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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 27.11.2003
Aktenzeichen: 29 U 3737/03
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB
Vorschriften:
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2 | |
MarkenG § 14 Abs. 5 | |
MarkenG § 14 Abs. 6 | |
BGB § 242 |
2. Die Verwendung der Bezeichnung "blue-Mix" für ein unter "Frankenheim blue" vertriebenes Getränk kann Herkunftshinweisfunktion haben.
3. Lebt eine angegriffene Wort-/Bildmarke vom Kontrast der unterschiedlichen Darstellungsweisen ihrer Bestandteile und wird sie von deren Zusammenwirken geprägt, so ist sie in ihrer Gesamtheit den Klagezeichen gegenüber zu stellen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 29 U 3737/03
In dem Rechtsstreit
hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle sowie Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht und Richter am Oberlandesgericht Cassardt auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. 11. 2003
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Landgerichts München I vom 08. 05. 2003 geändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in Deutschland ein alkoholhaltiges Mischgetränk, bestehend aus Cola und Bier, mit der Bezeichnung
blue-Mix
zu bewerben wie in der nachstehenden Anzeige
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Nr. 1. vorgenommen hat und zwar unter Nennung der betriebenen Werbung bei Angabe der Werbeträger, Erscheinungszeiten, Verbreitungsgebiete und Auflagenhöhe.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen alle Schäden zu ersetzen hat, die diesen durch Handlungen gemäß Nr. 1 in der Vergangenheit seit dem 01. 10. 2003 entstanden sind und künftig entstehen werden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Klägerinnen 4/5 und die Beklagte 1/5, von denen des Berufungsverfahrens die Klägerinnen 3/5 und die Beklagte 2/5.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Klägerinnen können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe:
I.
1. a) Die Klägerin zu 1. stellt alkoholische Getränke her und vertreibt sie, insbesondere Nymphenburg Sekt und - früher unter der Bezeichnung "Blûe", nunmehr unter der Bezeichnung "Blue" - einen weiteren Sekt. Die Klägerin zu 2. vertreibt unter der Bezeichnung "Blû" einen Prosecco. Seit Kurzem vertreiben beide Klägerinnen auch einen Grappa unter der Bezeichnung "Grappa di Prosecco blu".
Die Klägerin zu 1. ist Inhaberin der am 31. 10. 1996 für alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) - Klasse 33 - angemeldeten deutschen Wortbildmarke DE 39647458 "Blûe", der am 01. 10. 1997 für alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) - Klasse 33 - angemeldeten Gemeinschaftswortmarke "Blûe" und der am 07. 09. 2001 für Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer sowie andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte - Klasse 32 -, alkoholische Getränke (ausgenommen Biere und Liköre) - Klasse 33 - sowie Bewirtung von Gästen - Klasse 42 - angemeldeten deutschen Wortmarke DE 30153749 "Blue".
Die Klägerin zu 2. ist Inhaberin der am 29. 08. 1997 für alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) - Klasse 33 - angemeldeten deutschen Wortbildmarke DE 39741372 "Blû" und der am 05. 03. 1999 für alkoholische Getränke (ausgenommen Biere und Liköre) - Klasse 33 - und Bewirtung von Gästen - Klasse 42 - angemeldeten deutschen Wortmarke DE 39912958 "Blu".
b) Die Beklagte ist eine Brauerei. Sie stellt neben Altbier ein dunkelbraunes Mischgetränk aus Altbier und Cola her und vertreibt es unter der Bezeichnung "Frankenheim blue". Nach einem vorangegangenen Rechtsstreit kamen die Klägerin zu 1. und die Beklagte überein, dass diese die Bezeichnung in der Weise benutzen dürfe, wie auf dem Flaschenetikett in der in Ziff. I. 1. des Urteilsausspruchs wiedergegebenen Abbildung geschehen.
2. a) In Vorbereitung der vom 13. bis zum 17. 10. 2001 stattfindenden Messe anuga schaltete die Beklagte im Heft 9/2001 der Fachzeitschrift GETRÄNKEFACHGROßHANDEL die in Ziff. I. 1. des Urteilsausspruchs wiedergegebene Annonce, in der es unter anderem heißt:
Der blue-Mix:
- Großer Geschmack mit geringem Alkoholgehalt: bestes Frankenheim Altbier und Cola.
