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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: 29 U 4296/03
Rechtsgebiete: UWG, BGB, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 2
UWG § 2 Abs. 2 Nr. 5
BGB § 824
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 529 Abs. 1 Satz 1
1. Zur Vermutung der Wettbewerbsabsicht bei Äußerungen im Rahmen der öffentlichen Auseinandersetzung zweier Zeitschriftenverlage.

2. Ohne Angabe der den Vorwurf näher konkretisierenden Umstände ist die Bezeichnung des Produkts eines Mitbewerbers als "billiges Plagiat" keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsäußerung.

3. Anders als in Fällen Bezug nehmender oder gefühlsbetonter Werbung gefährdet die unsachliche Herabwürdigung eines Mitbewerbers den Leistungswettbewerb unmittelbar und augenfällig und rechtfertigt regelmäßig den in ihrem Verbot liegenden Eingriff in das Grundrecht der Meinungsfreiheit.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 11. 12. 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle sowie Richter am Bundespatentgericht Dr. Albrecht und Richter am Oberlandesgericht Cassardt auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. 12. 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufungen der Antragsgegnerinnen gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15. 07. 2003 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Antragsgegnerinnen das Verbreiten oder Verbreitenlassen der wörtlichen oder sinngemäßen Aussage, bei der von der Antragstellerin herausgegebenen Zeitschrift handele es sich um ein "billiges Plagiat", im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs verboten wird.

II. Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

1. Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin zu 1. geben Frauenzeitschriften heraus. In der Vergangenheit erschien bei der Antragstellerin die Zeitschrift LISA und bei der Antragsgegnerin zu 1. die Zeitschrift Bild der Frau. Die Antragsgegnerin zu 2. ist die Verlagssprecherin der Antragsgegnerin zu 1.

Nachdem die Antragstellerin Ende 2002 begonnen hatte, unter dem Titel Frau im Trend Sonderhefte herauszubringen, ging sie Ende März 2003 dazu über, Frau im Trend wöchentlich erscheinen zu lassen, wobei der Heftpreis niedriger lag als der von Bild der Frau. Die Antragsgegnerin zu 1. versuchte mehrfach - im Ergebnis erfolglos -, der Antragstellerin die Herausgabe von Frau im Trend wegen der Ähnlichkeiten jener Zeitschrift mit Bild der Frau im Wege der einstweiligen Verfügung untersagen zu lassen. Daraufhin brachte sie am Ende April 2003 ihrerseits eine neue, an Frau im Trend angelehnte Zeitschrift mit dem Titel Frau von heute heraus, wogegen die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung erwirkte.

Im Rahmen der lebhaften Berichterstattung über den Streit der Parteien auf dem Markt und vor den Gerichten äußerte ein Sprecher der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu 1. sei auf Testmärkten angegriffen worden und reagiere mit einem Plagiat, um den Wettbewerb zu verhindern. In einem Medienbericht wurde die Äußerung aus dem Antrag der Antragstellerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung, Frau von heute sei ein identisch aufgemachtes und an Dreistigkeit nicht zu überbietendes Plagiat, zitiert. In diesem Zusammenhang bezeichnete die Antragsgegnerin zu 2. die Antragstellerin als "Offenburger Kopieranstalt".

Nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung gegen sie variierte Antragsgegnerin zu 1. das Titellogo ihrer Zeitschrift Frau von heute. Hiergegen erlangte die Antragstellerin abermals eine einstweilige Verfügung. Nachdem die Antragstellerin eine Presseerklärung zum Erlass dieser einstweiligen Verfügung herausgegeben hatte, sagte die Antragsgegnerin zu 2. am 02. 05. 2003 auf die Anfrage eines Journalisten dazu:

"Wer das Original mit einem billigen Plagiat angreift, muss damit rechnen, dass wir uns zur Wehr setzen - wenn es sein muss auch mit gleichen Mitteln."

