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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.03.2001
Aktenzeichen: 29 U 5056/00
Rechtsgebiete: UWG, HWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3
HWG § 11 Nr. 2 u. Nr. 11
HWG § 3 a
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Zur Frage der Förderung fremden Wettbewerbs im Rahmen einer redaktionellen In- und Out Berichterstattung in einem "P-Magazin".
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen 29 U 5056/00 7 HKO 9366/00 LG München I

Verkündet am 22. März 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle und die Richter am Oberlandesgericht Jackson und Haußmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25. August 2000 - 7 HKO 9366/00 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet, die auch durch unbedingte, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Raiffeisenkasse oder Sparkasse erbracht werden kann.

IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Pharma-Unternehmen, vertreibt neben diätetischen Lebensmitteln ein zur Anwendung gegen Sportverletzungen und rheumatische Muskel- und Gelenkerkrankungen bestimmtes Arzneimittel, dessen Bezeichnung "doc-Salbe" auf den bekannten Sportmediziner Dr. M hinweist, auf den die Salbe zurückgeht. Es handelt sich um eine entzündungshemmende, schmerzlindernde, apothekenpflichtige Salbe, die vor allem bei Prellungen, Zerrungen und Blutergüssen eingesetzt wird. 100 g dieser Salbe enthalten 21,5 g Arnika-Tinktur.

Konkurrentin der Klägerin beim Vertrieb dieser Salbe ist das Unternehmen "formula lq M Health & Fitness AG", an dem Dr. M maßgeblich beteiligt ist. Unternehmensgegenstand dieser seit 27.4.1999 eingetragenen Gesellschaft sind Herstellung, Großhandel und Vertrieb von Nahrungsergänzungen und Arzneimitteln. Sie vertreibt seit 1.9.1999 die Salbe "p", eine von Dr. M weiterentwikkelte Sport- und Rheumasalbe. 100 g dieser Salbe enthalten als medizinisch wirksamen Bestandteil 20 g A-Tinktur. Aus Werbeschreiben geht hervor, daß sie "... nur wenig Alkohol enthält und daher sanft zur Haut ist und mit den wirkungsvollen Stoffen der Natur heilt".

Im Verlag der Beklagten erscheint die auflagenstarke Wochenzeitschrift "B", nach eigener Einschätzung das "führende s-people-Magazin". Das Magazin enthält eine meist zweiseitige Rubrik "SPECTATOR" im redaktionellen Teil. Dort wird im Rahmen der "B-Trendbörse" in einer Reihe spezieller Bereiche wie Politik, Gesellschaft, Kultur, Lebensart, Medien, Geld, Sport und Events in kurzen Sätzen mitgeteilt, was nach Ansicht der Illustrierten gerade "In" oder inzwischen "Out" ist. Diese durch ständige Kontakte der Redakteure der Beklagten mit "S-People" gewonnenen Einsichten und Urteile erfreuen sich nach eigenem Bekunden der Beklagten großer Beliebtheit bei ihren Lesern.

Die Klägerin dagegen stört sich an einer in Heft Nr. 8 der "B" vom 17.2.2000 auf Seite 6 erschienenen redaktionellen "Trendbörse-Nachricht", die im Bereich "Lebensart" der p-Salbe den Status "In" mit der Aussage bescheinigt:

"In Wundercreme vom B-Doc ("p") Eigentlich für Sportverletzungen, macht aber seidenweiche Haut. Münchens S ladys sind begeistert."

Im unteren Teil dieser Rubrik ist die "p"-Salbentube verkleinert abgebildet und das Produkt als Wundermittel "p" beschrieben, wie im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils auf Seite 6 wiedergegeben.