- Cooles Flaschendesign für starke Wiedererkennung
b) Am 05. 04. 2001 meldete die Beklagte die deutsche Wortbildmarke DE 30122327 gemäß folgender Abbildung
unter anderem für alkoholfreie Getränke, Biere - Klasse 32 -, alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) - Klasse 33 -, den Betrieb von Gaststätten und Restaurants - Klasse 42 - an.
Daneben meldete sie noch die weiteren Wortmarken "blueparade" und "blue-parade" an.
3. a) Die Klage der Klägerinnen mit den Anträgen
I. Die Beklagte wird verurteilt, es [bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel] zu unterlassen, in Deutschland ein Biermischgetränk unter Verwendung der Kennzeichen
a) blue-Mix und/oder
b) blue PARADE und/oder
c) blue-parade und/oder
d) blueparade
anzubieten oder in den Verkehr zu bringen oder diese Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu verwenden.
II. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziff. I. vorgenommen hat und zwar unter Nennung der betriebenen Werbung bei Angabe der Werbeträger, Erscheinungszeiten, Verbreitungsgebiete Auflagenhöhe und Werbungskosten.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen alle Schäden zu ersetzen hat, die diesen durch Handlungen gemäß Ziff. I. in der Vergangenheit seit dem 01. 10. 2003 entstanden sind und künftig entstehen werden.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der deutschen Marke 30122327 "blue PARADE", der deutschen Marke 30115159 "blue-parade" und der Marke 30122328 "blueparade" für die Waren "Biere, alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" und die Dienstleistung "Betrieb von Gaststätten und Restaurants" zu beantragen.
hat das Landgericht mit - durch Beschluss vom 04. 09. 2003 berichtigtem - Urteil vom 08. 05. 2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Zum Gebrauch von "blue-Mix" hat es ausgeführt, dieser sei nicht markenmäßig, sondern lediglich beschreibend erfolgt. Die Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft der Klagemarken sei nur sehr gering, wobei zu berücksichtigen sei, dass diese Marken nur aus den englischen bzw. italienischen Worten für Blau gebildet seien und alleine daraus oder aus dem sonstigen verkehrsmäßigen Gebrauch noch nicht erkennbar sei, für welchen Produktbereich oder sogar für welches konkrete Produkt dieser Begriff als Marke stehe. Die Warenähnlichkeit sei zwar grundsätzlich gegeben, doch sei die Verwechslungsgefahr zwischen den Produkten auf Grund der eindeutigen Zuordnung einerseits Sekt bzw. Prosecco und andererseits Altbier/Cola-Mischgetränk nur sehr gering. Die angegriffenen Marken besäßen als Mehrwortzeichen eine eigene und mit den Einwort-Marken der Klägerinnen nicht verwechselbare Kennzeichnungskraft, wobei der zweite Wortteil "parade" als aus der Verwechslung heraus führender Zusatz genüge, weil dieser den Gesamtbegriff durchaus in einer genügend kennzeichnungskräftigen Weise präge.
b) Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen Berufung eingelegt, mit der sie nur noch die Bezeichnung "blue-Mix" und die Beklagtenmarke 30122327 "bluePARADE" angreifen.
Die Verwendung der Worte "blue-Mix" in der Zeitschriftenannonce sehen sie als rechtswidrige Verletzung ihrer Marken an. Dabei sei "Mix" für ein Mischgetränk rein beschreibend. Kennzeichnend sei alleine "blue". Bei Warenidentität oder zumindest sehr hoher Warenähnlichkeit mit den Klagemarken sei angesichts klanglicher Identität und hoher Zeichenähnlichkeit im Übrigen Verwechslungsgefahr gegeben. Die Verwendung in der Werbung sei ein markenmäßiger Gebrauch. Sie weisen darauf hin, dass das Produkt der Beklagten in Medienberichten oft nicht mit "Frankenheim blue", sondern nur kurz mit "Blue" bezeichnet werde, und legen hierzu mehrere Zeitungsartikel vor (Anl. K 1, K 7 und K 11). Keinesfalls sei "blue" beschreibend, denn nur die Flasche sei blau, nicht aber das Getränk selbst.
