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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 29 U 3930/03
Rechtsgebiete: UrhG


Vorschriften:

UrhG § 53 Abs. 5 Satz 1
UrhG § 54 Abs. 1 Satz 1
UrhG § 54 a Abs. 1 Satz 1
UrhG § 54 a Abs. 2
UrhG § 54 d Abs. 2
UrhG § 54 g Abs. 2
1) Fertigen die Bediensteten eines Hotels für Gäste gegen Entgelt Kopien an, so ist diese Entgeltlichkeit nach dem Wortlaut des § 54 a Abs. 2 UrhG maßgebliches Kriterium für eine Vergütungspflicht.

2) Es kommt nicht darauf an, ob die Kopierer ausschließlich bzw. im Hauptgeschäft oder als Kundenservice eingesetzt werden und ob die Kopiergeräte frei zugänglich sind.

3) Für die Vergütungspflicht kommt es auch nicht auf den Grad der Wahrscheinlichkeit an, mit dem die Kopiergeräte zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke verwendet werden; dies ist allein bei Bestimmung der Höhe der Vergütung zu berücksichtigen.

4) Nach § 54 g Abs. 2 UrhG hat der Betreiber eines Geräts zur Vorbereitung eines Vergütungsanspruchs die für die Bemessung der Vergütung erforderliche Auskunft, etwa über Anzahl der Geräte und deren Leistungsklassen, zu geben.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES! URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 3930/03

Verkündet am 18. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle sowie die Richter Dr. Kartzke und Dr. Albrecht auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. 1 Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts München I vom 4. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

II. 1 Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. 1 Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I

Die Beklagte betreibt in der Bundesrepublik Hotelketten. In den einzelnen Hotels können Gäste Geräte für die entgeltliche Herstellung von Photokopien nutzen.

Die Klägerin, welche die Rechte der Urheber im Wortbereich wahrnimmt, verlangt von der Beklagten im Wege der Stufenklage u.a. Auskunft.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Teilurteil vom 7. Mai 2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) verurteilt, Auskunft darüber zu geben, wie viele Kopiergeräte der (jeweils näher beschriebenen) Leistungsklassen I bis IV sie seit dem 1. Januar 1998 in den in ihrem Unternehmen zusammengeschlossenen und geführten Hotelbetrieben zur Herstellung von Photokopien gegen Entgelt bereithält.

Dies ist damit begründet, die Hotels hielten Geräte für die entgeltliche Herstellung von Ablichtungen bereit. Es komme nicht darauf an, ob Kopien als Haupt- oder Nebengeschäft oder als Service erstellt und ob die Kopiergeräte ausschließlich oder nur teilweise für Lohnablichtungen verwendet würden bzw. ob der Kunde selbst oder ein Hotelbediensteter die Ablichtung vornehme. Auch der Standort des Gerätes sei kein maßgebliches Kriterium. Ein Erfahrungssatz, dass in einem Hotel typischerweise keine Kopien urheberrechtlich geschützte Werke gefertigt würden, bestehe nicht; das Angebot sei nicht auf bestimmte Unterlagen und Dokumente beschränkt.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie trägt vor, ein Hotel sei keine Einrichtung im Sinn des § 54 a Abs. 2 UrhG; sein Unternehmenszweck sei es nicht, Lohnkopien für Gäste herzustellen. Die Geräte dienten in erster Linie dem Eigenbedarf des jeweiligen Hotels. Von Außen kämen keine Kopierwünsche. Das Kopieren für Hotelgäste sei lediglich eine Serviceleistung; das Entgelt solle die Inanspruchnahme gering halten. Die in Kommentaren zu findende gegenteilige Ansicht beruhe nicht auf vertieften Untersuchungen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Demgegenüber beantragt die Klägerin,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ein Hotel falle in die Vergütungspflicht; entscheidend sei dafür allein, dass die Geräte entgeltlich zur Verfügung gestellt würden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf das Terminsprotokoll vom 18. Dezember 2003 Bezug genommen.

