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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.03.2001
Aktenzeichen: 29 U 3755/00
Rechtsgebiete: MarkenG, WZG, UWG


Vorschriften:

MarkenG § 127 Abs. 3
MarkenG § 127
WZG § 4 Abs. 1 Nr. 1 u. 4
WZG § 26
UWG § 3
UWG § 4
Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kuba vom 22.3.1954 über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte und über den Schutz von Herkunftsbezeichnungen (BGBl. II 1954, 1112; 1955,4)

1. Für die Auslegung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kuba vom 22.3.1954 über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte und über den Schutz von Herkunftsbezeichnungen (siehe BGH GRUR 1957, 430-Havana) sind die in der Folgezeit mit anderen Staaten abgeschlossenen zweiseitigen Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben ohne Bedeutung.

2. Für den erweiterten Schutz gemäß § 127 Abs. 3 MarkenG ist es nicht ausreichend, daß eine Stadt dem Verkehr allgemein bekannt ist, auch wenn der Verkehr damit bestimmte Assoziationen bzw. Vorstellungen bezüglich einer bestimmten Lebensweise verbindet. § 127 Abs. 3 MarkenG verlangt einen "besonderen Ruf", der sich auf die Vorstellungen des Verkehrs in Bezug auf die von dort stammenden Produkte gründet (wie Ingerl/Rohnke, Markenrecht, § 127 Rdn. 10).


Geschäftsnummer: 29 U 3755/00 7 O 17983/99 Landgericht München I

Verkündet am 22.3.2001

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Jackson und Retzer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.2.1001

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 6.4.2000 - 7 O 17983/99 - unter 1. dahingehend berichtigt, daß es in der ersten Zeile statt "es" richtig "eines" heißt und unter I. bis IV. dahingehend abgeändert, daß unter I. "oder zu den genannten Zwecken zu besitzen" sowie unter III. "Abgabepreise und die getätigten Umsätze" entfällt. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 1/6 und die Beklagte 5/6.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch die Sicherheitsleistung in Höhe von DM 200.000,- abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt DM 60.000,- nicht. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt DM 60.000,-.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein in La Habana (Havanna), Kuba, ansässiges Unternehmen, dem der weltweite Vertrieb der berühmten kubanischen Zigarren, der "Havannas", im spanischen Sprachraum auch "Habanos" genannt, obliegt. Die "Havannas" werden entsprechend einer jahrhundertelanger Tradition noch größtenteils in Handarbeit hergestellt und unter zahlreichen seit langem benutzten Marken vertrieben.

Die Klägerin vertreibt die Zigarren auch in der Bundesrepublik Deutschland. Für deren Bekanntheit und Wertschätzung bezieht sich die Klägerin auf die von ihr vorgelegten Unterlagen, überwiegend Presseberichte (Anlagen K 1, K 4-K 6, PA 0-PD 15).

Die Beklagte ist das deutsche Tochterunternehmen eines in Italien ansässigen Motorrad-Herstellers. Die Beklagte bietet neben weiteren Modellen auch Motorradroller der 50 cm3-Klasse an, deren Design und Styling an die 50-iger Jahre erinnert und bringt diese in Verkehr. Derartige Motorrad-Roller werden seit 1999 mit den Kennzeichnungen "Habana" und "Habana Customs" versehen und beworben (Katalog gemäß der Anlage K 7).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte mache sich nicht nur den Ruf der geografischen Herkunftsangabe "HAVANA/HABANA" in unlauterer Weise zu eigen, sie verwässere darüber hinaus auch die Unterscheidungskraft dieser geografischen Herkunftsangabe und versuche durch die Bekanntheit und den guten Ruf dieser Herkunftsangabe in unlauterer Weise auf ihre Produkte aufmerksam zu machen. Die Bekanntheit von Kuba sei nicht nur darauf beschränkt, dass Kuba das Herkunftsland der "Havannas" sei, vielmehr habe sich Kuba zu einem beliebten Reiseziel entwickelt. Der Verkehr verbinde damit das exotische und barocke Flair einer tropischen Insel, der Stadt Havanna als Erbin der spanisch-karibischen Kolonialarchitektur und nicht zuletzt die Benutzung von amerikanischen Autos der 50-iger Jahre mit dem für diese typischen Design. Auch wenn die Klägerin diese Anmutungen nicht als solche in Anspruch nehmen könne, so seien sie doch geeignet, einen Imagetransfer gerade durch die Roller der Beklagten und damit auch eine Irreführung zu bewirken. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen das deutsch-kubanische Abkommen über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte und über den Schutz von Herkunftsbezeichnungen (vom 22.3.1954, in Kraft seit dem 20.1.1955, BGBl. II S. 1113 <= Anlage K 8>, BGBl Il 1955, 4, im nachfolgenden deutsch-kubanisches Abkommen genannt), sondern auch gegen § 127 Abs. 3 MarkenG.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin sei bisher gegen alle ungerechtfertigten Benutzungen erfolgreich vorgegangen (Anlagenkonvolut U1 - U 26).

Die Kläger hat beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von näher bezeichneten Ordnungsmittel zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr

Habana

und/oder

Habana Custom

auf Motorradrollern und/oder ihrer Aufmachung und/oder Verpackung anzubringen, so gekennzeichnete Motorradroller anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, so gekennzeichnete Motorradroller einzuführen und/oder auszuführen sowie die Kennzeichnungen in Geschäftspapieren und/oder in der Werbung zu benutzen.