Die angegriffene Marke der Beklagten werde vom Bestandteil "blue" geprägt, weil "parade" als rein beschreibendes Synonym für "Präsentation" schutzunfähig sei; damit bestehe Verwechslungsgefahr mit den Klagemarken.
Sie beantragen:
I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 08. 05. 2003, Az. 4HK O 2328/02, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, es [bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel] zu unterlassen, in Deutschland ein alkoholhaltiges Mischgetränk, bestehend aus Cola und Bier
a) mit der Bezeichnung
blue-Mix
zu bewerben, wie in der nachstehenden Anzeige
b) unter dem Zeichen anzubieten oder in den Verkehr zu bringen oder dieses Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu verwenden.
III. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß II. vorgenommen hat und zwar unter Nennung der betriebenen Werbung bei Angabe der Werbeträger, Erscheinungszeiten, Verbreitungsgebiete, Auflagenhöhe und Werbungskosten.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen alle Schäden zu ersetzen hat, die diesen durch Handlungen gemäß oben II. in der Vergangenheit seit dem 01. 10. 2003 entstanden sind und künftig entstehen werden.
V. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der deutschen Wort-/Bildmarke 30122327 "bluePARADE" für die Waren "Biere, alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" und die Dienstleistung "Betrieb von Gaststätten und Restaurants" zu beantragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, "blue-Mix" sei als Wortspielerei eine werblich beschreibende Wiedergabe des Begriffs "blue" und keine markenmäßig Benutzung. "blue-Mix" sei für ein Mischgetränk in einer blauen Flasche glatt beschreibend. Das Produkt selbst werde stets als "Frankenheim blue" bezeichnet. Bei "bluePARADE" handele es sich um einen Gesamtbegriff, der sich aus zwei beschreibenden Angaben zusammensetze, von denen keine für sich alleine geeignet sei, den Gesamteindruck des Zeichens zu prägen. Eine Verwechslungsgefahr mit den Klagemarken bestehe daher nicht.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll des Termins vom 27. 11. 2003 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist hinsichtlich der Bezeichnung "blue-Mix" überwiegend begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.
1. Die Beklagte verwendete "blue-Mix" in der Annonce in der Zeitschrift GETRÄNKEFACHGROßHANDEL markenmäßig und verletzte damit die Markenrechte der Klägerinnen.
a) Die Verwendung von "blue-Mix" in der Annonce erfolgte markenmäßig.
(1) Die Formulierung "blue-Mix" bezeichnet das von der Beklagten angebotene Produkt. Das ergibt sich aus dem ersten Gliederungspunkt des Texts zu dieser Überschrift unzweifelhaft; darin werden zunächst der Geschmack des Getränks beworben und sodann dessen Bestandteile aufgezählt.
(2) Die Bezeichnung der Ware der Beklagten mit "blue-Mix" erfolgte nicht beschreibend.
Mit dem Bestandteil "Mix" kommt die Eigenschaft des beworbenen Getränks, eine Mischung aus zwei Grundbestandteilen - Altbier und Cola - zu sein, zum Ausdruck. Er hat deshalb lediglich beschreibenden Charakter.
