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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 14.03.2008
Aktenzeichen: 31 Wx 10/08
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 15
BeurkG § 54 c Abs. 3 Satz 1
BeurkG § 54 c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2
1. § 54c Abs. 3 BeurkG begründet unter den dort geregelten Voraussetzungen die Amtspflicht des Notars, sich jeder Verfügung über das Verwahrungsgut zu enthalten.

2. Die in einem notariellen Vorbescheid nach § 15 BNotO gesetzte Frist zur Einlegung der Beschwerde hat nicht zugleich die Wirkung einer Frist zur Beibringung des Rechtshängigkeitsnachweises nach § 54c Abs. 3 BeurkG. Soll die gesetzte Frist für beides gelten, muss das eindeutig zum Ausdruck kommen.


Gründe:

I.

Mit notarieller Urkunde vom 24.8.2007 haben die Beteiligte zu 1, eine Kommanditgesellschaft, und die Beteiligte zu 2, eine GmbH, die zuvor zu Urkunde desselben Notars am gleichen Tag gegründet worden war, einen Kaufvertrag über mehrere Grundstücke sowie Teilflächen noch zu vermessender Grundstücke geschlossen. Die Vertragsparteien streiten über den weiteren Vollzug dieser Urkunde.

Die Beteiligte zu 1 (Verkäuferin) hält den Vertrag aus mehreren Gründen für unwirksam und verlangt vom Notar, dass der Vollzug der Urkunde nicht weiter betrieben wird. Sie trägt unter anderem vor, dass die Vertretungsmacht des für sie handelnden Geschäftsführers ihrer Komplementärin im Innenverhältnis beschränkt gewesen sei. Dies sei der Beteiligten zu 2 (Käuferin) bekannt gewesen oder habe sich ihr aufdrängen müssen. Der Geschäftsführer sowie ablöseberechtigte Gläubiger hätten von der Käuferin für den Abschluss des der Verkäuferin nachteiligen und dem Geschäftsführer im Innenverhältnis untersagten Geschäfts Provisionen erhalten oder erhalten sollen. Es liege kollusives Zusammenwirken zwischen ihrem Vertreter und dem Vertragsgegner oder jedenfalls ein Fall des offensichtlichen Missbrauchs der Vertretungsmacht vor. Auch die Käuferin, damals erst eine im Gründungsstadium befindliche Gesellschaft, sei nicht wirksam vertreten gewesen; denn deren Geschäftsführer sei nur ermächtigt gewesen, Grundstücke bis zu einem Maximalbetrag von 3.000 EUR zu kaufen, während hier ein Kaufpreis von 1,5 Mio. EUR beurkundet worden sei. Darüber hinaus bestehe ein krasses Missverhältnis zwischen tatsächlichem Grundstückswert und dem von der Käuferin bezahlten Kaufpreis von (unter Berücksichtigung weiterer im Vertrag übernommener Verpflichtungen der Verkäuferin) effektiv 1,35 Mio. EUR; der Vertrag sei sittenwidrig und nichtig. Ein weiterer Unwirksamkeitsgrund ergebe sich schließlich auch aus dem Verstoß gegen die Formvorschrift des § 311b BGB, der darin liege, dass die genannten Provisionszahlungen als Nebenabreden hätten beurkundet werden müssen, aber nicht beurkundet wurden.

Mit Schreiben vom 29.8.2007 und erneut mit Anwaltsschriftsatz vom 6.9.2007 focht die Verkäuferin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Sie widerrief alle im Kaufvertrag erteilten Vollmachten.

Die Käuferin bestreitet den Sachvortrag der Verkäuferin in weiten Teilen, hält den Vertrag für wirksam und besteht auf dem weiteren Vollzug der Urkunde. Sie macht geltend, dass ihr bei weiterer Verzögerung großer Schaden durch etwaigen Verlust des mit dem Erwerb der Grundstücke geplanten Entwicklungsprojekts entstehen könne.

Mit Schriftsatz vom 12.10.2007, der Käuferin zugestellt am 17.10.2007, erhob die Verkäuferin Klage zum Landgericht Amberg mit den Anträgen auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags und auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung.