II. Es wird festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin alle Schäden zu ersetzen hat, die dieser durch Handlungen gemäß Ziff. 1. seit dem 1.1.1999 entstanden sind und entstehen werden.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zuerteilen über die seitdem 1.1.1999 begangenen Handlungen gemäß Ziff. I. durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich Abgabemengen, Abgabepreise und die getätigten Umsätze aufgeschlüsselt nach Quartalen sowie der Umfang der getätigten Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern sowie Bundesländern, ergeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das auch bei ihren Rollern vorhandene Retro-Design, also die Verwendung von früheren Stilelementen (Chromapplikationen etc.) ziele nicht auf Kuba, das dortige Lebensgefühl und schon gar nicht auf die streitige Kennzeichnung ab. Gerade im Motorroller-Bereich herrsche ohnehin Italien als Ursprungsland der Produkte der Beklagten vor. Sie besitze in Deutschland einen erheblichen Ruf vor allem aufgrund der großen Erfolge ihrer verschiedenen Modelle im Straßenrennsport. Deshalb verbinde der deutsche Kunde mit den Produkten der Beklagten italienische Motorenbaukunst sowie italienisches Design. Kein Mensch komme auf die Idee, aufgrund der Bezeichnung der Roller mit den streitigen Kennzeichnungen einen Imagetransfer vorzunehmen (Beweis: Sachverständigengutachten). Die Beklagte bestreitet nicht den überragenden Ruf der kubanischen Zigarren, jedoch die Behauptung der Klägerin, daß die angesprochenen Verkehrskreise das beschriebene Lebensgefühl bzw. - vor allem - den guten Ruf der kubanischen Zigarren aufgrund der Nutzung der entsprechenden Kennzeichnungen auf die Motorroller der Beklagten übertragen würden. Sie hat zugestanden, daß sie die in Rede stehenden Kennzeichnungen nicht zuletzt aufgrund der in Deutschland zu beobachtenden "Kuba-Renaissance" gewählt habe. Es handele sich, wie den Prospekten zu entnehmen sei, um Assoziationen an ein leichtes, vor allem südländisches Lebensgefühl, das so auch für Italien gelte.

Zu dem deutsch-kubanischen Abkommen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, daß sich die Klägerin nicht allein auf den Wortlaut berufen könne. Das Abkommen sei nach seinem Sinn, nämlich dem gewollten Schutz für Rauchwaren, genauer Zigarren, auszulegen, wie in der Rechtsprechung zu anderen Herkunftsabkommen mehrfach ausgeführt worden sei. Es komme daher darauf an, ob die Verwendung der in dem Abkommen geschützten Kennzeichnungen geeignet sei, den geschäftlichen Werbewert der Bezeichnungen zu beeinträchtigen. Dies werde auch durch die Denkschrift zu dem Abkommen belegt. Eine solche Beeinträchtigung des Werbewerts der Kennzeichnungen "Havanna" oder "Habana" finde keineswegs statt. Motorroller und Zigarren seien so weit von einander entfernt, daß von einer solchen Beeinträchtigung des Werbewertes, aber auch einer Übertragung des Images für Zigarren auf Roller keine Rede sein könne. In der Werbung werde auf die Zigarren keinerlei Bezug genommen.

Auch ein Schutz aus § 127 MarkenG komme nicht in Betracht, weil die Gefahr einer Irreführung über die geografische Herkunft nicht bestehe. Auch eine Beeinträchtigung des Werbewertes, eine Rufausnutzung oder eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft finde aus den genannten Gründen nicht statt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 6.4.2000 die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt: Die beanstandete Bezeichnung dürfe nach dem deutsch-kubanischen Abkommen nicht verwendet werden und die angegriffene Benutzung sei daher nach den Gründen der Entscheidung BGH GRUR 1957, 430 - Havana zu unterlassen. Die Verwendung der Bezeichnung Habana stelle - auch mit dem Bestandteil Custom - eine Benutzung des allein kennzeichnenden Bestandteils Habana der spanischen Bezeichnung für die Hauptstadt von Kuba. La Habana, dar. Diese Kennzeichnung sei für Tabakwaren, insbesondere für Zigarren, berühmt. Dies ergebe sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Material und sei für Zigarren gerichtsbekannt. Eine Verwechslungsgefahr sei nach der Entscheidung "Havana" nicht erforderlich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung zu anderen Herkunftsabkommen. Das deutsch-kubanische Herkunftsabkommen gewähre jedenfalls keinen geringeren Schutz als das deutsch-französiche Herkunftsabkommen. Es beziehe sich auch nicht lediglich auf Tabakwaren, vielmehr ergebe sich aus dessen Art. 13 b ein genereller Schutz der jeweiligen Ortsangaben. Es sei ein genereller Schutz der Ortsbezeichnungen für alle Waren beabsichtigt gewesen. Die angegriffene Verwendung verstoße auch gegen den Zweck des Abkommens, die Bezeichnungen vor Verwässerung zu schützen. Unabhängig von der Bekanntheit der Marke der Beklagten sei sie nämlich durch die Anspielung auf die berühmten Zigarren geeignet, insoweit jedenfalls von deren Ruf, zu profitieren. Ob diese Rufausbeutung auf den Ruf der Zigarren oder auf die von der Klägerin angeführte gerichtsbekannte Renaissance Kubas, insbesondere auch Havannas, gerichtet sei, könne dahinstehen. Die Bezeichnung könne jedenfalls keinen anderen Sinn haben, als auf die Hauptstadt Kubas anzuspielen. Eine solche Anspielung werde auch durch die zu unterstellende Bekanntheit der Marke der Beklagten nicht abgeschwächt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie beanstandet, daß das Landgericht ihren detaillierten Sachvortrag zu der fehlenden Übernahme eines "guten Rufs" bzw. einer Anspielung auf die Zigarren, für die die Klägerin Schutz beanspruche, übergangen habe. Im Hinblick auf ihre Marktbedeutung aufgrund der Rennsporterfolge, aber auch durch den Erfolg ihrer Produkte auf dem deutschen Markt komme bei vernünftiger Betrachtung eine solche Rufübertragung oder Anspielung nicht in Betracht. Das Landgericht bleibe auch jede Erläuterung schuldig, warum die Wahl der Kennzeichnungen keinen anderen Sinn haben könne, als auf die Hauptstadt Kubas anzuspielen. Die Beklagte wiederholt hierzu ihren Vortrag aus der ersten Instanz. Sie führt ergänzend aus, es gehe nicht an, daß die Klägerin von der momentan herrschenden "Kuba-Renaissance" profitieren wolle. Wenn ein solches Lebensgefühl erfolgreich vermarktet werde, könne das nicht dazu führen, daß jegliche Assoziationen und Reflexe im Sinne der ergangenen Rechtsprechung schon dazu führten, daß in vorliegendem Fall Lizenzgebühren zu zahlen seien. Die Beklagte habe sich vor der jetzt viel beschworenen Renaissance des kubanischen Lebensgefühls, im Sinne eines Appells an das südländische Lebensgefühl entschlossen, ihre Produkte entsprechend zu kennzeichnen. Mit der Stadt Havanna oder dem Land Kuba habe das nicht das Geringste zu tun. Daß auch Motorroller- und Motorradfahrer aufgrund einer durch nichts belegten "Kuba-Renaissance" auf die Idee kommen könnten, es handele sich um kubanische Roller, sei nicht zu begründen. Von den angesprochenen Verkehrskreisen werde in keiner Weise eine Rufübertragung vorgenommen oder in der Wahl der streitgegenständlichen Kennzeichnung eine "Anspielung" gesehen. Sie bezieht sich hierfür beispielhaft auf eine Vorstellung eines Motorrollers mit der Kennzeichnung "Habana" in der Zeitschrift "Auto-Bild" vom 28.4.2000 (Anlage BB 2), in dem mit keinem Wort die Rede davon sei, daß sich hierbei ein Bezug zu Kuba ergebe. Sie verweist weiter darauf, daß den angesprochenen Verkehrskreisen die Bezeichnung von Kraftfahrzeugen mit Orts oder Ländernamen vertraut sei (Bl. 168 f, Anlage BB 4).

