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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.03.2001
Aktenzeichen: 29 U 4997/00
Rechtsgebiete: HGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

HGB § 89 b
HGB § 89 b Abs. 1
HGB § 89 b Abs. 1 Nr. 3
HGB § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
HGB § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
HGB § 89 b Abs. 4
HGB § 89 b Abs. 4 Satz 1
HGB § 89 b Abs. 2 Nr. 3
AGBG § 1
AGBG § 23
AGBG § 8
AGBG § 9
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 11 Nr. 15
AGBG § 24 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 4997/00 12 O 3779/00 LG München I

Verkündet am 22. März 2001

Die Urkundsbeamtin: Arzberger Justizsekretärin z.A.

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Jackson und Haußmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10. August 2000 - 12 O 3779/00 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu trage.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 225.000,-- DM, die auch durch unbefristete, unbedingte, selbstschuldnerische Bürgschaft der Dresdner Bank AG München erbracht werden darf, abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Mit der Klage verfolgt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute das Ziel, daß die Beklagte es unterlassen muß, von ihm angegriffene Bestimmungen in den formularmäßigen Versicherungsvertreterverträgen und den diese ergänzenden formularmäßigen Bestimmungen der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung zu verwenden oder sich auf diese Bestimmungen zu berufen.

Die beanstandeten Bestimmungen betreffen die Anrechnung der Versorgung auf einen Ausgleichsanspruch. Die Beklagte verwendet sie in der neuesten Fassung ihrer Versicherungsvertreterverträge (Anlage K 1) wie folgt:

8.3.1 Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß in Höhe des Kapitalwerts einer auf der Grundlage dieses Vertretungsvertragsverhältnisses von den Gsellschaften finanzierten Versorgung aus Billigkeitsgründen kein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB entsteht. Diese Regelung beruht auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Angerechnet werden sowohl eine Alters-, BU- sowie Hinterbliebenenversorgung des Vertreters und seiner Hinterbliebenen in der Form einer zu beanspruchenden Rente als auch eine unverfallbare Rentenanwartschaft.

8.3.2. ....

8.3.3 Da dem Vertreter eine Teilnahme an Versorgungseinrichtungen der Gesellschaften gerade 1n Erwartung einer Anrechnung der Versorgungsleistungen auf einen Ausgleichsanspruch ermöglicht wird, sind sich die Parteien einig, daß eine Anrechnung aus Billigkeitsgründen auch dann erfolgen soll, wenn zwischen Beendigung des Vertragsverhältnisses und tatsächlichem Einsetzen der Versorgungszahlungen ggf. ein langer Zeitraum liegt.

Des Weiteren hat die Beklagte unter 9.1 und 9.1.2 in ihren Bestimmungen für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung (VVW-Bestimmungen) ihrer hauptberuflichen Vertreter Klauseln aufgestellt, deren Verwendung ihr das Landgericht im insoweit nicht angefochtenen Urteil vom 10.08.2000 untersagt hat.

Der Kläger, der gemäß § 2 seiner Satzung den Zweck verfolgt, die beruflichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Belange des Berufsstandes der selbständigen Versicherungskaufleute wahrzunehmen und zu fördern, vertritt die Auffassung, daß die angegriffenen Klauseln unwirksam sind. Es handle sich um für eine Vielzahl von Versicherungsvertreterverträgen vorformulierte Bedingungen im Sinne von § 1 AGBG, für die keine der Bereichsausnahmen gemäß § 23 AGBG eingreife. Auch § 8 AGBG stehe einer Inhaltskontrolle nicht entgegen.

Die Anrechnungsklausel in Ziffer 8.3.1 des Versicherungsvertretervertrages - und erst recht die Klausel in Ziffer 8.3.3 - seien im Rahmen der im Verbandsklageverfahren vorzunehmenden abstrakt-generalisierenden Auslegung und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der kundenfeindlichsten Auslegung unwirksam, weil sie unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten gegen § 9 AGBG verstießen.

Die Anrechnungsklausel in Ziffer 8.3.1 sei zunächst wegen Verstoßes gegen den Unabdingbarkeitsgrundsatz in § 89 b Abs. 4 HGB gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Nach dieser Bestimmung des HGB sei der dem Handelsvertreter nach § 89 b Abs. 1 HGB zustehende Ausgleichsanspruch insoweit unabdingbar, als er nicht im Voraus ausgeschlossen werden könne. Unter diesen Verbotstatbestand fielen alle Abreden, die - zum Nachteil des Handelsvertreters - das Entstehen oder die Höhe des Ausgleichsanspruchs beeinträchtigten oder modifizierten. Hierzu zählten auch Abreden über die Abgeltung durch eine Alterssicherung. Zwar sei zu berücksichtigen, daß sich die Höhe des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB auch nach dem Kriterium der Billigkeit bemesse, ein Ausgleichsanspruch also nur dann beeinträchtigt werde, wenn die Anrechnung der Alterssicherung nicht der Billigkeit entspreche. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, weil die Anrechnungsklausel zwingend die Anrechnung der Versorgung auf den Ausgleichsanspruch vorsehe, ohne daß allen Umständen des Einzelfalles, also auch solchen, die einer Berücksichtigung der Versorgungsanwartschaft entgegenstehen könnten, Rechnung getragen werde. Zu solchen Umständen, die einer Anrechnung entgegenstünden, zähle insbesondere auch eine erhebliche Fälligkeitsdifferenz, weil es insoweit an der "funktionalen Verwandtschaft" zwischen Altersversorgung und Ausgleichsanspruch fehle.

Unabhängig davon lasse sich die Anrechnungklausel nicht mit dem Schutzzweck des § 89 b Abs. 4 HGB vereinbaren, weil diese Bestimmung durch die Anrechnungsklausel ihrer zwingenden Natur beraubt werde. Vereinbarten die Parteien eine derartige Anrechnungsklausel, so werde genau das erreicht, was § 89 b Abs. 4 HGB gerade verhindern wolle, nämlich, den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters im Voraus zu beschränken. Dabei gelte es insbesondere zu berücksichtigen, daß die hier interessierende Vereinbarung stets lange vor der Vertragsbeendigung getroffen werde. Zu diesem Zeitpunkt sei der Handelsvertreter in besonderem Maße schutzwürdig, weil der erst beim Ende des Vertragsverhältnisses entstehende Ausgleichsanspruch für den Handelsvertreter nach Grund und Höhe noch weitgehend im Ungewissen liege.

Außerdem sei die Klausel 8.3.1 gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 i.V.m. § 11 Nr. 15 AGBG unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Änderung der Beweislast unwirksam.

Ferner verstoße die Klausel auch gegen § 9 Abs. 1 AGBG, weil sie eine unzulässige Erklärungsfiktion beinhalte.

Schließlich verstoße die Klausel auch gegen das Transparenzgebot und sei deshalb nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Nach der Rechtsprechung des BGH müsse durch die Fassung einer Klausel der Gefahr vorgebeugt werden, daß der Kunde von der Durchsetzung bestehender Rechte infolge unzutreffender Darstellung der Rechtslage abgehalten werde. Diese Grundsätze hätten auch im unternehmerischen Verkehr Gültigkeit, wobei allerdings gemäß § 24 Abs. 2 AGBG auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessene Rücksicht zu nehmen sei. Diesem Gebot werde die Anrechnungklausel in Ziffer 8.3.1 nicht gerecht, weil sie die Rechtslage bezüglich der Anrechnung von Versorgungsleistungen auf den Ausgleichsanspruch nicht zutreffend wiedergebe. Die Klausel sei deshalb geeignet, die davon betroffenen Versicherungsvertreter von der (rechtzeitigen) Wahrnehmung ihrer Rechte gegen die Beklagte abzuhalten.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im unternehmerischen Verkehr in Versicherungsvertreterverträgen die im Wortlaut wiedergegebenen Klauseln 8.3.1 und 8.3.3 sowie die Klauseln 9.1 und 9.1.2 zu verwenden und/oder sich darauf zu berufen.

2. dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der Beklagten auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen.