2. a) Das Landgericht München I hat den Antragsgegnerinnen auf Antrag der Antragstellerin mit einstweiliger Verfügung vom 06. 05. 2003 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel

verboten, wörtlich oder sinngemäß zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, bei der von der Antragstellerin herausgegebenen Zeitschrift Frau im Trend handele es sich um ein "billiges Plagiat" der Zeitschrift Bild der Frau,

und diese einstweilige Verfügung mit auf den Widerspruch der Antragsgegnerinnen ergangenem Urteil vom 15. 07. 2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, bestätigt.

b) Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die angegriffene Äußerung enthalte im Kern die Behauptung, das Produkt der Antragstellerin sei in unzulässiger Weise nachgemacht; dieser einer Verifikation zugängliche Tatsachenkern sei inhaltlich unzutreffend, weil bei Frau im Trend die Grenzen zulässiger Nachahmung trotz der von den Antragsgegnerinnen aufgelisteten Übereinstimmungen bzw. Ähnlichkeiten mit Bild der Frau nicht überschritten seien, da hinreichend Unterscheidungsmerkmale erkennbar seien, mithin also ein ausreichender Abstand zwischen den sich gegenüberstehenden Zeitschriften gewahrt worden sei. Als Tatsachenbehauptung qualifiziert sei die angegriffene Äußerung geeignet, den Geschäftsbetrieb und damit den Kredit der Antragstellerin zu gefährden, und rechtfertige den geltend gemachten Unterlassungsanspruch schon gemäß § 824 BGB.

Aber auch wenn man sie als zutreffende Tatsachenbehauptung oder als reine Meinungsäußerung bewerten wollte, wäre der Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG begründet. Die Parteien seien Wettbewerber. Die angegriffene Äußerung tangiere dieses Wettbewerbsverhältnis unmittelbar. Sie sei geeignet, nicht nur die allgemeine Meinung, sondern gerade auch die Kaufentscheidung der jeweiligen Adressaten zu Gunsten der einen oder der anderen Partei zu beeinflussen; eine dahin gehende Absicht lasse sich unschwer dem Bestreben um Positionierung im "Pressekrieg" entnehmen. Es sei ein Gebot des lauteren Wettbewerbs, den Mitbewerber nicht unnötigerweise herabzusetzen. Auch unter Berücksichtigung des sich aus Art. 5 GG ergebenden Schutzes der Meinungsfreiheit könnten geschäftsschädigende Meinungsäußerungen nur zulässig sein, wenn es für sie einen sachlichen Grund gebe und sich die Kritik im Rahmen des Erforderlichen halte. Auch wenn man annehme, die angegriffene Äußerung habe einen Bezug zu dem zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit gehabt, sei ein berechtigtes Interesse der Antragsgegnerinnen, die Antragstellerin zu diffamieren, nicht gegeben. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass den Antragsgegnerinnen wohl bekannt gewesen sei, dass die Gerichte die Frage der Zulässigkeit von Frau im Trend anders beurteilt hätten als die Antragsgegnerinnen, hätte es die wettbewerbliche Fairness geboten, im Hinblick auf die eigene Meinung mehr Zurückhaltung an den Tag zu legen.

3. Hiergegen wenden sich die Antragsgegnerinnen mit ihren Berufungen. Sie sind der Auffassung, die angegriffene Äußerung sei nicht in Wettbewerbsabsicht gefallen. Fraglich sei schon, ob sie objektiv geeignet gewesen sei, den Wettbewerb der Antragsgegnerin zu 1. zu Lasten der Antragstellerin zu fördern, da sie gegenüber einem Fach-Journalisten gefallen sei, der selbst nicht zur Zielgruppe der sich bekämpfenden Zeitschriften gehöre und für Medien arbeite, die fast ausschließlich von Journalisten und Medienfachleuten gelesen würden. Bei der Feststellung der Wettbewerbsabsicht hätte das Landgericht auch berücksichtigen müssen, dass die Antragsgegnerin zu 2. ersichtlich allein auf die neue einstweilige Verfügung und die erneut erhobenen Plagiatsvorwürfe antworten und ihrer Verärgerung über das Geschäftsgebaren der Antragstellerin Ausdruck verleihen wollen habe. Die angegriffene Äußerung sei auch keine Tatsachenbehauptung, sondern eine reine Meinungsäußerung und als solche in dem Kontext, in dem sie gefallen sei, angesichts der harschen Angriffe der Antragstellerin zulässig.

Sie beantragen,

das Urteil des Landgerichts München I vom 15. 07. 2003 dahin abzuändern, dass die einstweilige Verfügung vom 06. 05. 2003 aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das Verbot sich auf eine Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs erstreckt.

