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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: 29 W 665/04
Rechtsgebiete: MarkenG, BRAGO, BGB, ZPO


Vorschriften:

MarkenG § 140 Abs. 3
BRAGO § 11
BRAGO § 11 Abs. 1 Satz 5
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 32 Abs. 1
BGB § 247
ZPO § 554 b
In Markensachen sind die Kosten eines im Revisionsverfahren mitwirkenden Patentanwalts gemäß § 140 Abs. 3 MarkenG und § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO in Höhe der 20/10-Gebühr erstattungsfähig.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 29 W 665/04

In dem Verfahren

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle sowie die Richter Dr. Kartzke und Dr. Albrecht ohne mündliche Verhandlung am 30. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 23. Dezember 2003 dahingehend abgeändert, dass die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde auf 7.776 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab 27. November 2003 festgesetzt werden.

II. Die Beschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

IV. Der Beschwerdewert beträgt 3.868 €; davon entfallen auf die Beschwerde der Beklagten 2.514,20 €.

V. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird hinsichtlich der Beschwerde der Klägerin zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nahm die Beklagte u.a. aus Firmen- und Markenrechten auf Unterlassung, Schadensersatzfeststellung und Auskunft in Anspruch. Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat anwaltlich versichert, dass Patentanwalt P mitgewirkt habe (Bl. 459 d.A.). Dies hat auch der Patentanwalt selbst versichert und eine Übersicht über seine Mitwirkung vorgelegt. Die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälte der Klägerin haben bei Antragstellung die Mitwirkung der Patentanwälte angezeigt.

Mit Beschluss vom 23. Dezember 2003 hat das Landgericht die an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 6.422,20 € festgesetzt. Für den Patentanwalt ist eine 13/10-Gebühr (2.514,20 €) enthalten.

Insoweit hat die Beklagte am 7. Januar 2004 Beschwerde eingelegt und dazu ausgeführt, Patentanwalt P habe nicht versichert, an der Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde mitgewirkt zu haben. Auch der am Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt der Klägerin bestätige dies nicht; dies behaupte nur der Münchner Prozessbevollmächtigte der Klägerin.

Die Klägerin hat am 9. Januar 2004 ebenfalls Beschwerde eingelegt und dazu ausgeführt, für den Patentanwalt sei eine 20/10-Gebühr anzusetzen. Sie hat ferner beantragt,

die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Im Übrigen wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beschwerden mit Beschluss vom 12. Januar 2004, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, nicht abgeholfen.

II.

Die Entscheidung ergeht nicht durch den Einzelrichter, weil der Senat von der Rechtsprechung des 11. Senats des OLG München in einer Sache grundsätzlicher Bedeutung abweicht.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin hat in der Sache Erfolg; die ebenfalls zulässige Beschwerde der Beklagten hat dagegen keinen Erfolg.

Die strittigen Patentanwaltskosten richten sich nach neuem Recht, weil die eine Gebühr auslösende Mitwirkungshandlung nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. Januar 2002 erfolgt ist (vgl. OLG München MDR 2003, 1143).

1) Die Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die Kosten zu erstatten, die diese ihren Patentanwälten für deren Mitwirkung im Revisionsverfahren I ZR 81/03 vor dem Bundesgerichtshof schuldet. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte, die Annahme der Rechtssache zur Entscheidung abzulehnen, was auch geschah. Dadurch fiel gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO die Prozessgebühr der Rechtsanwälte an und ebenso eine Gebühr der Patentanwälte, die am Revisionsverfahren mitgewirkt haben. Die Nichtannahme der Revision schließt eine gebührenpflichtige Tätigkeit des Patentanwalts ebenso wenig aus wie den Anfall der Prozessgebühr für den Rechtsanwalt, wie auch § 32 Abs. 1 BRAGO zeigt.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben die vom Patentanwalt selbst vorgetragenen konkreten Mitwirkungshandlungen in Sach- und Rechtsfragen bestätigt und anwaltlich versichert. Die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälte der Klägerin haben die Mitwirkung der Patentanwälte außerdem angezeigt.

