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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 29 U 3316/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 323 Abs. 1
Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Leistungsaufforderung gemäß § 323 Abs. 1 BGB bei einem Fernsehproduktionsvertrag.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 3316/08

Verkündet am 26. Februar 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein sowie Richter am Oberlandesgericht Cassardt und Richterin am Bundespatentgericht Dr. Mittenberger-Huber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Landgerichts München I vom 08. Mai 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines an den Beklagten durch den Kläger bezahlten Geldbetrages in Höhe von 75.000,- € im Rahmen eines zwischen ihnen geschlossenen Vertrages über die Erstellung einer Fernsehproduktion.

Der Kläger ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in München, die Hörfunk- und Fernsehprogramme veranstaltet und verbreitet.

Der Beklagte ist Filmproduzent und stellt u. a. Dokumentarfilme her.

Bereits im Jahr 2001 verhandelten die Parteien über das Zustandekommen einer Fernsehproduktion. Im November 2002 verständigten sie sich im Rahmen einer Produktionsvereinbarung darauf, dass der Beklagte für den Kläger eine dreiteilige Fernsehproduktion zum Thema "Wer sich heilt hat recht" fertigen sollte. Dieser Vereinbarung lag ein sog. Treatment von November 2002 zugrunde, in dem der Inhalt der Sendungen skizziert worden war. Anhand dieses Treatments wurde in der Folgezeit das Konzept in Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten und Mitarbeiterinnen des Klägers fortentwickelt. In diesem Zusammenhang wurden verschiedene Fassungen überarbeiteter Treatments, Konzepte bzw. Exposés erstellt.

Am 20. Januar 2004 schlossen die Parteien - der Kläger als "BR", der Beklagte als "Vertragspartner" benannt - einen von ihnen so bezeichneten "Coproduktionsvertrag", der die Herstellung einer Fernsehproduktion von 3 x 45 Minuten Länge unter dem Arbeitstitel "Wer sich heilt hat recht" vorsieht (Anlage K 1). In Ziffer 2 des Vertrages finden sich folgende Regelungen:

(1) Grundlage der in Ziffer 1. genannten Produktion ist das dem BR bereits vorgelegte und von diesem genehmigte Exposé.

(2) Der Vertragspartner wird die Produktion im engen Einvernehmen mit der zuständigen Redaktion des BR durchführen. In Zweifelsfällen ist die Entscheidung des BR-Vertreters maßgebend.

(3) Den vom BR ggf. erbetenen Änderungswünschen wird der Vertragspartner Rechnung tragen, ohne dass dem BR hierfür zusätzliche Kosten entstehen.

(4) ............

(5) Der Vertragspartner wird dem BR, die in Ziffer 1. genannte Produktion bis spätestens 29.02.2005 zur Rohschnittabnahme in München vorlegen. Die Kosten hierfür trägt der Vertragspartner.

Nach der Abnahme der Rohschnittfassung kann der BR inhaltliche Änderungen nur mehr gegen Übernahme der dem Vertragspartner hierfür entstehenden und nachzuweisenden Kosten verlangen.

(6) Die Fertigstellung der in Ziffer 1. genannten Produktion und Ablieferung des in Ziffer 4. Abs. (1) genannten Materials erfolgt bis spätestens 29.04.2005.

Soweit in diesem Vertrag nicht anders bestimmt, trägt der Vertragspartner allein die Verantwortung und Gefahr der Herstellung der in Ziffer 1. genannten Produktion in künstlerischer, organisatorischer und finanzieller Beziehung.

(7) ...............

Wie in Ziffer 7 (3) des Vertrages vereinbart, erhielt der Beklagte nach Vertragsschluss und Drehbeginn jeweils Teilbeträge in Höhe von 37.500,- €, mithin insgesamt 75.000,- € ausbezahlt.

