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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 06.06.2001
Aktenzeichen: 29 U 5490/01
Rechtsgebiete: MarkenG
Vorschriften:
MarkenG § 14 |
Aktenzeichen: 29 U 5490/01
Verkündet am 06.06.2002
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Jackson und Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2002
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2001 -4 HK O 7641/01 abgeändert.
Den Beklagten wird unter Androhung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld von 5,-- € bis 250.000,-- € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft tritt, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft im Fall der Beklagten zu 1) zu vollziehen an deren Geschäftsführer) untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr die Marke "DECO ART" für Parfümerien und Kosmetika zu benutzen, unter dieser Marke Parfümerien und Kosmetika anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dieser Marke Parfümerien oder Kosmetika einzuführen oder auszuführen.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der Marke "DECO ART" DE 397 50 380 für die Waren der Klasse 3, nämlich Parfümerien und Kosmetika, einzuwilligen.
II. Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Klägerin 27,5 %, die Beklagte zu 1) 42,5 % und der Beklagte zu 2) 30 %.
Die Klägerin trägt 11 % der außergerichtlichen Kosten, die der Beklagten zu 1) in beiden Instanzen entstanden sind.
Die Klägerin trägt 30 % der außergerichtlichen Kosten, die dem Beklagten zu 2) in beiden Instanzen entstanden sind.
Von den außergerichtlichen Kosten, die der Klägerin in beiden Instanzen entstanden sind, tragen die Beklagte zu 1) 47 % und der Beklagte zu 2) 32 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 58.000,-- €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagte zu 2) kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 54.000,-- €, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung seitens der Beklagten zu 1) abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,-- €, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung seitens des Beklagten zu 2) abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,-- €, wenn nicht der Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin, die A... GmbH, macht gegen die Beklagten kennzeichenrechtliche Ansprüche wegen einer für die Beklagte zu 1), einer GmbH, eingetragenen Marke geltend. Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
Die Klägerin wurde im Jahr 1985 gegründet. Sie produziert und vertreibt Kosmetikprodukte.
Die Klägerin ist Inhaberin der am 24.08.1984 angemeldeten und am 19.10.1984 eingetragenen deutschen Marke Nr. 1069326 "artdeco" (Anlage K 2a) sowie der am 23.06.1988 angemeldeten und am 03.02.1989 eingetragenen Marke Nr. 1134214 "ARTDECO" (Anlage K 2b). Beide Marken genießen Schutz für Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Haarwässer, bei der Marke "artdeco" unter Beschränkung auf Waren aus Ländern des französischen Sprachbereichs oder für den Export.
Die Beklagte zu 1) ist ein Hersteller von Uhren und Schmuck mit Sitz in der Nähe von Pforzheim.
Für die Beklagte zu 1) wurde mit Priorität vom 22.10.1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt am 17.05.2000 die Marke DECO ART" DE 39750380.6 (Anlage K 17) für folgende Waren der Klassen 3 und 14 eingetragen: Parfümerien und Kosmetika; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie benutze die Marke "ARTDECO" im gesamten Kosmetikbereich in erheblichem Umfang. Insbesondere werde die Bezeichnung "ARTDECO" zur Kennzeichnung von Waren der Klägerin verwendet, wobei die Abweichungen in der Schreibweise den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht veränderten. Mit dieser Marke gekennzeichnete Waren der dekorativen Kosmetik würden in führenden Parfümerien vertrieben.
Die Eintragung der Marke "DECO ART" verletze die Markenrechte und das Firmenrecht der Klägerin. Die Marke "DECO ART" sei mit den Marken der Klägerin und mit dem Firmennamen der Klägerin verwechslungsfähig.