Die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts ist in Markensachen nicht zu prüfen. Für die beantragte Festsetzung reicht es nach § 140 Abs. 3 MarkenG aus, dass ein Patentanwalt mitgewirkt hat. Der Begriff "notwendig" steht in § 140 Abs. 3 MarkenG nur in Verbindung mit den Auslagen, nicht aber mit den Gebühren (vgl. BGH GRUR 2003, 639; OLG München Mitt 1997, 167; BPatG GRUR 2000, 331; Ingerl/Rohnke, MarkenG 2. Aufl., § 140 Rdnr. 66).

Für die Höhe der Gebühr kommt es ebenfalls weder auf den Umfang noch die Schwierigkeit der Sache an (vgl. OLG München JurBüro 2001, 30 = OLGR München 2001, 72).

Die Geltendmachung der Patentanwaltskosten verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Einschaltung des Patentanwalts allein zu dem Zweck erfolgt wäre, diesem eine Verdienstmöglichkeit einzuräumen. Dafür sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Eine nicht zugelassene Rechtsbeschwerde gilt nicht bis zur Zulassung als vorläufig (vgl. BPatG GRUR 2000, 331). Die Beklagte hat im Streitfall auch nicht zu erkennen gegeben, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nur zur Fristwahrung dienen sollte und die Gegenseite auf kostenverursachende Schritte zunächst verzichten möge.

2) Ist die Mitwirkung der Patentanwälte für das Revisionsverfahren für notwendig erachtet worden, so haben sie grundsätzlich Anspruch auf die 20/10-Gebühr, wie die ausschließlich beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte (so auch OLG Nürnberg Mitt 1994, 222; Mitt 1992, 29; OLG Düsseldorf Mitt. 1980, 40; GRUR 1978, 199; JurBüro 1988, 780; OLG Karlsruhe GRUR 1980, 331; OLG Frankfurt JurBüro GRUR 1988, 530; aA. OLG München GRUR 1979, 339; Mitt 1989, 202; OLG Hamburg MDR 1988, 684).

Die Beklagte hat die Kosten der Patentanwälte gemäß § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO in Höhe der 20/10-Prozeßgebühr zu erstatten, und nicht nur gemäß Satz 4 dieser Vorschrift in Höhe einer 13/10-Gebühr. Nach § 140 Abs. 3 MarkenG sind für den Patentanwalt die Gebühren nach § 11 BRAGO für Rechtsanwälte zu erstatten. Dies verweist auf alle Sätze dieser Vorschrift.

Soweit also, wie im Streitfall, die Vertretung in Revisionsverfahren nur durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt erfolgen kann, hat daher der Patentanwalt Gebühren in der Höhe verdient, wie sie auch der am Bundesgerichtshof zugelassene Anwalt verdient hat.

Dem steht der Regelungszweck von § 11 Abs. 1 Satz 5 BRAGO nicht entgegen. Das Gesetz zur Änderung des Rechts der Revision in Zivilsachen vom 8. Juli 1975 sollte zwar den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälten einen Einkommensausgleich dafür geben, dass die Einlegung von Revisionen und ihre Durchführung erheblich eingeschränkt wurden und Mehrarbeit zur Vermeidung einer Nichtannahme gemäß § 554 b ZPO anfallen; dies verlangt aber nicht, die 20/10-Gebühr ausschließlich für die beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälte anzusetzen. Auch Patentanwälte können in Folge dieser Regelung an weniger Revisionsverfahren mitwirken und sind als Gehilfen der Rechtsanwälte ebenfalls mit Mehrarbeit belastet (vgl. OLG Karlsruhe GRUR 1980, 331). Diese Erwägungen treffen auch unter dem geltenden Recht zu, das die Zulässigkeit von Revisionen weitergehend beschränkt hat.

3) Der Zinsausspruch beruht auf § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

5) Der Beschwerdewert umfasst die strittigen Gebühren für den Patentanwalt, welche die Beklagte für insgesamt nicht erstattungsfähig hält, während die Klägerin eine Erhöhung der zugesprochen 13/20-Gebühr um 7/20 (1.353,80 €) geltend machte.

6) Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof war hinsichtlich der Beschwerde der Klägerin im Hinblick auf die divergierende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (s.o.) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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