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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 11.01.2001
Aktenzeichen: 29 U 5555/00
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 3 UWG
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 92 Abs. 1
Es verstößt gegen § 1 UWG, wenn Ärzte durch eine Plakataktion in ihrer Gemeinschaftspraxis pauschale Aussagen über eine angeblich geringere Leistungsbereitschaft einer gesetzlichen Krankenkasse machen und den Patienten Ratschläge für einen Wechsel zu anderen Kassen erteilen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 5555/00 2 HKO 5140/00 LG München II

Verkündet am 11. Januar 2001

Die Urkundsbeamtin: Barbagiannis Justizangestellte

In dem Verfahren

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Richter Haußmann, Jackson und Retzer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts München II vom 19. September 2000 - 2 HKO 5140/00 - aufgehoben.

II. Die Antragsgegner werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr folgende Behauptung aufzustellen:

"Die AOK Bayern als gesetzliche Krankenkasse ist nicht so leistungsbereit wie andere Kassen" oder ihre Patienten aufzufordern:

"Nehmen Sie eines der auf dem Tisch liegenden Formulare und gehen Sie zu einer meiner Mitarbeiterinnen, damit Sie sofort ohne weiteren Aufwand Mitglied in einer leistungsbereiteren Krankenkasse werden", wie auf dem in ihren Praxisräumen aufgehängten Plakat gemäß Anlage A5.

III. Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Antragsgegner.

Die Antragsgegner haben 5/6 der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, die Antragstellerin trägt 1/6.

Tatbestand:

Die Antragstellerin, die größte gesetzliche Krankenkasse in Bayern, verweigert ihren Mitgliedern die Zahlung der einheitlich vorgesehenen Festbeträge in Höhe von 928,-- DM und 1.053,-- DM für die Anschaffung von Hörgeräten, wenn das Gerät auf dem sogenannten verkürzten Vertriebsweg erworben wird. Auf diesem verkürzten Versorgungsweg wird das Hörgerät über einen niedergelassenen HNO-Arzt vom Hersteller bezogen, der aufgrund der Messergebnisse und des Ohrabdrucks in der Facharztpraxis ein Hörgerät auswählt, es programmiert und das Ohrpassstück anfertigt. Das Hörgerät wird dann der Arztpraxis übersandt und dort für den Patienten kostenfrei angepasst. Dem Praxisbetreiber vergütet der Hersteller bei diesem Versorgungskonzept einen Betrag in der Größenordnung von 200,-- bis 250,-- DM. Bei einer herkömmlichen Hörgeräteversorgung sucht der Patient nach der Verordnung eines Hörgeräts durch den HNO-Arzt einen Hörgeräteakustiker auf, der die genannten Maßnahmen trifft, dem Patienten das Hörgerät anpasst und ihn in die Benutzung des Geräts einweist. In der Praxis wird das Gerät sodann durch den Facharzt überprüft, der für die Abrechnung mit der Krankenversicherung die Ordnungsmäßigkeit der Versorgung bestätigt. Die Antragstellerin erstattet in diesen Fällen ihren Versicherten die genannten Festbeträge.

Die Antragsgegner betreiben in Weilheim eine HNO-Gemeinschaftspraxis. Im Wartezimmer dieser Praxis haben die Antragsgegner das mit A 5 gekennzeichnete, als Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnervertreter vom 8.9.2000 vorgelegte und dem Urteilstenor angefügte Plakat aufgehängt, auf dem unter der Überschrift "Sehr geehrte Patientinnen und Patienten" Aussagen über eine vergleichsweise geringere Leistungsbereitschaft der Antragstellerin gemacht und den Patienten Ratschläge für einen Wechsel zu leistungsbereiteren und hinsichtlich der Beitragssätze günstigeren Kassen durch den Praxisinhaber erteilt werden. Wegen des Wortlauts der Aussagen wird auf die Anlage A 5 Bezug genommen.

