefallenen Gutachterkosten abzurechnen. Nach inzwischen fast einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur enthält § 494 a Abs. 2 ZPO keine abschließende Regelung für Kostenentscheidungen im selbständigen Beweisverfahren, sondern läßt außerhalb seines Anwendungsbereichs Kostenentscheidungen nach eigenen Regeln zu (vgl. Thomas/Putzo, 22. Aufl., Rn. 6 zu § 494 a ZPO; Zöller/Herget, 22. Aufl., Rn. 13 zu § 91 ZPO jeweils mit weiteren Nachweisen). Das selbständige Beweisverfahren ist nach der gesetzgeberischen Absicht in erster Linie auf die erleichterte Möglichkeit einer gütlichen Einigung außerhalb eines förmlichen Rechtsstreits ausgerichtet, wie sich insbesondere aus § 485 Abs. 1 Satz 2 ZPO erkennen läßt. Eine gütliche Einigung im Rahmen eines Vergleichs enthält üblicherweise auch eine Einigung über die angefallenen Kosten. In den Fällen, in denen das vorrangige Ziel des selbständigen Beweisverfahrens nicht erreicht wird und die im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens erhobenen tatsächlichen Feststellungen insbesondere in Form von Sachverständigengutachten nach § 493 Abs. 1 ZPO in ein streitiges Verfahren einbezogen werden, sind die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten solche des Hauptsachestreits, über die im Rahmen der dortigen Entscheidung mit entschieden wird (vgl. Thomas/Putzo, 22. Aufl., Rn. 5 zu § 494 a ZPO m.w.N.). Auch hier folgt also dem tatsächlich durchgeführten selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung, wenn auch erst im anschließenden Hauptsachestreit. § 494 a Abs. 2 ZPO regelt ergänzend lediglich den Fall, daß nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens weder eine vergleichsweise Regelung - üblicherweise auch der Kosten (vgl. § 98 ZPO) - gefunden, noch Klage im Hauptsacheverfahren erhoben wird, obwohl auf Antrag des Antragsgegners nach § 494 a Abs. 1 ZPO eine entsprechende Frist gesetzt ist. Auch dieser Fall setzt jedoch voraus, daß das selbständige Beweisverfahren tatsächlich durchgeführt worden ist.
Keine unmittelbar geltende gesetzliche Kostenregelung besteht hingegen für all diejenigen Fälle, in denen ein beantragtes selbständiges Beweisverfahren in der Sache tatsächlich nicht oder nur unvollständig durchgeführt wird, weil z. B. der Antrag als unzulässig zurückgewiesen oder zurückgenommen wird, so daß die Durchführung des Beweisverfahrens, insbesondere die Erstattung eines Gutachtens hinfällig geworden ist. Nur für diese Fälle der tatsächlich nicht durchgeführten selbständigen Beweisaufnahme bestehen keine unmittelbar geltenden Kostenregelungen, obwohl ein tatsächliches Bedürfniss dafür besteht. Denn durch die Beantragung des selbständigen Beweisverfahrens verursachen die Antragsteller außer eigenen Kosten im Regelfall auch Kosten ihres Gegners, die jedoch letztlich grundlos anfallen, wenn der Antrag aus welchen Gründen auch immer letztlich nicht ausgeführt wird, aber auch kein Vergleich zustande kommt. Den Antragsgegnern sowie eventuell auf deren Seite beigetretenen Nebenintervenienten ist es jedoch nicht zuzumuten, letztlich grundlos von den Antragstellern verursachte Kosten selbst tragen zu müssen. Es besteht somit eine Gesetzeslücke, die in analoger Anwendung der Kostenbestimmungen des streitigen Verfahrens, insbesondere der §§ 91 ff und des § 269 Abs. 3 ZPO zu schließen ist.
Über die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens ist auf Antrag auch dann in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO zu entscheiden, wenn die Antragsteller ihren Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zwar nicht förmlich zurückgenommen haben, das Verfahren jedoch nicht weiter betreiben, gleichzeitig jedoch diesbezüglich auch kein Hauptsacheverfahren zu den Punkten, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sein sollten, anhängig ist (vgl. OLG Celle, NJW-1998, 1079, OLG Hamm, Baurecht 2000, 1090, 1091). So liegt der Fall auch hier. Die Antragsteller baten mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 06.09.1999, dem Sachverständigen mitzuteilen, daß er das Gutachten derzeit nicht mehr fertigen müsse. Gleichzeitig baten sie darum, den Sachverständigen die derzeit angefallenen Kosten abzurechnen zu lassen und ihnen die Abrechnung zu übermitteln (Bl. 108/109 d.A.). Ob die Parteien damals tatsächlich Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung führten, kann dahinstehen, da eine solche jedenfalls nicht zustande gekommen ist. Die Anfrage des Gerichts, ob der Antrag auf Beweissicherung zurückgenommen werde oder ob im Schriftsatz vom 06.09.1999 eine Rücknahmeerklärung zu sehen sei, ließen die Antragsteller unbeantwortet. Unter diesen Umständen ist das Landgericht zurecht davon ausgegangen, daß das Beweisverfahren von den Antragstellern jedenfalls nicht mehr weiter betrieben wird, so daß in analoger Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten der Antragsgegner sowie der auf deren Seite beigetretenen Streithelfer den Antragstellern aufzuerlegen war. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller führt nicht zu einer Änderung dieser Entscheidung. Insbesondere tragen die Antragsteller auch in ihrer sofortigen Beschwerde nicht vor, daß das Verfahren selbst fortgesetzt werden soll oder daß die dort streitigen Beweisthemen nunmehr Gegenstand eines anderweitigen Hauptsachestreits seien, in dessen Verlauf auch über die der Gegenseite entstandenen Kosten zu entscheiden wäre. Somit verbleibt es bei der angefochtenen Entscheidung. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der nach §§ 25 Abs. 2, 12 GKG festzusetzende Beschwerdestreitwert, ergibt sich nach §§ 2 bis 4 ZPO aus dem Interesse, daß die Antragsteller an der Aufhebung der angegriffenen Kostenentscheidung haben, bemisst sich somit an der Höhe der Gebühren der Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegner und ihrer Streithelfer.
Ende der Entscheidung
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