Die Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt. Sie führte aus, der Kläger verhalte sich rechtsmißbräuchlich, soweit er sich gegen die Regelung in Ziffern 8.3.1 und 8.3.3 der Vertragsbestimmungen zum Handelsvertretervertrag wende, weil diese der Regelung unter Abschnitt V. 1. der "Grundsätze" zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs entspreche, die von den Verbänden der Versicherungswirtschaft einerseits und den selbständigen Versicherungsvertretern und ihren Verbänden andererseits erarbeitet worden sei. Der Kläger selbst sei bei der Gestaltung dieser Grundsätze maßgeblich beteiligt gewesen, habe sie mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft vereinbart und empfehle sie seinen Mitgliedern. Mißbräuchlich verhalte sich der Kläger zum einen, weil er die von ihm selbst miterarbeiteten und empfohlenen Grundsätze für unwirksam erklären lassen wolle und zum anderen, weil er sich Weiterhin zu diesen Grundsätzen bekenne, einen wesentlichen Bestandteil der Gesamtregelung jedoch nicht mehr anerkennen wolle. Für sie, die Beklagte, sei in Bezug auf die Grundsätze ein Vertrauenstatbestand entstanden.

Die Beklagte tritt der Auffassung des Klägers entgegen, die angegriffenen Klauseln 8.3.1 und 8.3.3 seien mit wesentlichen Grundgedanken des § 89 b HGB nicht zu vereinbaren im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Sie habe sich vielmehr mit ihrer Regelung an die Vorgaben von Literatur, und Rechtsprechung gehalten. Im Rahmen der AGB-Prüfung seien überdies zwei tatsächliche Besonderheiten zu beachten: Die Versicherungsvertreter als Adressaten der angegriffenen AGB seien als Kaufleute mit den finanziellen und rechtlichen Problemen und Auswirkungen der betriebenen Altersversorgung bestens vertraut, ihre Schutzbedürftigkeit sei deshalb gering.

Der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile des BGH vom 23.05.1966, 17.11.1983 und 23.02.1994) sei zu entnehmen, daß die Anrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB angemessen und billig sei. In dem Urteil vom 23.05.1966 habe der BGH ausdrücklich die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, die Altersversorgung sei bei Bemessung des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen, um eine unbillige Doppelbelastung des Unternehmens zu vermeiden. Es bestehe trotz zweifellos vorhandener rechtlicher Unterschiede eine "funktionelle Verwandtschaft" zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung. Eine doppelte Belastung des Unternehmers durch freiwillige Finanzierung einer Altersversorgung und durch Ausgleichszahlung wäre wirtschaftlich nicht gerechtfertigt.

Im Urteil vom 17.11.1983 habe es der BGH als gefestigte Rechtsprechung anerkannt, daß im Regelfall ausschließlich mit Mitteln des Unternehmers aufgebrachte Versorgungsleistungen aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsanspruch des Vertreters anzurechnen seien, so daß der nach der Vorteils- und Verlustprognose des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB in Betracht kommende Ausgleich - soweit der Kapitalwert der Versorgungszusage den Ausgleichsanspruch decke - grundsätzlich nicht ungekürzt entstehe. In dieser Entscheidung sei auch der Gesichtspunkt als bedeutsam angesehen worden, daß sich der Versicherungsvertreter mit einer auf den Ausgleichsanspruch anzurechnenden Versorgung einverstanden erklärt hatte und für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus den Diensten der Versicherungsgesellschaft auch bereit war, die Risiken einzugehen, die im Hinblick auf den Fälligkeitszeitpunkt der Rente bestanden. Es habe dem Versicherungsvertreter freigestanden, die Versorgungszusage der Gesellschaft zurückzuweisen, die diese nur für den Fall ihrer Anrechenbarkeit auf den bei Vertragsbeendigung fällig werdenden Ausgleichsanspruch zu geben bereit war. In diesem Zusammenhang habe der BGH auch festgestellt, es stehe dem Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 89 b Abs. 4 HGB nicht entgegen, bei der Prüfung der Frage, ob und inwieweit ein Ausgleichsanspruch entstanden sei, aus Billigkeitsgründen auch auf solche Umstände abzustellen, deren Berücksichtigung im Rahmen des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB die Vertragsparteien vereinbart hätten.

