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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 07.10.1999
Aktenzeichen: 29 U 2448/99
Rechtsgebiete: MarkenG, ZPO, BGB


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG § 15 Abs. 3
ZPO § 712
ZPO § 712 Abs. 1
ZPO § 714 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 712 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 1004
Eine bekannte Marke gewährt gegen den Gebrauch eines identischen oder ähnlichen Kennzeichens Schutz, wenn ihr Erinnerungswert zur Erzielung eines besonderen Aufmerksamkeitseffektes und eines damit einhergehenden Kommunikationsvorsprungs genutzt wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG).

OLG München Urteil 25.11.1999 - 29 U 2448/99 - 21 O 3483/98 LG München I


hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Mangstl und die Richter Jackson und Wörle auf Grund mündlicher Verhandlung vom 07. Oktober 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts München I vom 03.02.1999 aufgehoben.

II. Den Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, bei Meidung von Ordnungshaft oder bei Meidung von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten verboten, sich im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung einer Musikgruppe des Begriffs "Die Allianz" zu bedienen.

III. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer II.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin zum Schadensersatz für die Handlungen gemäß Ziffer II verpflichtet sind.

V. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 50.000,-- DM abwenden. Ihnen wird gestattet, die Sicherheit durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer Volksbank oder Sparkasse zu erbringen.

VII. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt DM 60.000,--.

Gründe

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche. Sie ist zudem Gesellschafterin anderer Versicherungsunternehmen. Ihre Firma "Allianz" ist auch als Marke unter der Rollen-Nr. 937481 seit 10.07.1979 eingetragen. Daneben verfügt die Klägerin über zahlreiche Marken, die ihre Firma als Markenbestandteil haben. Dazu gehört auch die Wort-Bildmarke "Die Allianz präsentiert: ROCK'N'FUTURE", die für sie mit der Priorität vom 17.04.1996 am 21.06.1996 eingetragen ist.

Die Beklagten traten zusammen als Mitglieder einer Hip-Hop-Gruppe mit dem Namen "Die Allianz" auf. Nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 3) aus der Gruppe führen die Beklagten zu 1) und 2) den Namen weiterhin.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht vorgetragen, ihre Firma und ihre Marke "Allianz" seien berühmte Kennzeichen. Der Bekanntheitsgrad von Marke und Firma betrage über 90 %. Sie erfreue sich auch einer besonderen Wertschätzung im Verkehr. Ihre berühmte Marke genieße auch Schutz außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs von Waren und Dienstleistungen, weil die Beklagten mit ihrer Namensführung die Wertschätzung und die Unterscheidungskraft ihrer Zeichen in unlauterer Weise ausnutzten und beeinträchtigten. Die Beklagten beuteten auch ihre Marke aus, weil sie deren guten Ruf zum eigenen Nutzen kommerziell verwerteten. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass sie Musikgruppen sponsere und so auch ein Imagetransfer zugunsten der Beklagten möglich sei. Dieser Umstand führe auch dazu, dass sie durch die Beklagten unbillig behindert werde. Um nicht mit den Beklagten identifiziert zu werden, müsste sie ihre Aktivitäten bei Konzertveranstaltungen und im Musiksponsoring einstellen.

Die Klägerin beantragte,

1. Den Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, bei Meidung von Ordnungshaft oder bei Meidung von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten verboten,

sich im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung einer Musikgruppe des Begriffs "Die Allianz" zu bedienen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer 1.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin zum Schadensersatz für die Handlungen gemäß Antrag 1 verpflichtet sind.

Die Beklagten beantragten

Klageabweisung.