Sie verteidigt das Urteil. Sie ist der Auffassung, dass die Grenze des Zulässigen bei weitem überschritten sei, auch wenn man der angegriffenen Äußerung Wertungscharakter beimessen würde. Die im Plagiatsvorwurf liegende Behauptung unrechtmäßigen Kopierens werde dadurch noch verstärkt, dass die Antragsgegnerinnen das Produkt der Antragstellerin als "billiges" Plagiat bezeichneten und somit noch unzulässige Schmähkritik hinzu komme; die rechtfertigende Sachnähe sei - selbst wenn man lediglich von einer Wertung ausginge - hierdurch nicht mehr eingehalten, weil dies einen Überschuss an nicht mehr hinzunehmender Abwertung aufweise, die nur noch der Beleidigung sowie der Schädigung und Herabsetzung der Antragstellerin in der Öffentlichkeit diene.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll des Termins vom 11. 12. 2003 Bezug genommen.

II.

Die Berufungen sind zurückzuweisen, weil die angegriffene Äußerung eine sittenwidrige Wettbewerbshandlung im Sinne des § 1 UWG war.

1. Das Landgericht ist trotz des Vortrags der Antragsgegnerinnen in der mündlichen Verhandlung am 15. 07. 2003, dass sich die Antragsgegnerin zu 2. nicht daran erinnere, die angegriffene Äußerung getan zu haben, ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass die angegriffene Äußerung so, wie von der Antragstellerin vorgetragen, gefallen sei. Unbeschadet der Anwendbarkeit der Regelung des § 138 Abs. 4 ZPO auf die Antragsgegnerin zu 2. liegt dem zumindest hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1. ersichtlich zu Grunde, dass das Landgericht den Vortrag der Antragstellerin als durch die Vorlage der entsprechenden dpa-Meldung vom 02. 05. 2003 (Anl. ASt 9) glaubhaft gemacht angesehen hat. Diese Feststellung des Landgerichts wird von der Berufung nicht angegriffen und ist vom Senat gemäß § 529 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Grunde zu legen.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich der Verfügungsanspruch nicht aus § 824 BGB, weil die angegriffene Äußerung keine Tatsachenbehauptung enthält.

a) Die Behauptung, es liege ein Plagiat vor, besteht im Wesentlichen aus einer rechtlichen Würdigung und ist für sich genommen zu substanzarm, als dass ihr auch nur teilweise der Charakter einer Tatsachenbehauptung zukäme. Sie stellt eine reine Meinungsäußerung dar.

aa) Der Begriff des Plagiats wird im allgemeinen Sprachgebrauch, den die Antragstellerin durch Vorlage von Auszügen aus Wörterbüchern (Anlagen ASt 10, ASt 11) in Übereinstimmung mit dem Sprachverständnis des Senats dokumentiert hat, als unrechtmäßige Nachahmung eines von einem anderen geschaffenen Werks verstanden. Dabei ist die Unrechtmäßigkeit der Nachahmung wesentlicher Begriffsbestandteil, wie die Überlegung zeigt, dass dessen Verwendung für eine vom Schöpfer der Vorlage gestattete Nachahmung gänzlich unüblich wäre.

bb) Die so aufgefasste Verwendung des Begriffs "Plagiat" stellt keine Behauptung einer Tatsache dar.

Tatsachen sind konkrete, nach Raum und Zeit bestimmte, der Vergangenheit oder Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens (vgl. BGH NJW 1998, 1223 [1224] m. w. N.), deren Vorliegen oder Nichtvorliegen dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist (vgl. BVerfGE 94, 1 [8]; BGH NJW 1994, 2614 [2615] jeweils m. w. N.).

Dass es bei dem Begriff "Plagiat" an einer solchen Beweiszugänglichkeit fehlt, ergibt sich schon daraus, dass damit die Unrechtmäßigkeit einer Handlung zum Ausdruck gebracht werden soll. Zwar können einfache Rechtsbegriffe wie "Eigentum" oder "Leihe" im allgemeinen Sprachgebrauch als Tatsachenbehauptungen aufgefasst werden. Das ist auch noch bei denjenigen Bezeichnungen von Straftatbeständen wie etwa "Diebstahl" möglich, bei denen sich regelmäßig alleine aus der dem Tatsächlichen verhafteten Tatbestandsverwirklichung das rechtliche Urteil der Rechtswidrigkeit ergibt. Dagegen ist die Frage nach der Unrechtmäßigkeit einer Nachahmung angesichts deren generellen Zulässigkeit von derart vielschichtiger und durch Bewertungen geprägter Art, dass sie rechtlichen und nicht tatsächlichen Gehalt hat und deshalb einem Beweis nicht zugänglich ist (vgl. BGH NJW 1982, 2246 [2247] für die Bezeichnung einer Handlung als illegal; a. A. OLG Stuttgart NJWE-WettbR 1997, 271 [271 f.] für die Behauptung ein Katalog sei [unerlaubt] nachgemacht; OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1991, 1517 für die Verleihung des Negativpreises "Plagiarius"). Beweis könnte allenfalls über Umstände erhoben werden, die das Urteil, eine Nachahmung sei unrechtmäßig, zu begründen vermöchten. Konkrete Umstände solcher Art sind aber nicht schon in der bloßen Bezeichnung als Plagiat angelegt.

