Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: 29 U 2690/03
Rechtsgebiete: TDG, MarkenG, BGB


Vorschriften:

TDG § 4 Abs. 1
TDG § 4 Abs. 2
TDG § 4 Abs. 2 Satz 2
TDG § 4 Abs. 4 Nr. 6
MarkenG §§ 126 ff.
MarkenG § 127 Abs. 4 Nr. 1
MarkenG § 128
MarkenG § 128 Abs. 1
BGB § 242
1. Auch einfache geographische Herkunftsangaben sind gewerbliche Schutzrechte i. S. d. § 4 Abs. 4 Nr. 6 Teledienstegesetz. Der für den deutschen Markt bestimmte und in Deutschland abgerufene Internetauftritt eines italienischen Warenanbieters unterliegt deshalb den §§ 126 ff. MarkenG.

2. Die Abwandlung einer früher irreführend identisch verwandten geographische Herkunftsangabe kann unter dem Gesichtspunkt der Fortwirkung deshalb ebenfalls irreführend sein, weil sie sich an die Herkunftsangabe in der Weise anlehnt, dass die Erinnerung an die früher gebrauchte Kennzeichnung geweckt wird.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 2690/03

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle sowie Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht und Richter am Oberlandesgericht Cassardt auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11. 03. 2003 in seiner Ziffer IV. aufgehoben. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit italienischer Internet-Werbung mit der Bezeichnung "Pietra di Soln" für Keramikplatten, deren Oberfläche derjenigen des aus Solnhofen stammenden Natursteins nachempfunden ist.

I.

1. Die Klägerin ist ein in Solnhofen ansässiges Unternehmen, das - wie andere auch - aus in Solnhofener Steinbrüchen gewonnenem Naturstein Bodenplatten und Fliesen herstellt und unter der Bezeichnung "Solnhofener Platten" vertreibt.

Die in Italien ansässige Beklagte fertigt dort industriell Keramikbodenplatten und Keramikfliesen, darunter solche, deren Oberfläche der des Solnhofer Natursteins ähnelt und die sie zunächst unter der Bezeichnung "Pietra di Solnhofen" und später unter der Bezeichnung "Pietra di Soln" vertrieb. Unter diesen Bezeichnungen bewarb sie diese Produkte auf einer deutschsprachigen und für den deutschen Markt bestimmten Internetseite, die sie von Italien aus einspeiste. Darin führte sie unter anderem Folgendes aus:

"A. High Tech

Es hat Millionen von Jahren gedauert, bis das Wunder der Marmor- und Natursteine entstanden ist.

Unsere High Tech-Marmorsorten und Steine machen aus jedem Bodenbelag und jeder Wand ein Konzentrat aus Eleganz und Beständigkeit, wobei alle technischen Merkmale der Fliesen aus Feinsteinzeug beibehalten werden, jedoch mit dem unvergänglichen Zauber der Marmorsorten und Natursteine.

...

High Tech-Marmorsorten und Steine:

viel mehr als Fliesen"

Außerdem enthielt der Internetauftritt eine Unterteilung mit der Bezeichnung "Produkte: Marmor, Natursteine" und unter einem Bild des Produkts der Beklagten auch ein Bild eines Natursteins aus Solnhofen mit der Beschreibung "entsprechender Marmor aus dem Steinbruch PIETRA DI SOLN". Daneben wurden andere Produkte der Beklagten mit den Bezeichnungen "Pietra di Barge", "Pietra di Luserna" und "Pietra Piasentina" beworben. Diese Werbung wurde von der Beklagte an ihrem Sitz in Solnhofen aus dem Internet abgerufen.

