Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 08.06.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 22/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1767
Ablehnung einer Volljährigenadoption, bei der die finanzielle Absicherung der Anzunehmenden im Vordergrund steht.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 Wx 22/09

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn, der Richterin am Oberlandesgericht Förth und des Richters am Oberlandesgericht Wimmer

am 8. Juni 2009

in dem Adoptionsverfahren

wegen Annahme als Kind (Volljährigenadoption),

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Beteiligten beantragten mit notarieller Urkunde vom 27.8.2008, die Annahme der Beteiligten zu 1 (geb. 1973) als Kind des Beteiligten zu 2 (geb. 1929) auszusprechen. Der Beteiligte zu 2 ist kinderlos, seine Ehefrau ist 1992 vorverstorben. Die Beteiligte zu 1 ist seit 2002 mit einem Neffen der Ehefrau des Beteiligten zu 2 verheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder (geb. 2004, 2005 und 2008) hervorgegangen; der Beteiligte zu 2 ist Pate des ältesten.

Das Vormundschaftsgericht hörte die Beteiligten sowie den Ehemann der Beteiligten zu 1 persönlich an. Mit Beschluss vom 10.11.2008 lehnte es den Antrag ab. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wies das Landgericht mit Beschluss vom 20.1.2009 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat, auch unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Vormundschaftsgerichts, im Wesentlichen ausgeführt:

Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen den Beteiligten bereits ein Vater-Tochter-Verhältnis entstanden sei. Die Beteiligte zu 1 kenne den Beteiligten zu 2 seit 1995, als sie ihren Ehemann kennen gelernt habe. Die Kontakte hätten sich jedoch erst nach der Heirat im Jahr 2002 intensiviert, sich aber bis zur Trennung der Eheleute auf Telefonate und gelegentliche Besuche, danach auf wöchentliche Besuche beschränkt. Das übersteige nicht das unter Verwandten übliche Maß, insbesondere, nachdem der Beteiligte zu 2 der Patenonkel eines Kindes sei. Es bestünden auch erhebliche Zweifel, ob ein Vater-Tochter-Verhältnis entstehen werde. Sowohl die Eltern der Beteiligten zu 1 als auch ihr Ehemann stünden nicht voll hinter der Adoption. Die leiblichen Eltern, zu denen nach Angabe der Beteiligten zu 1 ein guter Kontakt bestehe, hätten die Adoptionsabsicht lediglich "geschluckt" im Hinblick auf positive finanzielle Auswirkungen. Auch ihr Ehemann, dessen Adoption durch den Beteiligten zu 2 nie angedacht gewesen sei, habe nur zugestimmt mit dem Hinweis, dass man "Sechs Richtige im Lotto" nicht ausschlagen dürfe. Bei der Adoption stehe die finanzielle Absicherung der Beteiligten zu 1 und ihrer drei Kinder im Vordergrund, wie ihre Äußerung zeige, dass sie sich vielleicht auch gegen die Adoption entschieden hätte, wenn sie jetzt nicht in dieser schwierigen finanziellen Situation wäre. Dem Beteiligten zu 2 gehe es vor allem um die Sicherstellung der eigenen Pflege. Die gut funktionierende Beziehung zwischen dem Patenonkel und der Mutter seines Patenkindes, die Hoffnung des Annehmenden auf eine Versorgung im Alter und die wirtschaftlichen Interessen der Anzunehmenden rechtfertigten eine Annahme als Kind nicht hinreichend.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Das ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB). Andernfalls muss bei objektiver Betrachtung bestehender Bindungen und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten das Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung für die Zukunft zu erwarten sein (vgl. BayObLG FamRZ 2005, 546 m.w.N.). Für die sittliche Berechtigung der Adoption kommt es vorwiegend auf die Herstellung eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses, eines sozialen Familienbandes an, das seinem ganzen Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen Band ähnelt, das unter Erwachsenen wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt ist. Andere, nicht familienbezogene, vor allem wirtschaftliche Motive dürfen nicht ausschlaggebender Hauptzweck der Adoption sein (BayObLG aaO.).

Die Voraussetzungen für die Adoption eines Volljährigen müssen positiv festgestellt werden. Wenn nach der Abwägung aller in Betracht kommender Umstände begründete Zweifel verbleiben, ob die beantragte Adoption sittlich gerechtfertigt ist, muss der Adoptionsantrag abgelehnt werden (OLG München MDR 2009, 333; OLG Köln FGPrax 2007, 121; BayObLG FamRZ 1996, 183).

b) Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Seine Würdigung, dass zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis derzeit nicht besteht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei konnten die Vorinstanzen darauf verweisen, dass die Kontakte zwischen den Beteiligten nicht das unter Verwandten übliche Maß übersteigen, zumal der Beteiligte zu 2 der Patenonkel eines Kindes der Beteiligten zu 1 ist. Das Landgericht durfte aufgrund der Gesamtumstände auch Zweifel daran hegen, dass in Zukunft ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen wird. Dabei konnte es auch die bestehenden familiären Bindungen der Beteiligten zu 1 insbesondere zu ihren eigenen leiblichen Eltern in die Würdigung einbeziehen und die Angaben der Beteiligten und des Ehemannes der Beteiligten zu 1 bei ihrer Anhörung vor dem Vormundschaftsgericht dahin werten, dass bei der beabsichtigten Adoption ein Bedürfnis nach finanzieller Absicherung der Beteiligten zu 1 im Zusammenhang mit ihrer derzeitigen Situation aufgrund der Trennung von ihrem Ehemann im Vordergrund steht.

c) Soweit die weitere Beschwerde vorbringt, die Beweisaufnahme habe eindeutig ergeben, dass zwischen den Beteiligten seit langem ein einer familiären Bindung gleichstehendes geistiges Band bestehe und in den letzten Jahren sehr intensiv geworden sei, woran sich angesichts der konkreten Situation beider Beteiligter auch auf viele Jahre nichts ändern werde, setzt sie ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts. Damit kann sie im Verfahren der weiteren Beschwerde keinen Erfolg haben. Die weitere Beschwerde verkennt weiter, dass das Vorliegen von Indizien für eine Eltern-Kind-Beziehung nicht dazu führt, dass die Adoption ausgesprochen werden muss. Notwendig ist vielmehr, dass das Tatsachengericht die Überzeugung gewinnt, dass ein solches vorliegt. Diese Überzeugung hat das Landgericht wie das Vormundschaftsgericht aufgrund eingehender Würdigung der Gesamtumstände nicht gewonnen und deshalb zu Recht die Voraussetzungen für die Annahme der Beteiligten zu 1 als Kind des Beteiligten zu 2 als nicht gegeben erachtet.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück