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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.01.2000
Aktenzeichen: 29 U 4724/99
Rechtsgebiete: UrhG, VerlG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 13
UrhG § 2
UrhG § 16
UrhG § 17
UrhG § 97 Abs. 1
UrhG § 14
UrhG § 13 S. 2
VerlG § 47 Abs. 2
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
Räumt der Verfasser von Beiträgen für die Neuausgabe eines Handbuchs der deutschen Gegenwartsliteratur dem Verlag Rechte ein, so beschränkt sich die Rechteeinräumung aufgrund des Zweckübertragungsprinzips auf die konkrete Ausgabe. Ein stillschweigendes Einverständnis des Urheber mit der unentgeltlichen Wiederverwendung seiner Beiträge anläßlich einer eventuellen späteren Neuherausgabe ist im Zweifel nicht anzunehmen.

Die Benennung des Urhebers von Beiträgen eines Literaturhandbuches entspricht nicht den Anforderungen der Urheberbenennung im Sinne von § 13 UrhG, wenn sie abweichend von der Nennungsvereinbarung die Zuordnung zu den einzelnen Beiträgen nicht ermöglicht.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 4724/99 21 O 11796/98 LG München I

Verkündet am 20. Januar 2000

Die Urkundsbeamtin: Barbagiannis Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Mangstl und die Richter Haußmann und Jackson aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Streithelfers der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12. Juli 1999 - 21 O 11796/98 - wird zurückgewiesen.

II. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Wert der Beschwer des Streithelfers übersteigt nicht 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung von Urheberrechten. Er macht geltend, 95 von ihm erarbeitete Beiträge, Werke i.S.v. § 2 UrhG, seien ohne seine Zustimmung und unter Verletzung seines Rechts auf Namensnennung in die von der Beklagten verlegte überarbeitetete Auflage eines Literaturlexikons aufgenommen worden.

Der Kläger war vom 1.8.1987 bis 28.2.1990 als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Bayerische Literaturgeschichte der L-M-Universität in München beschäftigt. Der Vorstand dieses Instituts ist der Streithelfer Dr. D-R M. Prof. Dr. M schloss am 13.12.1989 mit der Beklagten einen Verlagsvertrag über die Verlagsrechte an einem Werk mit dem Arbeitstitel "Neues Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945", das 1990 erschien. Bei diesem Handbuch handelt es sich um ein grundlegend überarbeitetes Nachschlagewerk in Form eines Sammelwerkes, in dem zeitgenössische Autoren und ihr Werk durch Einzelbeiträge einer Vielzahl von Verfassern gewürdigt werden. Für die Neuherausgabe hatte Prof. Dr. M als Herausgeber neben anderen den Kläger durch Verträge vom 12.6.1987, 23.12.1987 nebst Zusatzvereinbarung und 18.12.1989 (Anlagen B 3 bis B 6) zur Mitarbeit gewonnen. Neben der redaktionellen, den Herausgeber unterstützenden Tätigkeit verfasste der Kläger selbst 95 der insgesamt 592 Beiträge des Nachschlagewerkes. In diesen Beiträgen setzt sich der Kläger - wie die anderen Verfasser auch - unter literaturkritischer Würdigung mit dem Lebenswerk des jeweiligen Autors auseinander. Am Ende jedes Einzelbeitrages ist der Name des Verfassers der Würdigung aufgeführt, ferner findet sich unter der Rubrik "Die Verfasser der Beiträge" am Ende des Buches eine Zuordnung der Schriftsteller zu den alphabetisch aufgelisteten Verfassern der Beiträge.

Im Dezember 1997 erschien bei der Beklagten eine wiederum vom Streithelfer Prof. Dr. M herausgegebene überarbeitete Neuauflage des Werkes unter dem Titel "Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit 1945". In dieser Neuauflage des Handbuchs, die ohne die Mitarbeit des Klägers entstand, wurden neben anderen auch die Beiträge des Klägers teilweise mit Ergänzungen, im übrigen jedoch weitgehend unverändert übernommen. Die Zustimmung des Klägers hierzu war nicht eingeholt worden. Von der Nennung der Verfasser am Ende der einzelnen Beiträge wurde in der Neuauflage des Handbuchs abgesehen. Anstelle der Zuordnung der Beiträge zu ihren Verfassern findet sich am Ende des Werkes eine alphabetische Auflistung aller beteiligten Autoren.

Der Kläger erhielt kein Honorar im Zusammenhang mit der Neuauflage des Werkes.

Der Kläger machte geltend, die Beklagte habe durch die Neuauflage von 1997 seine Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte gemäß §§ 16 und 17 UrhG verletzt. Der ihm nach § 97 Abs. 1 UrhG zustehende Schadensersatz errechne sich nach der angemessenen fiktiven Lizenzgebühr. Da die einzelnen Beiträge den Verfassern im Jahr 1990 mit 140,-- DM vergütet worden seien, bemesse sich bei einer geschätzten Preissteigerung von 2% pro Jahr das Honorar pro Beitrag im Jahre 1997 mit 160,-- DM. Für 95 Beiträge falle sonach eine angemessene Lizenzgebühr von 15.200,-- DM an.

Die Vorgehensweise der Beklagten im Zusammenhang mit der Namensnennung der Autoren der Beiträge verletze sein Urheberpersönlichkeitsrecht gemäß § 13 UrhG und löse deshalb einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe einer vollen Lizenzgebühr, mithin weitere 15.200,-- DM aus.

Durch an seinen Beiträgen vorgenommene nicht autorisierte Streichungen und Ergänzungen und das Unterlassen einer Aktualisierung in anderen Fällen sei ein Teil seiner wissenschaftlichen Beiträge entstellt worden, was zu einer Schädigung seiner Reputation als Wissenschaftler geführte habe. Wegen dieser Beeinträchtigung seines Werkes gemäß § 14 UrhG stehe ihm ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens jedoch in Höhe von 5.000,-- DM zu.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 35.400,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 31.7.1998 zu bezahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer haben Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte führte ins Feld, ein Anspruch auf Vergütung der Beiträge des Klägers wegen Verwendung in der Neuauflage von 1997 bestehe ebensowenig wie ein Schadensersatzanspruch wegen Urheberrechtsverletzung, weil es sich bei den Beiträgen des Klägers um ein Dienstwerk gehandelt habe. Der Kläger habe die Beiträge im Rahmen seines Dienstvertrages mit dem Institut für Bayerische Literaturgeschichte der L-M-Universität München verfasst. Bei dem vorliegenden lexikalischen Sammelwerk sei ferner das Interesse der einzelnen Autoren an ihren Beiträgen mit einer einmaligen Vergütung erschöpft. Ihre geistige Schöpfung liege in der Zusammenstellung und der Anordnung der in das Sammelwerk aufgenommenen Beiträge. Für die nach den Vorgaben des Streithelfers und der Beklagten verfassten Beiträge habe es einer Zustimmung der Autoren zur Wiederverwendung der Beiträge in der Neuauflage 1997 nicht bedurft. Auch sei an keinen der über 200 Autoren eine Vergütung für die Wiederverwendung bezahlt worden.

Aufgrund § 1 Nr. 3 des Verlagsvertrages vom 13.12.1989 sei der Streithelfer ihr, der Beklagten gegenüber, verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass keine Rechte Dritter verletzt würden.

Zur unterbliebenen Namensnennung brachte die Beklagte vor, es sei bei lexikalischen Sammelwerken nicht üblich, die einzelnen Beiträge namentlich zu kennzeichnen, branchenüblich sei vielmehr die alphabetische Auflistung am Ende des Werkes. Davon abgesehen habe sie davon ausgehen dürfen, dass der Streithelfer die Zustimmung der einzelnen Autoren zur Streichung der Verfasserangaben am Ende der Beiträge eingeholt habe, da dies auf seine Veranlassung geschehen sei. Für Streichungen und unzureichende Ergänzungen der Beiträge könne sie gleichfalls nicht verantwortlich gemacht werden, weil die redaktionelle Arbeit dem Institut für Bayerische Literaturgeschichte und den Streithelfer als Herausgeber oblegen habe.

Die Beklagte verkündete der L-M-Universität München sowie Prof. Dr. D-R M den Streit mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beizutreten. Prof. Dr. M trat daraufhin dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelfer bei.

Der Streithelfer trat den Klageansprüchen zusammengefasst mit den Argumenten entgegen, die vom Kläger verfassten Artikel dürften beliebig oft vervielfältigt und verbreitet werden, eine Überarbeitung, Änderung oder Ergänzung dieser Beiträge sei zulässig, eine Urhebernennung der einzelnen Beitragsverfasser in einem Lexikon entfalle üblicherweise, zumindest sei sie in der hier vorliegenden Form zulässig und schließlich sei ein immaterieller Schaden des Klägers nicht ersichtlich.

Hierzu macht er ferner geltend, bei einem Lexikon seien die Rechte der einzelnen Beitragsverfasser nach § 47 Abs. 2 VerlG von vornherein beschränkt. Hier folge der Charakter einer bloßen Hilfstätigkeit des Klägers auch aus den Verträgen, die er für seine Mitwirkung an dem Lexikon geschlossen habe. Dort sei von Werkverträgen die Rede. Nach Sinn und Zweck der geschlossenen Vereinbarungen sollten die Beiträge des Klägers auch für künftige Ausgaben verwendet werden, und zwar mit den erforderlichen Überarbeitungen und Aktualisierungen. Der Kläger habe zumindest stillschweigend in die Herstellung weiterer Auflagen und die laufende Aktualisierung eingewilligt. Aus Sinn und Zweck der Vereinbarungen und des Projekts folge ferner, dass die Verwendung der Beiträge in einer Neuausgabe nicht vergütet werde. Der Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sei u.a. auch deshalb unbegründet, weil die Ergänzungen und Streichungen keineswegs unautorisiert erfolgt seien. Solche Überarbeitungen gehörten zum Vertragszweck. Keinesfalls handele es sich hier um schwerwiegende und nachhaltige Verletzungen, die einen Schmerzensgeldanspruch auslösen könnten. Hinsichtlich des Anspruchs wegen unterlassener Urhebernennung seien die Ausführungen des Klägers widersprüchlich, weil er einerseits die Beeinträchtigung seiner Beiträge beklage, die seiner persönlichen wissenschaftlichen Reputation schade, sich andererseits aber gerade dadurch als geschädigt ansehe, dass er bei solchen Beiträgen nicht mehr als Urheber genannt werde. Die verlangte Entschädigung in Form einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 15.200,-- DM sei schließlich auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Kläger immerhin als Verfasser genannt worden sei.

Das Landgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 12. Juli 1999 zur Zahlung von 19.000,-- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 1.8.1998 verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf das landgerichtliche Urteil wird verwiesen.

Gegen dieses Urteil, das den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers am 26.7.1999 zugestellt wurde, legten diese mit Schriftsatz vom 25.8.1999, der am 30.8.1999 beim Oberlandesgericht München einging, Berufung ein. Sie wiederholten die Berufungseinlegung mit Schriftsatz vom 8.9.1999, eingegangen am 9.9.1999 und beantragten gleichzeitig, dem Streithelfer gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Kanzleikräfte S J und S R machten die Prozessbevollmächtigten geltend, Frau R, eine erfahrene und stets zuverlässige Anwaltsgehilfin, habe die konkrete Anweisung von Rechtsanwalt Dr. Sch, den Berufungsschriftsatz vom 25.8.1999 am gleichen Tag zur Fristwahrung durch Frau J als Botin zum Nachtbriefkasten der Justizbehörden bringen zu lassen, versehentlich nicht beachtet.

In der Sache verficht der Streithelfer unter weitgehender Wiederholung seines Vorbringens im ersten Rechtszug seinen Standpunkt weiter, der Kläger habe das Recht zur unentgeltlichen Verwendung seiner Beiträge zumindest stillschweigend eingeräumt mit der Folge, dass er keinen Anspruch auf eine weitere Vergütung oder auf Schadensersatz habe; auch fehle es an der Verletzung des Urhebernennungsrechts, jedenfalls sei die vom Landgericht geschätzte Lizenzgebühr unangemessen hoch.

Der Streithelfer beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 12.7.1999 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, und wiederholt seinerseits den Sach- und Rechtsvortrag aus dem ersten Rechtszug.

Zur Ergänzung des Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Durch Beschluss in der Berufungsverhandlung wurde dem Streithelfer der Beklagten gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in der vorigen Stand gewährt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Streithelfers ist aufgrund der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zulässig; sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht und mit zutreffenden, Erwägungen einen von der Beklagten zu leistenden Schadensersatz in Höhe von 9.500,-- DM wegen der ohne seine Zustimmung und ohne Honorierung erfolgten Aufnahme seiner 95 Beiträge in die überarbeitete Ausgabe des 1997 herausgebrachten Literaturlexikons zugesprochen und ihm einen weiteren Schadensersatzbetrag in Höhe von 9.500,-- DM wegen Verletzung seines Rechts auf Urheberbenennung zuerkannt. Auf die eingehende Begründung des landgerichtlichen Urteils, die sich der Senat zu eigen macht, wird verwiesen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die Berufungsbegründung gibt Anlass zu folgenden Ausführungen:

Der Streithelfer führt ohne Erfolg zur Begründung seines Standpunkts, die Beiträge des Klägers - deren Werkeigenschaft i.S.v. § 2 UrhG zu Recht nicht in Frage gestellt wurde - hätten bei der Ausgabe von 1997 ohne weiteres und unentgeltlich wiederverwendet werden können, die Besonderheiten des hier vorliegenden "Sammelwerks" ins Feld.

Für die Frage, ob sich die Beklagte diesen Standpunkt ohne Verletzung der Urheberrechte des Klägers zu eigen machen durfte, ist es ohne Bedeutung, dass das Lexikon schon vor der Herausgabe durch den Streithelfer und vor der erstmaligen Mitwirkung des Klägers in mehreren Ausgaben unter anderen Herausgebern und mit anderen Beitragsverfassern in den Jahren 1964, 1981 und 1987 erschienen war. Es liegt auch auf der Hand, dass ein Lexikon zur Literatur der Gegenwart zwangsläufig bei jeder Ausgabe einer Aktualisierung und Überarbeitung bedarf. Aus der Tatsache, dass der Kläger für die Ausgabe von 1990 seinerseits Beiträge anderer Autoren aus der Vorauflage dementsprechend aktualisiert und überarbeitet hatte, kann indes nicht gefolgert werden, der Kläger habe sich - wie damals möglicherweise die Autoren der von ihm aktualisierten Beiträge - stillschweigend damit einverstanden erklärt, dass auch seine Beiträge in späteren Ausgaben ohne zusätzliche Honorierung wiederverwendet werden dürfen. Unstreitig hatte der beklagte Verlag die für die Neuausgabe im Jahre 1990 für die redaktionelle Arbeit des Klägers, die Überarbeitung und Ergänzung vorhandener Beiträge und die Erstellung neuer Beiträge aufzuwendenden Kosten übernommen, wobei die Honorierung aufgrund gesonderter Vereinbarungen durch monatliche Zahlungen des vom Streithelfer geleiteten Universitätsinstituts erfolgte. Der Streithelfer trägt selbst vor, dass er auch bei der neuen Ausgabe von 1997 die Beklagte zu bewegen suchte, die Bearbeitungen durch die von ihm engagierten Mitarbeiter wiederum zu finanzieren. Wenn sich die Beklagte hierzu unter Berufung auf die im Verlagsvertrag mit dem Streithelfer getroffenen Abreden nicht bereit fand, so kann dies nicht zu Lasten des Klägers gehen. Die Beklagte übernimmt zu Unrecht den Standpunkt des Streithelfers, die Nutzungsrechtseinräumung durch den Kläger an den von ihm verfassten oder überarbeiteten Beiträgen habe sich auch auf künftige Neubearbeitungen des Lexikons bezogen, jedenfalls sei seine Urheberleistung durch die damals erfolgten Zahlungen abgegolten. Unstreitig hat der Kläger weder gegenüber dem Streithelfer, noch gegenüber der Beklagten ausdrücklich zugestimmt, dass seine Beiträge von 1990 in der Ausgabe von 1997 unentgeltlich erneut verwendet werden dürfen.

Ob der Kläger bei der 1992 erfolgten Aktualisierung für die Taschenbuchausgabe durch den dtv-Verlag mitgewirkt hat, ohne hierfür ein Honorar zu verlangen oder ob - wie der Streithelfer behauptet - seine Beiträge anderweitig aktualisiert wurden und es für ihn selbstverständlich gewesen sei, hierfür kein Honorar zu erhalten, kann dahin gestellt bleiben. Dem Kläger steht als dem Urheber, wenn nichts anderes vereinbart ist, für jede Verwertung seiner Beiträge eine Vergütung zu. Ob er im Einzelfall eine Vergütung verlangt, bleibt seiner Entscheidung überlassen. Sieht er davon ab, etwa weil die Verwertung im Rahmen einer Taschenbuchausgabe erfolgt, die wegen der relativ geringen verstrichenen Zeit keine umfangreichen Aktualisierungsarbeiten erfordert oder weil er keine solchen Arbeiten zu leisten hatte, so kann die Beklagte hieraus nicht berechtigterweise herleiten, der Kläger sei stillschweigend auch mit der Verwendung seiner Beiträge für zukünftige Neuausgaben des Werkes ohne weitere Urhebervergütung einverstanden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, mit dem als Herausgeber fungierenden Streithelfer bei der Neuherausgabe des Lexikons im Jahre 1997 die Frage der Urhebervergütung der Autoren abzuklären und gegebenenfalls die Zustimmung der Autoren zur unentgeltlichen Verwertung ihrer Beiträge einzuholen. Dies ist von Seiten der Beklagten nicht geschehen und auch der Streithelfer hat offenbar keine Veranlassung gesehen, von sich aus an den Kläger heranzutreten.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass aus den vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Streithelfer bzw. der Universität München eine unentgeltliche Nutzungsrechtseinräumung an den vom Kläger erarbeiteten Beiträgen auch für künftige Ausgaben des Lexikons hervorgeht. Dem Landgericht ist zuzustimmen, dass die unentgeltliche Einräumung auch nicht dem mit der Übertragung der Nutzungsrechte für die Ausgabe von 1990 verfolgten Zweck entnommen werden kann. Wird ein Dienstverhältnis des Klägers mit der Universität München aus den vom Streithelfer angeführten Gründen - insbesondere, weil das Lexikon-Projekt in den Forschungsbereich des Instituts des Streithelfers gefallen sei - unterstellt, so hatte der Kläger dem Dienstherrn die Nutzungsrechte insoweit einzuräumen, wie dieser sie für seine dienstlichen Zwecke benötigte und mit der Zahlung des vereinbarten Lohns war auch die Einräumung derjenigen Nutzungsrechte, die der Dienstherr für diese Zwecke haben mußte, abgegolten. Da der Grundsatz, dass das Urheberrecht die Tendenz hat, soweit als möglich beim Urheber zu bleiben, auch bei Dienstverhältnissen zu berücksichtigen ist - wobei dieser Grundsatz insofern eine Einschränkung erfährt, als den berechtigten Interessen des Dienstherrn an einer ungestörten Verwertung der im Rahmen eines Dienstverhältnisses geschaffenen Werke Rechung zu tragen ist - wurden der Universität München die Nutzungsrechte vom Kläger auch nur insoweit unentgeltlich eingeräumt, wie es die dienstlichen Zwecke des Instituts für Bayerische Literaturgeschichte erforderten. Der Streithelfer hat hierzu vorgebracht, es gehöre zu seinem Aufgabenbereich sowie zum Aufgabenbereich des von ihm geleiteten Instituts, das literarische Leben Bayerns in Vergangenheit und Gegenwart zu erforschen und zu fördern. Da es ihm seinerzeit mit der Übernahme der Herausgabe des Lexikons der Gegenwartsliteratur nicht zuletzt auch darum gegangen sei, die Bayerische Literatur in diesem Lexikon gebührend zu Wort kommen zu lassen, habe es sich bei dem Projekt durchaus um ein solches des Instituts für Bayerische Literaturgeschichte der Universität München gehandelt. Dem kann nicht gefolgt werden. Um eine Forschungsarbeit des Instituts handelte es sich bei der Herausgabe des Lexikons keineswegs, auch nicht um ein den Dienstzwecken entsprechendes Institutsprojekt. Dem Landgericht ist beizupflichten, dass es nicht zum Dienstzweck einer Universität gehört, im geschäftlichen Interesse eines Verlags Beiträge für ein Lexikon zu erarbeiten und das Werk durch den Lehrstuhlinhaber herausgeben zu lassen. Hier kommt hinzu, dass der Geschäftsführer des beklagten Verlags den Auftrag, das Lexikon der Gegenwartsliteratur zu bearbeiten - dem unwidersprochenen Vortrag des Streithelfers zufolge - mit inhaltlichen Vorgaben verbunden hatte, die sich schlecht mit einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt vereinbaren lassen. So hatte der Geschäftsführer der Beklagten die damalige "Linkslastigkeit" des Lexikons beanstandet und als Zielsetzung vorgegeben, dass das Lexikon weniger auf philosophische Schriften und andere Arbeiten ausgerichtet, sondern von der "schönen Literatur" im weitesten Sinne bestimmt sein sollte, wobei zugunsten der unterrepräsentierten bayerischen Literaten insbesondere "DDR-Autoren" nicht mehr in dem bisher praktizierten Maße herausgestellt werden sollten. Ungeachtet des Umstands, dass diese Intentionen mehr oder weniger auch denen des Streithelfers entsprachen, standen jedenfalls die geschäftlichen Interessen des Verlags, der zudem die gesamte Finanzierung der "Forschungsarbeiten" übernommen hatte, im Vordergrund.