Die Klägerin sieht in dieser Anpreisung der "p"-Salbe eine im Sinne von § 1 UWG wettbewerbswidrige getarnte Werbung. Sie beanstandet, daß in dem redaktionellen Beitrag das Produkt einer unmittelbaren Konkurrentin einseitig über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinausgehend werblich herausgestellt werde. Hierdurch werde in unzulässiger Weise im Wege der Schleichwerbung in den Wettbewerb eingegriffen. Nachdem die Beklagte im Vorfeld die auf Antrag der Klägerin vom Landgericht München I erlassene Verbotsverfügung vom 17.3.2000 - 7 HKO 5610/00 - nicht als endgültige Regelung hatte anerkennen wollen, sah sich die Klägerin veranlaßt, das erstrebte Verbot im Hauptsacheverfahren weiterzuverfolgen.

Sie hat deshalb beantragt,

der Beklagten bei Meldung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten,

in der Zeitschrift "B" über die von Herrn Dr. M entwickelte "p-Salbe" wie folgt zu berichten:

"In: Wundercreme vom B-Doc ("p") Eigentlich für Sportverletzungen, macht aber seidenweiche Haut. Münchens S ladys sind begeistert."

Die Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt.

Sie hat ins Feld geführt, sie sei nicht passivlegitimiert, weil zwischen den Parteien des Rechtsstreits kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Die beanstandeten Aussagen im Rahmen der "In"- und "Out"-Klassifizierung dienten allein der Information und Unterhaltung. Weder werde die Wettbewerbssituation der Klägerin objektiv beeinflußt, noch handele sie, die Beklagte, in Wettbewerbsförderungsabsicht.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 25.8.2000 stattgegeben. Es hat den angegriffenen redaktionellen Beitrag unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles als unzulässige getarnte Werbung beurteilt.

Auf das landgerichtliche Urteil wird verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte das Klageabweisungsbegehren weiter. Sie beharrt auf ihrer Auffassung, nicht passivlegitimiert zu sein. Entgegen der Annahme des Landgerichts könne sie nicht unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung in Anspruch genommen werden. Bei der vorliegenden Fallgestaltung komme sie nicht als Störerin in Betracht. Sie hafte aber auch nicht etwa deshalb nach § 1 UWG, weil der angegriffene Kurzbeitrag als in redaktionell aufgemachter Form verdeckte Werbung für die p-Creme anzusehen wäre. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach §§ 1, 3 UWG setzten ein Wettbewerbsverhältnis voraus, an dem es hier fehle. Die gegen sie geltend gemachten Unterlassungsansprüche kämen nur in Betracht, wenn es sich bei dem angegriffenen Artikel um eine von der Wettbewerberin der Klägerin in Auftrag gegebene Werbung handelte. Die Klägerin müsste also nachweisen, daß der beklagte Verlag in deren Auftrag gehandelt hat. Dies werde aber zu Recht nicht behauptet. Tatsächlich handele es sich um einen redaktionellen Beitrag, der aus eigener Initiative ohne Einflußnahme Dritter entstanden sei.

Der angegriffene Artikel sei objektiv auch nicht geeignet, in den Wettbewerb zwischen der Klägerin und der Vertreiberin der p-Salbe einzugreifen. Auf die medizinischen Eigenschaften dieser Salbe werde nicht eingegangen; es werde nicht behauptet, daß diese Salbe besser oder schlechter sei als die von der Klägerin hergestellte Salbe. Es werde vielmehr lediglich in amüsanter Weise dargestellt, daß die "Münchner S ladys" nunmehr entdeckt hätten, daß die p-Salbe "seidenweiche Haut" mache. Es liege sonach eine rein redaktionelle Berichterstattung vor, die mit der Konkurrenzsituation auf dem Markt nichts zu tun habe. Die Illustrierte "B" sei bekanntermaßen das führende "P-Magazin" in Deutschland, es gebe deshalb zwangsläufig eine Vielzahl von Gesprächen mit führenden Damen der Münchner Gesellschaft. Unabhängig voneinander hätten sich verschiedene Damen dabei begeistert darüber gezeigt, daß die eigentlich für Sportverletzungen kreierte p-Salbe quasi als Nebenwirkung "seidenweiche Haut" mache. Aus diesem Grund sei die Salbe im Moment bei den "S-Damen" besonders im Trend. Da diese Einschätzung ein typisches B-Thema für die "In"- und "Out"-Seiten abgegeben habe, sei sie zum journalistischen Anlaß genommen worden, hierüber zu berichten. Durch eine solche, dem Amüsement dienende Berichterstattung über eine "Begleiterscheinung" eines Produkts werde mit Sicherheit der Markt der Sportsalben nicht beeinflußt. Wer eine Salbe gegen Sportverletzungen suche, werde sich bei der Auswahl nicht daran orientieren, daß die Damen der Münchner S einem B-Artikel zufolge von einer bestimmten Salbe samtweiche Haut bekommen. Eine solche Annahme sei völlig lebensfremd.