In der Zeit nach dem Vertragsschluss gab es einen umfangreichen Schriftwechsel, eine Vielzahl Gespräche und mehrere Treffen zwischen den Parteien. Hauptansprechpartnerin des Beklagten war dabei als verantwortliche Redaktionsleiterin des Projekts beim Kläger, Frau R. , mit der der Schriftwechsel im Wesentlichen geführt wurde. Mündliche Ansprechpartnerinnen waren ferner die Mitarbeiterinnen Frau P. und Frau D. , die Frau R. zuarbeiteten.

Nach einem wechselseitigen mehrjährigen schriftlichen und persönlichen Kontakt forderte der Kläger den Beklagten schließlich mit Schreiben vom 14. März 2007 (Anlage K 7) auf, bis spätestens 29. März 2007 einen Gestaltungsvorschlag für drei Folgen à 45 Minuten in einer rohschnittabnahmefähigen Version vorzulegen und führte dazu wörtlich aus:

Daher geben wir Ihnen nunmehr letztmalig auf, dem BR Ihren Gestaltungsvorschlag, im Sinne einer rohschnittabnahmefähigen Version, gemäß dem ursprünglichen Konzept (Treatment, datiert vom 10. März 2003) und entsprechend den anlässlich der versuchten Rohschnittabnahme vom vergangenen Sommer gesammelten Anmerkungen sowie den mit Frau P. und Frau D. geführten Gesprächen und dem Schriftwechsel mit Frau R. und Frau P. innerhalb von zwei Wochen, mithin bis zum 29.März 2007, z. Hd. von Frau Dr. H. ,Leitung Red. Reihen und Mehrteiler/ Programmbüro, ,zukommen zu lassen.

Mit Schreiben vom 29. März 2007 (Anlage B 7), vom 18. April 2007 (Anlage B 8) und vom 02. Mai 2007 (Anlage B 9) bat der Beklagte jeweils um Übersendung des Treatments vom 10. März 2003, auf das der Kläger in seinem Schreiben vom 14. März 2007 Bezug genommen hatte, da ihm dieses - insbesondere mit den darin enthaltenen schriftlichen Anmerkungen - nicht mehr vorliege. Da er keine Antwort vom Kläger erhielt, thematisierte er im letzten Schreiben ferner die Frage nach einer weiteren Zusammenarbeit. Der Kläger reagierte mit einem Schreiben durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 14. Mai 2007 (Anlage K 8), in dem er den Rücktritt vom Koproduktionsvertrag wegen nicht erbrachter vertragsgemäßer Leistung erklärte.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe bei der Materialsichtung am 24. Mai 2006 nur grob zusammengeschnittenes Material vorgeführt, das weder habe Struktur erkennen lassen, noch die im Treatment dargestellten Inhalte berücksichtigt habe. Zu einer Rohschnittabnahme sei es auch in der Folgezeit nicht gekommen. Insbesondere habe er - der Kläger - nie auf die Fertigstellung von Teil 3 verzichtet, da er mit einer bloßen Materialsammlung als Sender nichts habe anfangen können. Er hat die Auffassung vertreten, der Rücktritt sei wirksam erklärt worden, da die Aufforderung zur Leistung ausreichend bestimmt gewesen sei. Einer weiteren Diversifizierung habe es nicht bedurft, da es in der Gestaltungsfreiheit des Filmherstellers liege, den durch das Exposé beschriebenen Vertragsrahmen auszufüllen. Sofern die Vertragsgrundlage nicht eindeutig gewesen sei, habe dies nicht zur Folge gehabt, dass er als Besteller den Leistungsinhalt deutlicher konkretisieren müsse. Aufgrund des mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Mai 2007 erklärten Rücktritts vom Vertrag fordere er den an den Beklagten bezahlten Betrag von 75.000,00 € und Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 3.308, 20 € zurück.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 78.308,20 € nebst 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.06.2007 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die Rohschnittfassungen von Teil 1 und 2 seien am 10. Mai 2006, ebenso wie die Materialsammlung im Übrigen ohne wesentliche Beanstandungen durch die Mitarbeiterinnen P. und D. des Klägers abgenommen worden. Die Redaktionsleiterin R. habe sich dagegen am 24. Mai 2006 überhaupt nicht die Zeit genommen, die Folgen einschließlich des Materials genau zu überprüfen.

