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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 25.04.2002
Aktenzeichen: 29 U 3717/01 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, MarkenG


Vorschriften:

ZPO § 148
MarkenG § 8
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 50 Abs. 1 Nr. 3
MarkenG § 126
MarkenG § 127
Zu den Voraussetzungen der Aussetzung eines Rechtsstreits gem. § 148 ZPO bei Anhängigkeit eines Löschungsantrages gegen das Klageschutzrecht.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN Beschluss

Aktenzeichen: 29 U 3717/01

Verkündet am 25. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Retzer und Jackson im schriftlichen Verfahren nach dem Stand vom 05.04.2002

beschlossen:

Tenor:

Der Rechtsstreit wird bis zur Entscheidung über den Löschungsantrag der Beklagten hinsichtlich der Marke DE 2106346 - zunächst bis zur Entscheidung der 1. Instanz - ausgesetzt.

Gründe:

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung ausgeschlossen Marken, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren dienen können. Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 eingetragen worden ist. Nach diesen Vorschriften hat der Löschungsantrag der Beklagten eine die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über den Löschungsantrag rechtfertigende Aussicht auf Erfolg.

S ist der Name einer Stadt in Belgien, des Sitzes der Klägerin. Die Klägerin hat in dem dem Urteil des Senats vom 19.02.1998 (29 U 4480/97) zugrundeliegenden Rechtsstreit geltend gemacht, "S" sei (dort für Mineralwässer) eine gemäß §§ 126, 127 MarkenG geschützte geografische Herkunfsangabe. Der Senat hat sich dem in dem erwähnten Urteil (NJW WettbR 1998, 228) angeschlossen, und der Bundesgerichtshof hat diese Beurteilung in seinem Urteil vom 25.01.2001 (Anlage K 27) revisionsrechtlich nicht beanstandet. Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin geltend, "B S" und insbesondere auch "S" sei auch für kosmetische Erzeugnisse und die gesamten im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke der Beklagten enthaltenen Waren eine die geografische Herkunft der Waren bezeichnende Angabe. Das Deutsche Patentamt hat einer aus der isolierten Kennzeichnung "S" bestehenden Markenanmeldung der Beklagten den Schutz mit der Begründung verweigert, es handele sich bei der Marke um eine geografische Herkunftsangabe (Anlage A 3 zu Anlage B 46). Vor diesem Hintergrund erscheint hinreichend wahrscheinlich, dass auch die im Löschungsverfahren angegriffene Marke der Klägerin als Angabe über die geografische Herkunft der Ware i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angesehen werden wird.

Auf den Beschluss des Bundespatentsgerichts vom 14.08.1991 (GRUR 1992, 62 "VITTEL") kann die Klägerin sich für ihren Standpunkt nicht berufen. Der jener Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt entspricht insofern dem des vorliegenden Löschungsverfahrens, als die damalige Antragstellerin ihren Sitz in dem Ort V hatte und zur ausschließlichen Ausbeutung der dortigen Mineralquellen berechtigt war. Vor diesem Hintergrund hat das Bundespatentgericht in der erwähnten Entscheidung ein Freihaltungsbedürfnis hinsichtlich der Marke "V" für Mineralwässer verneint; für alle anderen Waren und Dienstleistungen der "für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen international registrierten Marke" (a.a.O.) war der Marke in der Bundesrepublik Deutschland der Schutz unter Hinweis auf das Freihaltungsbedürfnis der Marke im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundespatentgerichts bereits rechtskräftig versagt. Der Entscheidung kann daher für die Frage der Schutzfähigkeit der Marke "S" für die Waren ihres Warenverzeichnisses - Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege - nichts entnommen werden, da die Klägerin insoweit ein Herstellungsmonopol nicht hat.

Auch aus dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Stadt S vom 26.09.1974 (Anlage N 10 zu Anlage K 21) kann etwas anderes nicht hergeleitet werden. Zwar räumt der Vertrag in Art. 201, lit. C der Klägerin nach seinem Wortlauf das ausschließliche Recht ein, das Wort "S" in seiner einfachen oder (mit weiteren Bestandteilen) zusammengesetzten Form oder in der Form einer Phantasiebezeichnung für alle Produkte zu benutzen, bei deren Herstellung Wässer aus S oder ihre Salze verwendet wurden. Es ist aber zunächst schon weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Gemeinde S für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Inhaberin solcher dann auf die Klägerin übertragbarer oder an sie lizenzierbarer Rechte wäre. Diese Frage kann aber dahinstehen, da selbst dann, wenn die Gemeinde S Inhaberin solcher Rechte wäre, dass Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung "S" für andere Produkte (nicht unter Verwendung von Wässern oder Salzen aus S hergestellte Produkte) nicht entfiele. Der Löschungsantrag hat daher hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Zur Information der Parteien wird mitgeteilt, dass das Deutsche Patent- und Markenamt auf telefonische Anfrage mitgeteilt hat, dass mit einer Entscheidung über die (insgesamt vier) vorliegenden Löschungsanträge vor Ablauf einer Frist von 6 Monaten nicht gerechnet werden kann.

Ende der Entscheidung

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