Die Antragstellerin hält diese Plakatmaßnahme der Antragsgegner für wettbewerbswidrig, weil durch die gegen §§ 1 und 3 UWG verstoßenden Aussagen gezielt der Wettbewerb anderer Kassen zu ihren Lasten gefördert werde. Soweit die Antragsgegner ihre Leistungsbereitschaft mit derjenigen anderer Kassen verglichen, geschehe dies ohne jeden konkreten Bezug. Nach den Wettbewerbsregeln, die die gesetzlichen Krankenkassen für sich aufgestellt hätten, seien negative Behauptungen über andere Kassen zu unterlassen. Auch die Aufforderung zum Wechsel der Kasse und das Angebot, hierbei Kündigungshilfe zu leisten, seien wettbewerbsrechtlich unzulässig.

Die Antragstellerin hat beantragt,

es den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen,

über die Antragstellerin zu behaupten, sie sei nicht so leistungsbereit wie andere Kassen

und/oder

ihre Patienten zum Wechsel der Krankenkasse aufzufordern

und/oder

durch die Auslegung von Formularen "Antrag auf Information zur Mitgliedschaft" Kündigungshilfe zu leisten,

insbesondere, wenn dies durch ein Plakat geschieht, das folgenden Text wörtlich oder sinngemäß aufweist:

"Die AOK Bayern ist als gesetzliche Krankenkasse nicht so leistungsbereit wie andere Krankenkassen.

Der Beitragssatz beträgt 13,7 %. Andere leistungsbewusstere Krankenkassen haben zur Zeit einen Beitragssatz, der bis zu 2,5 geringer ist. Dies ergibt eine Ersparnis von 967,-- DM",

wenn in diesem Plakat gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass eine Kündigungsmöglichkeit nur bis 30.9.2000 besteht und zudem auf ein Antragsformular zur Information zur Mitgliedschaft verwiesen wird, das in der Praxis ausliegt.

Die Antragsgegner haben beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie stellten in Abrede, dass das von der Antragstellerin beanstandete Verhalten auf die Förderung fremden Wettbewerbs abziele. Sie seien vielmehr im Rahmen ihrer Beratungspflichten gehalten, ihre Patienten darauf hinzuweisen, dass es leistungsbereitere Krankenkassen als die Antragstellerin gebe, die noch dazu billiger seien. Soweit sie Kündigungshilfe leisteten, sei dies nicht von Haus aus wettbewerbswidrig. Von einer Kündigungsmöglichkeit nur bis zum 30.9.2000 sei in dem beanstandeten Plakat keine Rede. Die zwischen den gesetzlichen Krankenkassen aufgestellten Wettbewerbsregeln könnten auf ihr Verhalten keine Anwendung finden.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 19. September 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, dass es bereits an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien fehle. Davon abgesehen seien auch die einzelnen Aussagen, die die Antragstellerin verbieten lassen wolle, nicht wettbewerbswidrig. Die Behauptung, dass die Antragstellerin als gesetzliche Krankenkasse nicht so leistungsbereit wie andere Kassen sei, sei jedenfalls auf dem Sektor der Hörhilfe zutreffend, weil unstreitig andere Kassen im Gegensatz zur Antragstellerin im verkürzten Vertriebsweg bezogene Hörgeräte bezuschussten. Dabei gebe es unstreitig andere Kassen mit niedrigeren Beitragssätzen. Es könne den Antragsgegnern auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie Kündigungshilfe leisteten, weil sie dabei keine unlauteren Mittel einsetzten. Die Wettbewerbsrichtlinien, denen sich die gesetzlichen Krankenkassen untereinander unterworfen hätten, könnten in diesem Zusammenhang nicht herangezogen werden.

Wegen der Begründung im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren, um einen weiteren Unterlassungsantrag erweitert, im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sach- und Rechtsvortrags im ersten Rechtszug weiter. Sie bringt vor, sie sei nicht bereit, die im verkürzten Versorgungsweg angeschafften Hörgeräte zu bezahlen, weil die Herstellerfirma eine entsprechende Genehmigung in Bayern nicht besitze. Ihre Weigerung, das neue Konzept in der gewünschten Weise zu honorieren, habe die Antragsgegner und andere HNO-Ärzte veranlasst, Plakate der angegriffenen Art in ihren Praxen auszuhängen. Ziel der Aktion sei es, Patienten zum Wechsel der Krankenkasse zu bewegen und gleichzeitig eine Honorierung des verkürzten Vertriebswegs durch diese anderen Krankenkassen zu erreichen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts werde durch das Verhalten der Antragsgegner ein Wettbewerbsverhältnis begründet, denn es müsse nicht die alleinige Absicht des Handelnden sein, den fremden Wettbewerber zu begünstigen, es genüge, wenn diese Absicht nicht völlig gegenüber anderen Motiven zurücktrete.

