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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: 29 U 3845/06
Rechtsgebiete: UrhG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 100 Satz 1
ZPO § 138 Abs. 3
1. Die Unternehmensbezogenheit einer urheberrechtsverletzenden Handlung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 100 Satz 1 UrhG ist grundsätzlich vom Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen.

2. Steht der Anspruchsteller außerhalb des Geschehensablaufs und kann er von sich aus nicht den Sachverhalt ermitteln, während der in Anspruch genommene Unternehmensinhaber über die hierfür erforderlichen Informationen verfügt oder diese sich unschwer zu verschaffen vermag, so darf dieser sich nicht auf ein einfaches Bestreiten der Unternehmensbezogenheit der Verletzungshandlung zurückziehen, sondern muss sich nach den Grundsätzen der "sekundären Behauptungslast" an der Aufklärung des Sachverhalts beteiligen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

29 U 3845/06

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke und Lehner auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziffer I. des genannten Urteils nach dem Wort "verboten," die Wörter "ohne Zustimmung der Klägerin" eingefügt werden.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin in der Hauptsache gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000.- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten kann die Beklagte die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin betreibt unter der Adresse www.s.de einen Landkartendienst. An den dort aufrufbaren Landkarten und Stadtplänen hat sie das ausschließliche Nutzungsrecht inne. Zum Zwecke der privaten Nutzung gestattet sie den Zugriff auf ihre Internetseiten auf der Basis ihrer Nutzungsbedingungen, hinsichtlich deren Inhalts (Stand 29.01.2004) auf Anl. K 1 verwiesen wird.

Die Beklagte ist ein Forschungs- und Entwicklungsinstitut der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Sie ist mit der Entwicklung und Einführung neuer Technologien befasst. Am 22.12.2003 lud der Mitarbeiter der Beklagten M. O. in der Zeit zwischen 10.00 Uhr und 14.37 Uhr vom Intranetserver der Beklagten Kartografiedaten aus dem Großraum München im Maßstab 1:10.000 mit einem Datenvolumen von 6,14 MB (insgesamt 5.896 Dateien) herunter. Dabei wurden die Daten nicht über die Eingabemaske der Klägerin abgerufen, sondern mit Hilfe eines eigens zu diesem Zweck geschriebenen Programms direkt vom Speicherort der Klägerin ausgelesen.

Die Klägerin, die darin eine Verletzung ihrer ausschließlichen Nutzungsrechte an den heruntergeladenen Kartografien sieht, erwirkte vor dem Landgericht München I am 25.01.2006 antragsgemäß (nach Änderung des ursprünglich in der Klageschrift vom 04.03.2004 angekündigten Antrags, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, durch ihre Angestellten oder Beauftragten kartographische Daten zum nicht rein privaten Gebrauch von der Internet-Domain www.s.de herunterzuladen) ein Urteil gegen die Beklagte, in dem dieser bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten wurde, kartografische Daten der Münchner Randgemeinden Aschheim, Eching, Feldkirchen, Garching bei München, Gräfelfing, Grasbrunn, Grünwald, Haar, Hohenbrunn, Ismaning, Kirchheim, Neubiberg, Oberhaching, Oberschleißheim, Ottobrunn, Planegg, Putzbrunn, Taufkirchen, Unterföhring, Unterhaching und Unterschleißheim von der Internet-Domain www.s.de herunterzuladen oder herunterladen zu lassen und auf Speicher medien, die sich zu geschäftlichen Zwecken in den Geschäftsräumen der Beklagten befinden, zu speichern.