Am 17.10.2007 erließ der Urkundsnotar einen Vorbescheid, in dem er unter Darstellung des Sachstands und Abwägung denkbarer Schadensentwicklungen ankündigt, vorbehaltlich eines Rechtsmittels nach § 15 BNotO ab dem 24.10.2007 die Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises an die ablöseberechtigten Gläubiger sowie an die Verkäuferin durchzuführen und nach Zahlung der Ablösebeträge und des Kaufpreises die Eigentumsumschreibung auf die Käuferin zu beantragen.

Mit weiterem Schreiben vom 25.10.2007 teilte der Urkundsnotar der Verkäuferin mit, dass ein gerichtliches Verfahren nach § 54c Abs. 3 Nr. 2 BeurkG nicht nachgewiesen und der Widerspruch der Verkäuferin gegen die Hinterlegungsanweisung damit unbeachtlich geworden sei. Am gleichen Tag erweiterte die Verkäuferin die zum Landgericht Amberg erhobene Zivilklage um den Klageantrag auf Verurteilung der Käuferin zum Widerruf der dem Notar erteilten Vollzugsanweisungen. Klageerweiterung und Zustellnachweis der Klage teilte sie dem Notar mit. Ferner erwirkte sie die am 26.10.2007 erfolgte Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks im Grundbuch.

Am 25.10.2007 legte die Verkäuferin Beschwerde gegen den Vorbescheid vom 17.10.2007 ein. Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 3.1.2008 zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Verkäuferin ihr Ziel weiter, dem Notar den weiteren Vollzug der Urkunde zu untersagen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 23.1.2008 im Wege der einstweiligen Anordnung den Notar angewiesen, den Vollzug vorerst nicht zu betreiben.

II.

Das zulässige Rechtsmittel (§ 15 Abs. 2 BNotO, §§ 27, 29 FGG) ist überwiegend begründet. Aus § 54c Abs. 3 Satz 1 BeurkG ergibt sich die Amtspflicht des Notars, den hinterlegten Kaufpreis nicht auszuzahlen.

1. Zutreffend ist das Landgericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen. Es hat jedoch fälschlich den Notar als Beteiligten und Beschwerdegegner behandelt. Beteiligte des Verfahrens sind die Parteien des notariellen Kaufvertrags, nicht dagegen der Notar, dessen Bescheid im Beschwerdeverfahren nach § 15 BNotO die Wirkung einer erstinstanziellen Entscheidung hat (vgl. BayObLGZ 1998, 6/8; Schippel/Bracker/Reithmann BNotO 8. Aufl. § 15 Rn. 78). Richtigerweise ist hier die Käuferin Beschwerdegegner. Die unrichtige Einstufung des Landgerichts hat sich jedoch im Ergebnis für die Käuferin nicht nachteilig ausgewirkt, denn das Landgericht hat die Käuferin jedenfalls beteiligt und angehört; diese hat auch umfänglich vorgetragen.

2. Gerichtliche Entscheidungen nach § 15 BNotO haben ausschließlich darüber zu befinden, ob der Notar seine Tätigkeit pflichtwidrig verweigert. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Notar zur Vornahme einer Amtshandlung angehalten werden soll, oder, wie hier, auf Unterlassen einer angekündigten Amtshandlung in Anspruch genommen wird. Auch letzteres stellt, wenn die Vornahme der angekündigten Amtshandlung pflichtwidrig wäre, eine Verweigerung pflichtgemäßen Handelns dar und ist deshalb tauglicher Verfahrensgegenstand der Beschwerde nach § 15 BNotO (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler BNotO 4. Aufl. § 15 Rn. 88 m.w.N.).

