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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 25.01.2000
Aktenzeichen: 29 U 1855/97
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 319 Abs. 1 |
Wird im Urteil der Unterlassungsanspruch über den konkreten Verletzungstatbestand hinaus auf eine das Typische der Verletzung herausarbeitende Verallgemeinerung des Anspruches erstreckt, so ist trotzdem der Schadensersatz- und Auskunftsanspruch allein auf den konkreten Verletzungstatbestand zu beschränken.
OLG München Beschluß 25.01.1999 - 29 U 1855/97 - 9 HKO 11957/94 LG München I
Tenor:
Der Antrag der Klägerin vom 16.11.1998 auf Berichtigung des Urteils vom 18.06.1998 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte verletze durch die Herstellung und den Vertrieb von drei durch vorgelegte Abbildungen und durch Typenbezeichnungen identifizierten Gegenständen ein ihr zustehendes Geschmacksmuster. Sie hat beantragt,
I. die Beklagte zur Unterlassung zu verurteilen, wobei sie den Unterlassungsantrag über die erwähnten Verletzungsgegenstände hinaus auf eine Beschreibung der das Geschmacksmuster kennzeichnenden Merkmale erstreckt hat,
II. die Beklagte zu verurteilen, über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Nr. I. Auskunft zu erteilen und
III. festzustellen, daß die Beklagte zum Ersatz des durch Verletzungshandlungen gemäß Nr. I. verursachten Schadens verpflichtet ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat das landgerichtliche Urteil hinsichtlich des Anspruches Nr. I. aufgehoben und insoweit die Klage abgewiesen, da das Geschmacksmuster abgelaufen war und ein urheberrechtlicher Anspruch für dessen Gegenstand nicht bestand. Die Aussprüche Nr. II. und III. des landgerichtlichen Urteils (Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht) hat der Senat (auf den Zeitraum des Bestandes des Geschmacksmusters und) auf die erwähnten drei Verletzungsgegenstände beschränkt. Eine Begründung für diese Beschränkung enthält das Urteil des Senats nicht.
Die Klägerin macht geltend, hierin liege eine offensichtliche Unrichtigkeit des Urteils des Senats. Sie beantragt,
das Urteil des Senats dahingehend zu berichtigen, daß in den Aussprüchen über die Auskunfts- und die Schadensersatzpflicht der Beklagten die Beschreibung der Verletzungsgegenstände durch die Typenbezeichnungen durch die verallgemeinerte Fassung gemäß dem Wortlaut von Nr. I. des Tenors des landgerichtlichen Urteils ersetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
den Berichtigungsantrag zurückzuweisen.
Sie hält den Antrag für unbegründet.
II.
Der gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zulässige Antrag der Klägerin ist unbegründet. Der Senat hat die Aussprüche über die Auskunfts- und die Schadensersatzpflicht der Beklagten bewußt auf die konkreten Verletzungsformen beschränkt und nicht auf die allgemeinere Formulierung des Unterlassungsanspruches der Klägerin erstreckt. Eine offensichtliche Unrichtigkeit des Urteils im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO liegt daher nicht vor.
Richtig ist lediglich, daß das Urteil des Senats eine Begründung für diese Beschränkung des Auskunfts- und des Schadensersatzanspruches nicht enthält. Diese hätte in folgenden Hinweisen bestehen können:
Begangene Verletzungshandlungen begründen häufig nicht nur eine Wiederholungsgefahr für die begangenen konkreten Verletzungshandlungen, sondern darüber hinaus auch eine Erstbegehungsgefahr für ähnliche Handlungen. Es ist daher sachgerecht, den Unterlassungsanspruch des Verletzten nicht auf die Unterlassung der begangenen konkreten Verletzungshandlungen zu beschränken, sondern ihn auf eine das typische dieser Verletzungshandlungen herausarbeitende verallgemeinernde Erweiterung dieser Handlungen zu erstrecken, soweit eine Erstbegehungsgefahr besteht (hierzu Teplitzky, Klageantrag und konkrete Verletzungsform, WRP 1999, S. 75 m.w.N.). Diese für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltende Regel gilt jedoch nicht für den auf die Vergangenheit bezogenen Schadensersatzanspruch und den der Vorbereitung seiner Durchsetzung dienenden Auskunftsanspruch. Für die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches trägt der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast. Auch dann, wenn ein über konkrete Verletzungshandlungen hinausgehender "verallgemeinerter" Unterlassungsanspruch besteht, erstreckt sich der Schadenseratzanspruch doch nur auf die dargelegten und unbestrittenen oder bewiesenen Verletzungshandlungen. Er erstreckt sich dagegen nicht auf vom Verletzer nicht begangene Handlungen, für die lediglich eine Begehungsgefahr bestand oder besteht. Lediglich insoweit, als der Verletzte über den Umfang der unstreitigen oder bewiesenen Verletzungen ohne sein Verschulden nicht informiert ist und der Verletzer unschwer Auskunft erteilen kann, besteht ein - ebenfalls auf die konkrete Verletzungsform beschränkter - Auskunftsanspruch. Ein Anspruch auf Auskunft über andere als die festgestellten Verletzungshandlungen besteht nicht.
Warum das Urteil des Senats eine Begründung für die Beschränkung des Auskunfts- und des Schadensersatzanspruches nicht enthält, kann nicht mehr festgestellt werden. Möglicherweise ist der Senat davon ausgegangen, daß die vorstehend erläuterten Zusammenhänge allgemein bekannt seien.
Ende der Entscheidung
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