Zur Begründung führte das Erstgericht aus, der Unterlassungsanspruch folge aus § 97 Abs. 1 i.V.m. §§ 15, 16 UrhG. Die von der Klägerin beanstandeten Vervielfältigungshandlungen habe sich die Beklagte über § 100 UrhG zurechnen zu lassen. Zum Nachweis der "Unternehmensbezogenheit" der verletzenden Handlung, einem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal des § 100 UrhG, sei zugunsten der grundsätzlich für die Frage der Haftung der Beklagten darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin von einer Beweiserleichterung dergestalt auszugehen, dass diese als Verletzte nur Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen habe, die bei typisierter Betrachtung für das Vorliegen einer betrieblichen Verwendung des kopierten Werkes sprächen. Hiervon sei im Streitfall auszugehen: Bereits die Menge der heruntergeladenen Daten und der hierfür benötigte erhebliche Zeitaufwand sprächen für einen Unternehmensbezug der angegriffenen Handlung. Hinzu komme, dass der betreffende Mitarbeiter eigens ein Programm gefertigt habe, um das Auslesen von Daten der Klägerin zu ermöglichen. Ein Unternehmensbezug werde insbesondere aber auch durch den Umfang und die Art der heruntergeladenen Daten nahe gelegt. Es seien nämlich nicht nur Karten einer näheren örtlichen Umgebung heruntergeladen worden, sondern - anscheinend systematisch - Kartenmaterial einer Region mit einer Erstreckung von nahezu 50 km. Dieser unbestritten gebliebene Vortrag der Klägerin begründe einen Anscheinsbeweis für die Unternehmensbezogenheit des angegriffenen Handelns. Diesen habe die Beklagte nicht erschüttern können. Selbst unter Zugrundelegung der Aussagen der Vorgesetzten des Mitarbeiters der Beklagten O., der Zeugen S. und W., sei davon auszugehen, dass die heruntergeladenen Daten potentiell dienstlichen Interessen der Beklagten dienten. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere, dass sich die Beklagte unter anderem mit Fragen der Ausbreitung von Funkwellen befasse und zur Bewältigung dieser Aufgaben Kartografiedaten benötige. Die Darstellung der Beklagten, ihr Mitarbeiter O. habe die Karten heruntergeladen, um seinen auswärtigen Eltern eine Anfahrtsskizze zu seinem neuen Wohnort erstellen zu können, liefere keine stichhaltige Erklärung für ein gezieltes Herunterladen der Stadtplane nahezu aller im Norden, Osten und Süden Münchens gelegener größerer Gemeinden. Auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Ihrer Auffassung nach sei das Landgericht fehlerhaft bei der Beurteilung der Anwendung der Zurechnungsnorm des § 100 UrhG von einer Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten ausgegangen. Die vom Landgericht zur Begründung der Beweislastverteilung herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "Bärenfang" (GRUR 1963, 270) und "Reiseverkäufer" (GRUR 1963, 434) seien auf den Streitfall nicht anwendbar. Im Übrigen habe die Beklagte - was das Landgericht verkannt habe - substantiiert dargelegt, dass der angegriffenen Handlung des Mitarbeiters der Beklagten O. kein unternehmensbezogenes, sondern lediglich privates Handelns zugrunde gelegen habe. Entsprechend habe auch der Zeuge W. in erster Instanz ausgesagt, dass sich O. bereits vor der Abmahnung der Klägerin an W. gewandt und diesem mitgeteilt habe, er ziehe um und habe, um die Umgebung seiner neuen Wohnung kennenzulernen, Stadtpläne aus dem Internet kopiert. Außerdem hätten aufgrund des damals der Beklagten zugänglichen Downloadprogramms "wget" die streitgegenständlichen Daten sehr schnell heruntergeladen werden können. Der Mitarbeiter O. sei beim Aufrufen der Kartografien nicht präzise vorgegangen. Diese Tatsache sowie der Umstand, dass die Datenmenge in sehr kurzer Zeit herunterladbar gewesen sei, erkläre, dass O. letztlich auch für seine privaten Motive irrelevantes Kartenmaterial heruntergeladen habe. Schließlich sei die Annahme des Landgerichts, die heruntergeladenen Daten könnten dem Unternehmen der Beklagten zugute kommen, verfehlt. Die Beklagte arbeite seit Jahren mit morphografischem Kartenmaterial, welches Auskünfte über die Bepflanzung, über die Dichte einer Bebauung und die Art der Landschaftsstruktur gebe. Diese Informationen, die das streitgegenständliche Kartenmaterial gerade nicht biete, seien erforderlich, um Vorhersagen zur Empfangsqualität des Rundfunksignals geben zu können. Aufgrund dieser Umstände des Einzelfalls hätte das Landgericht von ausschließlich privater Nutzung der Daten durch den Mitarbeiter O. ausgehen müssen. Für eine Haftung der Beklagten nach § 100 UrhG sei kein Raum, zumal der Berufung bereits dann stattzugeben sei, wenn die Beklagte - wie hier geschehen - den vom Landgericht angenommenen Beweis des ersten Anscheins einer Betriebsbezogenheit des angegriffenen Verhaltens durch den Nachweis der ernsthaften Möglichkeit eines andersartigen Geschehensablaufs (nämlich der privaten Nutzung des heruntergeladenen Datenmaterials) widerlegen könne.