Darüber hinaus ergibt sich alleine aus dem Vorwurf der Nachahmung weder, worin das Eigentümliche des Originals liege, noch, worin die Übereinstimmungen des angeblich Nachgeahmten mit dem Original bestünden. Für sich genommen ruft die Bezeichnung als Plagiat deshalb zwar die Vorstellung hervor, dass es wie auch immer geartete tatsächliche Vorgänge gebe oder gegeben habe, auf denen diese Einschätzung beruhe. Ein so verstandener "Tatsachenkern" begründet aber nicht zugleich die Vorstellung davon, welche konkreten, nach Raum und Zeit bestimmten Vorgänge gemeint sind, und ist deshalb zu unsubstantiiert, als dass er dem Beweis zugänglich wäre. Weitere Angaben, die den Vorwurf im Tatsächlichen konkretisiert hätten, machte die Antragsgegnerin zu 2. nicht. Bei dieser Sachlage ist die Verwendung des Begriffs "Plagiat" zu substanzarm, als dass sie als wahr oder unwahr eingestuft werden könnte, und muss als reine Meinungsäußerung angesehen werden (vgl. BVerfGE 61, 1 [9] - NPD Europas; BGH NJW 1982, 2246 [2247]; BGHZ 45, 296 [304] - Höllenfeuer; dagegen enthielt die Äußerung, die Gegenstand der von der Antragstellerin angesprochenen Entscheidung BGH GRUR 1960, 500 ff. - Plagiatsvorwurf war, derartige Konkretisierungen).

b) Auch der weitere in der angegriffenen Äußerung verwendete Begriff "billig" enthält keine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung.

Wegen des Sachzusammenhangs, in dem die Äußerung getan wurde, ist auszuschließen, dass "billig" auf den im Verhältnis zur Zeitschrift der Antragsgegnerin zu 1. geringeren Preis der Zeitschrift der Antragstellerin hinweisen sollte; vielmehr ergibt sich unzweifelhaft, dass "billig" hier im Sinne von "qualitativ minderwertig" verwendet wurde. Denn eine Deutung der Äußerung dahin, dass derjenige, der das Original mit einem preisgünstigeren Plagiat angreife, damit rechnen müsse, dass sich die Antragsgegnerin zu 1. zur Wehr setzen würde, wäre fernliegend, weil nicht erkennbar ist, weshalb im Zusammenhang mit einer Gegenwehr des Inhabers des Originals die Preisgestaltung des Plagiats eine Rolle spielen sollte. Dagegen ist es naheliegend, dass ein Angriff mit einem qualitativ minderwertigem Plagiat in besonderem Maße Gegenwehr auslösen kann, weil durch die mindere Qualität des Plagiats die Wertschätzung des Originals in besonders intensiver Weise beeinträchtigt wird. Zudem würde der Hinweis auf den günstigeren Preis des Konkurrenzprodukts dessen Marktchancen verbessern, was nach den näheren Umständen, unter denen die Äußerung fiel, als Absicht der Antragstellerin zu 2. ausgeschlossen werden kann.

Dass die Einschätzung einer Zeitschrift als qualitativ minderwertig nicht dem Beweis zugänglich und damit keine Tatsachenbehauptung ist, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Darlegung.

3. Der Verfügungsanspruch ergibt sich jedoch aus § 1 UWG, da die Herabsetzung eines Mitbewerbers oder seiner Angebote ohne sachliche Rechtfertigung als Rufschädigung sittenwidrig ist.

a) Die Äußerung erfolgte zu Zwecken des Wettbewerbs.