Der Beklagte ist deshalb der Auffassung, der Kläger habe nicht wirksam vom Vertrag zurücktreten können. Die Fristsetzung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere sei die Aufforderung im Schreiben vom 14. März 2007 für den Beklagten nicht eindeutig und damit nicht nachvollziehbar gewesen. Der Kläger habe ihm das in Bezug genommene Treatment trotz mehrfacher Aufforderung nicht übersandt, welches ohnehin nicht Inhalt des Koproduktionsvertrages gewesen sei. Aus der Bezugnahme auf den Gesprächsinhalt von drei Jahren und diversen Zusammentreffen in dieser Zeit habe er jedenfalls nicht ausreichend konkret entnehmen können, was der Kläger für abnahmefähig hielte. Der Kläger sei seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen.

Mit Urteil vom 08. Mai 2008, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 75.000,- € nebst Zinsen verurteilt. Soweit ein weiterer Betrag gefordert war, ist dieser in der Berufung nicht mehr Streitgegenstand.

Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, der Rückzahlungsanspruch stehe dem Kläger gem. §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB zu. Der Kläger habe zu keiner Zeit auf die Rohschnittfassung von Teil 3 der Produktion verzichtet. Die Frage nach der wirksamen Abnahme der Teile 1 und 2 könne insoweit dahinstehen. Die Fristsetzung zur Leistung im Schreiben vom 14. März 2007 sei angemessen gewesen. Insbesondere sei das Leistungsverlangen des Klägers nicht zu unbestimmt gewesen. Einer weiteren Konkretisierung durch den Kläger habe es nicht bedurft, da einerseits keine Wahlschuld gem. § 262 BGB vereinbart gewesen sei. Andererseits sei der Kläger nicht verpflichtet gewesen, gerügte Mängel im Einzelnen darzutun, da es nicht um Mängelrechte, sondern den originären Erfüllungsanspruch gegangen sei. Nach dem Vertrag habe die künstlerische Verantwortung ferner allein beim Beklagten gelegen. Eine Pflicht des Klägers zu weiteren Vorgaben habe nicht bestanden. Eine solche sei auch nicht durch § 242 BGB entstanden, wie sich aus der vorgelegten Korrespondenz ergebe. Dem Beklagten seien die Änderungswünsche bekannt gewesen, da er sie selbst teilweise referiert habe. Ansonsten habe er in seinen Schreiben häufig nicht um inhaltliche Klärung nachgesucht, sondern seiner Verärgerung über das Verhalten des Klägers Ausdruck verliehen. Das in Bezug genommene Treatment habe ihm der Kläger nicht übersenden müssen, da der Beklagte es dem Kläger selbst zur Verfügung gestellt habe. Er habe auf ein wortgleiches Treatment mit anderem Datum Zugriff gehabt. Sein Schreiben an den Kläger habe er ferner erst am letzten Tag der Frist abgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Auffassung, dass die Leistungsbestimmung zu ungenau gewesen sei. Aufgrund der dauernden Fortentwicklung des Gestaltungskonzepts in drei Jahren, was vom Kläger selbst als "work in progress" bezeichnet worden sei, habe er nicht aus der Bezugnahme auf ein Konzept, das ihm trotz mehrfacher Bitten nicht übersandt worden sei, und dem Hinweis auf Gespräche und Treffen innerhalb dieser Zeit entnehmen können, was der Kläger nun für abnahmefähig hielte. Er habe bereits deutlich mehr Material zur Verfügung gestellt gehabt als nötig gewesen sei. Die Redakteurinnen des Klägers hätten insoweit ihre Zustimmung kundgetan, lediglich die Redaktionsleiterin habe aus ihm nicht nachvollziehbaren Gründen sein Konzept abgelehnt. Es sei insoweit am Kläger gewesen, deutlich und unmissverständlich zu erklären, ob er entweder mit der Fertigstellung nach einem bestimmten - ihm auch zur Verfügung zu stellenden - Exposé oder Treatment zufrieden sei, oder ob und welche konkreten Änderungswünsche einzuarbeiten seien.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt:

Das Urteil des LG München I vom 08.05.2008 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Er ist über seinen Vortrag in erster Instanz hinaus der Auffassung, dass ihm nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zwar ein Mitwirkungsrecht zustehe, ihn aber keine Mitwirkungspflicht treffe. Aus der Leistungsbestimmung im Schreiben vom 14. März 2007 ergebe sich in ausreichend konkreter Weise, wie der Beklagte seine Leistungspflicht erfüllen könne.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 26. Februar 2009 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, da dem Kläger der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch gem. §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 633 Abs. 1 BGB in Höhe von 75.000,00 € gegen den Beklagten mangels wirksamen Rücktritts von dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Koproduktionsvertrag nicht zusteht.

Der Kläger hat keinen Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten, da der mit Schreiben vom 14. Mai 2007 erklärte Rücktritt vom Koproduktionsvertrag nicht wirksam war. Das Leistungsverlangen des Klägers im Schreiben vom 14. März 2007 war nicht ausreichend bestimmt, so dass der Kläger mangels einer angemessenen Fristsetzung zur Leistung nicht zum Rücktritt berechtigt war.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte eine den Kläger zum Rücktritt berechtigende Vertragsverletzung im Sinne des § 323 BGB begangen hat, da der Kläger jedenfalls ein etwaiges Recht zum Rücktritt nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat. Dieses stand gem. § 323 Abs. 1 BGB unter der Voraussetzung der bestimmten und eindeutigen Aufforderung des beklagten Schuldners zur Leistung unter Setzung einer angemessenen Frist.

2. Das Leistungsverlangen muss bestimmt sein. Ohne konkretes Leistungsverlangen, d. h. ohne den Hinweis auf diejenige Unzulänglichkeit im Stand der Leistungserbringung, die der Gläubiger behoben sehen will, ist die Fristsetzung gegenstands- und wirkungslos. Die Unzulänglichkeit der Leistung muss so genau beschrieben werden, dass sie individualisiert werden kann (vgl. RGZ 114, 3, 8; BGH NJW-RR 1988, 310, 311; Münchner Kommentar/ Ernst, BGB, 5. Auflage, § 323 Rn. 61; Palandt/ Grüneberg, BGB, 68. Auflage, § 323 Rn. 13; Soergel/ Gsell, BGB, 5. Auflage, § 323 Rn. 73; Grothe in: Bamberger/ Roth, Beck'scher Onlinekommentar 2007, § 323 Rn. 13). An die Individualisierung sind strenge Anforderungen zu stellen, da der Schuldner eindeutig erkennen muss, welche bisher nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung der Gläubiger von ihm begehrt.

Was der Gläubiger im Ergebnis verlangt, muss nicht weiter spezifiziert werden, sofern es sich aus dem Vertrag ergibt. Bei einem Werkvertrag kann sich der Besteller, solange er das Werk noch nicht abgenommen hat, darauf beschränken, die Erfüllung eines mangelfreien Werkes zu verlangen, denn vor der Abnahme ist das vertraglich geschuldete Werk noch nicht auf einen bestimmten Gegenstand konkretisiert (vgl. BGH NJW-RR 1988, 310, 311).

3. Da vorliegend noch keine Abnahme stattgefunden hatte, schuldete der Beklagte nach dem "Coproduktionsvertrag" unter dem Arbeitstitel "Wer sich heilt hat recht" in Ziffer 1. eine Fernsehproduktion von 3 x 45 Minuten Länge auf Betacam-digital-Band, Format 16:9, Farbe, stereo, in deutscher Sprache.

a) Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um eine echte Auftragsproduktion, bei der der Beklagte als Produzent über einen erheblichen künstlerischen und gestalterischen Spielraum verfügte; sie ist grundsätzlich als Werkvertrag gem. § 631 ff. BGB zu qualifizieren (vgl. Schwarz/ U. Reber in: Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 4. Auflage, 84. Kapitel, Rn. 4; OLG Hamburg, 5 U 82/04 - zitiert nach BeckRS 2005 30355341, II 4 b bb). In Ziffer 2. (6) ist niedergelegt, dass der Beklagte grundsätzlich allein die Verantwortung und Gefahr der Herstellung der in Ziffer 1. genannten Produktion in künstlerischer, organisatorischer und finanzieller Beziehung zu tragen hat, allerdings vorbehaltlich weiterer Vertragsbestimmungen. Der Kläger hatte sich im Übrigen weitgehende Mitwirkungsrechte gesichert (vgl. Ziffer 2. (2) (3)). Der grundsätzlich bestehende künstlerische und gestalterische Spielraum des Beklagten als Produzenten war daher im vorliegenden Fall von vorneherein mit Einschränkungen versehen.

b) Das geschuldete Werk wird in Ziffer 2. (1) näher konkretisiert durch die Bezugnahme auf "das dem BR bereits vorgelegte und von diesem genehmigte Exposé". Der Beklagte hat eingewandt, dass es sich dabei nicht um das Treatment vom 10. März 2003 gehandelt habe. Bereits seit dem Jahr 2001 stand der Beklagte mit dem Kläger in Verhandlungen über das Zustandekommen der vorgenannten Fernsehproduktion. Zu einem schriftlichen Vertragsabschluss kam es erst am 20. Januar 2004. Der Kläger hat ein neunseitiges als solches bezeichnetes "Treatment" vorgelegt, das auf S. 8 unter dem Kapitel "Vorgeschichte" das Datum 10. März 2003 trägt und mit handschriftlichen Anmerkungen versehen ist (Anlage K 2). Der Beklagte hat dagegen vorgelegt ein namentlich als "Konzept" bezeichnetes Manuskript von zwei Seiten, ebenfalls mit handschriftlichen Anmerkungen, das am 16. Januar 2003 an den Kläger gefaxt wurde (Anlage B 10). Dieses Konzept wurde überarbeitet und in bereits veränderter Form mit Datum vom 24. Januar 2003 vorgelegt (Anlage B 14). In einer von den Mitarbeiterinnen P. und D. des Klägers gefertigten Mitschrift über ein Treffen am 05. Februar 2003 wird Bezug genommen unter Ziffer 1) Konzept auf "3 ausführliche Treatments zu den drei Folgen (Vorschlag Kuby): 1. Folge: ,Was ist Schamanismus?', Beitrag von A. 2. Folge: ,Schamanenausbildung von westlichen Medizinern' mit Prof. B. , Basel 3. Folge: ,Bayerische Heiler'" (Anlage B 15). Im Schreiben der Redaktionsleiterin vom 27. Februar 2003 (Anlage B 15 a) wird auf Seite 2 angeregt, "...das Konzept dahingehend ein wenig zu modifizieren, ...". Nach dem schriftlichen Vertragsschluss teilt der Beklagte dann in einem Schreiben vom 04. März 2004 (Anlage B 17) mit: "Mein beigefügtes, aktualisiertes Expose spiegelt nun unser Vorhaben, dem Thema die Krone aufzusetzen wieder."

Aufgrund des langen Vorlaufs bis zum Vertragsschluss und der diversen Überarbeitungen, Veränderungen, Korrekturen an unterschiedlichen Entwürfen, die als "Konzept", "Treatment" oder "Exposé" bezeichnet wurden, lässt sich aus Ziffer 2. (1) des Koproduktionsvertrages nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen, welches Exposé in welcher Fassung die Parteien zur Grundlage des zwischen ihnen abgeschlossenen Vertrages gemacht haben.

c) Das vertraglich geschuldete Werk ergab sich daher nicht hinreichend allein aus dem Vertragstext. Das Leistungsverlangen gem. § 323 BGB wurde durch den Hinweis auf den abgeschlossenen Vertrag nicht ausreichend individualisiert, da der Kläger im Lauf der Zeit bereits zu viele unterschiedliche Vorgaben gemacht hatte. Er war daher gehalten zu spezifizieren, was er als mängelfreies Werk abzunehmen bereit war.