Schließlich sei der angegriffene Artikel auch nicht in Wettbewerbsförderungsabsicht veröffentlicht worden. Für Presseveröffentlichungen im redaktionellen Teil gebe es für das Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht keine Vermutung; besondere Umstände, die den Schluß auf eine solche Absicht zuließen, seien hier nicht erkennbar.

Es sei auch in Betracht zu ziehen, daß das Magazin B seit vielen Jahren unter dem Aufmacher "In & Out" über Trenderscheinungen in den verschiedensten Bereichen - bisher unbeanstandet - berichte. Diese Art der Berichterstattung sei inzwischen von den deutschen Printmedien weitgehend übernommen worden. Dem Streitfall komme daher grundsätzliche Bedeutung zu. Die Beklagte weist schließlich darauf hin, das Fehlen einer Wettbewerbsförderungsabsicht werde auch durch die Tatsache unterstrichen, daß sie vor Jahren in der genannten Rubrik des Magazins gleichfalls positiv über die "d-Salbe" der Klägerin berichtet habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 25.8.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft ihr Vorbringen im ersten Rechtszug.

Zur Frage der Passivlegitimation der Beklagten führt sie aus, es sei einhellige Rechtsprechung, daß für das Vorliegen einer unzulässigen Wettbewerbshandlung kein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Verletzer und dem Verletzten bestehen müsse, sondern hierfür die Förderung fremden Wettbewerbs ausreiche. Die Beklagte habe sich durch Veröffentlichung des beanstandeten Beitrags in den Wettbewerb zwischen der Klägerin und ihrer Konkurrentin auf dem Markt des Vertriebs von Arzneimitteln gegen Sportverletzungen eingeschaltet, indem sie das von der formula lq M Health & Fitness AG vertriebene Produkt in Wort und Bild besonders herausgestellt habe.

Das Landgericht habe die Berichterstattung der Beklagten über die "p-Salbe" zu Recht als redaktionelle Schleichwerbung angesehen. Ihr Unterlassungsanspruch leite sich zusätzlich daraus her, daß die Beklagte auch gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoßen habe und andererseits die Werbeaussage im Hinblick auf das Produkt "p-Salbe" irreführend sei.

Ohne Frage sei der beanstandete Artikel in der B auch objektiv dazu geeignet, ihre, der Klägerin, Wettbewerbssituation negativ zu beeinflussen, weil es sich bei der p-Salbe ersichtlich um ein unmittelbares Konkurrenzprodukt mit ganz ähnlicher Zusammensetzung und Hauptwirkungsweise wie die der "d-Salbe" handele. Ob die Beklagte in dem Beitrag auf die medizinischen Eigenschaften der p-Salbe eingehe oder nicht, sei nicht erheblich, weil auch die Berichterstattung über eine angeblich bestehende Nebenwirkung des Produkts als Kosmetikum durchaus geeignet sei, mittelbar den Absatz der Salbe zum bestimmungsgemäßen Einsatz als Arzneimittel zu fördern. Ein Teil der sporttreibenden Leser der B werde sich allein schon durch die Erwähnung des Namens des berühmten Erfinders der Salbe dazu veranlaßt fühlen, sich p auch ohne Empfehlung durch Arzt oder Apotheker als von der Beklagten über alle Maßen angepriesenes Mittel gegen Sportverletzungen zu beschaffen.