Die originär zumindest normale Kennzeichnungskraft der Klagemarken sei durch intensive Benutzung erhöht worden. Die Marken der Klägerin seien nicht beschreibend, die Stilrichtung des Art Deco werde nicht mit Kosmetika und Parfümerien assoziiert. Zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen sei hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben. Die sich gegenüber stehenden Zeichen unterschieden sich lediglich darin, dass die Reihenfolge der Bestandteile "ART" und "DECO" vertauscht sei. Eine Verwechslungsgefahr resultiere auch aus dem identischen Sinngehalt der Zeichen "ARTDECO" und "DECO ART". Die Bezeichnung "ARTDECO" werde vom Verbraucher als "Kunst der Dekoration" bzw. "Kunst des Dekorierens" verstanden, während unter der Bezeichnung "DECO ART" "Dekorationskunst" verstanden werden könne. Sollte das Wissen um die Verwendung des Begriffs "ARTDECO" als Name des Kunstgewerbes der 1920iger bis 1940iger Jahre mitspielen, so werde hierdurch dieses Verständnis zusätzlich verstärkt. Ein bedeutender Teil des angesprochenen Verkehrs, der hier der breiten Bevölkerung entspreche, kenne diese Stilrichtung nicht.
Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr sei gegeben. Der Klägerin sei zwar nicht bekannt, ob die Beklagte die Marke "DECO ART" im geschäftlichen Verkehr bereits benutze. Bereits die Anmeldung einer Marke begründe jedoch bereits eine Erstbegehungsgefahr für deren Benutzung. Den Vortrag, dass es sich bei der Marke "ARTDECO" um eine im Inland bekannte Marke handele, hat die Klägerin nicht aufrecht erhalten.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:
I. Den Beklagten wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr die Marke "DECO ART" für Parfümerien und Kosmetika zu benutzen, unter dieser Marke Parfümerien und Kosmetika anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dieser Marke Parfümerien oder Kosmetika einzuführen oder auszuführen.
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über alle Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I. zu erteilen und zwar unter der Angabe
a. der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermenge, Lieferdatum, Lieferpreisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger
d. der betriebenen Werbung aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet
e. die Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren und des erzielten Gewinns.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Nr. I beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig entstehen wird.
IV. Die Beklagten werden verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Einwilligung in die Löschung der Marke "DECO ART", DE 397 50 380 für die Waren der Klasse 3, nämlich Parfümerien und Kosmetika zu erklären.
Die Beklagten haben beantragt;
Klageabweisung.
Die Beklagten haben geltend gemacht, die beiden für die Klägerin geschützten Marken seien nicht rechtserhaltend benutzt worden. Eine Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Die Kennzeichnungskraft der Marken der Klägerin sei wegen ihres beschreibenden Charakters schwach. Dies gelte auch für Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Haarwässer. Denn auch diese Produkte assoziiere der Verkehr mit der Epoche der Stilrichtung des Art Deco. Die Bezeichnungen "ARTDECO" und "DECO ART". Dem Begriff "ARTDECO" mit eindeutigem Sinngehalte stehe die angegriffene Kennzeichnung "DECO ART" gegenüber, bei der es sich um einen lexikalisch nicht nachweisbaren Phantasiebegriff handele. Die Grundsätze über Verwechselbarkeit bei Silbenumtauschung könnten nicht angewendet werden, wenn es sich nicht bei beiden Vergleichszeichen um reine Phantasiebezeichnungen handele. Die Klagekennzeichnung sei keine1 Phantasiebezeichnung. Nach ständiger Rechtsprechung scheide eine Verwechslungsgefahr außerdem aus, wenn eine der Bezeichnungen einen klaren Sinngehalt aufweise. Die gegenüber stehenden Marken seien sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht in ihrer Gesamtheit deutlich unterschiedlich. Eine begriffliche Verwechslungsgefahr allein aufgrund der Umstellung der Silben scheide aus, zumal "ART DECO" allgemein als Begriff bekannt sei und vom verständigen Verbraucher nicht mit "DECO ART" gleichgesetzt werde.