Bei seiner Kostenentscheidung habe das Landgericht zudem verkannt, dass die Klägerin im Laufe des Rechtsstreits nahezu vollständig ihre Klage zurückgenommen habe, dieser schon deshalb fast vollständig die Verfahrenskosten aufzuerlegen gewesen wären.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend aus, das Landgericht habe die Zurechnungsnorm des § 100 UrhG rechtsfehlerfrei angewendet. Nach den allgemeinen Beweisregeln, die auch im Rahmen des § 100 UrhG anzuwenden seien, sei darauf abzustellen, dass die Verletzungshandlung aus der Risikosphäre der Beklagten stamme. Dies wie auch die weiteren Umstände des konkreten Falles rechtfertigten die Annahme eines ersten Anscheins der Betriebsbezogenheit der angegriffenen Verletzungshandlung. Diesen habe die Beklagte nicht widerlegen können. Soweit das Landgericht den von der Klägerin geführten Anscheinsbeweis durch die Aussagen der Zeugen S. und W. nicht als erschüttert ansah, sei die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht zu beanstanden. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass der Mitarbeiter der Beklagten O. den Zeugen W. bereits vor der Abmahnung durch die Klägerin darüber informiert habe, dass er Stadtpläne zu privaten Zwecken heruntergeladen habe. Die Tatsache, dass es sich beim Mitarbeiter der Beklagten O. um einen Computerfachmann handle, spreche auch gegen die von der Klägerin aufgestellte These, O. habe irrtümlich zu viele, dem von ihm angeblich verfolgten privaten Zweck nicht dienliche Daten heruntergeladen. Auch sei der Vortrag der Beklagten, sie arbeite nur mit morphografischem Kartenmaterial, unzutreffend. Schließlich spreche das Prozessverhalten der Beklagten gegen ihren Vortrag; insbesondere hätte es nahegelegen, ihren Mitarbeiter O. von Anfang an zum Beweis der Richtigkeit ihres Vorbringens, wonach jener die Daten ausschließlich aus privatem Anlass heruntergeladen habe, als Zeugen zu benennen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liege in der in erster Instanz vorgenommenen Änderung des Klageantrags keine teilweise Klagerücknahme, sondern lediglich eine Präzisierung des in der Klageschrift vom 04.03.2004 angekündigten Antrags. Die landgerichtliche Kostenentscheidung sei daher nicht zu beanstanden.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 07.12.2006 Bezug genommen.

II.

Der zulässigen Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.2006 ist in der Sache kein Erfolg verbeschieden. Lediglich Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils war - ohne Auswirkung auf die zugrunde liegende Sachentscheidung und ohne hieraus resultierende Kostenfolge zu Lasten der Beklagten - im Sinne einer Klarstellung dahingehend zu präzisieren, dass das Unterlassungsgebot eine mangelnde Zustimmung der Klägerin voraussetzt.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte in Anwendung der Zurechnungsnorm des § 100 UrhG für die von ihrem Mitarbeiter O. begangene Urheberrechtsverletzung durch Herunterladen der streitgegenständlichen Kartografien (§ 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG) einzustehen hat. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.

1. Verletzt ein Arbeitnehmer Urheberrechte Dritter, so hat der Inhaber des Unternehmens nach Maßgabe des § 100 UrhG hierfür einzustehen. Voraussetzung der Haftung des Unternehmensinhabers ist, dass die Rechtsverletzung innerhalb des Unternehmens begangen wurde. Davon ist grundsätzlich auszugehen, wenn sie im Rahmen der Obliegenheiten des Arbeitnehmers erfolgt. Eine private Tätigkeit, die der Arbeitnehmer "bei Gelegenheit" seiner Tätigkeit im Unternehmen im eigenen Interesse ausübt, die also ihm selbst und nicht dem Unternehmen zugute kommt, fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 100 UrhG. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer Betriebsmittel des Unternehmens benutzt (vgl. Schricker/Wild, Urheberrecht, 3. Aufl., § 100 Rn. 3; Dreier/Schulze, UrhG, § 100 Rn. 5; Wandtke/Bullinger/Bohne, UrhR, 2. Aufl., § 100 Rn. 3; Harte/Henning/Bergmann, UWG, § 8 Rn. 254; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 8 UWG Rn. 2.47 mwN.). Nach dem Sinngehalt der Vorschrift des § 100 UrhG, die im Wettbewerbsrecht in § 13 Abs. 4 UWG a.F., § 8 Abs. 2 UWG ihre Entsprechung findet, soll der Inhaber eines Unternehmens gehindert werden, sich bei ihm zugute kommenden Urheberrechtsverletzungen von Arbeitnehmern hinter abhängigen Dritten zu verstecken (BT-Drs. IV/270, S. 104; vgl. auch Schricker/Wild, aaO., § 100 Rn. 1).