Den Ausführungen des Landgerichts, dass die Einräumung von Nutzungsrechten an den Beiträgen des Klägers für künftige Neubearbeitungen auch nicht aus dem mit der Einräumung verfolgten Zweck hergeleitet werden kann (S. 13 f. des angefochtenen Urteils) ist beizutreten. Der mit der Rechteeinräumung verfolgte Zweck geht aus der Zusatzvereinbarung vom 23.12.1987 hervor, wonach die Beiträge für das "Neue Handbuch der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur", das 1989 erscheinen sollte, bestimmt waren. Dabei konnte von vornherein kein Zweifel bestehen, dass in gleicher Weise wie diese Ausgabe auch eventuelle spätere Neuausgaben nicht ohne Überarbeitung und Aktualisierung der einzelnen Beiträge möglich sein würden. Schon im Hinblick darauf beschränkte sich aufgrund des Zweckübertragungsprinzips die Rechteeinräumung auf die konkrete Ausgabe. Keinesfalls kann angenommen werden, dass der Vertragszweck eine unentgeltliche Rechteeinräumung für die Verwendung der Beiträge in künftigen Ausgaben verlangte.

Dem Kläger steht der ihm vom Landgericht zuerkannte Schadensersatzbetrag in Höhe von 9.500,-- DM für die nichtgenehmigte Verwendung seiner Beiträge zu (§ 97 Abs. 1 UrhG). Die Beklagte handelte schuldhaft, indem sie aus Nachlässigkeit ohne Nachprüfung von einer auch künftige Ausgaben umfassenden Rechteübertragung ausging oder sich fahrlässig darauf verließ, dass der Streithelfer sich vom Kläger die erforderlichen Rechte hat einräumen lassen. Der Höhe nach hat das Landgericht den Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen festgesetzt, indem es die fiktive Lizenzgebühr auf 100,-- DM pro Beitrag geschätzt hat (§ 287 ZPO). Auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird verwiesen.

Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger ferner einen weiteren Schadensersatz in Höhe von 9.500,-- DM für die schuldhafte Verletzung des Rechts des Klägers auf Namensnennung zuerkannt. Der Kläger hat weder auf sein Namensnennungsrecht gemäß § 13 S. 2 UrhG verzichtet, noch ist eine Branchenübung nachgewiesen, wonach es der von den Parteien bei der Ausgabe 1990 praktizierten Art und Weise der Urheberbenennung bei jedem einzelnen Beitrag bei weiteren Auflagen oder überarbeiteten Ausgaben nicht bedarf. Die Benennung des Klägers in dem Mitarbeiterverzeichnis der neuen Ausgabe ohne Zuordnungsmöglichkeit zu den von ihm verfassten Beiträgen entspricht nicht den Anforderungen der Namensnennung i.S.v. § 13 UrhG. Die Beklagte hätte dies ohne weiteres erkennen können. Ein Zuschlag von 100 % des für die Rechtsverletzung zugebilligten Schadensbetrags erscheint angemessen, da es für den Kläger als auf dem Gebiet der Literatur tätigen Wissenschaftler von wesentlicher Bedeutung ist, dass er durch die Namensnennung auf seine wissenschaftlichen Leistungen hinweisen kann.

Entgegen der Darstellung des Streithelfers ist es nicht widersprüchlich, wenn der Kläger einerseits wegen fehlender Namensnennung Ansprüche geltend macht, bezüglich einzelner Beiträge aber die nach seiner Meinung unzureichende oder unzutreffende Aktualisierung in der Ausgabe 1997 kritisiert.

Soweit der Streithelfer geltend macht, die Beklagte habe nicht schuldhaft gehandelt, zumindest sei der Zuschlag wegen fehlender Urheberbenennung entsprechend zu reduzieren, weil die Beklagte sich wegen der von der Fachwelt kritisierten Namensnennungspraxis in der Ausgabe von 1990 in einem Dilemma befunden habe, kann dem nicht gefolgt werden. Wenn die Beklagte die Kritik zum Anlass nehmen wollte, in der neuen Ausgabe die Benennungspraxis in der vorgenommenen Weise zu ändern, so hätte sie hierzu die Zustimmung der Autoren einholen müssen. Dies ist nicht geschehen.

Die Berufung des Streithelfers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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