Soweit das Landgericht davon ausgehe, sie sei tatsächlich in Bezug auf Hörhilfen nicht so leistungsbereit wie andere Krankenkassen, bleibe außer Betracht, dass der Patient dem Plakat schon nicht entnehmen könne, dass es um die Leistungsbereitschaft in Bezug auf den verkürzten Vertriebsweg gehe. Durch das Auslegen von Formularen, die den Wechsel für den Patienten erleichtern sollen, leisteten die Antragsgegner in unlauterer Weise Kündigungshilfe, weil ohne nähere Angaben und mit der Autorität des Arztes der Wechsel zu einer anderen Kasse unterstützt und erleichtert werde.

Auch der weitere Hinweis, durch einen Wechsel hätten Patienten binnen fünf Minuten bis zu 955,-- DM mehr im Geldbeutel sei wettbewerbswidrig, weil damit ein irreführender Eindruck erweckt werde.

Den deshalb ursprünglich angekündigten Antrag, den Antragsgegnern ferner zu verbieten, diese Behauptung aufzustellen, hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung jedoch nicht gestellt.

Die Antragstellerin beantragt,

das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Antragsgegner zu verurteilen, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,

über die Antragstellerin zu behaupten, sie sei nicht so leistungsbereit wie andere Kassen

und/oder

ihre Patienten zum Wechsel der Krankenkasse aufzufordern

und/oder

durch die Auslegung von Formularen Kündigungshilfe zu leisten, insbesondere wenn dies so wie mit dem als Anlage A 5 zum Schriftsatz der Antragsgegnervertreter vom 8.9.2000 vorgelegten Plakat geschieht.

Die Antragsgegner beantragen,

Zurückweisung der Berufung.

Auch sie vertiefen ihr Vorbringen im ersten Rechtszug und beharren auf ihrer Ansicht, dass weder ein konkretes noch ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis vorliege. Die Antragstellerin könne ihnen nicht verbieten, über das ungewöhnliche Zahlungsverhalten der AOK aufzuklären. Soweit auf ihren Plakaten ein Beitragsvergleich angestellt werde, könne ihnen gleichfalls nicht die Absicht der Förderung von Wettbewerb unterstellt werden.

Die Beanstandung der Aussage zur Leistungsbereitschaft der Antragstellerin sei nicht gerechtfertigt, zumal der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29.6.2000 (WRP 2000, 1121 - verkürzter Versorgungsweg) herausgestellt habe, dass der Arzt nicht gehindert, sondern sogar verpflichtet sei, bei seiner Abwägung auch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit zu berücksichtigen. Sie seien deshalb gehalten, nicht nur darauf hinzuweisen, dass es einen verkürzten Versorgungsweg gibt, sondern auch, dass die Antragstellerin diesen Vertriebsweg als einzige Kasse in Bayern nicht honoriert oder - anders ausgedrückt - nicht so leistungsbereit ist, wie andere Kassen.

Ferner diene es der Aufklärung der Patienten, wenn sie im Rahmen des sachlich gerechtfertigten Systemvergleichs auf Kündigungsmöglichkeiten verwiesen. Dem Arzt stehe das Recht zu, die richtige Wahl des Krankenversicherers im Einzelfall mit seinem Patienten zu besprechen, ihn zu beraten und ihm auch einen Wechsel der Krankenkasse zu empfehlen.