Die Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht habe bei der Auslegung des deutsch-kubanischen Abkommens dessen Entstehungsgeschichte nicht berücksichtigt. Hieraus ergebe sich, daß selbstverständlich, wie bei anderen Abkommen dieser Art auch, der Schutz von Rauchwaren prägende Zielsetzung des Abkommens gewesen sei. Das Landgericht habe sich auch nicht mit der nachfolgenden Rechtsprechung zu ähnlichen Abkommen auseinandergesetzt, wonach der zum Teil zugegebenermaßen eindeutige Wortlaut im Wege der Auslegung anzupasen sei. Auch hierzu wiederholt die Beklagte ihr Vorbringen im ersten Rechtszug und bemängelt weiter, das Landgericht sei nicht auf die Denkschritt zu dem deutsch-kubanischen Abkommen eingegangen.

Die Beklagte beantragt:

1. Unter Abänderung des am 6.4.2000 verkündeten Urteils des Landgerichts München 1 zu - 7 O 17983/99 - wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin und Berufungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Hilfsweise Vollstreckungsschutz

1. Der Beklagten und Berufungsklägerin, sollte sie Sicherheit zu leisten haben, nachzulassen, diese durch Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, daß es sich bei "Havanna" um eine berühmte Kennzeichnung mit ausgeprägten Gütevorstellungen handele. Die von der Beklagten unter den Kennzeichnungen angebotenen Roller nutzten den hervorragenden Ruf der berühmten geografischen Herkunftsangaben aus. Daß im gesamten Kraftfahrzeugsektor eine "Rückbesinnung" auf Formen der 30-iger bis 50-iger Jahre zu beobachten sei, was bestritten werde, sei unerheblich. Eine solche Rückbesinnung lasse die mit der Bezeichnung "Habana" verbundenen konkreten und bereits ausführlich dargelegten Assoziationen mit der geografischen Herkunftsangabe unberührt. Sie bezieht sich auf den von der Beklagten vorgelegten Artikel vom 28.4.2000, aus dem sich aus Sicht der Klägerin die Ausnutzung des überragenden Rufs von Seiten der Beklagten ergebe. Das Foto zeige einen Roller-Fahrer, der eine Zigarre im Mund habe (Anlage KB 1). Dieser Artikel zeige, daß es der Beklagten darauf ankomme, das positive Image und die Bekanntheit der berühmten Bezeichnung für sich auszunutzen und/oder die Verbindung zu den "Havannas" von den beteiligten Verkehrskreisen - ohne weiteres Zutun der Beklagten - erkannt werde. Die Veröffentlichung sei unter bewußter Anlehnung an den bekannten "Cuba libre" mit "Scooter libre" überschrieben. Weiter finde sich die gedankliche Verbindung in der Einleitung des Artikels: "Habana - das klingt nach Sonne, Rum und Salsa-Musik". Um nun die Assoziationskette zwischen den mit "Habana" gekennzeichneten Rollern und der berühmten geografischen Herkunftsangabe eindeutig zu schließen, werde der Fahrer des Rollers mit einer Zigarre im Mund abgebildet. Das Image, das sich aus den berühmten geografischen Herkunftsangabe ergebe, werde im Ergebnis ohne weiteres auch auf Roller übertragen. Die Wahl des Motivs sei sicherlich kein Zufall. Auch die Ausgabe der Zeitschrift "Auto-Bild" vom 12.12001 (Anlage KB 2) bekräftige dies. Der Roller der Beklagten erwecke durch den "Widerspruch" - Roller-Fahrer mit Zigarre im Mund - eine erhöhte Aufmerksamkeit beim Publikum. Die berühmte geografische Herkunftsbezeichnung werde durch die Kennzeichnung der Beklagten auch verwässert.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, daß die von der Beklagten behauptete Verkehrsbekanntheit der Bezeichnung "XXX" ohne Bedeutung sei.