aa) Den strengen Anforderungen, die an die Individualisierung der Leistung zu stellen sind, hat der Kläger insbesondere nicht genügt, indem er in seinem Schreiben vom 14. März 2007 pauschal auf folgende vier Punkte verwiesen hat: Die rohschnittabnahmefähige Version sei zu fertigen (1) gemäß dem ursprünglichen Konzept (Treatment, datiert vom 10. März 2003) und (2) den anlässlich der versuchten Rohschnittabnahme vom vergangenen Sommer gesammelten Anmerkungen sowie (3) den mit Frau P. und Frau D. geführten Gesprächen und (4) dem Schriftwechsel mit Frau R. und Frau P. (Anlage K 7). Der Hinweis auf gesammelte Anmerkungen, geführte Gespräche und die Korrespondenz zwischen den Mitarbeiterinnen des Klägers und dem Beklagten war in dieser Form und bei der Vorgeschichte zu allgemein. Allein aus den vorgelegten Anlagen - unstreitig gab es darüber hinaus weitere Schreiben zwischen den Parteien - geht nicht hervor, welche Veränderungen der Kläger konkret beanspruchte. Jedenfalls waren die Spezifikationen keinesfalls so klar, als dass der Beklagte gewusst hätte, mit welchem Inhalt er das Rohschnittmaterial nunmehr abliefern sollte.

bb) Die Fortentwicklung der diversen Konzepte wurde von den Parteien als "work in progress" bezeichnet, und hat sich im Einzelnen wie folgt abgespielt:

Nach dem Abschluss des schriftlichen Vertrags im Januar 2004 übersandte der Beklagte erstmals im März 2004 ein überarbeitetes Exposé, in dem er zu den Einzelfolgen des Projektes Stellung nahm (Anlage B 17). Im April 2004 reagierte Frau R. (Anlage B 18), in dem sie die Ergebnisse eines Treffens vom 25. März 2004 zusammengefasst hatte und neue Termine für die Rohschnittabnahme auf 29. April 2005 und die Ablieferung des Werkes auf 29. Juni 2005 setzte. In den folgenden Monaten kam es zu einem weiteren Treffen im Juli 2004 zwischen dem Beklagten und Frau P. und der Niederschrift eines "Spielkonzeptes" vom 27. September 2004 durch diese (Anlage B 20). Im Juni 2005 - nachdem die neu gesetzten Termine für Rohschnittabnahme und Ablieferung des Werkes verstrichen waren - machte Frau R. mit Schreiben vom 04. Juni 2005 (Anlage B 21) Ausführungen zur Verschiebung der Termine und forderte die Einbeziehung aktueller Themen in die vorgesehene Fernsehproduktion. Weitere neun Monate später, mit Schreiben vom 08. März 2006 (Anlage K 3) monierte Frau R. die mehrfache Verschiebung der Termine und setzte erneut zwei Termine, zum einen für die Abnahme des Rohschnittes von Teil 1 und 2 auf 28. März 2006 und für Teil 3 "spätestens auf die erste Maiwoche". Dieses Schreiben hatte der Beklagte auf Anforderung durch den Kläger gegengezeichnet. Am 10. Mai 2006 suchten Frau P. und Frau D. den Beklagten im Allgäu auf und sichteten gemeinsam das Filmmaterial. Frau P. fertigte darüber einen Vermerk mit Datum vom 16. Mai 2006 (Anlage K 10), in dem sie sich teilweise kritisch zu dem vorgeführten Material äußerte. Mit Schreiben vom 22. Mai 2006 (Anlage B 24) informierte Frau P. den Beklagten, dass die endgültige Rohschnittabnahme für Teil 1 und 2 nunmehr auf den 24. Mai 2006 terminiert sei und er an diesem Tag einen Bericht über die Konzeption von Teil 3 vorlegen möge (Anlage B 24). Das Treffen vom 24. Mai 2006 fand in den Räumen des Klägers in München statt. Einen Tag später, mit Schreiben vom 25. Mai 2006 (Anlage B 1) nahm der Beklagte zu der Zusammenkunft Stellung und erklärte, Änderungswünsche durch den Kläger einarbeiten zu wollen. Frau R. reagierte darauf mit Schreiben vom 01. Juni 2006 (Anlage B 2 = K 4) und teilte dem Beklagten mit, im Termin vom 24. Mai sei es wegen deutlicher Meinungsunterschiede nicht zu einer Abnahme gekommen, und listete ihrerseits Änderungswünsche auf.

