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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.06.2009
Aktenzeichen: 31 AR 332/09
Rechtsgebiete: GVG, ZPO


Vorschriften:

GVG § 101
GVG § 102
ZPO § 36
Der Antrag des Beklagten auf Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen kann bis zum Ablauf der verlängerten Klageerwiderungsfrist gestellt werden.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 AR 332/09

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn, der Richterin am Oberlandesgericht Förth und des Richters am Oberlandesgericht Wimmer

am 12. Juni 2009

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung,

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts,

beschlossen:

Tenor:

Zuständig ist die Kammer für Handelssachen.

Gründe:

I. Auf den innerhalb der mehrmals verlängerten Klageerwiderungsfrist gestellten Antrag der Beklagten verwies die Zivilkammer den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen. Diese lehnte die Übernahme ab, weil sie den Antrag der Beklagten als verspätet ansieht (LG München I vom 18.3.2009, 14HK O 13286/08 = MDR 2009, 647).

II. Zuständig ist die Kammer für Handelssachen. Das folgt schon aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses (§ 102 Satz 2 GVG). Die Bindungswirkung tritt ausnahmsweise dann nicht ein, wenn sich die Verweisung so weit von der gesetzlichen Grundlage entfernt, dass sie im Hinblick auf das Gebot des gesetzlichen Richters und das Willkürverbot des Grundgesetzes nicht hingenommen werden kann. Diese zu § 281 ZPO entwickelte Rechtsprechung (vgl. BGHZ 102, 338/341; BGH NJW 2002, 3634/3635; BayObLGZ 2003, 187/190; Zöller/Greger ZPO 27. Aufl. § 281 Rn. 17) ist auf den Fall der Verweisung durch die Zivilkammer an die Kammer für Handelssachen übertragbar.

Die von der Zivilkammer ausgesprochene Verweisung ist nicht nur nicht willkürlich, sondern zutreffend. Der Antrag der Beklagten auf Verweisung an die Kammer für Handelssachen war nicht verspätet. Wird dem Beklagten eine Klageerwiderungsfrist gesetzt, so muss der Antrag innerhalb der Frist gestellt werden (§ 101 Abs. 1 Satz 2 GVG). Wird die gesetzte Frist auf Antrag verlängert, wie hier, so ist der vor Ablauf der verlängerten Frist gestellte Antrag fristgerecht (h. M.; LG Düsseldorf MDR 2005, 709; MünchKommZPO/Zimmermann 3. Aufl. § 101 GVG Rn. 4; Kissel/Mayer GVG 5. Aufl. § 101 Rn. 6; Zöller/Lückemann § 101 GVG Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 67. Aufl. § 101 GVG Rn. 2; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 29. Aufl. § 101 GVG Rn. 5; Schneider MDR 2000, 725).

Die gegenteilige Mindermeinung (LG Heilbronn MDR 2003, 231, Anm. Willmerdinger; LG München I MDR 2009, 647) überzeugt nicht. Eine Fristverlängerung wahrt alle Rechte desjenigen, dem die Frist gewährt wird. Es handelt sich nach wie vor um ein und dieselbe Klageerwiderungsfrist, deren Ablauf durch die Verlängerung nur hinausgeschoben wird. Für eine Aufspaltung dahin, dass die Fristverlängerung nur für die Klageerwiderung, nicht aber für die Stellung des Verweisungsantrags gilt, gibt das Gesetz nichts her. Dass § 101 Abs. 1 GVG eine Verlängerungsmöglichkeit nicht anspricht, ist kein Gegenargument. Indem § 101 Abs. 1 GVG für den Verweisungsantrag des Beklagten auf die zur Klageerwiderung gesetzte Frist abstellt, verknüpft es die Frist für den Antrag mit den Gegebenheiten dieser anderen - verlängerbaren - Frist. Erwägungen dahin, dass der Beklagtenanwalt die Entscheidung, ob der Verweisungsantrag gestellt werden soll, oftmals schneller herbeiführen könne als das Erstellen der Klageerwiderungsschrift, sind fragwürdig und jedenfalls nicht geeignet, de lege lata als durchgreifendes Argument für ein unterschiedliches Fristende zu dienen. Die etwa eintretende Verzögerung ist der gesetzlichen Regelung immanent und hinzunehmen. Etwas anderes ist es, wenn, etwa nach ergänzendem Klagevorbringen, erneut eine Frist zur Erwiderung gesetzt wird; dann handelt es sich nicht mehr um die ursprüngliche Klageerwiderungsfrist (richtig gesehen von LG Bonn MDR 2000, 724).

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten hindert nicht die Bestimmung des zuständigen Gerichts, hier der Kammer für Handelssachen als zuständigen Spruchkörper, nach § 36 ZPO (vgl. BayObLGZ 1985, 314/316).

Ende der Entscheidung

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