Dem Urteil vom 23.02.1994 (VIII. Senat des BGH) könne nicht entnommen werden, daß generell etwas anderes gelte, wenn die Fälligkeitszeitpunkte zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung erheblich differierten.

Die vom Kläger angegriffenen Vertragsklauseln orientierten sich an dieser Rechtsprechung des BGH. Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG liege daher offensichtlich nicht vor.

Der Rechtsprechung zu § 89 b HGB komme insbesondere deshalb gravierende Bedeutung im Rahmen einer Überprüfung gemäß § 9 AGBG zu, weil die gesetzliche Regelung gravierende Vollzugsdefizite aufweise, weshalb die vereinbarten "Grundsätze" auch unverzichtbar seien. Es sei ferner von Bedeutung, daß durch die angegriffenen Klauseln eine einverständliche Regelung zwischen den Vertretern und ihr, der Beklagten, getroffen werde, die im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Die Regelung führe auch nicht dazu, daß der Vertreter wirtschaftlich benachteiligt werde; er sei vielmehr besser gestellt als derjenige, der nur den vollen Ausgleichsanspruch erhalte. Dies gelte auch bei vorzeitigem Ausscheiden im Hinblick auf die Fälligkeitsdifferenz.

Der Kläger vermisse offenbar eine Regelung, wonach der Ausgleichsanspruch doch mehr oder weniger ungekürzt ausbezahlt werden solle, falls die Anrechnung im Einzelfall nicht der Billigkeit entspreche. Er sei jedoch nicht in der Lage darzustellen, welche Gesichtspunkte zu einer solchen abweichenden Einzelfall-Entscheidung führen könnten.

Schließlich liege auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Inwiefern die Rechtslage in Ziffer 8.3.1 Satz 2 unzutreffend dargestellt sein solle, erschließe sich nicht.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 10. August 2000 in vollem Umfang stattgegeben. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Anrechnungsklauseln in Ziffer 8.3.1 und 8.3.3 der von der Beklagten verwendeten Versicherungsvertreterverträge gegen die gesetzliche Regelung in § 89 b Abs. 4 Satz 1 und § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB verstoßen und damit gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam sind. Auch die Rentenkürzungs- bzw. Rentenentziehungsklausel in Ziffer 9.1.2 der VVW hat das Landgericht als unwirksam beurteilt. Wegen der Urteilsgründe im einzelnen wird auf das landgerichtliche Urteil vom 10.08.2000 verwiesen.

Mit der Berufung verficht die Beklagte ihre Ansicht weiter, bei richtigem Verständnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anrechenbarkeit einer vom Unternehmer finanzierten Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters seien die angegriffenen Klauseln 8.3.1 und 8.3.3 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Die Beklagte vertieft hierzu das Vorbringen im ersten Rechtszug und merkt an, wenn der Vertreter einmal eine Vereinbarung mit ihr geschlossen habe, könne er nicht anschließend "April, April!" sagen, also zuerst dem Vereinbarten zustimmen und dann darauf klagen, dass der eigene Konsens mit dem Vereinbarten nicht in jeder Hinsicht binde. Es sei auch in Betracht zu ziehen; daß sie das Vertreterversorgungswerk kalkulierbar machen müsse; das gehe eben nur im Wege der Festschreibung.

Soweit der Kläger im ersten Rechtszug die Unwirksamkeit der Rentenkürzungs- bzw. Entziehungsklausel in Ziffer 9.1.2 VVW gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG geltend gemacht hat, nimmt die Beklagte das Urteil des Landgerichts hin.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 10.08.2000 zu ändern und die Klage mit den auf das Verbot der Klauseln 8.3.1 und 8.3.3 gerichteten Anträgen abzuweisen.

Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinerseits den Sach- und Rechtsvortrag vor dem Landgericht. Mit Nachdruck weist er darauf hin, daß es sich bei den von der Beklagten herangezogenen Urteilen des Bundesgerichtshofs um Einzelfall-Entscheidungen handle, während im Streitfall eine abstrakte Klauselüberprüfung vorgenommen werden müsse.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die angegriffenen Vertragsklauseln 8.3.1 und 8.3.3 aufgrund der abstrakten Klauselüberprüfung zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen wegen Verstoßes gegen § 89 b Abs. 4 und § 89 b Abs. 2 Nr. 3 HGB als nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam beurteilt. Auf die eingehenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, die sich der Senat zu Eigen macht wird verwiesen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Den Einwand, die Angriffe des Klägers gegen die Anrechnungsklauseln 8.3.1 und 8.3.3 seien rechtsmißbräuchlich, verfolgt die Beklagte im Berufungsverfahren zu Recht nicht weiter. Der Umstand allein, daß der Kläger früher an den "Grundsätzen", die dieser Regelung zugrundeliegen, mitgearbeitet hat, ist kein Hinderungsgrund für eine nachträgliche rechtliche Überprüfung einzelner Klauseln in den formularmäßigen Versicherungsvertreterverträgen der Beklagten im Verbandsklageverfahren.

Zu den Angriffen der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil sind die folgenden Ausführungen veranlaßt:

Die Beklagte verficht mit Nachdruck, aber erfolglos, ihre Ansicht weiter, das angefochtene Urteil setze sich bei der Auslegung des § 89 b Abs. 4 und des § 89 b Abs. 2 Nr. 3 HGB in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Entscheidungen vom 17.11.1983 (VersR 1984, 184 ff.) und vom 23.02.1994 (VersR 1994, 807 ff.). Sie folgert zu Unrecht aus den im Tatbestand wiedergegebenen Ausführungen im BGH-Urteil vom 17.11.1983, daß die ausnahmslose Anrechnung des Kapitalwerts eines Versorgungsanspruchs des Vertreters auf den Ausgleichsanspruch - wie es die angegriffenen Klauseln vorsehen - vom Bundesgerichtshof gebilligt werde. Das Landgericht hat jedoch zutreffend festgestellt, daß die Regelung der Klausel 8.3.1 keine Einigung der Vertragsparteien über das Merkmal der Billigkeit gemäß § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB als Anspruchsvoraussetzung enthält. Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, auf die die Beklagte abstellt, kann nur entnommen werden, daß es mit § 89 b Abs. 4 HGB zu vereinbaren ist, wenn bei der Prüfung ob ein Ausgleichsanspruch entstanden ist, aus Billigkeitsgründen auch auf solche Umstände abgestellt wird, deren Berücksichtigung im Rahmen des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB die Vertragsparteien - wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - vereinbart haben. Zu recht weist der Kläger darauf hin, daß der Bundesgerichtshof Lediglich im Rahmen der zu prüfenden Billigkeitsgründe die Berücksichtigung von solchen Umständen als rechtens angesehen hat, welche die Vertragsparteien vereinbart haben. Demgegenüber will die Beklagte diese Dispositionsmöglichkeit von Umständen, die nach der Parteivereinbarung bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind, auf die nach ihrer Ansicht von Bundesgerichtshof zugelassene Vereinbarung über einen teilweisen oder vollständigen Ausschluß des Ausgleichsanspruchs im Hinblick auf die Anrechnung der Altersversorgung erweitern. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.11.1983 läßt aber nur die Möglichkeit von Vereinbarungen hinsichtlich einzelner Umstände zu, die dann bei der Billigkeitsentscheidung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB zu berücksichtigen sind, nicht aber die Vereinbarung einer ausnahmslosen teilweisen oder vollständigen Aufzehrung des Ausgleichsanspruchs durch die Altersversorgung. Die beiden angegriffenen Klauseln regeln gerade nicht nur die Berücksichtigung von Umständen im Rahmen des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB, die die Parteien vereinbart haben, vielmehr den teilweisen oder vollständigen Wegfall des Ausgleichs in Anbetracht der Altersversorgung. Die von der Beklagten vorgenommenen Erweiterungen sind deshalb unzulässig.

Zu Recht verweist der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.05.1966 (BGHZ 45, 2681277), wonach die Beklagte im Hinblick auf die Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b Abs. 4 HGB) mit dem dortigen Kläger (Versicherungsvertreter) rechtswirksam keine Vereinbarungen über Ermäßigung oder Wegfall des Ausgleichs wegen der Altersversorgung treffen konnte. Aus dem Urteil vom 17.11.1983 geht nicht hervor, daß der BGH von dieser Beurteilung solcher Vereinbarungen als unwirksam abgerückt ist.