Darüberhinaus vertieft die Klägerin ihr Vorbringen zur Auslegung des deutsch-kubanischen Abkommens und wiederholt ihren Vortrag zum Schutz gemäß § 127 Abs. 3 MarkenG.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 15.2.2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen auf den Rollern, deren Aufmachung und Verpackung sowie die Verwendung in der Werbung und auf Geschäftspapieren verstößt ebenso wie die Einfuhr und die Ausfuhr entsprechend gekennzeichneter Roller gegen Art. 13 Abs. b des deutsch-kubanischen Abkommens. Soweit sich die Klage auch gegen den Besitz derartig gekennzeichneter Roller wendet und Auskunft auch hinsichtlich der Abgabepreise und der getätigten Umsätze verlangt wird, ist die Berufung begründet und führt zur teilweisen Abweisung der Klage.

A. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin die zeltend gemachten Ansprüche auf das deutsch-kubanische Abkommen stützen kann.

I. Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche aktivlegitimiert. Dies folgt unmittelbar aus Art. 10 Satz 1 lit. b des deutsch-kubanischen Abkommens. Nach dieser Regelung können die Vergünstigungen des Abkommens u.a. von juristischen Personen, die nach kubanischen Recht bestehen, wahrgenommen werden. Bei dem Abkommen handelt es sich um ein Schutzgesetz zugunsten der Klägerin, die ihren Sitz in Havanna/Kuba hat und die unbestritten in der Bundesrepublik Deutschland "Havanna"-Zigarren vertreibt (vgl. Fezer, Markenrecht, 2. Auf., Seite 1914, Herkunftsabkommen Rdn. 4; Krieger, GRUR Int. 1960, 400, 410; Baumbach/Hefermehl, WZG, 11. Aufl., S. 1062 f, Herkunftsabkommen Rdn. 3; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Auf., § 3 Rdn. 260).

II. Die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen für die von der Beklagten vertriebenen Motorroller verstößt gegen Art. 13 Abs. b des deutsch-kubanischen Abkommens.

1. Die Beklagte zieht nicht in Zweifel, daß die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen für die von ihr vertriebenen Motorroller im Widerspruch zu Art. 13 Abs. b des deutsch-kubanischen Herkunfsabkommens in der Auslegung durch den Bundesgerichtshof im Urteil vom 15.3.1957 (GRUR 1957, 430, 432-Havana) steht. Zu den Regelungen des Art. 13 Abs. b und Abs. d wurde ausgeführt:

"Nach dieser zwischenstaatlichen und als innerdeutsches Gesetz verbindlichen Regelung sind also grundsätzlich Ortsbezeichnungen, wie Havana usw., für Waren verboten, die nicht in dem angegebenen Ort hergestellt werden, es sei denn, daß, abgesehen von der für Tabakwaren getroffenen Sonderregelung, die Ortsangabe nach Handelsbrauch als Gattungsbezeichnung angesehen werden kann. Die Frage der Zulässigkeit von Ortsangaben im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 4 WZG ist daher nicht mehr darauf abgestellt, wie eine Ortsangabe vom Verkehr verstanden wird. Gegen diese Auffassung spricht auch nicht die Denkschrift zu diesem Abkommen ... Danach war das Hauptanliege der kubanischen Regierung bei diesem Abkommen zwar die Regelung der Bezeichnungen für Tabakerzeugnisse. Art. 13 Abs. 2 b Satz l-3 sollte aber, wie die Begründung ergibt, nicht nur eine Klarstellung sein. Es kann sich dabei also nur um die Aufstellung eines allgemeinen Grundsatzes über die Zulässigkeit von Ortsangaben handeln."

a. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, daß diese Auslegung des Schutzgegenstandes in Art. 13 mit den maßgeblichen Regeln über die Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen nicht in Einklang zu bringen wäre. Für die Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie der aus dem Gesamtinhalt, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte zu ermittelnde übereinstimmende Wille der vertragsschließenden Staaten maßgeblich (BGHZ 52, 216, 219 ff= GRUR 1969, 611 - Champanger-Weizenbier; BGHZ 143, 290, 297 m.w N. = GRUR 2000. 1035 = WRP 2000, 1157 - NJW 2000, 1035 -PLAYBOY; jeweils m.w.N.).

Der Zweck und die Entstehungsgeschichte des deutsch-kubanischen Abkommens sprechen in Übereinstimmung mit dem Wortlaut seines Art. 13, der insoweit keine Einschränkung enthält, dafür, wie vom BGH (a.a.O. -Havana) angenommen, daß der Schutz in Bezug auf alle Waren bestehen sollte. Das deutsch-kubanische Herkunftsabkommen gehörte zu den ersten zweiseitigen Nachkriegsabkommen, die von der Bundesrepublik abgeschlossen wurden (vgl. v. Gamm, Festschrift Brandner, S. 375, 381, Fußn. 32 und 33). In diesen Abkommen ging es der Bundesrepublik in erster Linie um eine Bereinigung und Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte, Urheber- und Verlagsrechte deutscher Inhaber im Ausland, die beschlagnahmt oder infolge der Kriegsverhältnisse nicht aufrechterhalten worden waren. Im "Gegenzug" wurde den jeweiligen Vertragspartnern Schutz ihrer einheimischen Produktion gegen eine unrichtige Verwendung geografischer Herkunftsangaben gewährt (v. Gamm a.a.O. S. 381). Für das hier gegenständliche Abkommen mit Kuba ergibt sich diese Zielrichtung bereits aus der Bezeichnung "über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte und über den Schutz von Herkunftsbezeichnungen" sowie aus dem Inhalt, wie dies auch in der Denkschrift zu dem Abkommen (abgedruckt auch in PMZ 1955, 17 ff) zweifelsfrei zum Ausdruck kommt. Zu Art. 13 wird zwar in der Denkschrift bemerkt:

"Art. 13 geht auf ein Verlangen der kubanischen Regierung zurück, Bezeichnungen für Tabakerzeugnisse, die auf eine Herkunft aus Kuba hindeuten könnten, für die kubanischen Tabakerzeugnisse vorzubehalten.

