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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: 31 Wx 119/06
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 327a
AktG § 327b
AktG § 327f
Erhöht der Hauptaktionär im Rahmen eines Vergleichs zur Beendigung anhängiger Anfechtungsverfahren das Angebot auf Barabfindung, so ist dieses in einem nachfolgenden Spruchverfahren Gegenstand der Angemessenheitsprüfung.
Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin war Hauptaktionärin der E.-Bank AG (im Folgenden: Gesellschaft) und hielt zum Zeitpunkt des Berichts über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre 99,37 % des Grundkapitals der Gesellschaft. Der Bericht kam zu einer angemessenen Barabfindung von 7,94 EUR je Stückaktie. Die von der Antragsgegnerin festgelegte Barabfindung je Stückaktie betrug 9,30 EUR. Am 15.4.2003 beschloss die Hauptversammlung der Gesellschaft mit 99,95 % der vertretenen Stimmen, die Aktien der Gesellschaft auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Gegen diesen Beschluss haben verschiedene Aktionäre Klage erhoben. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs erhöhte die Antragsgegnerin das Barabfindungsgebot um 4,20 EUR auf 13,50 EUR je Stückaktie. Nach der am 22.7.2003 im elektronischen Bundesanzeiger erfolgten Bekanntmachung dieses Vergleichs steht diese erhöhte Barabfindung allen Minderheitsaktionären der Gesellschaft zu, die am Tage der Eintragung des Beschlusses über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre in das Handelsregister Aktionäre der Beklagten (hier: Gesellschaft) waren. Die Parteien des gerichtlichen Vergleichs waren sich darüber einig, dass die Minderheitsaktionäre aus dem Prozessvergleich einen unmittelbaren Anspruch gegen die beigetretene Antragsgegnerin erwerben. Die Parteien des Prozessvergleichs waren sich ferner darüber einig, dass dieses Rechtsgeschäft ein echter Vertrag zugunsten Dritter sei. Das Angebot der Antragsgegnerin umfasste im Weiteren die Verzinsung der genannten Abfindung vom Tag der Hauptversammlung an mit 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB. Der gerichtliche Vergleich enthielt ferner die Bestimmung, dass sich die Antragsgegnerin gegenüber den Minderheitsaktionären, welche sich an keinem Spruchverfahren beteiligen, verpflichtete, einen weiteren Erhöhungsbetrag von 1,50 EUR je Aktie zu bezahlen.

Der Beschluss der Hauptversammlung über den Squeeze-out ist am 16.7.2003 im Handelsregister eingetragen worden.

Nach dem Beschluss der Hauptversammlung beantragten mehrere Antragsteller die Festsetzung einer höheren Barabfindung. Das Landgericht hat die sachverständigen Prüfer in mündlicher Verhandlung angehört. Mit Beschluss vom 29.11.2006 hat es die Anträge auf gerichtliche Festsetzung der Barabfindung zurückgewiesen und bestimmt, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Gegen den Beschluss des Landgerichts haben folgende Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt:

- die Antragstellerin zu 1 am 12.12.2006

- die Antragstellerinnen zu 8 und zu 9 am 27.12.2006

- die Antragsteller zu 12, 13, 14, 15 und 24 am 21.12.2006

- die Antragsteller zu 17 und 18 am 25.12.2006.

Der Senat hat nicht mündlich verhandelt.

II.

Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Gesellschaft die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Dabei muss die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung die Verhältnisse der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG). Der vom Landgericht herangezogene Stichtag für die maßgeblichen Wertverhältnisse des 15.4.2003 ist zutreffend.

Angemessen ist eine Abfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht (BVerfGE 14, 263/284; 100, 289/304 f.; BayObLG AG 1996, 127; Hüffer AktG 7. Aufl. § 327b Rn. 4). Zu ermitteln ist der Grenzwert, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGHZ 138, 136/140).

2. Das Landgericht hat unter Zuhilfenahme der von ihm bestellten sachverständigen Prüfer bei der Ermittlung des Werts die Ertragswertmethode angewendet. Dies entspricht der nahezu gängigen Praxis der Gerichte (vgl. BGH AG 2003, 627/628; BayObLGZ 1998, 231/235). Eine bestimmte Bewertungsmethode zur Ermittlung der angemessenen Abfindung ist allerdings rechtlich nicht vorgeschrieben (vgl. KK-SpruchG/Riegger Anh. zu § 11 Rn. 4). Nach der Ertragswertmethode bestimmt sich der Unternehmenswert primär nach dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens; er wird ergänzt durch eine gesonderte Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Der Ertragswert eines Unternehmens ist der Unternehmenswert, der durch die Diskontierung der den Unternehmenseignern zukünftig zufließenden finanziellen Überschüsse, die aus den künftigen handelsrechtlichen Erfolgen abgeleitet werden, gewonnen wird (vgl. IDW S1 Tz 111).