Durch das angefochtene Urteil wird die Rechtslage, die die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.05.1966 feststellt, daß nämlich eine vom Unternehmen zugunsten des Handelsvertreters eingerichtete und finanzierte Altersversorgung im Regelfall zu einer Ausgleichsminderung unter Billigkeitsgesichtspunkten führen kann, nicht in Frage gestellt. Zu Recht wird aber der Standpunkt vertreten, daß eine Verallgemeinerung dieses Grundsatzes in der Weise, wie sie in den angegriffenen Klauseln Zum Ausdruck kommt, ausgeschlossen ist. Es trifft eben nicht zu, daß eine vom Unternehmen finanzierte Altersversorgung zwangsläufig ausnahmslos zu eitler Ausgleichsminderung führen muß. Mit dem Landgericht ist vielmehr davon auszugehen, daß die Klauseln 8.3.1 und 8.3.3 gegen die gesetzliche Regelung in § 89 b Abs. 4 Satz 1 und § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB verstoßen und damit gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam sind, weil die Auslegung ihrer generalisierenden Aussage ergibt, daß diese Klauseln im Widerspruch zur Rechtsprechung stets und zwingend ohne Berücksichtigung des Einzelfalls in Höhe des Kapitalwerts der Versorgung das Entstehen eines Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB ausschließen. Entgegen den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen soll aufgrund der angegriffenen Klauseln eine Einzelfallprüfung und Einzelfallabwägung von vornherein ausgeschlossen sein und zwar auch dann, wenn eine zeitlich gegebenenfalls lange Fälligkeitsdifferenz zwischen dem Ausgleichsanspruch und der Versorgungszahlung liegt.

Bei den Verstößen der angegriffenen Klauseln gegen § 89 b Abs. 4 HGB handelt es sich um solche gegen zwingendes Recht mit der Folge, daß der Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG begründet ist. Ohne Erfolg stellt die Beklagte dies mit dem Argument in Frage, daß nicht jeder Gesetzesverstoß zur Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG führe. Nach ihrer Ansicht ist dies nur dann der Fall, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werde, nicht zu vereinbaren sei. Die Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist jedoch bei Verstößen gegen zwingendes Recht nach der Rechtsprechung stets zu bejahen. Auch hierauf weist der Kläger zutreffend hin (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, Komm. zum AGBG, 9. Aufl., Rdnr. 134 zu § 9).

Soweit die Beklagte aus den genannten BGH-Entscheidungen vom 21.12.1983 und 23.02.1994 einen das Gewicht der "Billigkeits-Vereinbarung" entscheidend steigernden Gesichtspunkt entnehmen will, daß nämlich sich der Handelsvertreter nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen dürfe, was aber wegen des ihm eingeräumten Wahlrechts geschehe, kann ihr gleichfalls nicht gefolgt werden. Zwar findet sich im Urteil des BGH (VIII. Zivilsenat) vom 23.02.1994 der Hinweis: "Dem Handelsvertreter stand es frei, das Angebot des Unternehmers auf eine von diesem finanzierte, möglicherweise erst Jahre nach Ende des Handelsvertretervertrages fällig werdende Rente anzunehmen und damit eine Kürzung seines Ausgleichsanspruchs bewußt in Kauf zu nehmen. Daran (d.h. an einer Anrechnungsvereinbarung wie im vorliegenden Fall) fehlt es hier." Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, daß nur eine solche Regelung im Handelsvertretervertrag, die von vornherein, ohne Wahlmöglichkeit des Vertreters, die Anrechnung der Altersversorgung festschreibt, gemäß § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB unwirksam wäre, während der Vertreter, der, wie hier, eine Wahlmöglichkeit hat und sich für Altersversorgung und Anrechnung entscheidet, sich daran auch festhalten lassen muss. Eine solche allgemeine Konsequenz läßt sich aus der Einzelfall-Entscheidung vom 23.02.1994, der ein eher untypischer !Sachverhalt zugrundelag, nicht entnehmen. Dort hatten die Parteien eine Individualvereinbarung aufgrund des Angebots des Unternehmens geschlossen, was die Anrechnung rechtfertigte. So liegt es aber hier nicht. Aufgrund der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorgesehenen generellen Anrechnungsregelung bleibt dem Vertreter, wenn er mit der Beklagten abschließen will, praktisch keine Möglichkeit, sich der Anrechnungsklausel zu widersetzen. Hier kann, im Gegensatz zu dem Fall, bei dem eine individuell vereinbarte Abfindung später durch eine Altersversorgung abgelöst wird, nicht von einer wirklichen Wahlmöglichkeit gesprochen werden. Die angegriffenen Klauseln lassen dem Vertreter allenfalls die Wahl, Vertreter der Beklagten unter Verzicht auf den Ausgleichsanspruch zu werden oder hiervon Abstand zu nehmen.