3. Grundsätzlich hat der Notar den Kaufvertrag gemäß den ihm von den Vertragsparteien übereinstimmend erteilten Weisungen zu vollziehen und mit den in diesem Zusammenhang treuhänderisch in Verwahrung genommenen Geldern entsprechend den erteilten Weisungen zu verfahren. Widerruft nur einer von mehreren Beteiligten eine übereinstimmend erteilte Weisung mit der Begründung, der Vertrag sei unwirksam, so ist zwischen der Verwahrung des hinterlegten Kaufpreises und sonstiger Vollzugstätigkeit zu unterscheiden. Für Verwahrungsgut enthält § 54c Abs. 3 BeurkG eine spezielle Regelung.

a) Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 54c BeurkG ist der Notar nach ständiger Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen und unter ganz besonderen Umständen berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet, auf einseitige Weisung nur eines von mehreren Beteiligten seine Vollzugstätigkeit aufzuschieben. Ein solcher Sachverhalt kann angenommen werden, wenn der Beteiligte dem Notar einen ausreichend substantiierten und glaubhaften Sachverhalt vorträgt, der einen Anfechtungs- oder Unwirksamkeitsgrund des Vertrages als nahe liegend und offensichtlich gegeben erscheinen lässt, und die anderen Beteiligten dagegen keine durchgreifenden Einwendungen vorbringen können. Eine Weigerung des Notars kann ferner berechtigt sein, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass durch den Vollzug der Urkunde das Grundbuch unrichtig werden würde (vgl. BayObLGZ 1998, 6/9; BayObLG DNotZ 1998, 648/650; DNotZ 2004, 194; OLG Köln OLGZ 1990, 397/401; OLG Hamm OLGZ 1994, 495/497 f.; Winkler BeurkG 15. Aufl. § 53 Rn. 24 ff., 34 ff., m.w.N.).

b) Etwas anderes gilt allerdings kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung für vom Notar treuhänderisch in Verwahrung genommene Gelder, hier für den auf Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreis. Nach § 54 c Abs. 3 Satz 1 BeurkG hat sich der Notar, wenn der einseitige Widerruf einer Anweisung darauf gegründet ist, dass das mit der Verwahrung durchzuführende Rechtsverhältnis aufgehoben, unwirksam oder rückabzuwickeln ist, jeder Verfügung über das Verwahrungsgut zu enthalten. Der Widerruf wird u.a. dann unbeachtlich, wenn der Widerrufende nicht innerhalb einer vom Notar festzusetzenden angemessenen Frist dem Notar nachweist, dass ein gerichtliches Verfahren zur Herbeiführung einer übereinstimmenden Anweisung rechtshängig ist.

Diese im Jahr 1998 vom Gesetzgeber in bewusster Abkehr zur bisherigen Rechtsprechung eingeführte Spezialregelung gilt vorrangig und durchbricht in ihrem Anwendungsbereich die oben dargestellten Grundsätze. Sie ist auch im Verfahren nach § 15 BNotO zu beachten. Denn sie normiert eine Amtspflicht des Notars, sich entsprechend den geregelten Voraussetzungen zu verhalten, d.h. je nach Sachverhalt entweder keine Verfügung über das hinterlegte Geld zu treffen oder im Gegenteil den einseitigen Widerruf unbeachtet zu lassen und weiterhin gemäß den ursprünglich erteilten Weisungen zu verfahren. Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift bedeutet nicht, dass dem Notar insoweit ein Ermessen eingeräumt wäre; die genannte Verhaltenspflicht ist ihm vielmehr als Amtspflicht auferlegt.

4. Nach diesen Kriterien hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Überprüfung weitgehend nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Für den einseitigen Widerruf der Anweisung, die sich auf den hinterlegten Kaufpreis bezieht, hat es das Landgericht versäumt, § 54c BeurkG zu prüfen. Da weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Prüfung nachholen und in der Sache entscheiden. Die Prüfung ergibt, dass der Notar nur pflichtgemäß handelt, wenn er sich jeder Verfügung über den auf Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreis enthält (§ 54c Abs. 3 Satz 1 BeurkG).

a) § 54c Abs. 3 BeurkG ist anwendbar, da die Parteien des Kaufvertrags keine abweichenden Regelungen getroffen haben (§ 54c Abs. 5 BeurkG). Hiervon geht auch der Urkundsnotar aus, wenn er im Schreiben vom 25.10.2007 auf § 54c Abs. 3 BeurkG Bezug nimmt.