Die Beklagte zu 1) habe das angegriffene Zeichen nicht benutzt.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.10.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet, da der Marke der Klägerin lediglich normale Kennzeichnungskraft zuzuschreiben sei und eine Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Bezeichnung der Beklagten nicht festzustellen sei. Unstreitig bestehe zwischen den von der Klägerin unter den Klagemarken vertriebenen Waren und den von der Beklagten angemeldeten Waren "Parfümerien und Kosmetik" Identität. Die originäre Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei gering mit der Folge, dass der Schutzumfang zunächst beschränkt sei. Der Begriff "ART DECO" beschreibe unstreitig eine künstlerische Richtung u.a. im Kunsthandwerk zwischen 1920 und 1940. Damit seien die Klagemarken wegen Anlehnung an eine beschreibende Angabe mit allgemeinem Sinngehalt zunächst als kennzeichnungsschwach anzusehen. Auch in Bezug auf die von der Klägerin unter den Klagemarken vertriebenen Waren sei eine über das Normalmaß gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht festzustellen. Die sich gegenüber stehenden Zeichen würden nicht identisch verwandt. Eine Verwechslungsgefahr in schriftlicher oder klanglicher Hinsicht werde von der Klägerin nicht behauptet, die sich gegenüber stehenden Marken seien insoweit deutlich unterschiedlich. Angesichts der nur normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarken und den bestehenden begrifflichen Unterschieden der sich gegenüber stehenden Bezeichnungen sei im Streitfall eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.- Sie macht geltend, sie sei mit ihren "ARTDECO" Kosmetikprodukten eines der führenden Unternehmen in Deutschland für dekorative Kosmetik.
Der Klägerin stehe der Unterlassungsanspruch nach § 4, § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowie gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2, § 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG gegen die Beklagten zu. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Kennzeichnungskraft der Streitmarke unter Berücksichtigung des Grads der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der Waren nicht ausreiche, eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Die Klagemarke "ARTDECO" habe unabhängig von der Benutzungslage bereits originär eine mindestes normale Kennzeichnungskraft. Die Kennzeichnungskraft dieser Marke sei darüber hinaus durch intensive Benutzung der Klägerin wesentlich gestärkt. Darüber hinaus habe das Landgericht bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Wechselbeziehung zwischen der Nähe der Produkte und der Markenähnlichkeit nicht berücksichtigt. Händler und Verbraucher, die Kosmetikprodukte mit der Bezeichnung "DECO ART" sähen, würden diese mit Kosmetikprodukten "ARTDECO" in starkem Maße verwechseln. Selbst wenn der Begriff, wenn auch in keiner Weise produktbezogen, ggf. Assoziationen mit einer Stilrichtung aufrufe, werde der Verbraucher diese Assoziationen auch bei den Zeichen "DECO ART" haben. Die sich gegenüber stehenden Zeichen zeigten die identischen Bestandteile "ART" und "DECO", wenn auch in umgekehrter Reihenfolge. Da die Bezeichnung "ARTDECO" im Zusammenhang mit Kosmetika und Parfümerien keinen beschreibenden Sinngehalt habe und die Klagemarke nicht ein gängiges Wort der Umgangssprache sei, treffe die angenommene Assoziation mit der Stilrichtung im Kunstgewerbe wenn überhaupt allenfalls auf beide Zeichen gleichermaßen zu. Der Unterlassungsantrag sei darüber hinaus nach § 5, § 15 Abs. 2 MarkenG begründet, da die angegriffene Marke mit der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin verwechslungsfähig sei.
Der Klägerin stehe der Löschungsanspruch nach § 51 Abs. 1 MarkenG zu. Die Klägerin beantragt nach der Erklärung, dass die zunächst angekündigten weitergehenden Anträge nicht weiterverfolgt würden:
I. Das Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 4 HKO 7641/01 vom 11.10.2001 wird aufgehoben.
II. Den Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von € 5,-- bis € 250.000,-, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese im Falle der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr die Marke "DECO ART" für Parfümerien und Kosmetika zu benutzen, unter dieser Marke Parfümerien und Kosmetika anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dieser Marke Parfümerien oder Kosmetika einzuführen oder auszuführen.
III. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Einwilligung in die Löschung der Marke "DECO ART", DE 397 50 380 für die Waren der Klasse 3, nämlich Parfümerien und Kosmetika, zu erklären.
Die Beklagten beantragen:
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen die angegriffene Entscheidung. Die Stilrichtung "ART DECO" beziehe sich nicht nur auf Architektur und Möbel, sondern beschreibe auch das Aufkommen der Kosmetikindustrie in den 20iger Jahren. Der Begriff "ARTDECO" beschreibe bei dekorativer Kosmetik und bei Parfüms eindeutig Tradition und Schminkstil etc. im Sinne der 20iger Jahre. Den Klagemarken und der Firmierung der Klägerin sei nur ein denkbar schwacher Schutzbereich zu gewähren, da die Klagemarke beschreibend sei, sich jedenfalls aber an eine glatt beschreibende Angabe, die von einem Großteil des Verkehrs in ihrer Bedeutung erkannt werde, anlehne. Eine Verwechslungsgefahr sei zu verneinen. Dem durchschnittlichen Verbraucher sei der Begriff "ARTDECO" als Grundbegriff des künstlerischen und kunsthandwerklichen Stils bekannt. Weder liege eine klangliche noch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr vor. Eine Verwechslungsgefahr scheide aus, wenn eine der Bezeichnungen einen klaren Sinngehalt habe. Diese Betrachtungsweise gelte auch, wenn man einmal unterstelle, dass das Klagezeichen eine über die normale Kennzeichnungskraft hinausgehende gesteigerte Kennzeichnungskraft aufweise.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 06.06.2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist, soweit darüber nach der teilweisen Rücknahme der Berufung mit Schriftsatz der Klägerin vom 05.06.2002 (§ 515 Abs. 1 ZPO a.F.) noch zu befinden war, begründet.
I.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) der unter Nr. I des Tenors ausgeurteilte Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu. Zwischen der Marke "ARTDECO" der Klägerin und der prioritätsjüngeren Marke "DECO ART" der Beklagten zu 1) besteht hinsichtlich der Waren Parfümerien und Kosmetika unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalles Verwechslungsgefahr.
Die Einrede der Nichtbenutzung (§ 25 Abs. 2 MarkenG), die die Beklagten in erster Instanz erhoben, in der Berufungsinstanz allerdings nicht ausdrücklich wiederholt haben, greift bezüglich der genannten Marke der Klägerin nicht durch. Die Marke "ARTDECO" der Klägerin ist eingetragen für Seifen, Parfümerien, ätherische Öle und Mittel zur Körper- und Schönheitspflege und Haarwässer (Anlage K 2b). Auf diese Waren hat sie sich zur Begründung ihres Anspruchs berufen. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Prospekt- und Verpackungsmaterial (Anlagen K 7, K 14 sowie Anlagen zum Protokoll des Termins vom 23.08.2001 (Bl. 46/48)) ergibt sich, dass die Klägerin die Marke "ARTDECO" im Bereich Körper- und Schönheitspflege für Kosmetikprodukte, insbesondere Nagelpflegeprodukte, Gesichtspflegekollektionen, Make-Up-Zubehör, Lippenstifte, Lidschatten und Nagellack innerhalb der letzten fünf Jahre vor Klageerhebung benutzt hat. Die in den genannten Anlagen abgebildeten Waren aus dem Bereich Körper- und Schönheitspflege sowie die vorgelegte Verpackung tragen überwiegend den Aufdruck "ARTDECO"; dadurch ist belegt, dass so gekennzeichnete Waren von der Klägerin in dem fraglichen Zeitraum in hinreichendem Umfang vertrieben worden sind. Dass die Marke geringfügig abweichend von der Eintragung benutzt wurde, beeinträchtigt deren Rechtsbestand und deren Durchsetzbarkeit nicht. Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern (§ 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG). Eine substantielle Veränderung in diesem Sinn liegt hier nicht vor. Die zur Kennzeichnung von Produkten der Klägerin verwendete Schreibweise der Bezeichnung "ARTDECO" (vgl. Anlagen K 7, K 14 sowie Anlagen zum Protokoll des Termins vom 23.08.2001 (Bl. 46/48)) weicht von derjenigen bei der Marke "ARTDECO" der Klägerin in der Schrifttype und im Fehlen der Verzierungen bei den Buchstaben A, D und O ab. Der beherrschende Markenbestandteil und damit auch deren kennzeichnender Charakter sind unverändert geblieben. Der Begriff "ARTDECO" ist in der geänderten Schreibeweise auch ohne Weiteres erkennbar (vgl. BGH WRP 1998,1083,1085 - Karolus Magnus).
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Danach kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. BGH WRP 2002, 705, 706 - MS).
Zwischen den beiderseitigen Waren besteht teilweise Identität; teilweise liegen sie im nahen Ähnlichkeitsbereich. Die Marke "ARTDECO" der Klägerin ist u.a. für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, darunter Kosmetika, eingetragen und wird für Kosmetika benutzt. Die Marke "DECO ART" der Beklagten zu 1) ist u.a. für Kosmetika und Parfümerien eingetragen. Bezüglich Kosmetika liegt Warenidentität vor. Kosmetika auf Seiten der Klägerin und Parfümerien auf Seiten der Beklagten liegen im nahen Ähnlichkeitsbereich. Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (vgl. BGH GRUR 1999, 731, 732 - Canon II). Kosmetika und Parfümerien ergänzen einander; sie werden auch in Spezialgeschäften zusammen vertrieben.
Die Marke "ARTDECO" der Klägerin hat originär normale Kennzeichnungskraft. Zu Gunsten der Beklagten kann dahingestellt bleiben, ob dieser Marke infolge Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt.
Die Bezeichnung "ARTDECO" wird vom Verkehr (vgl. zum maßgeblichen Verkehrsverständnis BGH GRUR 2000, 506, 508 re. Sp. - ATTACHE/TISSERAND) im Hinblick auf Kosmetika und Parfümerien jedenfalls in erster Linie und durchweg als Warenkennzeichen verstanden. Denn im Hinblick auf Parfümerien und Kosmetika ist die Bezeichnung "ARTDECO" unbeschadet der Anlehnung an den Stilrichtungsbegriff "Art deco" nicht unmittelbar beschreibend (vgl. BGH WRP 2000, 1148, 1149f- Ballermann). Die Stilrichtung des Art Deco ist auf Kunsthandwerk, Malerei, Plastik und Architektur, nicht auf Parfümerien und Kosmetika ausgerichtet (vgl. die von der Klägerin im Schriftsatz vom 14.08.2001, S. 4 (Bl. 35) zitierte Passage aus dem Kunst-Brockhaus). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von den Be- klagten vorgelegten Anlagen B 5 bis B 7. In den Artikeln über Frisuren (Anlage B 5) und Parfüm (Anlage B 6) in den zwanziger Jahren wird ein ausdrücklicher Bezug zur Stilrichtung des Art Deco nicht hergestellt. Auch der Bezug von Flakons zum Art Deco, der in dem Auszug aus "Das Parfüm" (Anlage B 7) erwähnt wird, führt nicht dazu, dass derjenige Teil des Verkehrs, dem die Stilrichtung des Art Deco bekannt ist, mit der Bezeichnung "ARTDECO" Kosmetika oder Parfümerien verbindet. Dabei blieb nicht unberücksichtigt, dass der Bestandteil "DECO" auch an die beschreibende Angabe "dekorative Kosmetik" erinnern kann. Die Kombination von "ART" und "DECO" erweist sich vor diesem Hintergrund als originelle Kennzeichnung der von der Klägerin vertriebenen Kosmetika. Die vorstehenden Feststellungen zur Verkehrsauffassung können die Mitglieder des Senats, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Anschauung und Sachkunde treffen, weshalb es der Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens nicht bedarf.
Im Hinblick auf die teilweise Warenidentität bzw. nahe Warenähnlichkeit und die normale Kennzeichnungskraft der Marke "ARTDECO" der Klägerin ist der Zeichenabstand zwischen dieser Marke und der Marke "DECO ART" der Beklagten zu 1) nicht groß genug, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Bezeichnungen "ARTDECO" und "DECO ART" haben einen ähnlichen Sinngehalt (vgl. Ingerl/Rohnke, aaO, § 14, Rdn. 349 f; Almammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 9, Rdn. 100). Der Bestandteil "DECO" weist auf das Wortfeld "Dekor, Dekoration, Dekorateur" im Sinne von Verzierung. Der Bestandteil "ART" weist auf das Wort "artifiziell" im Sinne von künstlich, zudem auf das englische Wort "art" für Kunst, das etwa in der Zusammensetzung "Artdirector" Eingang in deutsche Sprache gefunden hat (vgl. Duden, Band 1, 21. Aufl., S. 125). Die Umstellung der Bestandteile ändert am Sinngehalt der Gesamtbezeichnungen (Kunst der Dekoration/des Verzierens; Dekorationskunst/Verzierungskunst) nichts Wesentliches. Das gilt auch dann, wenn der Begriff "ARTDECO" mit der betreffenden Stilrichtung assoziiert wird. Zudem liegt auch klangliche Zeichenähnlichkeit vor, weil der Gesamteindruck trotz der Umstellung der Bestandteile weitgehend gleich bleibt (vgl. Scheyer in v. Schultz, Markenrecht, § 14, Rdn. 78; Ingerl/Rohnke, § 14, Rdn. 341; vgl. ferner BPatGE 36, 123, 125 f - babalu/BALUBA betreffend einen Sonderfall).
Schon die Einreichung der Markenanmeldung und Eintragung einer Marke begründet hier die Gefahr, dass die Beklagte zu 1) die Marke für die konkreten Waren und Dienstleistungen, die Gegenstand der Anmeldung sind, auch benutzen wird (vgl. OLG München MD 1996, 1017, 1018; Ingerl/Rohnke, aaO, Vor §§ 14-19, Rdn. 26; Schweyer in v. Schultz, Markenrecht, § 14, Rdn. 237).
Der Beklagte zu 2) ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ebenfalls passivlegitimiert. Denn er haftet als alleiniger gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) für die Kennzeichenverletzung, die in der Anmeldung und Eintragung der Marke "DECO ART" liegt (vgl. Ingerl/Rohnke, aaO, Vor §§ 14-19, Rdn. 10).
Im Übrigen kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch auf § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG i.V.m. der Marke "artdeco" der Klägerin sowie auf § 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG i.V.m. dem allein unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil "ARTDECO" der Klägerin (vgl. BGH GRUR 2001, 1161, 1162 -CompuNet/ComNet) gestützt werden. Hierauf kommt es indes nicht mehr an, weshalb nähere Ausführungen hierzu entbehrlich sind.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) der unter Nr. I des Tenors ausgeurteilte Löschungsanspruch nach § 51 Abs. 1, Abs. 5, § 55 MarkenG zu. Wegen der Verwechslungsgefahr (§ 51, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) wird auf die vorstehenden Ausführungen unter I Bezug genommen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 100, § 515 Abs. 3 ZPO a.F. Soweit die Klägerin die Berufung vor Beginn der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz zurückgenommen und insoweit die Klageabweisung durch das Landgericht akzeptiert hat, trägt sie die Kosten des Verfahrens (vgl. § 515 Abs. 3 Satz 1 ZPO a.F.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die von der Klägerin ggf. zu leistende Sicherheit kann nach § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO n.F. durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts bewirkt werden, weshalb es einer diesbezüglichen gerichtlichen Anordnung nicht bedarf.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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