In diesem Zusammenhang weist der Kläger zutreffend darauf hin, daß bei der Art und Weise der Verwendung der angegriffenen Klauseln der Vertreter bisher eine echte und transparente Wahlmöglichkeit zwischen Altersversorgung einerseits und Ausgleichsanspruch andererseits, die ihm eine individuelle Entscheidung ermöglicht hätte, gar nicht eingeräumt erhalten hat. In den Klauseln wird der Vertreter lediglich darüber informiert, daß die Gewährung einer Altersversorgung aus Billigkeitsgründen einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB ausschließe. Darauf, daß er die Möglichkeit hat, die Versorgungszusage mit der Rechtsfolge zurückzuweisen, daß er dann auf den Ausgleichsanspruch zurückgreifen kann, wird er nicht in eindeutiger Weise hingewiesen. Ersichtlich in Erkenntnis dieses Mangels der bisher verwendeten VVW-Bestimmungen (Anlage K 2) wird die Wahlmöglichkeit in den nunmehr vorgelegten Neufassungen der VVW-Bestimmungen (Anlagen B 21 bis 8 28) transparent. Auch wird dem Vertreter schon durch das Anschreiben (Anlage B 22) das Wahlrecht und der Zusammenhang zwischen der Annahme der Versorgungszusage und dem Verlust des Ausgleichsanspruchs verdeutlicht. Auf die Wirksamkeitsbeurteilung der hier angegriffenen Klauseln hat es allerdings - worauf der Kläger zutreffend hinweist - keinen Einfluß, wenn die Beklagte künftig VVW-Bestimmungen in der neuen Fassung und ein entsprechendes Begleitschreiben verwendet. Auch liegt im Festhalten an den Klauseln in bisher abgeschlossenen Vertreterverträgen eine Verwendung, die die Wiederholungsgefahr fortbestehen läßt.

Auch die im Zusammenhang mit der "Wahlmöglichkeit" wiederholte Argumentation der Beklagten, wer sich in Kenntnis der Konsequenzen der beiden Möglichkeiten Altersversorgung oder Ausgleichsanspruch für eine der beiden entscheide, der solle eben nicht hinterher "April, April" rufen und nun doch beides verlangen können, geht fehl, denn der Wegfall der angegriffenen Klauseln führt keinesfalls dazu, daß die Beklagte von den Vertretern "doppelt" in Anspruch genommen werden kann. Diese von Küster (VersR 2001, Seite 58 f.) zu Recht als abwegig beurteilte Schlußfolgerung aus der Entscheidung des Landgerichts wird auch vom Kläger im Rechtsstreit nicht vertreten.

Den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts entsprechend entsteht ein Anspruch des Versicherungsvertreters nach § 89 b HGB nur insoweit, als er unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Bei der Billigkeitsprüfung ist auch dann, wenn die angegriffenen Klauseln unwirksam und deshalb nicht verwendbar sind, selbstverständlich die von der Beklagten finanzierte Altersversorgung zu berücksichtigen, was zur teilweisen oder vollen Anrechnung des Kapitalwertes führen kann.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem Landgericht auch insoweit beizutreten, als es in den angegriffenen Klauseln zugleich einen Verstoß gegen § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB gesehen hat. Die Beklagte pflichtet zwar den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil bei, daß jedenfalls alle vertragsbezogenen Umstände und darüberhinaus in besonderen Ausnahmefällen auch vertragsfremde Umstände, z.B. Lebensumstände des Versicherungsvertreters, zu berücksichtigen sind, meint aber, eine Einzelfallprüfung aus den vom Landgericht herangezogenen Gründen werde durch die beiden Klauseln keineswegs ausgeschlossen. Der Wortlaut der Klauseln 8.3.1 und 8.3.3 läßt aber im Hinblick auf die zwingende Anrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch "aus Billigkeitsgründen" nicht erkennen, daß überhaupt noch anderweitige Billigkeitsgesichtspunkte zugunsten des Vertreters Berücksichtigung finden können, wie dies § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB in der von der herrschenden Rechtsprechung vorgenommenen Auslegung verlangt. Dem Kläger ist beizupflichten, daß selbst dann, wenn davon ausgegangen wird, daß der Wortlaut der angegriffenen Klauseln die Berücksichtigung noch anderer Billigkeitsgesichtspunkte zuläßt, die gebotene kundenfeindlichste Auslegung zum gleichen Ergebnis führt, weil es naheliegt, daß die Formulierung der Klauseln den Versicherungsvertreter davon abhält, sich mit der Beklagten auf eine Diskussion über die Tragweite der "Billigkeitsgründe" oder die mögliche Existenz anderweitiger Billigkeitsgesichtspunkte einzulassen.

Soweit die Beklagte als Konsequenz der Einzelfallprüfung im Rahmen der Billigkeitskorrektur nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB der Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten jede Relevanz für den Vertreter absprechen will, weil sonstige Umstände des Einzelfalls nur zu Lasten des Vertreters ins Gewicht fallen könnten und sonach in aller Regel nur eine weitere Reduzierung des Ausgangswerts zur Folge hätten, spricht auch dieses Argument nicht gegen die Unvereinbarkeit der angegriffenen Bestimmungen, die unbestrittenermaßen einen Abzug des Barwertes der Versorgungsleistung ahne Ausnahme festschreiben, mit § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB. Auch wenn in der Regel die Anrechnung des Kapitalwerts gerechtfertigt sein mag, ist doch eine Festschreibung eines solchen Ergebnisses der Billigkeitsprüfung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig.

Ohne Erfolg verteidigt die Beklagte auch die Klausel, die das Unterbleiben einer anderweitigen Regelung im Falle des Ausscheidens mit erheblicher Fälligkeitsdifferenz zum Rentenbeginn festschreibt. Insoweit erklärt die Klausel 8.3.3 ausdrücklich auch einen langen Zeitraum für irrelevant mit der Folge, daß eine Billigkeitsprüfung unterbleibt. Inwieweit der Ausgleichsanspruch im Falle erheblicher Fälligkeitsdifferenz im Einzelfall gekürzt wird, ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr die zu verneinende Frage, ob die Beklagte die Anrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch abstrakt und ausnahmslos wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln kann oder nicht.

Schließlich verteidigt die Beklagte auch ihren Hinweis in der Klausel 8.3.1, "diese Regelung beruht auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs", ohne Erfolg als rechtens. Dem Versicherungsvertreter wird durch diesen Hinweis suggeriert, die Regelung in Satz 1 der Klausel entspreche nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der tatsächlichen Rechtslage, was aber gerade nicht der Fall ist. Auch entsteht durch die Bezugnahme auf Billigkeitsgründe der unzutreffende Eindruck, alle rechtlich relevanten Billigkeitsgesichtspunkte hätten in die Klausel Eingang gefunden. Durch die sonach unzutreffende Darstellung der Rechtslage in den AGB eröffnet sich die Beklagte die Möglichkeit, Vertreter von der Geltendmachung und Durchsetzung begründeter Ansprüche abzuhalten. Damit verstößt auch dieser Hinweis gegen das Transparentgebot.

Das an sich berechtigte Interesse der Beklagten, ihr Vertreterversorgungswerk kalkulierbar zu machen, kann die Beklagte sonach nicht auf dem Weg über die angegriffenen Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwirklichen.

Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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