Bei der Frage, ob das verletzende Handeln des Arbeitnehmers unternehmensbezogen oder privater Natur ist, ist nicht entscheidend, welche Interessen der Verletzer verfolgt. Vielmehr ist darauf abzustellen, wie sich das fragliche Handeln nach außen darstellt, ob es sich also als lediglich private oder aber als dienstliche Tätigkeit einordnen lässt (Wandtke/Bullinger/Bohne, aaO., § 100 Rn. 4).

2. Dem Klagebegehren kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, ihr Mitarbeiter O. habe die streitgegenständlichen Kartografien lediglich zu privaten Zwecken heruntergeladen, so dass die Beklagte hierfür nicht nach Maßgabe des § 100 UrhG einzustehen habe.

Zwar ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, grundsätzlich davon auszugehen, dass der Unternehmensbezug der urheberrechtsverletzenden Handlung vom Anspruchsteller - also der Klägerin - zu beweisen ist. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Streitfall eine Einschränkung von diesem Grundsatz geboten. Steht der Darlegungspflichtige selbst außerhalb des Geschehensablaufs und kann er auch von sich aus den Sachverhalt nicht ermitteln, während die Gegenseite die erforderlichen Informationen hat oder sich leicht beschaffen kann, so genügt nach Treu und Glauben nicht, dass die Gegenseite sich mit einfachem Bestreiten begnügt, sie muss vielmehr im Einzelnen darlegen (sogenannte sekundäre Behauptungslast), dass die von ihr bestrittene Behauptung unrichtig ist, so dass die beweisbelastete Partei den Beweis für die Richtigkeit antreten kann. Die Gegenpartei hat in diesen Fällen die prozessuale Pflicht, sich in zumutbarer Weise an der Aufklärung des Sachverhaltes zu beteiligen, sie darf sich nicht auf bloßes Bestreiten zurückziehen (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 284 Rn. 18, 37 unter Hinweis auf BGH NJW 1999, 579; NJW-RR 2004, 556; NJW-RR 2004, 989). Diesen Anforderungen genügte der - in weiten Teilen pauschale - Vortrag der Beklagten in Erwiderung auf das umfangreiche Vorbringen der Klägerin zur Frage der strittigen Unternehmensbezogenheit des Herunterladens der streitgegenständlichen Kartografien nicht. Eines Rückgriffs auf die in der Bärenfang-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1963, 270) aufgestellten Grundsätze zur Beweiserleichterung in Fällen der streitgegenständlichen Art (hiernach wäre von der Darlegungs- und Beweispflicht der Beklagten hinsichtlich ihrer Behauptung, das streitgegenständliche Herunterladen sei privater Natur gewesen und dem Unternehmen der Beklagten nicht zugute gekommen, auszugehen) bedurfte es im Streitfall ebenso wenig wie der Anwendung der Grundsätze zum Vorliegen eines Anscheinsbeweises.