Da sie an die gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze der Krankenversicherer nicht gebunden seien, könne auch gegen eine Kündigungshilfe durch Auslegen von Kündigungsformularen nichts eingewandt werden, solange keine begleitenden Unlauterkeitstatbestände vorlägen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragstellerin hat Erfolg. Die Antragstellerin kann die Antragsgegner auf Unterlassung in Anspruch nehmen, weil die von ihr angegriffenen, von den Antragsgegnern im Zuge ihrer Plakataktion gemachten Aussagen wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG sind.

Das Landgericht ist zu Unrecht der Ansicht der Antragsgegner gefolgt, dass es bereits an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien fehle mit der Folge, dass ein § 1 UWG unterfallendes Verhalten nicht in Betracht komme. Von einem Handeln der Antragsgegner zu Zwecken des Wettbewerbs als Voraussetzung für das Vorliegen eines wettbewerblichen Tatbestands ist hier ohne weiteres auszugehen. Hierzu genügt die Absicht, einen fremden Wettbewerber zum Nachteil seines Mitbewerbers zu fördern, ohne dass diese Absicht der eigentliche Beweggrund des Handelnden zu sein braucht. Im Streitfall besteht ein Wettbewerbsverhältnis zwischen der Antragstellerin und anderen gesetzlichen Krankenkassen. Indem die Antragsgegner ihre Patienten darüber informieren, dass die Antragstellerin im Vergleich mit anderen gesetzlichen Krankenkassen bei ungünstigeren Beitragssätzen weniger leistungsbereit sei und damit die Empfehlung verbinden, zu einer anderen Kasse zu wechseln, fördern sie gezielt den Wettbewerb dieser Kasse zum Nachteil der Antragstellerin. Damit liegt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vor, ohne dass es darauf ankommt, ob die Antragsgegner beim Wechsel ihrer Patienten zu Krankenkassen, die den verkürzten Versorgungsweg honorieren, selbst profitieren, weil der Hersteller der Hörgeräte ihnen eine Vergütung für die Anpassung bezahlt.

Die Plakataktion der Antragsgegner ist in den von der Antragstellerin beanstandeten Punkten, nämlich hinsichtlich der Behauptung der mangelnden Leistungsbereitschaft, der Empfehlung die Krankenkasse zu wechseln und des Angebots hierbei Hilfestellung zu leisten, wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG.

Wenn die Antragsgegner ihre Patienten auf den Plakaten zunächst darüber informieren, dass die Antragstellerin als gesetzliche Krankenkasse nicht so leistungsbereit sei wie andere Kassen, ohne dies gleichzeitig konkret und nachprüfbar zu belegen, so hat dies mit einem "sachlich gerechtfertigten Systemvergleich", auf den sich die Antragsgegner zu ihrer Rechtfertigung berufen, nichts zu tun. Auch die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Verkürzter Versorgungsweg" (a.a.O.) herausgestellte Verpflichtung des Arztes, bei seiner Abwägung auch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mitzuberücksichtigen, berechtigt die Antragsgegner nicht, die Leistungsbereitschaft der Antragstellerin gegenüber den Patienten generell in Frage zu stellen. Das Plakat informiert den Leser nicht einmal darüber, worauf sich die wiederholte Feststellung, andere Kassen seien leistungsbereiter als die Antragstellerin, konkret bezieht. Patienten, die mit der Problematik des verkürzten Versorgungsweges nicht vertraut sind, entnehmen den pauschal herabsetzenden Aussagen, dass es die Antragstellerin an der von einer gesetzlichen Krankenkasse berechtigterweise erwarteten Leistungsbereitschaft allgemein fehlen läßt. Aber auch diejenigen Patienten, die Mitglieder der Antragstellerin sind und in die Praxis kommen, weil sie selbst ein Hörgerät brauchen, die also den Vorwurf der mangelnden Leistungsbereitschaft zwanglos auf den Bereich der Hörhilfe beziehen, werden auch nicht ansatzweise darüber aufgeklärt, welche Tatsachen die geringschätzige Bewertung der Antragstellerin im Vergleich mit anderen Kassen rechtfertigen sollen.