Der Beklagte monierte daraufhin am 08. Juni 2006 (Anlage B 3) den aus seiner Sicht "schlechten Abnahmestil", kündigte jedoch die Berücksichtigung der Änderungswünsche an. Mit Schreiben vom 13. September 2006 (Anlage B 22) wandte er sich erneut an Frau R. mit der Frage "..., wie gelangen wir zu einer Abnahme?" und schlug vor, zuerst seinen Film "Unterwegs in die nächste Dimension" zu senden, der soz. als Vorläufer der dreiteiligen Produktion gesehen werden könne. Entsprechend diesem Vorschlag sendete der [Kläger] im November 2006 diesen Filmbeitrag. Im Oktober 2006 (Anlage B 23) mahnte der Beklagte die Beantwortung seines Schreibens vom September 2006 bezüglich der Gestaltung der Abnahme an. Am 19. Dezember 2006 (Anlage B 4) forderte der Beklagte den Kläger sodann auf, eine zukünftige Abnahme müsse "kooperativer" als im Mai verlaufen, bei der er sich brüskiert gefühlt habe. Es stelle sich die Frage, ob das Projekt vom Kläger noch gewünscht werde. Er wolle es zu Ende bringen. Darüber sei jedoch eine grundsätzliche Einigung zu erzielen. Der Kläger reagierte darauf schließlich mit einem Schreiben vom Dezember 2006 (Anlage K 5), das dem Beklagten jedoch erst mit Schreiben vom 12. Januar 2007 (Anlage B 5) übersandt wurde. Darin wurde ihm eine Frist zur Übersendung seines Materials zur Materialsichtung durch den Kläger bis 16. Februar 2007 gesetzt. Der Beklagte teilte seinerseits mit Schreiben 15. Februar 2007 (Anlage B 6) mit, er könne in dieser Situation nicht fortfahren, sondern erwarte erst die Beantwortung seines früheren Schreibens. Ferner forderte der Beklagte den Kläger auf, eine erneut geplante Rohschnittabnahme nicht wieder scheitern zu lassen, da er ansonsten zuerst eine Kinoversion aus dem vorliegenden Material schneiden und dann erst den Dreiteiler als Fernsehproduktion fertigstellen wolle. Dieses Schreiben ließ der Kläger durch seine Rechtsabteilung am 14. März 2007 beantworten (Anlage K 7).

cc) Über die einzelnen Entwicklungsstadien der diversen Konzepte haben sich die Parteien nicht ausreichend verständigt. Dies zeigt insbesondere der Schriftverkehr nach der missglückten Abnahme vom 24. Mai 2006. Der Beklagte hat bereits am 25. Mai 2006 (Anlage B 1) aus seiner Sicht aufgelistet, welche Veränderungen vorzunehmen seien. Frau R. für den Kläger hat darauf mit Schreiben vom 01. Juni 2006 (Anlage B 2) reagiert, die Änderungsvorschläge nur teilweise aufgegriffen, sich aber insgesamt auf die Position zurückgezogen, es sei der Redaktion "anhand des vorgezeigten und massiv kritisierten Materials nicht möglich, einzelne Änderungsschritte zu benennen und auf diese ggfs. festgelegt zu werden". Nicht Bezug genommen wurde dabei z. B. auf den im Prozess vorgelegten Vermerk der Mitarbeiterinnen D. und P. vom 10. bzw. 16. Mai 2006 (Anlage K 10) über die Materialsichtung beim Beklagten am 10. Mai 2006, der in konkreter Form zu den einzelnen Filmsequenzen Stellung nimmt.