Die Parteien sind unstreitig Wettbewerber auf dem Markt für Frauenzeitschriften. Die Antragsgegnerin zu 2. wurde in ihrer Funktion als Verlagssprecherin der Antragsgegnerin zu 1. angesprochen und machte die angegriffene Äußerung in dieser Eigenschaft. Sie handelte mithin für die Antragsgegnerin zu 1. im geschäftlichen Verkehr. Da die Bezeichnung der Zeitschrift eines Mitbewerbers als billiges Plagiat der eigenen Zeitschrift auch objektiv geeignet ist, den gemeinsamen Markt zum Nachteil des Mitbewerbers und zum eigenen Vorteil zu beeinflussen, spricht eine Vermutung für eine entsprechende Absicht, zu Wettbewerbswecken zu handeln (vgl. BGHZ 136, 111 [117] - Kaffeebohne; Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl. 2002, Einführung Rz. 222; jeweils m. w. N.). Dies gilt auch für die Äußerung gegenüber einem Journalisten, der sich nicht selbst an die Leser der Zeitschriften der Parteien wendet, sondern an andere Journalisten und Medienfachleute, weil diese zum einen ihrerseits die Äußerung an die allgemeine Öffentlichkeit tragen können, und zum anderen als Auftraggeber für Werbeanzeigen in der Zeitschrift der Antragstellerin in Betracht kommen.

Die Vermutung des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs kommt nicht deshalb in Wegfall, weil die Antragsgegnerin zu 1. ein Presseunternehmen ist. Zwar kann bei Presseäußerungen von einer solchen Vermutung in der Regel nicht ausgegangen werden (vgl. BGH GRUR, 2000, 703 [706] - Mattscheibe m. w. N.). Diese Einschränkung gilt jedoch nur insoweit, als Medienunternehmen innerhalb ihres medialen Funktionsbereichs handeln (vgl. Köhler, a. a. O., Einführung Rz. 229). Die vorliegende Äußerung erfolgte indessen nicht als Teil der eigenen Presseveröffentlichungen, sondern auf Anfrage eines außenstehenden Journalisten und hätte in vergleichbarer Weise auch von einem medienfremden Unternehmen, dessen Streit mit einem Mitbewerber journalistisches Interesse erweckt, gemacht werden können. Schon deshalb ist die Anwendung der Vermutung wie auf ein medienfremdes Unternehmen angezeigt. Im Übrigen sind Erklärungen, die geeignet sind, einen Mitbewerber in der Öffentlichkeit als unseriös hinzustellen, nicht für Pressefehden weltanschaulicher, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Art oder für eine sachbezogene Information und Aufklärung der Öffentlichkeit typisch, sondern in aller Regel dafür, dass sie von der Absicht getragen sind, den Eindruck zu vermitteln, dass die eigenen geschäftlichen Leistungen gegenüber denen der Konkurrenz den Vorzug verdienen (vgl. BGH GRUR 1986, 812 [814] - Gastrokritiker; GRUR 1982, 234 [236] - Großbanken-Restquoten).

Der Umstand der Verärgerung über eine kürzlich erlassene einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin zu 1., auf den sich die Antragsgegnerinnen als Motiv für die Äußerung berufen, schließt jene Zwecksetzung nicht aus und führt deshalb nicht zwingend aus dem Bereich des Handelns zu Wettbewerbszwecken heraus. Für die Annahme, dass die Äußerung ausschließlich deshalb gemacht worden wäre, weil der Ärger über die ihrem Unternehmen ungünstige einstweilige Verfügung die Antragsgegnerin zu 2. übermannt und alle anderen Motive zurückgedrängt hätte, gibt es keine Anhaltspunkte; eine solche Annahme stünde vielmehr im Widerspruch zu den Aufgaben der Antragsgegnerin zu 2. als Sprecherin der Antragsgegnerin zu 1.

b) Die angegriffene Äußerung war sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

aa) Wer den Mitbewerber in seiner Geschäftsehre herabsetzt, ohne damit zugleich die eigene Leistung hervorzuheben, strebt die Förderung des eigenen Wettbewerbs ausschließlich durch die Behinderung des Mitbewerbers an. Das steht im Widerspruch zum Gedanken des Leistungswettbewerbs und ist grundsätzlich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

bb) Die grundrechtliche Verbürgung der Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 GG steht dieser Einschätzung nicht entgegen.

(1) Die angegriffene Handlung fällt zwar als eine vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerung in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 90, 241 [247] m. w. N.). Das gilt auch für kommerzielle Meinungsäußerungen (vgl. BVerfGE 102, 347 [359] - Benetton-Werbung I m. w. N.).

(2) Der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG wird jedoch nicht unbegrenzt gewährt, sondern findet eine Schranke in § 1 UWG, der ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfG, a. a. O.; - Benetton-Werbung I S. 360 m. w. N.). Diese Vorschrift ist indessen wie alle die Meinungsfreiheit einschränkenden Gesetze ihrerseits im Lichte des eingeschränkten Grundrechts auszulegen und anzuwenden, damit der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts auch auf der Rechtsanwendungsebene Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 94, 1 [8] m. w. N.). Das bedeutet, dass ein unbedingter Vorrang der grundrechtsbeschränkenden Belange neben dem - hier schon wegen des Charakters der Antragstellerin als juristischer Person nicht gegebenen - Fall der Menschenwürdeverletzung nur bei Formalbeleidigungen oder Schmähungen angenommen werden kann und im Übrigen in eine Abwägung der gegenläufigen Belange des Grundrechts einerseits und des Schutzguts des einschränkenden Gesetzes andererseits einzutreten ist (vgl. BVerfGE 93, 266 [293 f.]). Dabei ist bei einem auf § 1 UWG gestützten Grundrechtseingriff zum Schutze des Leistungswettbewerbs zu berücksichtigen, dass die Bewertung als sittenwidrig wegen ihrer grundrechtsbeschränkenden Folgen nur solche Äußerungen treffen darf, die nach den Umständen des Einzelfalls so schwer wiegend sind, dass sie eine Gefährdung des Leistungswettbewerbs begründen (vgl. BVerfG GRUR 2003, 442 - Benetton-Werbung II; GRUR 2002, 455 [456] - Tier- und Artenschutz; GRUR 2001, 1058 [1060] - Therapeutische Äquivalenz).

a-1) Die angegriffene Äußerung ist keine Schmähkritik. Dieser Begriff ist wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts eng zu definieren. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähkritik. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Gegners im Vordergrund steht. Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen (vgl. BVerfGE 93, 266 [294] m. w. N.). Ihr Merkmal ist die das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung (BVerfG, a. a. O., S. 303), wobei eine solche auch bei juristischen Personen möglich ist. Davon kann angesichts des Bezugs der angegriffenen Äußerung zu dem Streit zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1. um die Reichweite der Zulässigkeit von Nachahmungen nicht die Rede sein. Auch der Vorwurf der qualitativen Minderwertigkeit hat Bezug zum Verhältnis der im Streit stehenden Zeitschriften und bezieht sich deshalb bei aller Polemik noch auf ein Sachanliegen.

a-2) Die mithin gebotene an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierte Abwägung zwischen den Belangen des Leistungswettbewerbs und denen der Meinungsfreiheit führt zum Zurücktreten der Meinungsfreiheit.

Der Meinungsfreiheit tritt gegenüber der Schutz der Funktionsfähigkeit des Leistungswettbewerbs - auch - durch die Abwehr von Behinderungen der Mitbewerber mit nicht leistungsgerechten Mitteln. Er findet eine tragende Stütze in der aus Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten Privatautonomie als einem Strukturelement der freiheitlichen Gesellschaftsordnung, die sich als Grundlage des Verhaltens am Markt zu Gunsten aller Marktteilnehmer auswirkt (vgl. BVerfG, a. a. O., - Therapeutische Äquivalenz, S. 1060). Anders als in Fällen der Bezug nehmenden (vgl. BVerfG, a. a. O., - Therapeutische Äquivalenz) oder gefühlsbetonten Werbung (vgl. BVerfG, a. a. O. - Benetton-Werbung II; BVerfG, a. a. O., - Tier- und Artenschutz) wird bei der unsachlichen Herabwürdigung eines Mitbewerbers der Leistungswettbewerb unmittelbar und augenfällig gefährdet. Denn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten eines Mitbewerbers durch unsachliche Anwürfe widerspricht dem Grundgedanken des Leistungswettbewerbs, demzufolge jeder Wettbewerber durch seine eigene Leistung auf dem Markt und eben nicht durch derartige Angriffe auf Mitbewerber Kunden gewinnen soll. Wenn die Abwägung im Übrigen keinen Vorrang der Meinungsfreiheit ergibt, ist die unsachliche Herabwürdigung eines Mitbewerbers deshalb auch von einem Gewicht, das ausreicht, den Eingriff in die Meinungsfreiheit zu rechtfertigen.