Sie haben zur Begründung vorgetragen,

selbst wenn die klägerische Marke als "bekannt" zu qualifizieren wäre, sei keine Rechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der Markenverwässerung durch Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Marke festzustellen. Dies setze nämlich voraus, dass sie die Bekanntheit der klägerischen Marke im Wege der Aufmerksamskeitswerbung verwerte. Daran fehle es hier. Die Marke der Klägerin sei für sie ohne Bedeutung. Sie hätten den Namen gewählt, weil in der Hip-Hop-Kultur das menschliche Zusammengehörigkeitsgefühl im Vordergrund stehe. Dies werde durch die gewählte Bezeichnung zum Ausdruck gebracht. Zum Selbstverständnis einer progressiven Hip-Hop-Gruppe passe es nicht, mit der konservativen und angepassten Institution eines Versicherungs- und Finanzdienstleistungskonzerns in einen Topf geworfen zu werden. Im übrigen fehle es auch an einer überragenden Verkehrsgeltung und Alleinstellung der Kennzeichen der Klägerin sowie an einer allgemeinen Wertschätzung der Klägerin und ihrer Dienstleistungen. Namens- und firmenrechtliche Ansprüche bestünden schon deshalb nicht, weil die für eine Verwechslungsgefahr erforderliche Branchennähe nicht gegeben sei.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 03.02.1999 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, zwischen den konkurrierenden Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr, weil die Branchen, für die die Zeichen verwendet würden, völlig unterschiedlich seien. Marke und Firma der Klägerin seien jedoch auch bekannte Kennzeichen. Diese Zeichen hätten die Beklagten aber weder durch Ruf- und Aufmerksamkeitsausbeutung noch durch Rufschädigung oder -verwässerung unlauter beeinträchtigt. Eine Aufmerksamkeitsausbeutung könne ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht angenommen werden, da die Beklagten einen Begriff nutzten, der im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet werde.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die Berufung der Klägerin.

Zu deren Begründung führt sie im wesentlichen aus, ihre Firma und ihre Marke "Allianz" seien berühmte Kennzeichen. Die Beklagten verwendeten das Zeichen firmenmäßig und identisch. Das von ihr vorgelegte Meinungsumfragegutachten belege, dass zwischen 90 % und 99 % der Bevölkerung den Namen Allianz und das Wort Allianz bei ungestützter und offener Frageform allein ihr zuordneten. Sie betreibe auch in großem Umfang Musiksponsoring. Die Beklagten nutzten die Unterscheidungskraft ihrer Kennzeichen unlauter aus.

Sie beeinträchtigten auch ihre Unterscheidungskraft. Dass die Beklagten ihren guten Ruf ausnutzten, werde auch dadurch belegt, dass sie im Internet das Gerichtsverfahren darstellten. Sie schreckten nicht einmal davor zurück, die Originalschriftsätze aus dem Rechtsstreit einzuscannen. Eine Annäherung an ihre Kennzeichen sei offensichtlich. Die Beklagten verwendeten im Internet und auf ihrer Maxi-CD das Zeichen "Die Allianz" in einer ähnlichen Schrifttype, wie sie sie benutze. Bemerkenswert sei auch das kreisförmige Emblem, das die Beklagten neben den Schriftzug setzten. Mit diesem Emblem näherten sie sich an ihre Marke "Adler im Kreis" an. Durch graphische Elemente seien im Kreisinneren eindeutig Adlerschwingen angedeutet, die auch in ihrer Marke vorhanden seien. Die Beklagten suchten danach bewusst die Nähe zu ihrer Marke.

Die Klägerin beantragt:

Das Urteil des Landgerichts München I vom 03. 02. 1999 wird aufgehoben.

Im übrigen stellt sie ihren Klageantrag wie schon vor dem Landgericht.

Die Beklagten beantragen,

1. die Berufung zurückzuweisen;

2. hilfsweise den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gemäß § 712 ZPO gegen Sicherheitsleistung abzuwenden sowie

den Beklagten eine Aufbrauchs- und Umstellungsfrist von 18 Monaten, beginnend ab Rechtskraft des Urteils über das Kennzeichen "Die Allianz" zuzubilligen;

3. ferner hilfsweise den Beklagten die Befugnis einzuräumen, Sicherheitsleistung durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse stellen zu können.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und meinen, es sei weder eine Rufausbeutung, Markenverunglimpfung noch eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der klägerischen Marke durch sie festzustellen. Es sei fehlerhaft, wenn die Klägerin meine, dass ihre Kennzeichen losgelöst von ihrer Bedeutung in der deutschen Sprache auf ihr Unternehmen verwiesen. Da sie auch keine Imageinhalte der klägerischen Kennzeichen nutzten, entstehe auch kein Imagetransfer zu ihren Gunsten. Ihre Zielgruppen seien andere Personen, ähnliche Gütevorstellungen lägen ebenfalls nicht vor.