dd) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er habe nach dem Vertrag nur Mitwirkungsrechte, keine Mitwirkungspflichten gehabt. Ziffer 2. (3) des Koproduktionsvertrages sieht vor, dass der Beklagte "ggf. erbetenen Änderungswünschen" des Klägers auf seine Kosten Rechnung trägt. Es sind im Laufe der Zeit vielfältige Änderungswünsche durch den Kläger an den Beklagten herangetragen worden, denen dieser Rechnung zu tragen versucht hat. Der Kläger hat deutlich zu erkennen gegeben, dass er ohne Einbezug seiner Änderungswünsche zu der ihm obliegenden Mitwirkungshandlung überhaupt nicht bereit war. Im Schreiben vom 01. Juni 2006 (Anlage B 2) heißt es: "Es wird vorerst keine Abnahme mehr im klassischen Sinne geben, da wir dies aus zeitlichen Gründen nicht mehr koordinieren können. Gerne ist aber die Redaktion, Frau P. und Frau D. bereit (in Rücksprache mit Frau Leutheusser und mir) jeden neuen Schritt von Ihnen zu prüfen." Der Beklagte war einerseits gehalten, den restriktiven Angaben des Klägers Folge zu leisten. Der Kläger hat sich dagegen andererseits auf den Standpunkt gestellt, er wolle nicht in eine "endlose Mitwirkungsschleife" geraten, der Beklagte möge von seiner künstlerischen Gestaltungsfreiheit Gebrauch machen. Grundsätzlich genießt der künstlerisch Schaffende im Rahmen seines Werkvertrages eine Gestaltungsfreiheit, die seiner künstlerischen Eigenart entspricht und es ihm erlaubt, in seinem Werk seiner individuellen Schöpferkraft und seinem Schöpferwillen Ausdruck zu verleihen (vgl. KG ZUM-RD 1999, 337). Der Kläger hat diese "Schöpferkraft" aber durch immer neue Änderungswünsche eingeengt, um schließlich - als man an einem Punkt der Stagnation angelangt war - festzustellen, der Beklagte müsse aus der Gesamtschau aller zurückliegenden Ereignisse gestützt auf seine Gestaltungsfreiheit selbst wissen, welches Werk er abzugeben habe.

ee) Der Hinweis auf das Treatment vom 10. März 2003 wäre für sich genommen verständlich gewesen, wenn der Kläger sich darauf beschränkt hätte, die dort schriftlich festgehaltenen Anforderungen zum Gegenstand des geschuldeten Werks zu machen. Unbestimmt und vage wurde diese Aufforderung aber durch den Hinweis auf in mehreren Jahren geführte Gespräche und gewechselte Korrespondenz. Es war objektiv nicht hinreichend deutlich, inwieweit dieses Treatment durch den Zeitablauf über vier Jahre unter Einbeziehung der Korrespondenz und der Gespräche in seiner ursprünglichen Fassung noch valid und verbindlich war. Hinzu kommt, dass der Kläger eine Mitwirkungsverpflichtung hatte, die sich aus den Umständen des Falles ergab, dem Beklagten das gewünschte Treatment zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. März 2007, 18. April 2007 und 02. Mai 2007 (Anlagen B 7-9) um die Übersendung dieses auf 10. März datierten Treatments samt den darin enthaltenen handschriftlichen Änderungen gebeten, da er nicht - mehr - über eine Abhandlung diesen Datums verfüge. Der Kläger hat ihm die gewünschten Unterlagen jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Dem Kläger war zumutbar, dem Beklagten das von ihm in Bezug genommene Konzept zu übersenden.

Im Ergebnis fehlte es der Aufforderung des Klägers zur Leistung im Schreiben vom 14. März 2007 an der erforderlichen Eindeutigkeit und Bestimmtheit, so dass die Fristsetzung gegenstands- und wirkungslos war.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.). Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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