Die Bestimmung der angemessenen Barabfindung und die dazu erforderliche Unternehmensbewertung sind zunächst rechtliche Aufgaben (vgl. BayObLG AG 1996, 176/178; KK-SpruchG/Riegger Anh. zu § 11 Rn. 1). Für die Unternehmensbewertung ist regelmäßig die Hinzuziehung sachverständigen Rates auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre erforderlich. Die Aufgabe der Gerichte besteht aber nicht nur darin, die von den betriebswirtschaftlichen Prüfern ermittelten Unternehmenswerte allein auf Plausibilität zu prüfen und zu übernehmen; vielmehr haben die Gerichte die Aufgabe, bei der Entscheidungsfindung die maßgebenden rechtlichen Faktoren der gesetzlichen Abfindungsregelung festzustellen und anhand dieser Kriterien den zutreffenden Unternehmenswert für ein bestimmtes Abfindungsverlangen zu ermitteln (BayObLG AG 1996, 176/178; KK-SpruchG/Riegger Anh. zu § 11 Rn. 1).

Im Rahmen der rechtlichen Festlegung der Unternehmenswerte ist zu berücksichtigen, dass die betriebswirtschaftlichen Gutachten nach ihren zugrunde liegenden Erkenntnismöglichkeiten nicht in der Lage sein können, mathematisch einen exakten oder "wahren" Unternehmenswert am Stichtag festzustellen. Deshalb kommt dem Gericht die Aufgabe zu, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert, der Grundlage für die Abfindung ist, im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen (BGH ZIP 2001, 734/736; OLG Stuttgart ZIP 2004, 712/714). Nachdem auch das gutachtliche Ergebnis letztlich nur eine Schätzung des Unternehmenswerts darstellt, müssen es die Verfahrensbeteiligten hinnehmen, dass eine Bandbreite von unterschiedlichen Werten als angemessene Abfindung existiert (vgl. BayObLG AG 2006, 41/43; OLG Stuttgart ZIP 2004, 712/714) und das erkennende Gericht unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände (vgl. BGH NJW-RR 2002, 166/167; Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 287 Rn. 10) hieraus einen Wert festsetzt.

Gemessen an den vorstehenden Überlegungen musste das Landgericht keine neue Bewertung im gegenständlichen Spruchverfahren anordnen, sondern konnte den maßgeblichen Unternehmenswert zur Ermittlung der Barabfindung aus dem Bericht des Hauptaktionärs und dem Bericht der sachverständigen Prüfer vom 4.3.2003 ableiten. Die Feststellung der maßgeblichen Unternehmenswerte bedarf nicht stets einer völligen und eigenständigen Neubewertung oder der zwingenden Hinzuziehung eines Sachverständigen (OLG Stuttgart AG 2007, 128/129; BayObLG AG 2003, 569). Die Prüfungsberichte und die Anhörung des gerichtlich bestellten Prüfers (vgl. § 8 Abs. 2 SpruchG) haben in Spruchverfahren nach neuer Rechtslage erhöhten Beweiswert erhalten (vgl. OLG Stuttgart AG 2007, 128/129; KK-SpruchG/Riegger Einl. Rn. 50). Die Einschaltung eines gerichtlichen Sachverständigen ist nur mehr erforderlich, wenn für die Schätzung des Unternehmenswerts wesentliche Punkte ergänzend geklärt werden müssen. Die vorliegenden Unterlagen und Berechnungen zum Unternehmenswert reichen hier aus, um eine verlässliche Schätzung dieses Werts zu ermöglichen. Die Bestimmung der Angemessenheit der Barabfindung ist hingegen Rechtsfrage und kann nicht Gegenstand sachverständiger Begutachtung sein (OLG Stuttgart AG 2007, 128/129).