Schließlich könne auch wegen der geringen Originalität der klägerischen Marke keine Verwässerungsgefahr entstehen. Die Klägerin glaube in ihrem Logo Schwingen eines Adlers zu erkennen. Dies entspringe jedoch allein deren blühender Phantasie. Ihr Logo sei auch nicht kreis- sondern ellipsenförmig. Wenn die Klägerin durch die Vorlage verschiedener Presseberichte ihr vorwerfe, sie würde die gerichtliche Auseinandersetzung zu ihrem Vorteil nutzen, dann sei klarzustellen, dass die Klägerin das Verfahren vom Zaun gebrochen habe. Der Beklagte zu 3) sei im übrigen aus musikalischen Gründen aus der Gruppe "Die Allianz" ausgeschieden. Er mache auch keine Kennzeichenrechte mehr geltend.

Wegen der weiteren umfangreichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt den vorgelegten Unterlagen, auf das Urteil des Landgerichts vom 03. 02. 1999 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 07. 10. 1999 Bezug genommen.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg, weil sowohl die Firma als auch die Marke "Allianz" der Klägerin bekannte Kennzeichen sind und die Beklagten deren Unterscheidungskraft und ihre Wertschätzung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5, Abs. 6, § 15 Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 MarkenG).

1. Alle drei Beklagten waren zunächst Mitglieder Hip-Hop-Gruppe "Die Allianz", die öffentlich auftrat und im September 1997 Siegerin eines Song-Wettbewerbs war. Die Beklagten zu 1), 2) und 3) kommen deshalb als Verletzer der Firmen und Markenrechte der Klägerin in Betracht. Zwar ist der Beklagte zu 3) zwischenzeitlich aus musikalischen Gründen aus der Musikgruppe ausgetreten. Er setzt also aktuell die ihm von der Klägerin zur Last gelegte Verletzungshandlung nicht fort. Für die geltend gemachten Ansprüche bleibt er jedoch weiterhin passivlegitimiert, weil er die Wiederholungsgefahr, für die eine Vermutung besteht, nicht ausgeräumt hat. Es ist nämlich tatsächlich nicht auszuschließen, dass der Beklagte zu 3) seine Einstellung zur Musik der Beklagten 1) und 2) erneut ändert und wieder zu ihnen zurückkehrt, um unter der gemeinsam gewählten Kennzeichnung "Die Allianz" wieder Musik zu machen. Da der Beklagte zu 3) die Wiederholungsgefahr nicht durch die Abgabe einer ernst gemeinten und strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeschlossen hat, bestehen die geltend gemachten Ansprüche gegen ihn in gleicher Weise wie gegen die Beklagten zu 1) und 2).

2. Die Firma der Klägerin und ihre Marke "Allianz", die sie für die von ihr erbrachten Dienstleistungen verwendet, sind bekannte Kennzeichen im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG. Zur Bestimmung der Bekanntheit kann nach der Änderung des Markengesetzes nicht auf die Grundsätze der Rechtsprechung für den Schutz berühmter Kennzeichen zurückgegriffen werden. Sie wurden aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB hergeleitet und waren in der Strenge ihrer Anforderungen von ihrem Ausnahmecharakter geprägt, wofür angesichts der nunmehrigen ausdrücklichen Regelung im Markengesetz keine Veranlassung mehr besteht (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, Rdnr. 467 zu § 14). Der Schutz einer bekannten Marke setzt daher bereits bei einem deutlich niedrigeren Bekanntheitsgrad ein, als dies für den Schutz einer berühmten Marke galt. Für die Marke und die Firma der Klägerin kann davon abgesehen werden, eine konkrete Quote für den erforderlichen Bekanntheitsgrad festzusetzen, weil sie zur Überzeugung des Senats jedenfalls einen Bekanntheitsgrad haben, der die insoweit zu stellenden Anforderungen bei weitem übertrifft. Dies ist nicht nur durch die Einzelergebnisse der von der Klägerin vorgelegten Meinungsumfrage aus dem Jahre 1994 belegt. Dort haben durchweg über 90 % der aus der Gesamtbevölkerung Befragten das Wort bzw. den Namen Allianz einer Versicherung zugeordnet. Die Klägerin zählt weltweit zu den größten Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen. Sie ist nicht nur außerordentlich umfangreich in der Werbung präsent, sondern nicht zuletzt wegen ihrer maßgeblichen Beteiligungen an anderen großen Unternehmen Anlass für Berichterstattungen in der Wirtschaftspresse. Sie verfügt über eine jahrzehntelange Firmentradition und gehört auch nach Mitarbeiteranzahl, Umsatz und Marktanteil zu den führenden Unternehmen Deutschlands. Diese Umstände belegen, dass Firma und die Marke "Allianz" der Klägerin einen außerordentlich hohen Bekanntheitsgrad in der Gesamtbevölkerung haben (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdnr. 484 zu § 14).

3. § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG schützen eine bekannte Marke und eine bekannte Firma auch dann, wenn keine Gefahr von Verwechslungen mit der angegriffenen Bezeichnung besteht, soweit durch die Benutzung des identischen Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der prioritätsälteren Zeichen in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werden.

"Die Allianz", der von den Beklagten gewählte Namen für ihre Musikgruppe, ist in ihrem allein prägenden Bestandteil "allianz" mit den Klagezeichen klanglich identisch. In ihrer bildlichen Darstellung unterscheiden sich die konkurrierenden Zeichen nur marginal. Die Beklagten haben mit ihrem Zeichen dem Zeichen der Klägerin ähnliche aufrecht stehende Buchstaben gewählt. Mit der Verwendung ihres Namens nutzen die Beklagten die Unterscheidungskraft der außerordentlich bekannten Klagezeichen aus, indem sie deren Erinnerungswert zur Erzielung eines besonderen Aufmerksamkeitseffekts und eines damit einhergehenden Kommunikationsvorsprungs zum eigenen Vorteil nutzen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl., Rdnr. 13/14 zu § 14 m.w.N.; Ingerl/Rohnke a.a.O. Rdnr. 520 zu § 14). Dieser im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG tatbestandlichen Verletzungshandlung steht im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts nicht entgegen, dass "Allianz" auch einen im allgemeinen Sprachgebrauch verwendeten Begriff darstellt. Ein solcher Umstand kann allenfalls dazu führen, dass den Klagezeichen ursprünglich bei Aufnahme ihrer Benutzung nur geringe Kennzeichnungskraft zugekommen ist. Eine ursprüngliche Originaltätsschwäche, die vorliegend unterstellt werden kann, ist jedoch durch die außerordentlich hohe Bekanntheit der Zeichen der Klägerin kompensiert worden. Diese hohe Bekanntheit und die dadurch geschaffene außerordentliche Kennzeichnungskraft zugunsten der Klägerin führt gerade zu dem Aufmerksamkeitseffekt und dem Kommunikationsvorsprung, den die Beklagten mit ihrer Namenswahl erzielt haben. Dies ist durch vorgelegte Presseveröffentlichungen dokumentiert. So ist ein Bericht über die Musikgruppe in der Zeitschrift "Hit" mit dem weithin bekannten und auch als Marke geschützten Werbeslogan der Klägerin "Hoffentlich Allianz-Versichert" überschrieben. Ausweislich der Mitschrift der Fernsehsendung vom 04. 08. 1999 des Fernsehsenders SAT 1 begann die Moderatorin das Interview mit "Die Allianz hat eine Menge Stress am Haken, liebe Zuschauer, nein, nicht die bekannte Versicherung, sondern die gleichnamige Hip-Hop-Band". Die Beklagten verweisen mit ihrem Schriftsatz vom 04. 11. 1999 selbst auf eine Veröffentlichung im Berliner Stadtmagazin "Tip" vom 22. 01. 1998 zur Begründung dafür, dass sie nicht erst durch den vorliegenden Rechtsstreit die Aufmerksamkeit der Medien erlangt hätten. Der vorgelegte Bericht (B 19) ist jedoch mit einer Karikatur ergänzt. Dort sind zwei Personen, von denen eine ein Hemd mit der Aufschrift "Die Allianz" trägt, dargestellt, die vor einer Rezeption stehen. Die Dame hinter der Rezeption fragt: "Die Allianz? - Versicherungsvertreter?!!". Bereits diese Presseveröffentlichungen verdeutlichen, dass der Name der Beklagten aufgrund der Bekanntheit der Marke und der Firma der Klägerin die Aufmerksamkeit des Publikums erreicht und dadurch die werbliche Kommunikation erleichtert, also ein Kommunikationsvorsprung erreicht wurde (vgl. Ingerl/Rohnke, Rdnr. 520 zu § 14). Nur eine Folge des bereits durch die Namenswahl erzielten Aufmerksamkeitseffekts sind dagegen die zahlreichen Erörterungen des hiesigen Rechtsstreits in den Medien.