Dagegen beschreibt "blue" als - für die angesprochenen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres und eindeutig in seinem Sinn zu erfassendes - englisches Wort für "blau" nicht das Getränk selbst, sondern lediglich die Flasche, in der es angeboten wird. Eine Farbbezeichnung stellt zwar für solche Waren eine lediglich sachlich beschreibende Angabe dar, bei denen die Farbe wesensbestimmende oder zumindest wichtige Eigenschaften der Ware betrifft (vgl. BPatG, Beschl. v. 03. 06. 2003 - 24 W (pat) 130/02 - DARK BLUE - [in juris nachgewiesen], Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 8 Rz. 399 m. w. N.). Im vorliegenden Fall kommt der Farbe Blau eine solche Eigenschaft jedoch nicht zu. Für das Getränk selbst ist das schon deshalb offensichtlich, weil es nicht blau ist. Aber auch für die Flasche als Verpackung kann nicht die Rede davon sein, dass deren Farbe eine wesensbestimmende oder zumindest wichtige Eigenschaft wäre. Die Farbe einer Flasche kann frei gewählt werden, so dass ihr kein inhärenter Bezug zu deren Inhalt zukommt. Vielmehr spricht der in der Werbeannonce angesprochene Umstand, dass das Flaschendesign eine "starke Wiedererkennung" bezwecke, gegen die Annahme, es bestehe ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Gestaltung der Flasche und ihrem Inhalt, da ein solcher auch bei anderen Anbietern gegeben wäre und einer Wiedererkennung gerade der beworbenen Ware entgegen stünde.
Der Bestandteil "blue" der angegriffenen Bezeichnung "blue-Mix" ist deshalb nicht beschreibend und verleiht der Gesamtbezeichnung die Kennzeichnungskraft, die für einen markenmäßigen Gebrauch erforderlich ist.
(3) Die Bezeichnung "blue-Mix" hat auch Herkunftshinweisfunktion.
Unstreitig stellt die Bezeichnung "Frankenheim blue" insgesamt die Marke dar, unter der die Ware der Beklagten dem Verkehr entgegentritt. Das steht jedoch der Annahme einer markenmäßigen Benutzung des Bestandteils "blue" nicht entgegen. Zweitmarken sind weithin üblich; diese Übung ist dem Verkehr auch bekannt (vgl. BGH GRUR 1993, 972 [974] - Sana/Schosana m. w. N.). Es liegt also keineswegs fern, dass nicht unerhebliche Teile des Verkehrs "blue" als - neben "Frankenheim" zweiten - Hinweis auf die Ware eines bestimmten Herstellers in der Weise ansehen, dass "Frankenheim" die Herstellermarke und "blue" die Warenmarke sei; dies umso mehr, als eben eine solche Verwendung in den von den Klägerinnen vorgelegten Zeitschriftenartikeln zum Ausdruck kommt. Bereits diese nicht völlig fernliegende Möglichkeit eines entsprechenden Verkehrsverständnisses begründet die Gefahr der Beeinträchtigung der Markenrechte der Klägerinnen und genügt für die Annahme markenmäßigen Gebrauchs (vgl. EuGH GRUR 2003, 55 [58] - Arsenal Football Club Tz. 57, 60; BGH, a. a. O. - Sana/Schosana).
Die angegriffene Annonce zeichnet sich dadurch aus, dass mit den Überschriften "Der blue-Effekt", "Der blue-Mix" und "Die blue-Zone" das auf dem Flaschenetikett als Zweitmarke auftretende "blue" mit beschreibenden Zusätzen kombiniert wird, die in den zu den Überschriften gehörenden Texten jeweils näher erläutert werden. Danach soll der "blue-Effekt" ebenso mit der von der Beklagten stammenden Ware erzielt werden wie die "blue-Zone" mit dieser Ware eingerichtet werden soll. Bei dieser serienartigen Verwendung von "blue" ist die Annahme, dass "blue-Mix" in anderer als herkunftshinweisender Weise verwendet worden sei, ausgeschlossen. Die Einordnung dieser Verwendung als Wortspiel ist für die markenrechtliche Beurteilung unergiebig, weil auch Wortspiele mit fremden Marken einen markenmäßigen Gebrauch darstellen können (vgl. BGH GRUR 1995, 57 [60] - Markenverunglimpfung II [Nivea]).
b) Die sich gegenüberstehenden Klagemarken "Blûe", "Blue", "Blû" sowie "Blu" einerseits und "blue-Mix" andererseits sind verwechselbar.