b) Die Verkäuferin hat ihren einseitigen Widerruf darauf gegründet, dass das mit der Verwahrung durchzuführende Rechtsverhältnis unwirksam ist. Dies erscheint nach dem detaillierten Sachvortrag der Verkäuferin auch durchaus möglich. Das reicht für die Anwendbarkeit des § 54c Abs. 3 Satz 1 BeurkG aus (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler § 23 Rn. 132; enger wohl Winkler § 54c Rn. 26: Schlüssigkeitsprüfung). Eine weitergehende Prüfungspflicht, ob die aufgestellten Tatsachenbehauptungen zutreffen und der Vertrag tatsächlich unwirksam ist, legt das Gesetz dem Notar gerade nicht auf.

c) Eine Unbeachtlichkeit des einseitigen Widerrufs nach § 54c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG liegt entgegen der vom Notar im Schreiben vom 25.10.2007 geäußerten Rechtsauffassung nicht vor. Die Verkäuferin hat ein gerichtliches Verfahren zur Herbeiführung einer übereinstimmenden Anweisung rechtshängig gemacht. Die Annahme des Notars, dies sei nicht innerhalb gesetzter Frist nachgewiesen worden und deshalb unbeachtlich, trifft nicht zu.

aa) Aus dem Vorbescheid vom 17.10.2007, in dem eine Frist bis 23.10.2007 gesetzt wurde (nicht bis 24.10.2007, denn ab 24.10.2007 wollte der Notar bereits mit dem Vollzug fortfahren), war nicht ersichtlich, dass es sich um eine Frist nach § 54c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG handeln sollte. Der Vorbescheid erging im Anwendungsbereich des § 15 BNotO. Die dort gesetzte Frist betraf nach Wortlaut und Inhalt eindeutig das Beschwerdeverfahren nach § 15 BNotO. Auf § 54c BeurkG ist nirgends hingewiesen.

Erst durch das Schreiben des Notars vom 25.10.2007, also nach Ablauf der Frist, erfuhr die Verkäuferin, dass der Notar dieselbe Fristsetzung zugleich als Fristsetzung im Sinne des § 54c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG verstanden wissen wollte. Damit musste sie nicht rechnen. Es handelt sich um zwei gedanklich zu trennende, rechtlich verschiedene Fristsetzungen, die dem Adressaten zur Vermeidung nachteiliger Rechtsfolgen zwei völlig verschiedene Verhaltensobliegenheiten auferlegen, nämlich die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO einerseits und den Nachweis der Rechtshängigkeit einer Zivilklage bestimmten Inhalts andererseits. Das Setzen der einen Frist umfasst nicht zugleich die andere, wenn sich nicht aus dem Bescheid selbst eindeutig ergibt, dass beide Fristen in Lauf gesetzt werden sollen. Aus dem hier verfahrensgegenständlichen Vorbescheid ergab sich das nicht.

bb) Unter diesen Umständen lag eine wirksame Fristsetzung nach § 54c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG nicht vor. Es kann deshalb offen bleiben, ob die kurze Frist von zwei bis drei Arbeitstagen überhaupt angemessen war. Die Verkäuferin hat im Übrigen sofort reagiert und noch am selben Tag die bereits rechtshängige Klage um den in § 54c Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 BeurkG genannten Streitgegenstand erweitert und den Notar unter Beifügung des ihr bereits vorliegenden Zustellnachweises für die Klage davon in Kenntnis gesetzt. Ob sie nach Zustellung der Klageerweiterung auch den Zustellnachweis hierfür nachgereicht hat, ergibt sich aus den Akten nicht, ist aber auch unerheblich. Die Tatsache der Rechtshängigkeit ist zwischen den Parteien des Kaufvertrages längst unstreitig; im Übrigen könnte die Verkäuferin den Nachweis der Rechtshängigkeit gegenüber dem Notar mangels Laufs einer Frist auch jetzt noch erbringen.