Abs. (a) entspricht dem in der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums, der die Bundesrepublik und Kuba angehören, ausgesprochenen Grundsatz der Inländerbehandlung auf dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbs und hat daher nur deklaratorische Bedeutung.

Abs. (b) Satz 1 bis 3 entspricht inhaltlich im wesentlichen den Bestimmungen in §§ 3 und 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und § 26 des Warenzeichengesetzes.

Durch Satz 3 wird im übrigen klargestellt, daß Ortsangaben dann nicht als Gattungsbezeichnung angesehen werden können, wenn der Ort der Herstellung für die Bewertung oder die Besschaffung des Erzeugnisses maßgebend ist.

Abs. (b) Satz 4 bringt gegenüber den bisherigen in der Bundesrepublik geltenden Bestimmungen keine Änderung. ..."

Daraus kann aber nicht hergeleitet werden, daß unter Art. 13 Abs. b lediglich die in Deutschland geltende Rechtslage (§§ 3, 4 UWG, §§4, 26 WZG) deklaratorisch festgehalten werden sollte, denn hierfür enthält der in erster Linie maßgebliche Vertragswortlaut, der keine Einschränkung auf bestimmte Waren enthält, nicht auf das inländische Verkehrsverständnis hinsichtlich der Ortsangabe abstellt und auch keine wettbewerbliche Beeinträchtigung (siehe hierzu nachfolgend) verlangt, keine hinreichenden Anhaltspunkte. Eine solche restriktive Auslegung wäre nur dann statthaft, wenn festgestellt werden könnte, daß der wirkliche Wille der Vertragsschließenden sich nicht mit dem weitergehenden Wortlaut deckt (BGHZ 52, 216, 223 unter 21 = GRUR 1969, 611 -Champagner-Weizenbier), wovon aber vorliegend nicht ausgegangen werden kann.

b. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen von N in MA 1955, 67 ff, wenn darin betont wird, daß Kuba auf dem Schutz seiner Herkunftsbezeichnungen bestanden und Wert darauf gelegt habe, daß kubanische Ortsbezeichnungen nur für die in Kuba hergestellten Tabakerzeugnisse verwendet werden und daß diese Bezeichnungen in ausländischen Staaten einen starken Schutz erhalten (a.a.O. S. 71). Eine einschränkende Auslegung des Abkommens im Sinne des Verständnisses der Beklagten kann jedoch auch hierauf nicht gestützt werden, denn das Artliegen, Herkunftsbezeichnungen einen weitergehenden Schutz beizumessen wird auch von N betont (a.a.O. S. 73). Auch er stellt darauf ab, daß "Art. 13 Abs. b allgemein als Richtlinie für die weiteren Bestimmungen dieses Artikels" anzusehen ist und die besondere Regelung in Art. 13 Abs. d über die Regelung in Abs. b Satz 3 hinaus auf Verlangen von Kuba aufgenommen wurde, um den Herkunftscharakter der genannten Bezeichnungen für Tabakerzeugnisse besonders zu unterstreichen.

c. Eine andere Auslegung des deutsch-kubanischen Abkommens ist auch nicht unter EG-rechtlichen Vorgaben veranlaßt (hier etwa unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels: Vertrieb der in Italien hergestellten Motorroller), da Rechte und Pflichten aus internationalen Übereinkommen zwischen Mitgliedsstaaten und Drittstaaten, die vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrages (1.1.1958, BGBl II S. 1) abgeschlossen wurden, nicht berührt werden (Art. 307 Abs. 1 EGV; vgl. v. Gamm a.a.O. S. 383).

d. Aus den vorstehenden Ausführungen unter a. folgt auch, daß die Systematik und die einschränkende Auslegung der späteren völkerrechtlichen Vereinbarungen betreffend den gegenseitigen Schutz von geografischen Herkunftsangaben mit Frankreich, Italien, Griechenland, Schweiz und Spanien dem deutsch-kubanischen Abkommen keinen abweichenden Inhalt geben können. Für diese späteren Abkommen diente das deutsch-französiche Abkommen vom 8.3.1960 (BGBl II 1961 S. 22) sozusagen als Vorbild (vgl. Krieger, GRURInt. 1964, 499). In der Entscheidung "Champagner-Weizenbier" (a.a.O.) sowie in nachfolgenden Entscheidungen (BGH GRUR 1969, 615 - Champi-Krone; GRUR 1988, 453 = NJW 1988, 644 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; OLG Köln NJWE-WettbR 2000, 42 = GRURInt. 2000, 796 <nicht rechtskräftig>; LG Hamburg GRURInt. 1996, 155, 157) wurde der Schutz zwar nicht auf die in der Anlage B zu dem Abkommen aufgeführten Waren bzw. Warengebiete beschränkt, ein Schutz auf allen denkbaren Warengebieten wurde dagegen verneint. Danach erstreckt sich der Schutz nach dem Abkommen nicht auf Fälle, in denen die französische Bezeichnung durch ihre Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland ersichtlich in keiner Weise in ihrem geschäftlichen Werbewert beeinträchtigt werden kann. Dies wurde vor allem aus dem in der Präambel und in Art. 1 des Abkommens zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck des Abkommens - Verstärkung des Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb - hergeleitet (vgl. auch BGH GRUR 1970, 311, 312 Samos, zum deutsch-griechischen Herkunftsabkommen sowie BGH GRUR 1983, 768, 769 - Capri-Sonne, zum deutsch-italienischen Herkunftsabkommen; BGH GRUR 1995, 95, 96-Produktionsstätte, zum deutsch-schweizerischen Abkommen). Eine inhaltliche Änderung des deutsch-kubanischen Abkommens ist durch diese später mit anderem Inhalt abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge nicht eingetreten. Hierzu bedürfte es einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kuba.