Ein auf der Grundlage eines so ermittelten Unternehmenswerts errechneter angemessener Abfindungsbetrag bedarf gegebenenfalls einer Korrektur anhand des Börsenkurses (vgl. BVerfGE 100, 289/307). Eine solche verfassungsrechtlich gebotene Korrektur ist hier jedoch nicht vorzunehmen, da der berücksichtigungsfähige Aktienkurs unterhalb des Angebots der Antragsgegnerin liegt.

3. Gegenstand dieses Verfahrens ist das Vertragsangebot von Juli 2003, wonach die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin allen Minderheitsaktionären ohne weitere Bedingungen einen Abfindungsbetrag von 13,50 EUR je Aktie zuzüglich der gesetzlichen Zinsen zahlt. Der Abfindungsanspruch der Minderheitsaktionäre entsteht kraft Gesetzes mit Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister (Emmerich/Habersack 4. Aufl. § 327b AktG Rn. 3; Hüffer AktG § 327b Rn. 6; KK zum WpÜG/Hasselbach § 327b AktG Rn. 10). Eines Abfindungsvertrages bedarf es nicht. Der Hauptaktionär legt nach § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG die Höhe der Barabfindung fest. Diese Festlegung konkretisiert das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Hauptaktionär und Minderheitsaktionären (Emmerich/Habersack § 327b AktG Rn. 4; Hüffer § 327b Rn. 6). Unproblematisch ist eine Erhöhung der Barabfindung nach deren Bekanntmachung bis zur Beschlussfassung der Hauptversammlung (Emmerich/Habersack aaO; MünchKommAktG/Grunewald 2. Aufl. § 327b Rn. 7). Nichts anderes kann gelten, wenn der den Squeeze-out betreffende Hauptversammlungsbeschluss wirksam angefochten worden ist und der im Anfechtungsverfahren beigeladene Hauptaktionär dort das Angebot auf Barabfindung erhöht und es in der Folge zur Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister kommt. Der Abfindungsanspruch der Minderheitsaktionäre bemisst sich somit nach dem Angebot der Hauptaktionärin im gerichtlichen Vergleich des Anfechtungsverfahrens. Soweit die Beschwerdeführer und der gemeinsame Vertreter die unterschiedliche Behandlung der Aktionäre geltend machen, die keinen Antrag auf Durchführung eines Spruchverfahrens gestellt haben, fehlt es an näherem Vortrag, weshalb die Hauptaktionärin nicht so hätte verfahren dürfen. Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Frage erübrigt sich, da die Beschwerdeführer nicht zu den Antragstellern gehören, welche nach der Festlegung der Antragsgegnerin eine erhöhte Abfindung in Anspruch nehmen könnten. Gegenstand der Prüfung des Senats ist folglich, ob die Festlegung einer Abfindung in Höhe von 13,50 EUR je Aktie angemessen war (§ 327f Satz 2 AktG).

4. Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass der mit dem Ertragswert zu ermittelnde Unternehmenswert der Gesellschaft zu einer Barabfindung führen würde, welche unter der zuletzt getroffenen Festlegung der Hauptaktionärin liegt. Die einzelnen Rügen der Beschwerdeführer führen zu keiner anderen Beurteilung.

a) Für die Beurteilung der Angemessenheit der Barabfindung kann es keine Rolle spielen, dass der Emissionskurs der Aktien der Gesellschaft im September 1999 16,50 EUR betragen hatte und im Jahr 2000 ein Unternehmenswert der Gesellschaft festgestellt worden ist, welcher zu einem Wert von 68,93 EUR je Stückaktie geführt hätte. Denn die Barabfindung muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Squeeze-out berücksichtigen (§ 327b Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AktG). Dies ist hier der 15.4.2003. Die Berücksichtigung von Werten vor und nach dem Stichtag ist nur unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich. Das Landgericht war nicht gehalten, das Gutachten, welches zu dem Unternehmenswert im Jahr 2000 geführt hat, beizuziehen, da die damals getroffenen Prognoseentscheidungen für die zum Stichtag zu treffenden nicht mehr maßgeblich sein können. Auch ergeben sich aus den von den Verfahrensbeteiligten vorgetragenen Umständen keine Hinweise, dass die Darstellungen in dem Vertragsbericht und der sachverständigen Prüfer nicht zum Ausgangspunkt für die Schätzung eines zutreffenden Unternehmenswerts zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung hätten gemacht werden dürfen.