Die Verwendung des Namens "Die Allianz" durch die Beklagten ist auch unlauter. Dies folgt schon daraus, dass die Beklagten mit ihrem Namen nicht nur den Sinngehalt der klägerischen Zeichen aufgenommen haben, sondern sich diesem auch in der bildlichen Darstellung, wie bereits dargelegt, ohne ersichtlichen Grund angenähert haben. Sie haben diese Annäherung an die Zeichen der Klägerin dann sogar noch weiter fortgesetzt. Auf ihrer Maxi-CD und bei ihrem Auftritt im Internet verwenden sie den von ihnen gewählten Namen unter Voranstellung eines Logos, das in gleicher Zeilengröße wie der Name in einer Elipse zwei Buchstaben enthält, die graphisch der elliptischen Form angepasst sind. Damit nehmen die Beklagten die Form auf, in der die Beklagte mit ihrer Firma und mit ihrer Marke dem Publikum entgegentritt. Sie fügt nämlich dem Namen Allianz in vielen Fällen ein Logo an, das in einem Kreis einen stilisierten Adler darstellt. Dafür verfügt die Klägerin auch über eine eigene Wort-Bild-Marke "Adler im Kreis". Diesem Logo der Klägerin nähert sich das Phantasiegebilde der Beklagten ersichtlich an. Es ist zwar ihrem Namen vorangestellt, während die Klägerin ihr Logo ihrem Namen anfügt. Die Buchstabenform im elliptischen Logo der Beklagten lässt sich auch nicht, wie die Klägerin meint, als Schwingen eines Vogels deuten. Die Verwendung des Logos belegt aber unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände, dass es den Beklagten mit der Kombination ihres Namens mit dem Logo darauf ankam, sich den Zeichen des Klägers über die Namensnennung hinaus weiter anzunähern. Auch dieser ersichtlich bewußt geschaffene und erkennbare Bezug zur Klägerin spricht für die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten. Deshalb ist der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet. Da die Beklagten auch mindestens fahrlässig gehandelt haben, sind sie zum Ersatz des Schadens, der der Klägerin aus der Verletzungshandlung entstanden ist, verpflichtet. Um der Klägerin die Bezifferung ihres Schadens zu ermöglichen, schulden sie auch Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen.

4. Die von den Beklagten beantragte Aufbrauchsfrist konnte ihnen nicht gewährt werden. Sie hatten nämlich bereits seit Beginn des Verfahrens die Möglichkeit, sich auf ein Unterliegen in dem Rechtsstreit einzustellen. Treu und Glauben gebieten deshalb nicht, den Beklagten mit Hilfe der Gewährung einer Aufbrauchsfrist die Möglichkeit einzuräumen, für einen zeitlich beschränkten Umfang die Verletzungshandlungen fortzusetzen.

5. Den Beklagten war jedoch der beantragte Vollstreckungsschutz gemäß § 712 Abs. 1 ZPO zu gewähren. Sie haben ihren Vollstreckungsschutzantrag zwar nicht ausdrücklich begründet. Dessen bedurfte es jedoch auch nicht, weil sich bereits aus dem vorgetragenen Sachverhalt ergibt, dass eine Namensänderung einen empfindlichen Schaden, der bis zur Einstellung ihrer Tätigkeit als Musiker führen kann, verursachen kann. Sie haben nämlich unter dem untersagten Namen beim angesprochenen Publikum inzwischen eine gewisse Bekanntheit erreicht und sind auch vertraglich an eine Produktionsfirma gebunden. Demgegenüber müssen die Interessen der Klägerin an einer sofortigen Vollstreckung zurücktreten. Ihr Schaden, wenn er überhaupt bezifferbar sein sollte, dürfte wenig ins Gewicht fallen. Dies folgt schon daraus, dass die Parteien in ganz unterschiedlichen Branchen tätig sind und Umsatzverluste der Klägerin weder zu befürchten waren noch für die Zukunft zu befürchten sind. Den Beklagten war daher entsprechend ihrem Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Eine Sicherheit von 50.000,-- DM erscheint ausreichend, um mögliche Ansprüche der Klägerin zu sichern.

Ohne Sicherheitsleistung konnte den Beklagten Vollstreckungsschutz nicht gewährt werden, da sie einen darauf gerichteten Antag erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt haben (§ 714 Abs. 1 ZPO). Die kurz vor dem Verkündungstermin eingereichten Schriftsätze geben im übrigen keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 712 Abs. 1, § 546 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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