2. Das Landgericht hat die Beklagte mit Endurteil vom 11. 03. 2003 antragsgemäß wie folgt verurteilt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung [der gesetzlichen Ordnungsmittel] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet unter den Internet-Domains

[...]

für ihre industriell hergestellten Keramikplatten die Bezeichnung "Pietra di Soln" zu benutzen und mit dieser Bezeichnung für sie zu werben, sie mit dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr anzubieten, zu vertreiben und in Verkehr zu bringen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und Auftraggeber, über Mengen der hergestellten und ausgelieferten Keramikplatten mit der Bezeichnung "Pietra di Soln" und über die mit dieser Bezeichnung erzielten Umsätze.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr aus den unter Nr. I. beschriebenen Handlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche in ihrem Besitz befindliche Gegenstände, die mit der Bezeichnung "Pietra di Soln" gekennzeichnet sind, und die so gekennzeichneten Etiketten, Verpackungen, Kataloge, Prospekte zu vernichten.

Auf die in dem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

3. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil der Unterlassungsantrag nicht bestimmt genug sei; die dort genannten Internetadressen seien nicht aufrufbar oder enthielten die Bezeichnung "Pietra di Soln" nicht, so dass nicht klar sei, welches Verhalten sie unterlassen solle.

Darüber hinaus sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG vorlägen. Die Bezeichnungen "Pietra di Soln" und "Solnhofer Platte" seien schon nicht ähnlich; aus der Sicht des maßgeblichen deutschen Verbrauchers stelle sich "Pietra di Soln" als Phantasiename für ein italienisches Keramikprodukt dar. Im Übrigen bestehe auch dann keine Irreführungsgefahr, wenn man eine Ähnlichkeit der beiden Bezeichnungen unterstelle, weil sie - die Beklagte - sich in dem angegriffenen Internetauftritt als italienischer Hersteller dargestellt habe, der seine Produkte mittels patentierten Prozesses fabriziere. Es werde kein hinreichender Teil der betroffenen Verkehrskreise über die geographische Herkunft des Produkts getäuscht. Damit seien auch die Folgeansprüche, die sich auf die Verwendung der Bezeichnung "Pietra di Soln" rückbezögen, zu Unrecht zugesprochen worden.

Schließlich scheiterten die Klageansprüche bereits daran, dass die Klägerin nichts zu den entsprechenden tatbestandlichen Voraussetzungen des italienischen Rechts vorgetragen habe. Dieses sei aber anwendbar, da sie - die Beklagte - hinsichtlich ihres Internetauftritts ein Teledienst sei und deshalb gemäß dem in § 4 Abs. 1 und 2 TDG normierten Herkunftslandprinzip keinen strengeren Anforderungen als denen des italienischen Rechts unterworfen werden dürfe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll des Termins vom 04. 09. 2003 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist insoweit begründet, als sie sich gegen den Vernichtungsanspruch (Ziff. IV. des landgerichtlichen Tenors) richtet, im Übrigen aber unbegründet.

1. Der Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt. Er ist darauf gerichtet, dass die Beklagte es zu unterlassen habe, im geschäftlichen Verkehr für ihre industriell hergestellten Keramikplatten die Bezeichnung "Pietra di Soln" zu benutzen. Damit sind die Handlungen, deren Unterlassung begehrt wird, in einer Weise beschrieben, die den Streitgegenstand und den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnisse der erkennenden Gerichte klar umreißt und im Ergebnis die Entscheidung darüber, was der Beklagten verboten ist, nicht auf die Vollstreckungsgerichte abwälzt. Die in dem "insbesondere"-Zusatz erfolgte Aufzählung bestimmter URL-Adressen ändert daran nichts. Sie veranschaulicht lediglich, in welchen konkreten Fällen die Handlung jedenfalls zu unterlassen sei, und ist damit ebenfalls hinreichend bestimmt. Die Frage, ob die Beklagte jemals unter den dort genannten Adressen in der angegriffenen Weise aufgetreten ist, spielt für die Bestimmtheit des Klageantrags keine Rolle, sondern allenfalls für die im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu stellende Frage der Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr.