(1) Die Klagemarken haben normale Kennzeichnungskraft. Auch als englisch- oder italienischsprachige Farbangabe sind sie nicht beschreibend (s. o. a] [2]). Eine durch Bekanntheit der Marke erzielte Erhöhung der Kennzeichnungskraft, wie sie die Klägerinnen - wenn auch nur für eine der von der Klägerin zu 2. gehaltene Marke - behaupten, kann aus dem Vortrag, der Prosecco Blû habe im Prosecco-Frizzante-Bereich einen Marktanteil von 13,5 % an Menge und etwa 19 % an Umsatz sowie - bezogen auf die Zahl der abgesetzten Flaschen - einen Anteil von 10,7 % des gesamten Schaumweinmarkts (ohne den Discounter Aldi) nicht hergeleitet werden.
(2) Unbeschadet der Frage, in welche der beiden in Betracht kommenden Warenklassen 32 oder 33 das mit "blue-Mix" bezeichnete Cola-/Altbier-Mischgetränk einzuordnen ist, besteht zwischen den Getränken, für die die noch der Benutzungsschonfrist unterliegenden Klagemarken eingetragen sind, und denjenigen, für die die Klagemarken tatsächlich verwendet werden einerseits und der Ware der Beklagten jedenfalls hohe Warenähnlichkeit.
(3) Zur Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr der beiden sich gegenüberstehenden Bezeichnungen ist auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen. Dieser Grundsatz schließt die Erkenntnis ein, dass einem einzelnen Bestandteil eines Zeichens eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann, und deshalb bei einer Übereinstimmung von Zeichen in dem prägenden Bestandteil die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 233 [234] - RAUSCH/ELFI RAUCH; GRUR 1996, 404 [405]- Blendax Pep; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl. 2003, § 14 Rz. 634; jeweils m. w. N.).
So liegt der Fall hier. Der Bestandteil "Mix" der angegriffenen Bezeichnung "blue-Mix" ist, wie dargelegt, rein beschreibend und verfügt über keine selbständige Kennzeichnungskraft; schon das weist darauf hin, dass der andere - seinerseits kennzeichnungskräftige - Bestandteil "blue" das Gesamtzeichen prägt (vgl. BGH GRUR 2002 167 [170] - Bit/Bud; GRUR 1999, 235 [237] - Wheels Magazine; GRUR 1998, 925 [927] - Bisotherm-Stein). Darüber hinaus variieren die Überschriften in der angegriffenen Annonce den Bestandteil "blue" in verschiedenen Kombinationen und unterstreichen damit dessen Bedeutung als invarianter und deshalb wesentlicher Teil. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann dem Zeichenbestandteil "blue" die das Gesamtzeichen "blue-Mix" prägende Wirkung nicht abgesprochen werden.
(4) Der somit für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu Grunde zu legende Bestandteil "blue" ist den Klagemarken "Blûe", "Blue", "Blû" sowie "Blu" sehr ähnlich. Es besteht sowohl hinsichtlich der Aussprache als auch hinsichtlich der Bedeutung als Farbangabe Identität; im Schriftbild sind sich die gegenüberstehenden Zeichen sehr ähnlich.
Diese hohe Zeichenähnlichkeit hat im Zusammenwirken mit der normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarken und der hohen Warenähnlichkeit zur Folge, dass die Verwechslungsgefahr besteht.
c) Den Klägerinnen stehen deshalb Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche gegen die Beklagte zu.
Der Anspruch jeder Klägerin auf Unterlassung ergibt sich aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG.
Die jeweiligen Schadensersatzansprüche folgen aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 MarkenG, da die Beklagte - nicht zuletzt wegen des vorangegangenen Rechtsstreit - die Verwechslungsgefahr zumindest hätte erkennen müssen und deshalb jedenfalls fahrlässig handelte. Da die verletzende Werbeannonce im in der Ausgabe 9/2001 für September 2001 geschaltet war, besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür dass ab dem in der Klage zu Grunde gelegten 01. 10. 2001 entsprechende Schäden eingetreten sind. Da der Umfang der zu ersetzenden Schäden noch nicht absehbar ist, können die Klägerinnen die Feststellung der Schadensersatzpflicht verlangen.