Im Ergebnis verbleibt es, da auch ein sonstiger Unbeachtlichkeitsgrund nach § 54c Abs. 3 Satz 3 BeurkG nicht gegeben ist, bei der in § 54c Abs. 3 Satz 1 BeurkG angeordneten Rechtsfolge, dass sich der Notar jeder Verfügung über das Verwahrungsgut zu enthalten hat.

5. Die Untersagung anderer Vollzugshandlungen als die Verfügung über das Verwahrungsgut ist im Rahmen der hier vom Senat anzustellenden Prüfung nach dem Sachstand, der seiner Würdigung als Rechtsbeschwerdeinstanz unterliegt, nicht veranlasst. Neuer Sachvortrag hat im Verfahren der weiteren Beschwerde außer Betracht zu bleiben. Im Einzelnen gilt folgendes:

a) Soweit Vollzugshandlungen von der Auszahlung des Kaufpreises abhängen, sind sie, solange der Notar aufgrund des vorliegenden Beschlusses die Auszahlung nicht vornehmen darf, zwangsläufig ebenfalls zu unterlassen. Welche Handlungen das sind - in Betracht kommt hier wohl in erster Linie der Antrag auf Eigentumsumschreibung - bleibt zunächst der eigenverantwortlichen Entscheidung des Notars überlassen.

b) Der Antrag, dem Notar die Beantragung der Eintragung von Auflassungsvormerkungen zu Gunsten des Käufers an den vermessenen Grundstücken zu untersagen, ist gegenstandslos geworden; diese Auflassungsvormerkungen sind zwischenzeitlich eingetragen.

c) Im Übrigen verbleibt es bei dem allgemeinen Prüfungsmaßstab, dass der Notar, wenn nur eine Partei die Unwirksamkeit des Vertrages geltend macht, die weitere Vollzugstätigkeit nur in Ausnahmefällen und unter ganz besonderen Umständen verweigern darf. Diese Schwelle ist hier im Ergebnis noch nicht erreicht.

aa) Allerdings spricht schon nach unbestrittener Urkundslage manches für die Unwirksamkeit des Kaufvertrags. So ist der Vertreter der Käuferin, die damals im Stadium der Vorgesellschaft war, im Rahmen einer Ermächtigung tätig geworden, die dem Wortlaut nach nur für einen Grundstückskauf "bis zu einem Maximalbetrag von 3.000 EUR" galt. Es kann hier dahinstehen, ob die von der Verkäuferin angeführten Indizien die Schlussfolgerung tragen, dass die Beschränkung auch so gewollt war. Selbst wenn man der Käuferin darin folgen wollte, dass es sich um einen "offensichtlichen Schreibfehler" handelt, wäre damit allein nichts gewonnen. Es müsste zusätzlich aus den Umständen zu ermitteln sein, welcher wahre Erklärungswert dem "Schreibfehler" zukommt.

Die bloße Behauptung der Käuferin, es seien 3 Mio. EUR gemeint, reicht hierfür nicht aus, und hinreichende objektive Anhaltspunkte, die diese Behauptung stützen könnten, lassen sich dem Vorbringen der Käuferin nicht entnehmen. Kann aber der wahre Wert der unzweifelhaft gegebenen Höchstgrenze der Ermächtigung auch durch Auslegung nicht ermittelt werden, so führt das nicht etwa dazu, dass die Ermächtigung schrankenlos gelten würde; die Rechtsfolge ist vielmehr, dass sich aus dem vorgelegten Gesellschafterbeschluss, in dem die Höchstgrenze von 3.000 EUR genannt ist, eine Ermächtigung des Vertreters der Käuferin zum Abschluss des hier in Rede stehenden Kaufvertrags mit einem Kaufpreis von 1,5 Mio. EUR nicht herleiten lässt. Dieser Unwirksamkeitsgrund, sollte er nicht geheilt sein, liegt übrigens allein in der Risikosphäre der Käuferin. Wenn ihr dadurch ein Geschäft in Millionenhöhe verlorengehen sollte, so hat sie sich das selbst zuzuschreiben.