Aus den besonderen Umständen der Berichterstattung sei ohne weiteres zu schließen, daß der Beitrag von der Beklagten in der Absicht veröffentlicht wurde, den Wettbewerb zugunsten des Vertriebsunternehmens der p-Salbe zu fördern. Durch die Form der Berichterstattung werde die Grenze zur unkritischen, übermäßigen Herausstellung eines Produkts in einem solchen Maße überschritten, daß selbst eine Veröffentlichung in Form einer kommerziellen Anzeige durchgreifenden Bedenken nach § 1 UWG begegnen würde.

Schließlich verstoße die Veröffentlichung der Beklagten auch gegen § 1 UWG i.V.m. § 11 Nr. 2 und Nr. 11 HWG sowie gegen §§ 3 UWG, 3 a HWG. Das Heilmittelwerberecht finde auf jede heilmittelwerberechtlich relevante Absatzwerbung Anwendung. Hierzu zähle auch die redaktionell gestaltete Werbung in Form werbegeeigneter Hinweise, also die Schleichwerbung, die sich, wie andere Werbung auch, an den für Werbung geltenden gesetzlichen Regeln messen lassen müsse.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen verurteilt, es zu unterlassen, in dem Magazin "B" über die von Dr. M entwickelte p-Salbe in der von der Klägerin beanstandeten Weise zu berichten, denn der Beitrag ist objektiv geeignet, den Wettbewerb der Herstellerin der p-Salbe zu Lasten der Klägerin zu fördern und unter den hier vorliegenden besonderen Umständen ist ohne weiteres von der Absicht der Beklagten auszugehen, neben der Unterrichtung und Unterhaltung des Lesers auch den fremden Wettbewerb zu fördern. Die Beklagte handelt mit der Veröffentlichung des beanstandeten redaktionellen Beitrags sonach wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG. Auf die eingehende Begründung und die durchwegs zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil wird verwiesen. Der Senat macht sich die vom Landgericht angeführten Gründe zu Eigen. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung sind folgende ergänzende Ausführungen veranlaßt:

Zu Unrecht hält sich die Beklagte weiterhin für nicht passivlegitimiert. Sie nimmt fälschlich an, es liege kein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor; auch hafte sie nicht als Störer.

Ob ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vorliegt, hängt davon ab, ob ein wettbewerbliches, dem UWG unterfallendes Verhalten überhaupt in Betracht kommt. Von ihm ist auszugehen, wenn in objektiver Hinsicht ein Verhalten vorliegt, das geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, und wenn ferner in subjektiver Hinsicht Wettbewerbsförderungsabsicht hinzu kommt. Zu Zwecken des Wettbewerbs kann auch ein Dritter handeln, der außerhalb des Wettbewerbs steht, in den er sich einschaltet. Auf diese Weise können sonach auch Personen in die wettbewerbsrechtliche Beurteilung einbezogen werden, die selbst miteinander nicht konkurrieren (BGH GRUB 97, 912 - Die Besten I; 97, 914 - Die Besten II). Mischen sich außerhalb des Wettbewerbs stehende Dritte in den Wettbewerb anderer ein, steht ihr Verhalten dem des Wettbewerbers gleich, den sie zu fördern beabsichtigen. Ohne Mitbewerber zu sein, werden sie "Wettbewerber in fremdem Interesse" (Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl. Einl. Rn. 215). Voraussetzung für Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs in diesen Fällen ist aber, daß das Handeln des Dritten geeignet ist, den Wettbewerb des geförderten Gewerbetreibenden zum Nachteil des Mitbewerbers des Geförderten in der Weise zu begünstigen, daß zwischen den Vorteilen des geförderten Unternehmens und den Nachteilen, die dessen Mitbewerber erleidet, eine Wechselwirkung besteht, d.h. ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den im Wettbewerb stehenden Unternehmen (Köhler/Piper, UWG 2. Aufl., Einf. Rn. 212 m.w.N).

So liegen die Dinge hier. Um eine Fallgestaltung, bei der die Beklagte als Dritter nicht zu Wettbewerbszwecken handelt, sonach nicht Täter einer Wettbewerbshandlung sein kann, wohl aber Störer, nämlich Teilnehmer am fremden Wettbewerb, geht es hier nicht. Eine Haftung der Beklagten als Störer in diesem Sinne würde voraussetzen, daß sie an der Herbeiführung einer sittenwidrigen Beeinträchtigung eines Anderen durch den wettbewerbswidrig handelnden eigentlichen Täter willentlich und adäquat ursächlich mitwirkt. Die Klägerin behauptet aber gerade nicht, daß Dr. M oder die Herstellerin der p-Salbe die beanstandete redaktionelle Veröffentlichung initiiert oder zu ihr beigetragen habe. Sie geht vielmehr davon aus, daß ein Redakteur der Beklagten sich die Geschichte ausgedacht und veröffentlicht hat, um von sich aus Dr. M einen geschäftlichen Gefallen zu tun. Das Landgericht hat deshalb zu Recht die Beklagte nicht als Störer im genannten engen Sinne angesehen, sondern zutreffend ausgeführt, ein Presseverlag wie die Beklagte sei "selbständiger Störer", wenn er durch eine Veröffentlichung im redaktionellen Teil fremden Wettbewerb absichtlich fördere, wobei der Begriff Störer ersichtlich in dem weiteren Sinne zu verstehen ist, daß nämlich jeder Störer ist, der einen Wettbewerbsverstoß begeht oder an einem Wettbewerbsverstoß beteiligt ist. Die Argumentation der Beklagten zur

Frage der Störerhaftung ist sonach nicht stichhaltig.

Da sich die Beklagte durch Veröffentlichung des angegriffenen Beitrags in den Wettbewerb zwischen den beiden Konkurrentinnen auf dem Markt von Arzneimitteln gegen Sportverletzungen aus eigenen Stücken eingeschaltet hat, indem sie die von der Konkurrentin der Klägerin vertriebene Salbe in der beschriebenen Weise in Wort und Bild werblich besonders herausgestellt hat, und zwar - wie noch näher auszuführen ist - in Wettbewerbsförderungsabsicht, unterliegt sie den Sanktionen des § 1 UWG und ist aus diesem Grund passivlegitimiert.

Der unstreitig ohne Zutun der Konkurrentin der Klägerin entstandene und veröffentlichte Beitrag ist objektiv dazu geeignet, die Wettbewerbssituation der Klägerin zugunsten ihrer Konkurrentin negativ zu beeinflussen. Die werbenden Aussagen in dem Beitrag über die p-Salbe eignen sich, den Absatz dieses Produkts zu fördern. Die Salbe wird als "Wundercreme" und "Wundermittel" bei Verletzungen angepriesen. Eigentlich als Arzneimittel gegen Sportverletzungen gedacht, führt die Salbe dem Bericht zufolge zudem zu "seidenweicher Haut" und deshalb zu begeisterter Akzeptanz bei "Münchens S ladys". Solch lobende, scheinbar sachliche Darstellung der p-Creme ist ohne Zweifel dazu geeignet, den Absatz des Produkts zu intensivieren, auch wenn in dem kurzen Artikel nicht näher auf die medizinischen Eigenschaften eingegangen und auch nicht behauptet wird, daß die Salbe besser sei als die von der Klägerin hergestellte. Es trifft nicht zu, daß - wie die Beklagte vorbringt - überhaupt nicht von den Eigenschaften der Salbe selbst die Rede sei, mithin die Qualität nicht angesprochen werde. Immerhin wird der Leser informiert, daß die namentlich genannte "Wundercreme vom B-Doc gegen Sportverletzungen" auch noch angenehme kosmetische Nebenwirkungen entfalte. Die Beklagte will allerdings diese Produktwerbungswirkung herunterspielen, indem sie allein auf die zur Freude der "S ladys" auftretende Nebenwirkung der seidenweichen Haut abstellt. Es mag sein, daß diese Begleiterscheinung ein typisches "B-Thema" für die "In"- und "Out"-Seiten ist und willkommenen Anlaß gab, in einer s-gemäßen Aufmachung hierüber journalistisch zu berichten. Mögen sich die B-Leser hierüber amüsieren, als Scherz ohne jeden sachlichen Kern werden die anpreisenden Aussagen nicht verstanden werden und schon gar nicht die weitere Aussage, daß es sich bei p um die "Wundercreme vom B-Doc" gegen Sportverletzungen handelt. Angesichts der durch die Sportübertragungen im Fernsehen weit verbreiteten Bekanntheit des Sportarztes Dr. M, alias "B-Doc", und der ihm zugeschriebenen Befähigung, Sportverletzungen schnellstens zu kurieren, wird die positive Herausstellung der p-Creme bei einem beachtlichen Teil der Leser seine Wirkung nicht verfehlen. Im Bedarfsfall braucht es dann im Hinblick auf die nachhaltige Empfehlung in der "In"- und "Out"-Berichterstattung der Beklagten keine ärztliche Beratung. Lebensfremd - wie die Beklagte meint - ist eine solche Annahme nicht. Der Verkehr mißt einem redaktionell gestalteten Beitrag als einer Information eines am Wettbewerb nicht beteiligten Dritten regelmäßig größere Beachtung und Bedeutung bei, als den ohne weiteres als Werbung erkennbaren Angaben des Werbenden selbst (BGH GRUR 81, 835 - Getarnte Werbung I).

Die wettbewerbsfördernde Wirkung des angegriffenen Beitrags geht auch zu Lasten der Konkurrenten der Herstellerin der p-Salbe, und zwar gerade zu Lasten der Klägerin, da diese selbst mit dem Arzneimittel "d-Salbe" auf dem Markt ist, und diejenigen Teile des Verkehrs als Käufer behalten oder gewinnen will, die sich davon etwas versprechen, daß das Produkt auf den berühmten "B-Doc" zurückgeht.

Ohne Erfolg behauptet die Beklagte auch im Berufungsverfahren das Fehlen jeglicher Wettbewerbsförderungsabsicht. Wie alle Medien unterliegt die Presse den Schranken des Wettbewerbsrechts. Die Vermutung der Wettbewerbsabsicht greift bei Presseveröffentlichungen allerdings nur ein, wenn die Presseorgane, wie im Anzeigengeschäft oder bei der Abonnentenwerbung, wettbewerbsfördernd tätig werden. Handeln sie im Rahmen ihres Funktionsbereichs, also im Bereich der Meinungsbildung, Information oder Unterhaltung, kann ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs nicht vermutet werden, bedarf dann vielmehr besonderer Feststellung. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Schutz der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), die nicht durch ein zu weit gestecktes Verständnis der Wettbewerbsabsicht beeinträchtigt werden darf (Köhler/Piper a. a. O., Rnrn. 180, 229).

Die Beurteilung werbender Aussagen in einer Veröffentlichung im redaktionellen Teil eines Magazins bedarf daher der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die den Inhalt des Berichtes, dessen Anlaß und Aufmachung ebenso zu würdigen hat, wie die Gestaltung und Zielsetzung des Presseorgans selbst. Ob ein solcher redaktioneller Beitrag zugleich eine Werbung für das Produkt, mit dem sich der Beitrag befaßt, darstellt, kann nur von Fall zu Fall beurteilt werden. Darüber hinaus ist in Betracht zu ziehen, daß nicht allein die Feststellung, daß der redaktionelle Beitrag Werbung enthält, schon zur Annahme getarnter Werbung führt; eine solche Beurteilung ist nur gerechtfertigt, wenn - in Wettbewerbsförderungsabsicht - der redaktionelle Beitrag das Produkt über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus werbend darstellt (BGH GRUR 93, 566 - Faltenglätter).

Die Einbeziehung dieser von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze führt unter den hier vorliegenden besonderen Umständen zur Feststellung, daß die Beklagte sehr wohl in Wettbewerbsförderungsabsicht gehandelt hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die auf Wettbewerbsförderung gerichtete Absicht nicht der alleinige und wesentliche Beweggrund der Handlung zu sein braucht. Es genügt, daß sie nicht hinter anderen Beweggründen völlig zurücktritt (BGH, GRUR 90, 374 - Schönheitschirurgie).

Es darf zwar nicht außer Betracht bleiben, daß das Presseorgan "B" als der Information und vor allem auch der Unterhaltung dienendes Magazin gewisse Beiträge entsprechend journalistisch aufbereitet und gestaltet. Zudem wenden sich die "In"- und "Out"-Beiträge, der Selbstdarstellung der Beklagten zufolge, an die besondere Zielgruppe der "S-People", die offenbar ein gesteigertes Interesse daran haben, zu erfahren, was gerade als chic und cool und damit als "In" oder als das Gegenteil davon gilt. Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß es den Verfassern der "In-" und "Out"-Beiträge mit der Auswahl und Qualifizierung in der Regel um journalistische Effekte und nicht um Werbewirkung geht, und daß dies von den Lesern auch so verstanden wird. Die Aussage, ein bestimmtes Produkt werde von S-Kreisen goutiert und sei damit "In", lässt deshalb für sich allein noch nicht auf das Vorliegen von Wettbewerbsförderungsabsicht schließen. Wer jedoch die redaktionelle Tarnkappe dazu benutzt, Wirtschaftswerbung zu betreiben, handelt in Wettbewerbsabsicht. Die wettbewerbsrechtliche Verantwortung der Beklagten als Presseorgan liegt in diesem Fall darin begründet, daß sie den Leser darüber täuscht, über Qualität und Akzeptanz eines Produkts im Markt journalistisch zu berichten, während sie zumindest auch Werbung für das Produkt im Gewand eines redaktionellen Beitrags betreiben will. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß in der Veröffentlichung eines redaktionellen Beitrags, der ein Produkt über das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus unkritisch in einer den Umsatz fördernden Art werbend herausstellt, eine sittenwidrige Förderung fremden Wettbewerbs zu sehen ist. Zutreffend hat das Landgericht hierzu unter Heranziehung der einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ausgeführt, daß die Grenze zur objektiven und erforderlichen Information infolge der überzogenen werblichen Anpreisung hier in einer Weise überschritten ist, daß von Wettbewerbsförderungsabsicht der Beklagten ausgegangen werden muß. Nicht nur wird die p-Salbe als "Wundercreme" und "Wundermittel" angepriesen, dem Betrachter wird auch noch durch bildliche Darstellung der p-Tube nahegebracht, wer die "Wundercreme vom B-Doc" vertreibt. Daß sich ein ganz ähnliches Konkurrenzprodukt auf dem Markt befindet, bleibt ebenso unerwähnt, wie die aus der Gebrauchsinformation der Salbe (Anlage K 4) hervorgehenden Nebenwirkungen einschließlich des Hinweises auf "Vorsichtsmaßnahmen für die Verwendung".

Der von der Beklagten in der Berufungsverhandlung ins Feld geführte Umstand, daß in ihrem Magazin früher auch das Konkurrenzprodukt der Klägerin in ähnlicher Weise herausgestellt worden ist, ändert nichts daran, daß es sich bei dem angegriffenen Beitrag um wettbewerbswidrige getarnte Werbung handelt. Wie dem Beitrag im B-Magazin vom 15.12.1994 (Anlage K 9) zu entnehmen ist, hat die Beklagte im Übrigen dem genannten Erfinder von Wundersalben nicht zum ersten Mal den Gefallen einer redaktionellen Erwähnung seiner Produkte in ihrem Magazin getan.

Ob der angegriffene Beitrag auch gegen das Heilmittelwerbegesetz verstößt kann dahingestellt bleiben.

Da sich die Berufung der Beklagten sonach als unbegründet erweist, war sie mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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