Zur Vorbereitung der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche stehen den Klägerinnen gemäß § 242 BGB Auskunftsansprüche zu. Diese umfassen jedoch nicht auch die von den Klägerinnen begehrte Auskunft über die von der Beklagten aufgewendeten Werbekosten. Bei Kennzeichenrechtsverletzungen ist für die Schadensberechnung die Auskunft allein über den Umfang der unter der verletzenden Kennzeichnung getätigten Umsätze sowie über Art und Umfang der getätigten Werbung erforderlich; anderweitiger Angaben, insbesondere zur internen Aufschlüsselung der Unkosten des Verletzers, bedarf es insoweit nicht (vgl. BGH GRUR 1991, 153 [155] - Pizza & Pasta m. w. N.; Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 14 Rz. 323; Schweyer in: v. Schultz [Hrsg.], Markenrecht, 2002, § 14 Rz. 253). Insoweit kann die Berufung gegen die Klageabweisung durch das Landgericht keinen Erfolg haben.
2. Das Landgericht hat die Klage gegen die - in der Berufung alleine noch angegriffene - deutsche Wort-/Bildmarke 30122327 "bluePARADE" zu Recht zurückgewiesen.
a) Wie bereits dargelegt (s. o. 1. b] [3]), ist für die Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen auf den Gesamteindruck der jeweiligen Zeichen abzustellen. Nur wenn einem einzelnen Bestandteil eines Zeichens eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann, ist die Verwechslungsgefahr bei einer Übereinstimmung von Zeichen in dem prägenden Bestandteil zu bejahen.
Die Wortbestandteile "blue" und "PARADE" der angegriffenen Marke - auf die es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in erster Linie ankommt, weil bei derartigen kombinierten Marken in der Regel die Wortbestandteile für den Verkehr die einfachste Möglichkeit der Benennung der Marke bieten (vgl. BGH, a. a. O. - Bit/Bud, S. 167 m. w. N.) - sind beide nicht glatt beschreibend. Für "blue" ergibt sich das daraus, dass damit keine wesentliche oder bestimmende Eigenschaft der entsprechenden Waren erfasst wird (s. o. 1. a] [2]). "PARADE" ist jedenfalls für die Waren, die hier im Streit stehen, nicht glatt beschreibend, weil einer einzelnen Ware das Merkmal der Präsentation, der Zusammenstellung oder des Vorführens, das als beschreibender Inhalt des Begriffs "Parade" angenommen werden kann, nicht zukommt. Auch hinsichtlich der Dienstleistung "Bewirtung von Gästen" ist ein rein beschreibender Charakter des Begriffs nicht ersichtlich. Ein eindeutiger Vorrang der Kennzeichnungskraft eines der Bestandteile, der dazu führen würde, dass dieser den Gesamteindruck der Marke prägen würde, kann nicht deshalb festgestellt werden.
Aber auch die bildliche Gestaltung vermag nicht den Vorrang eines der beiden Bestandteile zu begründen. Zwar ist "blue" in miteinander verbundenen, vergleichsweise fetten Buchstaben geschrieben und fällt deshalb ins Auge; andererseits wird der Bestandteil "PARADE" durch die ihn umgebende Schiffsumrisslinie und die gestalterische Einfügung von Buchstabenteilen in die Bullaugenlinie durch deren rechteckige Ausformung in blickfangmäßiger Weise hervorgehoben. Letztlich schöpft die Marke den Kontrast der unterschiedlichen Darstellungsweisen ihrer Bestandteile aus und wird von deren Zusammenwirken, nicht aber von einem ihrer Bestandteile geprägt.
b) Die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr mithin einander gegenüberzustellenden Zeichen "Blûe", "Blue", "Blû" sowie "Blu" einerseits und "bluePARADE" andererseits sind nicht ähnlich und damit nicht verwechslungsfähig. Die Klagezeichen beginnen jeweils mit einer Majuskel und sind einsilbig. Das angegriffene Zeichen dagegen beginnt mit einer Minuskel und ist viersilbig, wobei die letzten drei Silben den in den Klagezeichen nicht enthaltenen Vokal "a" enthalten. Vor allem die unterschiedliche Silbenzahl und die Unterschiede in der Vokalgestaltung unterscheiden die sich gegenüberstehenden Zeichen so sehr, dass sie nicht verwechselt werden können.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH, NJW 2003, 65 ff.).
Ende der Entscheidung
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