2. Da das deutsch-kubanische Abkommen mit dem Inhalt anzuwenden ist, den es nach der völkerrechtlicher Vertragsauslegung (oben unter La) hat (v.Mangoldt/Klein/Starck/Kempen, GG, 4. Aufl., Art. 59 Abs. 2 Rdn. 94 m.w.N.), ist nicht entscheidend, daß der angesprochene Verkehr bei Verwendung der Bezeichnung, "Habana" und "Habana Custom" für Motorroller nicht davon ausgehen wird, daß diese in Kuba hergestellt (und nach Deutschland importiert) werden.

a. Das Anbieten und Vertreiben, der so gekennzeichneten Motorroller ist gemäß Art. 13 Abs. b unabhängig hiervon untersagt und die Klägerin kann von der Beklagten insoweit Unterlassung verlangen.

b. Auf der Grundlage des deutsch-kubanischen Abkommens kann jedoch kein Verbot des Besitzes hergeleitet werden. Eine ausdrückliche Regelung, welche Formen der Benutzung einer Herkunftsbezeichnung von dem Verbot des Art. 13 lit. b erfaßt sein sollten, läßt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Nach den damals geltenden Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland waren geografische Herkunftsangaben, wie vorstehend bereits angesprochen, durch die Bestimmungen des UWG (§§ 3, 4; bzw. des WZG (§ 26) geschützt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 3 UWG Rdn. 185 ff). Sowohl nach dem UWG als auch nach dem WZG wurde der bloße Besitz einer rechtswidrig gekennzeichneten Ware nicht als Verletzungshandlung angesehen. Erst durch die Regelung in § 14 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 3 MarkenG wurde der Besitz als Verletzungshandlung eingestuft (Amtl. Begrdg. PMZ-Sonderheft 1994, S. 69 li. Sp. letzter Abs.; Ingerl/Rohnke, Markenrecht, § 14 Rdn. 117; Althammer/Klaka, MarkenG, 6. Aufl., § 14 Rdn. 82). Auch aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des Abkommens gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß die vertragsschließenden Staaten bereits den bloßen Besitz von Waren mit unzulässigen Herkunftsbezeichnungen als verboten ansehen wollten.

c. Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist zulässig, da die Klägerin ohne Kenntnis des Umfangs der Verletzungshandlungen ihren Schadensersatzsanspruch nicht beziffern kann (§ 256 Abs. 1 ZPO). Der Beklagten, d.h. dem für diese handelnden gesetzlichen Vertreter (§ 31 BGB) fällt Verschulden in Form der Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB) zur Last, sodaß sie verpflichtet ist, den der Klägerin entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 13 lit. b des Abkommens bzw. § 1 UWG).

d. Nach allgemeinen Grundsätzen (§ 242 BGB) kann die Klägerin Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen verlangen, nicht jedoch hinsichtlich der Verkaufspreise und der von der Beklagten getätigten Umsätze (BGH GRUR 1965, 314-Umsatzauskunft; Köhler/Piper, Vor § 13 Rdn. 128 m.w.N.; auch zur Berechnung eines Schadensersatzes gemäß § 128 Abs. 2 MarkenG müßte die Klägerin ihren Schadenmangels Bestehens eines absolut geschützten Rechts <BGH WRP 1999, 998, 999 - Warsteiner 1) konkret berechnen und könnte weder den Verletzergewinn herausverlangen noch eine Berechnung im Wege der Lizenzanalogie vornehmen <Sosnitza, MarkenR 2000, 77, 86; Ingerl/Rohnke, § 128 Rdn. l2>).

B. Ansprüche gemäß §§ 128 Abs. 1, Abs. 2, § 127 Abs. 3, Abs. 4 MarkenG

Weitergehende Ansprüche - gemäß § 128 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG könnte die Klägerin auch Unterlassung und Schadensersatz hinsichtlich des Besitzes zum Zwecke des Anbietens und des Vertriebes verlangen, da der Begriff der Benutzung im Sinne von § 128 Abs. 1, § 127 MarkenG die in § 14 Abs. 3 MarkenG aufgeführten Verletzungshandlungen erfaßt (Ingerl/Rohnke. § 128 Rdn. 3)- werden durch das deutsch-kubanische Abkommen zwar nicht ausgeschlossen (vgl. dessen Art. 13 Abs. a), die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 127 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 MarkenG sind jedoch nicht gegeben.

1. Die Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Ansprüchen gemäß § 128 MarkenG ergibt sich, da zwischen den Parteien auch kein abstraktes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG i.V.m. § 128 Abs. 1 MarkenG besteht (vgl. hierzu BGH, Uri. v. 25.1.2001 - I ZR 120/98SPA), aus der Tatsache, daß die Klägerin berechtigterweise die Herkunftsbezeichnung "Havanna" beim Vertrieb der Zigarren verwendet (unmittelbar Verletzte, vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, § 128 Rdn. 5; Althammer/Klaka § 128 Rdn. 3).

2. § 127 Abs. 3 MarkenG dehnt den Schutz von geografischen Herkunftsangaben, denen ein besonderer Ruf zukommt, aus. Diese dürfen, sofern die Benutzung für Waren anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geografischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen, auch unabhängig vom Bestehen einer Irreführungsgefahr nicht verwendet werden. Die Regelung "entspricht weitgehend dem von der Rechtsprechung in Anwendung von § 1 UWG entwickelten Schutz von bekannten Herkunftsangaben" (Amtl. Begrdg. PMZ Sonderheft a.a.O. S. 112 re. Sp.; vgl. zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MarkenG Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 3 Rdn. 230-232). Weiter wird in der amtlichen Begründung auf Art. 13 der VO/EWG Nr. 2081/92 und die "teilweise übereinstimmende" Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG hingewiesen.

a. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß es sich bei "Havanna" um eine solche Herkunftsangabe mit besonderem Ruf handelt. Hierfür kann es allerdings nicht als ausreichend angesehen werden, daß die Stadt Havanna aufgrund des zunehmenden Fremdenverkehrs, aufgrund von nostalgischen, an die 50-iger Jahre erinnernden Anmutungen an einen bestimmten Lebensstil bzw. einer allgemeinen "Kuba-Renaissance" im Verkehr bekannt ist. Der erweiterte Schutz des § 127 Abs. 3 MarkenG verlangt, anders als der Schutz der bekannten Marke, der im Wesentlichen an die Bekanntheit anknüpft, einen "besonderen Ruf", der sich auf die Vorstellung des Verkehrs in Bezug zu den von dort stammenden Produkten stützt, auch wenn es sich dabei um keine bestimmten konkreten Produktmerkmale handeln muß, sondern auch allgemeine Vorstellungen, Produkte mit dieser Herkunft seien besonders gut, ausreichen können (Ingerl/Rohnke § 127 Rdn. 10; Althammer/Klaka § 127 Rdn. 11; vgl. auch Rößler, GRUR 1994, 559, 561 li. Sp.). Allein die Tatsache, daß ein Ort im Verkehr bekannt ist (wie z.B. London, Rom, New York etc.) macht ihn noch nicht zu einer Herkunftsangabe im Sinne vom § 127 Abs. 3 MarkenG, selbst wenn der Verkehr damit bestimmte Assoziationen bzw. Vorstellungen bezüglich einer bestimmten Lebensweise verbindet.

Einen solchen "besonderen Ruf" genießt die Bezeichnung "Havanna" unstreitig für die von der Klägerin in Deutschland vertriebenen Zigarren, die - auch in Kreisen von Nichtrauchern - aufgrund der Auswahl der verarbeiteten Tabake und vor allem aufgrund der Herstellung in Handarbeit, die in der Werbung und Berichterstattung auch besonders herausgestellt wird (siehe die vorgelegten Berichte), ein entsprechendes Ansehen hinsichtlich der Qualität genießen und zu entsprechend hohen Preisen (vgl. Anlage K 11) vertrieben werden. Der Käufer solcher Zigarren verbindet ebenso wie ein erheblicher Teil der Nichtraucher damit ein besonderes Prestige und will dieses - in den letzten Jahren vermehrt - in der Öffentlichkeit bzw. im Freundes- und Bekanntenkreis "zur Schau stellen".

b. Entgegen den Angriffen der Berufung, das Landgericht habe ihr Vorbringen übergangen, kann kein Zweifel bestehen, daß der angesprochene Verkehr die angegriffenen Bezeichnungen "Habana" und "Habana Custom" jedenfalls in relevantem Umfang als Bezeichnung der bzw. als Anspielung auf die Hauptstadt Kubas versteht. Das von der Beklagten mit der Berufung weiter verfolgte Verständnis, der Verkehr sehe darin nur eine Bezugnahme auf ein südländisches Lebensgefühl und es sei keinesfalls eine Anspielung auf die Hauptstadt Kubas gewollt (Berufungsbegründung S. 4 = Bl. 114; Schriftsatz vom 7.1 l2000, S. 4 = Bl. 167), steht mit ihrem eigenen Vorbringen im Widerspruch, wonach sie "die in Rede stehenden Kennzeichnungen nicht zuletzt aufgrund der zur Zeit in Deutschland ... zu beobachtenden "Kuba-Renaissance" gewählt hat" (Berufungsbegründung S. 11 = Bl. 121). D.h. die Beklagte will sich für den Absatz ihrer Produkte den Umstand zunutze machen, daß der Ortsname "Havanna" mit positiven Assoziationen belegt ist. Diese Anspielung auf die Hauptstadt von Kuba beschränkt sich aber aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise auf die Vorstellungen, die der Verkehr mit Kuba/Havanna als Urlaubsziel etc. verbindet. Diese erstreckt sich nicht (auch) auf die Vorstellungen, die der Verkehr mit Kuba/Havanna aufgrund der von dort stammenden Produkte verbindet, zu denen vor allem die von der Klägerin vertriebenen Zigarren gehören. Insoweit kann der Beurteilung der Klägerin, es finde eine Übertragung der Wertschätzung für die Zigarren der Klägerin auf die von der Beklagten vertriebenen Motorroller statt, nicht beigetreten werden.

Es ist in der Rechtsprechung zu den Fällen der Rufausbeutung bei berühmten Kennzeichnungen (§ 1 UWG) mehrfach darauf abgestellt worden, daß eine Rufübertragung ("Imagetransfer") auch auf sehr weit entfernte Produktgruppen in Betracht kommen kann (vgl. BGH GRUR 1983, 247, 248 - Rolls Royce; GRUB 1985, 550, 552-Dimple; GRUR 1991, 4651466 - Salomon; GRUR 1994, 635, 636Pulloverbeschriftung; Piper, GRUR 1996, 429, 434 f; Starck, MarkenR 2000, 73), und zwar um so eher, je bekannter bzw. berühmter die fragliche Kennzeichnung ist. Auch wenn vorliegend mit "Havanna" eine für Tabakerzeugnisse sehr bekannte Herkunftsbezeichnung in Rede steht, sind die damit vom Verkehr verbundenen Gütevorstellungen (Eigenart der Ware auf die der gute Ruf zurückzuführen ist) und der sehr weite Abstand zu Motorrollern zu berücksichtigen.

aa. Eine Rufbeeinträchtigung kommt vorliegend nicht in Betracht. Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, woraus geschlossen werden könnte, durch die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen in der Werbung für und auf den Motorrollern könne der Ruf der Bezeichnung "Havanna" für Tabakerzeugnisse in erheblicher Weise beeinträchtigt werden. Inwiefern die Herkunftsangabe "Havanna" bei einer Verwendung für Motorroller zu einer bloßen Beschaffenheitsangabe oder Gattungsbezeichnung werden könnte, wie die Klägerin meint, vermag der Senat nicht zu erkennen.