Wie das Erstgericht im angegriffenen Urteil nämlich bereits ausführte, sprechen eine Vielzahl von Indizien für eine Unternehmensbezogenheit der verfahrensgegenständlichen Verletzungshandlung. So lässt sich die Menge der unstreitig heruntergeladenen Daten mit dem Verteidigungsvorbringen der Beklagten nicht in Einklang bringen. Im Berufungstermin vom 07.12.2006 hat der Vorstand der Klägerin einen Ausschnitt der heruntergeladenen Kartografien in Originalgröße unter Hinweis darauf vorgelegt, dass es sich hierbei lediglich um ein Fünftel der tatsächlich heruntergeladenen Datenmenge handle. Die vorgelegte Papierrolle war in ausgerolltem Zustand mehrere Meter lang und etwa einen Meter breit. Angesichts dessen ist das Verteidigungsvorbringen der Beklagten, demzufolge die Kartografien den Eltern des Mitarbeiters O. ermöglichen sollten, seine neue Wohnung in Ismaning anlässlich eines anstehenden Besuchs ausfindig zu machen, nicht geeignet, die klägerseits behauptete Unternehmensbezogenheit der streitgegenständlichen Verletzungshandlung ernsthaft in Frage zu stellen. Nachdem es sich bei O. unstreitig um einen IT-Fachmann im Unternehmen der Beklagten handelt, vermag auch die Erklärung der Beklagten, möglicherweise habe dieser versehentlich die erhebliche streitgegenständliche Datenmenge heruntergeladen, keinesfalls zu überzeugen und ist nicht geeignet, insoweit den substantiierten Vortrag der Klägerin zur Annahme der Unternehmensbezogenheit des Vorgehens von O. in Frage zu stellen. Die Beklagte vermag schließlich auch keine plausible Erklärung dafür abzugeben, dass O. offensichtlich systematisch sämtliche Münchner Landkreisgemeinden herunterlud, die im Westen Münchens gelegenen, an das Stadtgebiet angrenzenden Gemeinden des Landkreises Fürstenfeldbruck hingegen nicht. Nicht zuletzt spricht auch das Prozessverhalten der Beklagten gegen deren Verteidigungsvorbringen. Nachdem der Beklagten, wie ihre Reaktion auf die Abmahnung vom 22.01.2004 (Anl. K 14, K 15) in ihrem Schreiben vom 26.01.2004 (Anl. K 16) zeigt, von Beginn an bekannt war, dass die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke zum privaten Gebrauch nach Maßgabe des § 53 Abs. 1 UrhG auch ohne Zustimmung des Urhebers zulässig sein kann, hätte es nahegelegen, bereits vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, jedenfalls aber zu Beginn desselben den Mitarbeiter O. als Zeugen für die Richtigkeit des Verteidigungsvorbringens der Beklagten zu benennen und nicht erst - wie vom Landgericht zutreffend als verspätet angesehen - am Ende der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz.

Angesichts dieser Fülle von für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung, wonach die streitgegenständliche Verletzungshandlung dem Unternehmen der Beklagten zugute gekommen sei, sprechenden Fakten kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, der Tatsachenvortrag der Klägerin sei durch die Angabe des Zeugen W. in erster Instanz, wonach der Mitarbeiter O. etwa zehn Tage vor der klägerischen Abmahnung erklärt habe, dass er Stadtpläne aus dem Internet ziehen wolle, um die Umgebung seiner neuen Wohnung kennenzulernen, entkräftet. Dies erklärt in keiner Weise, dass nicht die Umgebung von Ismaning, sondern - wie bereits erwähnt - alle Münchner Landkreisgemeinden (und auch nur diese) heruntergeladen wurden und steht im Übrigen nicht in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beklagten, der Mitarbeiter O. habe seinen Eltern beim Auffinden seiner neuen Wohnung behilflich sein wollen.

Folge der Nichterfüllung der eingangs beschriebenen sekundären Behauptungslast der Beklagten ist, dass die Behauptung der Klägerin, das Herunterladen der streitgegenständlichen Daten sei der Beklagten zugute gekommen, demgemäß "unternehmensbezogen" gewesen, - da nicht substantiiert bestritten - als zugestanden im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO gilt (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., vor § 284 Rn. 34 c). Die Beklagte haftet daher für die durch ihren Mitarbeiter begangene Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 100 UrhG mit der Folge, dass die Berufung der Beklagten in der Sache keinen Erfolg hat.

3. Dies gilt auch, soweit sich die Berufung gegen die im landgerichtlichen Urteil ausgesprochene Kostenverteilung richtet. Die Beurteilung des Erstgerichts, in der Änderung des verfahrenseinleitend angekündigten Klageantrages (Bl. 1 d. A.) gemäß Schriftsatz vom 13.10.2004 (Bl. 83/84 d.A.) eine Teilklagerücknahme zu sehen, die mit einem Viertel der Verfahrenskosten zu bewerten sei, ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass von Beginn an ausschließlich die Verletzung der Nutzungsrechte an den im geänderten Klageantrag vom 13.10.2004 konkret angeführten Kartografien durch Vervielfältigung gerügt worden sei, andere Verletzungshandlungen hingegen nicht im Raum standen und auch von der Klägerin zu keiner Zeit geltend gemacht wurden. Angesichts dessen kann der Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass die Klageänderung gemäß Schriftsatz vom 13.10.2004 mit einer nahezu vollständigen Klagerücknahme einhergegangen sei.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.). Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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