b) Entgegen der Auffassung der Antragsteller zu 17 und 18 ist in dem Bericht der Antragsgegnerin für die Übertragung der vermeintliche Ertragseinbruch im Jahr 2004 nachvollziehbar erläutert. Danach wurden die künftigen nicht mehr für erforderlich gehaltenen Beiträge zur Risikovorsorge insbesondere für risikobehaftete Forderungen im Jahr 2003 ergebniswirksam mit einem Sonderbetrag von 74.211 TEUR aufgelöst. Dieser Betrag ist bei der Festlegung des Unternehmenswerts zugunsten der Minderheitsaktionäre berücksichtigt. Würde dieser Betrag herausgerechnet, ergäbe sich ein Betriebsergebnis von 18.995 TEUR, welches erheblich unter den in den Jahren 2004 bis 2006 angenommenen Werten liegt. Auch der in Planungsphase II gegenüber 2005 leicht abgesunkene zu kapitalisierende Betrag ist in dem Bericht der Hauptaktionärin erschließbar dargestellt. Da in der Planung ein steigendes Finanzvolumen unterstellt ist, muss der Gesellschaft entsprechend den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften Eigenkapital zugeführt werden. Dies muss, da in der Planungsphase II nur ein einwertiges Ergebnis abgebildet werden kann, durch Berücksichtigung eines zu prognostizierenden einmaligen Betrages, hier 1.888 TEUR folgen. Dieser Betrag ist von den sachverständigen Prüfern nicht beanstandet worden und spielte auch seitens der Antragsteller bei deren Anhörung am 18.11.2004 keine Rolle.

c) Der vom Landgericht in seiner Kontrollrechnung angesetzte Kapitalisierungszinssatz ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

aa) Der angenommene Basiszinssatz von 4,5 % vor persönlichen Steuern weicht zugunsten der Antrag stellenden Aktionäre spürbar von dem vom sachverständigen Prüfern für angemessen erachteten Wert von 5,5 % ab. Diese Abweichung bleibt jedoch für das Verfahrensergebnis ohne Auswirkung.

Der Senat hält unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Laufzeitäquivalenz die Bemessung des Basiszinssatzes unter Verwendung der Nelson-Siegel-Svensson Funktion für eine geeignete Methode (Senatsbeschluss vom 30.11.2006 - 31 Wx 059/06, OLG München ZIP 2006, 1722/1725). Der Wert, der sich bei Anwendung dieser Methode für den Stichtag 15.4.2003 ergäbe, beträgt 5,28 % und liegt somit näher an dem von den sachverständigen Prüfern angenommenen Prozentsatz. Einer Korrektur bedarf es hier aber nicht, da auch der vom Landgericht angenommene für die Aktionäre günstigere Wert nicht zu einer Erhöhung der Barabfindung führt.

bb) Ferner ist der vom Landgericht zugrunde gelegte Risikozuschlag von 3 % geeignete Grundlage für die Schätzung des Unternehmenswerts. Der Ansatz eines Risikozuschlags zur Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ist nicht unumstritten, aber weitgehend anerkannt (OLG Stuttgart ZIP 2007, 530/533; OLG München ZIP 2007, 375/378; BayObLG AG 2006, 41/43). Der Senat hält es für die Ermittlung einer brauchbaren Schätzgrundlage zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung für sachgerecht, dass Abweichungen von einem Wert von 2 % einer besonderen Begründung bedürfen (OLG München ZIP 2007, 375/378; BayObLG AG 2006, 41/44). Hieraus zu folgern, dass dieser Wert ohne nähere Prüfung stets zugrunde zu legen sei, wäre allerdings unzutreffend. Ein schematisierter Wert, welcher auf alle Fälle anzuwenden ist, würde dem Einzelfall nicht zureichend gerecht (zum Risikozuschlag im Einzelnen: vgl. OLG Stuttgart ZIP 2007, 530/535). Der Übertragungsbericht der Hauptaktionärin sowie die sachverständigen Prüfer gehen von einem Risikozuschlag von 6,25 % unter Anwendung des CAPM aus. Der Senat wendet diese Methode derzeit nicht an, weil die Überlegenheit dieser Methode in Rechtsprechung und Schrifttum noch nicht festgestellt ist (Reuter AG 2007, 1/5; Senatsbeschluss vom 30.11.2006 - 31 Wx 059/06). Allerdings gehen sowohl der Übertragungsbericht, die Stellungnahme der sachverständigen Prüfer als auch das Landgericht von einem erhöhten unternehmerischen Risiko des Geschäftsfelds eines Direktbrokers aus. Deshalb ist der vom Landgericht angenommene Risikozuschlag von 3 % als Schätzgrundlage zur Ermittlung einer angemessenen Abfindung im Ergebnis nicht zu beanstanden.