bb. Die Beklagte nutzt auch keinen Aufmerksamkeitseffekt, der der Bezeichnung "Havanna" bzw. "Habana" beim angesprochenen Verkehr zukommt, in unlauterer Weise aus.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, die Beklagte erziele einen Aufmerksamkeitseffekt, da sie mit den von ihr gewählten Bezeichnungen die positiven Assoziationen des angesprochenen Verkehrs - Havanna als Synonym für einen bestimmten Lebensstil und für nostalgische Anklänge an das Leben auf Kuba in den 50-iger Jahren - für den Absatz ihrer Produkte ausnutze, wird dadurch der Schutzgehalt des § 127 Abs. 3 MarkenG nach den obigen Ausführungen nicht berührt, da hierdurch keine Beziehung zu dem guten Ruf der aus Kuba/Havanna stammenden Produkte (Tabakwaren) hergestellt wird. Der gegenteiligen Beurteilung der Klägerin, die offensichtlich davon ausgeht, daß mit der Bezeichnung "Havanna" immer (auch) eine Assoziation zu Tabakwaren, insbesondere Zigarren, verbunden sei, kann nicht gefolgt werden. Wie bereits angesprochen, weisen Tabakwaren und Motorroller einen sehr weiten Abstand auf. Auch wenn davon ausgegangen wird, daß sich die in Rede stehenden Verkehrskreise - potentielle Käufer von Motorrollern, an die sich das Angebot der Beklagten richtet, und an Tabakwaren Interessierte - teilweise überschneiden, ist nicht zu übersehen, daß der gute Ruf der Tabakwaren aus Kuba, insbesondere der der Zigarren, auf der Qualität und Auswahl der verwendeten Rohstoffe, der langen Tradition und der Herstellung weitgehend noch in Handarbeit beruht. Dabei handelt es sich um Chararakteristika, die bei technischen Produkten, wie Motorrollern auch aus der Sicht des Verkehrs keine Entsprechung finden. Folglich kann die Klägerin aus der Entscheidung des EuGH "Gorgonzola/Cambozola" (GRURInt. 1999, 443, 445, Rdn. 24 -27), die sich mit dem Begriff der Anspielung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 lit. b der VO/EWG Nr. 2081/92 im Bereich der Warenidentität befaßt, nichts Entscheidendes für sich herleiten.

Dies gilt auch in Bezug auf die von der Klägerin herangezogenen beiden Artikel in der Zeitschrift "Auto-Bild". In der Ausgabe vom 28.4.2000 (Anlage BB 2 =Anlage KB 1), in dem ein neues Modell des "Habana" vorgestellt sowie auf das Modell "Habana Custom" hingewiesen wird, wird auf einem großformatigen Foto ein Roller-Fahrer im Straßenverkehr auf einem "Habana" dargestellt, der eine dicke Zigarre im Mund hat. Ebenso wird in der Ausgabe vom 12.1.2001 auf der ersten Seite mit einem entsprechenden Foto (Roller-Fahrer mit Zigarre im Mund, bei dem es sich offensichtlich um denselben Fahrer wie in der Ausgabe vom 28.4.2000 handelt) auf einen Roller-Langzeit-Test auf den Seiten 58 f hingewiesen (Anlage KB 2 zu Bl. 170/176). Ob dieser von den beiden bildlichen Darstellungen ausgehende "Aufmerksamkeitseffekt" auf den Vorstellungen des Verkehrs von der Bekanntheit und Güte der aus Kuba stammenden Zigarren beruht, kann dahinstehen. Denn diese Darstellungen von dritter Seite im Rahmen einer redaktionellen Berichterstattung sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dies verkennt auch die Klägerin nicht, die diese beiden Artikel lediglich zur "Schließung" und Untermauerung der "Assoziationskette" heranzieht. Die beiden bildlichen Darstellungen sind aber nach den vorstehenden Ausführungen kein hinreichender Beleg dafür, daß der angesprochene Verkehr (allein) aufgrund der Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen auf den Motorrollern bzw. in der Werbung - ohne weitere "Assoziationshilfen" - eine Anspielung auf aus Havanna stammende Tabakwaren sieht.

C. Nebenentscheidungen

I. Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO war ein offensichtliches Schreibversehen im Tenor unter 1. zu berichtigen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

III. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO.

Dem Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten konnte nicht entsprochen werden, da nicht dargetan und glaubhaft gemacht ist (§ 714 Abs. 2 ZPO), daß der Beklagten durch das ausgesprochene Verbot ein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne von § 712 Abs. 1 ZPO entstehen kann. Soweit die Beklagte auf ein Vertriebsverbot abstellt (Berufungsbegründung S. 28 = Bl. 138), steht ein solches ohnehin nicht in Rede. Auch dem Antrag gemäß § 108 ZPO konnte mangels Benennung eines bestimmten Kreditinstituts nicht entsprochen werden.

IV. Die Festsetzung des Wertes der Beschwer erfolgte gemäß § 546 Abs. 2 ZPO. Ausgehend von dem auch für das Berufungsverfahren auf DM 250.000,- festgesetzten Streitwert, übersteigt der Wert der Beschwer der Klägerin DM 60.000,- nicht, da die Abweisung des Unterlassungsantrags (und der darauf zurückbezogenen Anträge auf Schadensersatzfeststellung und Auskunftserteilung) hinsichtlich des Besitzes zum Zwecke des Anbietens und Vertreibens, als Vorstufe zu den eigentlichen Verletzungshandlungen, deutlich geringer als diese zu bewerten sind. Auch die teilweise Abweisung des Aufkunftsanspruches ist nur geringfügig.

Ende der Entscheidung

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