Die Antragsgegnerinnen können sich nicht auf eine Vermutung zu Gunsten der Freiheit der Rede berufen. Eine solche Vermutung besteht nur bei Beiträgen zur öffentlichen Meinungsbildung, also solchen zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage (vgl. BVerfGE 93, 266 [294 f.]). Handelt es sich dagegen um eine Äußerung im privaten, namentlich wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele oder um eine Berichterstattung lediglich zur Befriedigung der Neugier, so ginge die Anwendung der Vermutungsformel, die im Interesse demokratischer Transparenz und Kontrolle aufgestellt wurde, fehl (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 [3263]). Eine wie auch immer geartete Bedeutung für das demokratisch verfasste Gemeinwesen kann dem Streit zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1. darüber, wie sie die Titelblätter ihrer Frauenzeitschriften - in denen ihrerseits regelmäßig keine die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen erörtert werden - gestalten dürfen, nicht beigemessen werden. Für die Anwendung der Vermutungsregel ist deshalb kein Platz.

Nicht ausschlaggebend ist auch, dass derjenige, der im öffentlichen Auftreten zu einem herabsetzenden Urteil Anlass gegeben hat, eine scharfe Reaktion grundsätzlich auch dann hinnehmen muss, wenn sie sein Ansehen mindert. Diese Verknüpfung von Anlass und Reaktion ist zwar nicht auf gegenseitige Beleidigungen beschränkt, sondern es ist vielmehr allgemein maßgeblich darauf abzustellen, ob und in welchem Ausmaß der von herabsetzenden Äußerungen Betroffene seinerseits an dem durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Prozess öffentlicher Diskussion teilgenommen, sich damit aus eigenem Entschluss dessen Bedingungen unterworfen und sich durch dieses Verhalten eines Teils seiner schützenswerten Sphäre begeben hat (vgl. BVerfGE 66, 116 [150 f.] m. w. N.). Im vorliegenden Fall ging auch das Medieninteresse, das sich in der Anfrage eines Journalisten bei der Antragsgegnerin zu 2. zeigt, nicht von den Antragsgegnerinnen aus, sondern wurde durch Presseerklärungen der Antragstellerin zumindest gefördert, wenn nicht sogar geweckt. Eine Veranlassung, das Produkt der Antragstellerin als billig im Sinne von qualitativ minderwertig zu bezeichnen, kann sich daraus aber gleichwohl nicht ergeben. Denn diese Herabwürdigung diente nicht mehr der Auseinandersetzung mit dem, was durch die Presseerklärungen der Antragstellerin in die Öffentlichkeit getragen worden war, sondern ging darüber hinaus und bewirkte eine pauschale, von der Nachahmungsfrage losgelöste Behinderung der Antragstellerin, die auch nicht mehr mit der eigenen Einschätzung der Antragsgegnerinnen, ihr Produkt sei das Original, in Verbindung stand.

Bei einer solchen Abwägungslage muss das Interesse der Antragsgegnerinnen, sich pauschal abwertend über das Produkt der Antragstellerin zu äußern, gegenüber der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Leistungswettbewerbs zurücktreten.

Da sich der hier zu Grunde zu legende Sinn des Wortes "billig" nur im Zusammenhang mit dem Wort "Plagiat", nicht aber losgelöst davon erschließt, kann die angegriffene Äußerung nur in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden. Damit verbietet sich eine Aufspaltung dahin, dass die Verwendung des Wortes "billig" isoliert zum Gegenstand eines Unterlassungsausspruchs gemacht werde.

Die Bezeichnung als billiges Plagiat ist deshalb insgesamt wettbewerbswidrig und gemäß § 1 UWG zu unterlassen.

4. Da sich die Äußerung bereits auf Grund allgemeiner Erwägungen als sittenwidrig und zu unterlassen erweist, kann dahin stehen, ob sie auch als Werbung im Sinne des § 2 UWG aufzufassen und dann gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG sittenwidrig ist, weil sie die Antragstellerin herabsetzt und verunglimpft.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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