2. Das Landgericht hat die Beklagte auch zu Recht zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt. Lediglich der Vernichtungsanspruch wurde zu Unrecht zugesprochen.

a) Auf den streitgegenständlichen Sachverhalt ist das deutsche Markengesetz anzuwenden.

aa) Der Internetauftritt der Beklagten, der unstreitig die Bezeichnung "Pietra di Soln" für Produkte der Beklagten enthielt und von dem lediglich streitig ist, unter welcher genauen URL-Adresse er erfolgte, war von der Beklagten zielgerichtet für den deutschen Markt bestimmt worden und wurde von der Klägerin in Deutschland abgerufen. Damit liegt jedenfalls ein Erfolgsort der angegriffenen Handlung in Deutschland. Nach dem im Bereich gewerblicher Schutzrechte anwendbaren Territorialitätsprinzip findet deshalb (auch) deutsches Recht, insbesondere das Markengesetz, Anwendung.

bb) Zwar statuiert § 4 Abs. 2 Satz 2 TDG als Ausdruck des Herkunftslandprinzips, dass der freie Dienstleistungsverkehr von Telediensten, die in Deutschland von Diensteanbietern, die in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG niedergelassen sind, geschäftsmäßig angeboten werden, nicht eingeschränkt werden dürfe. Das hätte zur Folge, dass die in Italien ansässige Beklagte lediglich die Vorgaben des italienischen Rechts, zu dessen Inhalt die Klägerin nicht vorgetragen hat, zu beachten hätte. Durch die genannte Vorschrift ist jedoch die Anwendung der §§ 126 ff. MarkenG nicht ausgeschlossen, denn gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG gilt sie unter anderem nicht für gewerbliche Schutzrechte. Darunter fallen auch die in den §§ 126 ff. MarkenG geregelten geographische Herkunftsangaben.

Diese Ausnahme vom Herkunftslandprinzip geht zurück auf Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 08. 07. 2000 über den elektronischen Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 178 S.1), in deren Anhang ebenfalls der Begriff der gewerblichen Schutzrechte genannt ist. Unter diesen wegen des Bezugs zu der genannten Richtlinie gemeinschaftsrechtskonform auszulegenden Begriff fallen auch geographische Herkunftsangaben, selbst wenn es sich nicht um qualifizierte, sondern um einfache Herkunftsangaben handelt, die für Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, denen besondere Eigenschaften oder Qualitäten nicht zukommen. Denn diese können sich gleichwohl bei den Verbrauchern einer hohen Wertschätzung erfreuen und für die an den jeweiligen Orten ansässigen Erzeuger ein wesentliches Mittel zur Schaffung und Erhaltung eines Kundenstamms darstellen; sie bedürfen deshalb des Schutzes als gewerbliches und kommerzielles Eigentum i. S. d. Art. 30 (vormals Art. 36) EGV (vgl. EuGH GRUR Int. 1993, 76 - Exportur - Tz. 28; NJW 2002, 3609 - CMA-Gütezeichen - Tz. 27; vgl. auch EuGH, GRUR 2003,609 - Grana padano - Tz. 49; GRUR 2003, 616 - Prosciutto di Parma - Tz. 64). Damit werden geographische Herkunftsangaben gemeinschaftsrechtlich der Marke, die unzweifelhaft ein gewerbliches Schutzrecht ist, gleichgestellt (vgl. Dickertmann, WRP 2003, 1082 [1083]).

Es entspricht auch der Notwendigkeit des Schutzes geographischer Herkunftsangaben, diese vom Regime des Herkunftslandprinzips auszunehmen, weil effektiver Schutz gegen eine irreführende Verwendung solcher Angaben im Internet anders nicht gewährt werden könnte. Dagegen kommt der Erwägung, dass die Dienste der Informationsgesellschaft durch die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der auf sie jeweils anzuwendenden nationalen Regelungen behindert würden (vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2000/31/EG), dass also letztlich eine Vielzahl nationaler Rechtsordnungen Geltung für einen einheitlichen Internet-Vorgang beanspruchen könnte, kein hinreichendes Gewicht zu, da es sich bei einer geographischen Herkunftsangabe um eine lediglich einer einzigen nationalen Rechtsordnung verbundene Angabe handelt und es einem Diensteanbieter, der sie verwendet, zugemutet werden kann, sich über die Zulässigkeit der Verwendung nach der Belegenheitsrechtsordnung kundig zu machen.