Ob eine wirksame Genehmigung vorliegt, ist zweifelhaft. Das gilt schon unabhängig davon, ob der Vertrag überhaupt nachträglich genehmigt werden konnte oder wegen Anfechtung oder aus sonstigen Gründen bereits endgültig unwirksam war. Das Schreiben vom 29.11.2007 der schweizerischen Gesellschaft, die alle stimmberechtigten Anteile derjenigen maltesischen Gesellschaft hält, welche Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile der damals als Vorgesellschaft bestehenden Käuferin ist, stellt jedenfalls für sich genommen keine rechtswirksame Genehmigung dar. Aus ihr ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Vertretungsmacht die erklärende Gesellschaft eine Willenserklärung mit Wirkung für die Käuferin hätte abgeben können. Eine gesetzliche oder organschaftliche Vertretungsmacht der schweizerischen Konzernmutter für die in Deutschland gegründete Käuferin bestand nach dem insoweit maßgeblichen deutschem Recht jedenfalls nicht.

bb) Gleichwohl hält der Senat - nach dem von ihm in der Rechtsbeschwerdeinstanz zugrunde zu legenden Sachstand - unter Abwägung des weitgehend kontroversen wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten, auf dessen Wiedergabe im einzelnen hier verzichtet werden kann, die Rechtslage im Ergebnis nicht für so eindeutig und offensichtlich, dass er den Notar anweisen könnte, jeglichen weiteren Vollzug der Urkunde einzustellen. Ob und inwieweit eine der Urkunde entgegenstehende Rechtslage besteht, kann umfassend nur im Zivilprozess geprüft und geklärt werden. Diesen Weg hat die Verkäuferin auch bereits beschritten. Zur Verhinderung des Vollzugs der Urkunde kann gegebenenfalls einstweiliger Rechtsschutz durch die Gerichte der streitigen Zivilgerichtsbarkeit in Anspruch genommen werden, wie von der Verkäuferin ebenfalls bereits beantragt.

d) Soweit der Senat den Notar nicht anweist, den weiteren Vollzug der Urkunde einzustellen, bedeutet dies nicht, dass der Notar gezwungen wäre, sämtliche ihm erteilten Vollmachten als fortgeltend anzusehen und von ihnen Gebrauch zu machen. Die Beurkundung der Messungsanerkennung stellt einen gegenüber dem bisherigen Vollzug völlig neuen Verfahrensschritt dar. Das erfordert vom Notar eine neue eigenverantwortliche Prüfung des Sachstands, wie er sich ihm nunmehr darstellt. Gegebenenfalls steht dem Notar und den Beteiligten insoweit erneut der Weg nach § 15 BNotO offen.

6. Im Ergebnis war somit auf die weitere Beschwerde die Anweisung an den Urkundsnotar auszusprechen, sich jeder Verfügung über den hinterlegten Kaufpreis zu enthalten. Der Senat legt dem Notar damit genau die Verhaltenspflicht auf, die das Gesetz in § 54c Abs. 3 Satz 1 BeurkG vorschreibt. Diese Pflicht endet, wenn einer der in § 54c Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 3 BeurkG geregelten Tatbestände eingreift, also etwa durch spätere übereinstimmende Anweisung (die sich auch aus der rechtskräftigen Verurteilung einer der Vertragsparteien zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung ergeben kann, § 894 ZPO) oder durch den Nachweis der Klagerücknahme oder der rechtskräftigen Klageabweisung. Da sich diese Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, bedurfte es insoweit keiner Aufnahme in den Entscheidungstenor.

7. Mit dieser Entscheidung ist der Beschluss des Senats vom 23.1.2008 (einstweilige Anordnung) ohne weiteres hinfällig; einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf es nicht.

8. Da die weitere Beschwerde teilweise Erfolg hat und zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung führt, fallen Gerichtsgebühren weder für die zweite noch für die dritte Instanz an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Von der Anordnung einer Kostenerstattung (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG) wird für beide Instanzen abgesehen; insoweit verbleibt es bei dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

9. Den Geschäftswert schätzt der Senat nach § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO für beide Instanzen auf 75.000 EUR (5 % des nominalen Kaufpreises).

Ende der Entscheidung

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