II

1) 1 Die Berufung ist zulässig, aber in der Sache nicht erfolgreich. Gemäß § 54 g Abs. 2 UrhG steht der Klägerin der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zu, weil sie entgeltlich genutzte Photokopiergeräte in ihren Hotels bereit hält (§ 54 a Abs. 2 UrhG).

a) 1 Die Beklagte hält Geräte für die Herstellung von Ablichtungen in ihren Hotels bereit. Damit fertigen Bedienstete für Kunden gegen Entgelt Kopien. Diese Entgeltlichkeit ist nach dem Wortlaut des § 54 a Abs. 2 UrhG maßgebliches Kriterium für eine Vergütungspflicht (vgl. Fromm/Nordemann Urheberrecht, 9. Aufl., §§ 54/54 a Rdnr. 2; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 54 a Rdnr. 56 mwNachw.). Die in § 54 a Abs. 2 1. Halbsatz genannten Einrichtungen geben keine Kriterien, wie Größe, Zweck etc., vor, die auch die sonstigen Einrichtungen erfüllen müssten, so dass nicht nur speziell für die Dienstleistung Kopieren eingerichtete Läden, wie etwa Copyshops, sondern alle Betriebe, die gegen Bezahlung das Erstellen von Kopien - auch wenn dies nur Kundenservice ist - ermöglichen (Postämter, Supermärkte, Schreibwarengeschäfte und eben auch Hotels) zur Betreiberabgabe herangezogen werden können (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhR, § 54 a Rdnr. 10).

Wie schon das Landgericht ausgeführt hat, kommt es nicht darauf an, ob die Kopierer ausschließlich bzw. im Hauptgeschäft oder als Kundenservice eingesetzt werden (vgl. OLG Nürnberg NJW 1991, 2778; Dreier/Schulze, UrhG, § 54 a Rdnr. 9) und ob die Geräte frei zugänglich sind (vgl. Schricker/Loewenheim, aaO. § 54 a Rdnr. 16).

Ferner kommt es für die generelle Vergütungspflicht nicht auf den Grad der Wahrscheinlichkeit an, mit dem die Kopiergeräte zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke verwendet werden. Dies ist allein bei Bestimmung der hier nicht strittigen Vergütung zu berücksichtigen (vgl. OLG Hamburg ZUM-RD 1997, 19).

Es handelt sich jedenfalls um Geräte, die zur Fertigung von Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützten Schriftgutes bestimmt sind. Zwar ist der Begriff "bestimmt", den das Gesetz in § 54 Abs. 1 Satz 1 und in § 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG zur Eingrenzung der unter die Vergütungspflicht fallenden Geräte verwendet, enger als der Begriff "geeignet" im früheren § 53 Abs. 5 Satz 1 UrhG. Diese Zweckbestimmung ist aber bei Photokopiergeräten durchweg zu bejahen. Das gilt auch für Geräte in Hotels, weil dort für Gäste Kopien aus Stadtplänen etc. sowie im Rahmen von Tagungen für Referenten und Teilnehmer Kopien von geschützten Werken, für die die erforderlichen urheberrechtlichen Befugnisse nicht zwangsläufig beim Auftraggeber der Kopie liegen, gefertigt werden. Eine solche Verwendung - auch in nur geringem Umfang - führt zur Vergütungspflicht nach § 54 a Abs. 1 UrhG (vgl. BGH GRUR 1999, 928 - Telefaxgeräte; GRUR 1981, 355 - Video-Recorder; BVerfGE 31, 255 - Tonbandgeräte, jeweils zu § 53 Abs. 5 UrhG a.F.).

b) 1 Die vom Landgericht ausgeurteilten Angaben gehören im Hinblick auf die Art und Weise der Bemessung der Vergütung, die in § 54 d Abs. 2 UrhG geregelt ist, zum Inhalt der zu erteilenden Auskunft. Nach § 54 g Abs. 2 UrhG hat der Betreiber eines Geräts zur Vorbereitung eines Vergütungsanspruchs die für die Bemessung der Vergütung erforderliche Auskunft zu geben (vgl. BVerfG GRUR 1997, 123; BGH NJW 1997, 3440 - Betreibervergütung).

2) 1 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

3) 1 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 713 ZPO.

4) 1 Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 259).

Ende der Entscheidung

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