Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 19.01.2004
Aktenzeichen: 29 W 623/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
Reisekosten eines Anwalts sind nicht vermeidbar, wenn die Klägerin die Rücknahme ihrer Klage erst am späten Nachmittag des Tages vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitteilt. Wenn ein Termin zur mündlichen Verhandlung auf den Vormittag anberaumt ist, ist es nicht missbräuchlich, von Düsseldorf nach München am Vortag anzureisen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 29 W 623/04

In dem Verfahren

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch Richter Dr. Albrecht als Einzelrichter am 19. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 21. November 2003 dahingehend abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 5.160,36 € festgesetzt werden.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 944,36 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin erstrebte mit ihrer Klage u.a. ein Verbot, (bestimmte Waren) anzubieten. Diese Klage hat sie mit Schriftsatz vom 29. Juli 2003, der um 16:30 Uhr beim Landgericht als Fax eingegangen ist, zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 30. Juli 2003 hat das Landgericht den Termin zur mündlichen Verhandlung vom gleichen Tag aufgehoben und den Streitwert auf 900.000 € festgesetzt.

Dieser Beschluss wurde vorab als Fax an die Parteien zugestellt. Mit Beschluss vom 13. August hat das Landgericht der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben Kostenfestsetzung beantragt (Bl. 75 ff d.A.) und dabei Reisekosten für sich (624,36 €) und die Partei (320 €) geltend gemacht.

Gegen die Reisekosten wendet sich die Klägerin mit dem Vortrag, der Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juli sei für 10:45 Uhr anberaumt gewesen. Den Rücknahmeschriftsatz habe sie den Bevollmächtigten der Beklagten am 29. Juli um 16:28 Uhr per Fax zugestellt. Diese hätten am 30. Juli bis 7:50 Uhr in Düsseldorf abfliegen können und den Termin noch erreicht. Am Vortag wäre ein Abflug um 19:10 Uhr oder 20:35 Uhr möglich gewesen.

Reisekosten für die Partei seien nicht erstattungsfähig, weil diese nicht geladen gewesen sei.

Mit Beschluss vom 21. November 2003 hat das Landgericht die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten ohne Reisekosten festgesetzt, weil die Klagerücknahme rechtzeitig bekannt gegeben worden sei.

Dagegen hat die Beklagte am 28. November 2003 Beschwerde eingelegt.

Im Übrigen wird auf die von den Parteien im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 7. Januar 2004, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Zu den erstattungsfähigen Kosten (§ 91 Abs. 1 ZPO) gehören im Streitfall auch die Reisekosten des Anwalts der Beklagten, weil sie einen an ihrem Geschäftsort ansässigen Anwalt beauftragt hat (vgl. Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl., § 91 Rdnr. 42). Ebenso gehören dazu die Reisekosten der Partei selbst, die - auch ohne dass dies vom Gericht angeordnet war - ohne erkennbare Missbrauchsabsicht ihren Justitiar am Termin teilnehmen ließ (vgl. Thomas/Putzo aaO. Rdnr. 16 m.w.Nachw.).

Die Reisekosten waren nicht vermeidbar, da die Klägerin die Rücknahme ihrer Klage erst am Nachmittag des Tages vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat. Wenn die Klägerin sich erst so kurzfristig zur Klagerücknahme entscheidet und dies vorher nicht einmal eventualiter in Aussicht gestellt hat, kann es nicht zu Lasten der Beklagten gehen, dass ihr Justitiar und ihre Anwälte die Reise von Düsseldorf nach München bereits angetreten hatten. Wenn ein Termin zur mündlichen Verhandlung auf den Vormittag anberaumt ist, ist es nicht missbräuchlich, am Vortag anzureisen. Da bei innerdeutschen Flügen durchaus mit Verspätungen zu rechnen ist, müsste der Abflug sehr früh erfolgen, um einen Vormittagstermin sicher einhalten zu können. Außerdem ist den Parteien zuzugestehen, dass sie nicht abgehetzt, unausgeschlafen und "auf den letzten Drücker" zum Termin erscheinen wollen.

Es kann im Streitfall auch nicht zu Lasten der Beklagten gehen, dass ihre Vertreter am Vortag um 16:28 Uhr nicht mehr aufgehalten werden konnten, zumal die Klägerin die Klagerücknahme außerhalb der normalen Bürozeiten, welche sich in etwa an den Kernzeiten bei gleitender Arbeitszeit in Büros orientieren, mitgeteilt hat. Angesichts der Fahrt zum Flughafen, der Eincheck-Zeiten, der Flugdauer mit möglichen Verzögerungen und der Fahrt vom Münchner Flughafen in die Stadt müssen sie sich nicht auf die letzten Flugmöglichkeiten eines Tages verweisen lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert ergibt sich aus den der Höhe nach unstrittigen Reisekosten.

Ende der Entscheidung

Zurück