b) Die Beklagte ist gemäß § 128 Abs. 1 MarkenG zur Unterlassung der Bezeichnung "Pietra di Soln" für ihre Produkte verpflichtet, weil diese der geographischen Herkunftsangabe "Solnhofen" ähnlich ist und trotz der Abweichung zwischen beiden Bezeichnungen eine Gefahr der Irreführung besteht (§ 127 Abs. 1 und 4 MarkenG).

aa) Die Bezeichnung "Solnhofer Platte" wird von der Klägerin und anderen in Solnhofen ansässigen Unternehmen zur Kennzeichnung von Natursteinprodukten, die aus Solnhofen stammen, verwendet. Damit ist der Name des Ortes Solnhofen - und nicht die Bezeichnung, welche die Klägerin verwendet - eine geographische Herkunftsangabe i. d. § 126 Abs. 1 MarkenG.

bb) Die von der Beklagten für ihre Produkte verwendete Bezeichnung "Pietra di Soln" ist der geographische Herkunftsangabe "Solnhofen" ähnlich (§ 127 Abs. 4 MarkenG).

Die angegriffene Bezeichnung wird von ihrem Bestandteil "Soln" geprägt. Das ergibt sich für den vom Internetauftritt der Beklagten angesprochenen Verbraucher schon daraus, dass die Beklagte auch andere Produkte mit "Pietra di ..." bezeichnet, diesem Teil also keine Unterscheidungskraft zukommt und er in einer Weise zurücktritt, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kann; Kenntnisse der italienischen Sprache, auf Grund derer der Verbraucher erkennen würde, dass "Pietra di ..." lediglich "Stein von ..." bedeutet, sind dafür nicht vonnöten.

Bei der Angabe "Solnhofen" ist die Silbe "Soln-" der am stärksten wahrgenommene Teil, zum einen, weil sie als erste Silbe des Worts betont wird, zum anderen, weil der Wortrest "-hofen" in einer Vielzahl von Ortsbezeichnungen zu finden und daher für sich wenig aussagekräftig ist.

Damit stimmen beide Bezeichnungen in ihrem jeweils prägenden Teil "Soln" überein; sie sind einander deshalb ausreichend ähnlich.

cc) Für den Streitfall kann dahinstehen, ob die Benutzung der der geographischen Herkunftsangabe "Solnhofen" ähnlichen Bezeichnung "Pietra di Soln" für sich genommen genügen würde, eine markenrechtlich relevante Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft des so bezeichneten Produkts (§ 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) zu begründen. Jedenfalls die besonderen Umstände, unter denen die Beklagte die angegriffene Bezeichnung verwendete, begründen eine solche Irreführungsgefahr. Denn die Beklagte bildete nicht nur neben ihrem Produkt einen Stein aus den Steinbrüchen in Solnhofen ab und stellte damit einen unmittelbaren Bezug zu jenem Ort her, sondern verwendete "Pietra di Soln" durchgängig zur Bezeichnung ihres Produkts, also auch ohne Gegenüberstellung zum Naturstein aus Solnhofen und damit ohne Abgrenzung zu diesem. Darüber hinaus verwendete die Beklagte die geographische Herkunftsangabe in einer früheren Fassung ihres Internetauftritts mit der Bezeichnung "Pietra di Solnhofen" identisch und begründete damit eine Irreführungsgefahr, die fortwirkte, weil der Verkehr mit der nunmehr streitgegenständlichen Bezeichnung mangels eindeutiger Abstandsnahme jene frühere verbindet und auf diese Weise in seiner mit der Wirklichkeit nicht im Einklang stehenden Auffassung vom Inhalt der späteren Bezeichnung bestärkt wird (vgl. BGH NJW 1957, 1762 [1763] - Ei wie fein -; GRUR 1982, 685 [686] - Ungarische Salami II -).