cc) Zur Ermittlung einer angemessenen Abfindung ist es ferner gerechtfertigt, für den Zeitraum der ewigen Rente einen Wachstumsabschlag vorzusehen. Der Ansatz eines Wachstumsabschlags ist geboten, nachdem in der ewigen Rente ein nominales Wachstum nicht berücksichtigt ist. Folglich könnten ohne Ansatz eines Wachstumsabschlags die nominalen finanziellen Überschüsse aufgrund von Preissteigerungen oder aufgrund von Mengen- und Strukturveränderungen nicht mehr berücksichtigt werden. Das Landgericht hält einen Wachstumsabschlag in Höhe von 1 % für gerechtfertigt. Nachdem der nominale Basiszinssatz im Prinzip auch eine Vergütung für Geldentwertungsrisiken enthält, erscheint der Ansatz eines Abschlags von 1 % bei dem gegebenen Marktumfeld ausreichend. Denn angesichts der hohen Konkurrenz auf dem Gebiet der Direktbanken ist es nicht gesichert, dass die Geldentwertung stets durch Erhöhungen der Vergütungen ausgeglichen werden kann. Des weiteren wäre es methodisch unzulässig, einen Kundenzuwachs in den Jahren von 1997 bis 2002 ohne Berücksichtigung des Konkurrenzumfeldes ohne Einschränkungen in die Zukunft zu prognostizieren. Der angesetzte Wert hält sich im Übrigen im Rahmen dessen, was in der Rechtsprechung als geeignet für die Ermittlung einer angemessenen Abfindung angesehen worden ist (vgl. BayObLG 2002, 36/37; Senatsbeschluss vom 19.10.2006, 31 Wx 092/05 und vom 30.11.2006, 31 Wx 059/06).

d) Schließlich bestehen keine Einwände dagegen, den Unternehmenswert unter Anrechnung der persönlichen Ertragsteuern der Anleger zu ermitteln. Da die finanziellen Überschüsse aus der alternativ am Kapitalmarkt zu tätigenden Anlage der persönlichen Ertragsbesteuerung der Unternehmenseigner unterliegen, ist der Kapitalisierungszinssatz unter Berücksichtigung der persönlichen Steuerbelastung zu ermitteln (vgl. IDW S1 Rn. 101). Die für Unternehmensbewertungen gemeinhin angenommene pauschalierte Steuerbelastung von 35 % begegnet keinen grundlegenden methodischen Einwänden (OLG Stuttgart ZIP 2007, 530/536; OLG München ZIP 2006, 1722/1725; OLG Düsseldorf Beschluss vom 31.3.2006 - I-26 W 5/06; Reuter AG 2007, 1/8). Der Prozentsatz von 35 % ist von der Rechtsprechung zwischenzeitlich anerkannt worden, um zu einer angemessenen Abfindung zu gelangen (vgl. OLG Stuttgart AG 2007, 128/134; OLG München ZIP 2006, 1722/1725; Reuter AG 2007, 1/8).

III.

1. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten; der Senat hält es nicht für veranlasst, diese den Antragstellern aufzuerlegen (§ 15 Abs. 2 SpruchG).

2. Die Kostenentscheidung des Landgerichts für die erste Instanz ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspricht der Rechtslage. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies wurde in Spruchverfahren in der Vergangenheit regelmäßig bejaht. Nach Inkrafttreten des Spruchverfahrensgesetzes soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers nunmehr jeder Beteiligte grundsätzlich seine außergerichtlichen Kosten selbst tragen (vgl. § 15 Abs. 4 SpruchG; KK-SpruchG/Rosskopf § 15 Rn. 45). Der Senat sieht nach dem Ergebnis des Spruchverfahrens in beiden Instanzen keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten zu verändern. Nachdem es auch in zweiter Instanz zu keiner Erhöhung der Barabfindung kam, wäre es auch in diesem Rechtszug unbillig, eine Kostenerstattung anzuordnen.

3. Die Festsetzung der Vergütung des gemeinsamen Vertreters erfolgt nach § 6 Abs. 2 SpruchG.

Ende der Entscheidung

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