Da die Gefahr besteht, dass die Antragsgegner die Behauptung der mangelnden Leistungsbereitschaft der Antragstellerin auch ohne die weiteren angegriffenen Aussagen aufstellen, weil sie sich hiervon erwarten, die Antragstellerin möglicherweise zu einer Änderung ihrer Haltung veranlassen zu können, ist ein isoliertes Verbot dieser Behauptung gerechtfertigt.

Mit der unverblümten Aufforderung "Nehmen Sie eines der auf den Tisch liegenden Formulare und gehen Sie zu einer meiner Mitarbeiterinnen damit Sie sofort ohne weiteres Mitglied in einer leistungsbereiteren Krankenkasse werden", wiederholen die Antragsgegner die pauschale Abwertung und lassen keinen Zweifel daran, was sie mit der Aktion darüber hinaus bezwecken. Die Patienten sollen die Mitgliedschaft bei der Antragstellerin sogleich aufkündigen und zu einer anderen Kasse überwechseln. Diese in keiner Weise sachlich begründete, aber mit allem Nachdruck und mit der Autorität des Arztes ausgesprochene "Empfehlung" ist unter den vorliegenden Umständen gleichfalls als Verstoß gegen die guten Sitten gemäß § 1 UWG zu beurteilen. Ohne Erfolg berufen sich die Antragsgegner auf das Recht des Arztes "die richtige Wahl des Krankenversicherers im Einzelfall mit seinem Patienten zu besprechen und ein dahingehendes Gespräch beratend auch mit einer Empfehlung zu begleiten". Um eine solche Fallgestaltung geht es hier nicht. Nicht der Patient kommt ratsuchend zum Arzt, vielmehr fordern die Antragsgegner von sich aus generell und pauschal die Mitglieder der Antragstellerin zum Wechsel der Krankenkasse auf. Eine Aufklärung über die Wirtschaftlichkeit der Versorgung, auf die sich die Antragsgegner zur Rechtfertigung der Aktion berufen, findet dabei nicht statt.

Stattdessen leisten die Antragsgegner durch das Auslegen entsprechender Formulare Kündigungshilfe. Jedenfalls versteht der angesprochene Patient die Aufforderung, eines der auf dem Tisch liegenden Formulare zu nehmen, um mit Hilfe einer Praxismitarbeiterin ohne weiteren Aufwand die Kasse zu wechseln, als Angebot, ihm dabei Hilfestellung zu leisten. Grundsätzlich ist es zwar nicht wettbewerbswidrig, Kündigungshilfe zur ordnungsgemäßen Auflösung von Versicherungsverträgen zu leisten, um damit Kunden auszuspannen, dabei dürfen jedoch keine unlauteren Mittel eingesetzt werden. Es ist aber unlauter, die Hilfe zu gewähren, wenn gleichzeitig der Versicherte durch pauschal herabsetzende Aussagen über seinen bisherigen Vertragspartner zum Wechsel der Versicherung bewogen werden soll. Von dem maßgeblichen Standpunkt der Allgemeinheit aus, erscheint eine solche Kündigungshilfe unlauter. Ob die einschlägige privatwirtschaftliche Wettbewerbsrichtlinie, die die Anschauungen der beteiligten Versicherungskreise wiedergibt und eine Kündigungshilfe unter solchen Begleiterscheinungen als unzulässig bewertet, in dem untypisch gelagerten Streitfall abwendbar ist, kann sonach dahinstehen.

Den im zweiten Rechtszug angekündigten weiteren Antrag, den Antragsgegnern auch die Aussage zu verbieten "innerhalb von 5 Minuten haben Sie bis zu 955,-- DM mehr im Geldbeutel aufgrund niedrigerer Beitragssätze und wären zugleich Mitglied in einer leistungsbereiteren Krankenkasse als es die AOK Bayern ist, hat die Antragstellerin nicht gestellt; er gilt daher als zurückgenommen.

Soweit die Antragsgegner im Übrigen antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt wurden, wurde der Verbotsausspruch abweichend vom Antrag enger an den konkreten Verletzungsfall angepasst, ohne dass dies den Verbotsumfang einschränkt.

Die Kosten des ersten Rechtszugs haben die Antragsgegner gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen; die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 515 Abs. 3, 92 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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