Diese Irreführungsgefahr wird auch nicht durch die weiteren Umstände des Internetauftritts der Beklagten ausgeräumt. Insbesondere stellte die Beklagte nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Präsentation ihrer Produkte klar, dass es sich dabei um künstlich hergestellte Keramiken handelt, sondern spricht allgemein von Marmorsorten und Steinen - wie dem Stein aus Solnhofen -, obwohl ihre Produkte weder Marmor noch sonstige Steine sind. Vielmehr wird die Irreführungsgefahr noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte mit der Präsentation "Produkte: Marmor, Natursteine" den Eindruck erweckt, sie biete zumindest auch Naturstein an.

ff) Ob die Beklagte die streitgegenständliche Bezeichnung unter den in Nr. I. des angegriffenen Urteils angeführten URL-Adressen verwendete, kann dahin stehen, da die Verwendung im Internet als solche unstreitig ist. Damit besteht je nach Sichtweise Wiederholungsgefahr (in der allgemeinen Kategorie der Verwendung im Internet) oder jedenfalls Erstbegehungsgefahr (in der Kategorie der in dem "insbesondere"-Zusatz aufgelisteten URL-Adressen). Beides rechtfertigt den geltendgemachten Unterlassungsanspruch.

c) Die Beklagte ist auch zum Ersatz des durch die Benutzung der Bezeichnung "Pietra di Soln" entstandenen Schadens verpflichtet, weil sie zumindest fahrlässig handelte (§ 128 Abs. 2 MarkenG). Die Ähnlichkeit der Bezeichnung "Pietra di Soln" mit der geographischen Herkunftsangabe "Solnhofen" war der Beklagten, die vorher diese geographische Herkunftsangabe identisch benutzt hatte, offensichtlich bekannt. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte sie auch erkennen können, dass die übrigen Umstände ihres Internetauftritts nicht geeignet waren, die mit der Identität der früheren und der Ähnlichkeit der streitgegenständlichen Bezeichnung einhergehende Irreführungsgefahr auszuräumen.

Dem Territorialitätsprinzip entsprechend bezieht sich die Schadensersatzpflicht lediglich auf solche Schäden, die sich aus der Verwendung der streitgegenständlichen Bezeichnung in Deutschland ergeben, weil die §§ 126 ff. MarkenG nur vor solchen Verwendungen schützen. Einer Klarstellung im Tenor bedarf es deshalb aber nicht, weil sich diese Einschränkung bereits aus dem Streitgegenstand selbst ergibt (vgl. auch Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl. 2003, Einl. Rz. 55).

d) Zur Vorbereitung der Bezifferung ihres Schadensersatzanspruchs und der Durchsetzung von Beseitigungsansprüchen hat die Klägerin gemäß § 242 BGB auch den zugesprochenen Auskunftsanspruch. Dieser richtet sich auch auf die Nennung der gewerblichen Abnehmer der Beklagten in Deutschland, weil die Klägerin nur durch Herantreten an diese die Folgen der irreführenden Kennzeichnung durch die Beklagte beseitigen kann.

e) Dagegen fehlt es bei der widerrechtlichen Benutzung von geographischen Herkunftsangaben - anders als bei der Verletzung von Marken - grundsätzlich an einer Anspruchsgrundlage für einen Vernichtungsanspruch (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl. 2003, § 128 Rz. 1; Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 128 Rz. 16), da § 128 MarkenG lediglich von Unterlassung und Schadensersatz spricht. Besondere Umstände, die einen Vernichtungsanspruch als Ausprägung eines nach allgemeinen Wettbewerbsgrundsätzen möglichen Beseitigungsanspruchs (vgl. dazu Hacker, a. a. O., Rz. 17) begründen könnten, sind nicht vorgetragen.

Insoweit war daher das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin betraf lediglich den Vernichtungsanspruch, der geringfügig war, weil der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten in Italien liegt und sich allenfalls wenige Gegenstände, deren Vernichtung begehrt wurde, in Deutschland befinden. Da aus diesem Grund dem Vernichtungsanspruch lediglich ein Streitwert von 5 % des gesamten Streitwerts für das Berufungsverfahren zukommt, hat die Zuvielforderung auch nur geringfügig höhere Kosten verursacht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück