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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 33/08
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, PStG, PStV
Vorschriften:
BGB § 1355 Abs. 6 | |
EGBGB Art. 10 Abs. 1 | |
PStG § 11 a.F. | |
PStG § 15 | |
PStV § 9 a.F. | |
PStV § 23 |
2. Verlangt das deutsche Personenstandsrecht die Eintragung eines vom Familiennamen abweichenden Geburtsnamens, so kann grundsätzlich der nach englischem Recht zuerst erworbene Name einer englischem Namensstatut unterliegenden Person, die ihren Namen nach englischem Recht geändert hat, als Geburtsname eingetragen werden.
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 20. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligte zu 1 wurde 1961 in Islington/London als Karen Ann "P." geboren und ist britische Staatsangehörige. 1988 heiratete sie in Großbritannien den deutschen Staatsangehörigen "D." und führte spätestens seit diesem Zeitpunkt den Familiennamen "D.". Im November 1998 erklärte die Beteiligte zu 1 vor der britischen Vize-Konsulin in M./Deutschland an Eides statt (Statutory Declaration), dass sie von ihrem Ehemann "D." seit vier Jahren getrennt lebe, die Scheidung beantragt habe, von ihrem derzeitigen Lebenspartner "O." ein Kind erwarte und daher den Familiennamen "D." ablegen und statt dessen den Familiennamen "O." annehmen wolle. Bei dieser Erklärung gab die Beteiligte zu 1 ihren Namen mit "Karen Ann D., geborene P." an. Im Februar 2001 heiratete die Beteiligte zu 1 in F./Deutschland den deutschen Staatsangehörigen "O.". In das Familienbuch des Standesamts F. wurde der Familienname der Beteiligten zu 1 mit "O., geborene P." eingetragen. Im Jahr 2006 beantragte die Beteiligte zu 2 (Standesamtsaufsicht) die Berichtigung dieses Heiratseintrags, der Geburtsname "P." sei zu streichen. Mit Beschluss vom 11.8.2006 ordnete das Amtsgericht an, dass dem Heiratseintrag der Randvermerk "der Geburtsname P. der Ehefrau ist zu streichen" beigefügt wird. Auf die von der Beteiligten zu 1 hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 20.12.2007 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 48 Abs. 1, § 49 Abs. 1 PStG a.F., § 29 Abs. 2 FGG), jedoch nicht begründet.
1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf ein von ihm erholtes Rechtsgutachten des Instituts für internationales Recht - Rechtsvergleichung der Ludwig-Maximilians-Universität München im Wesentlichen ausgeführt:
Das Namensstatut der in England geborenen britischen Staatsangehörigen sei nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB das englische Recht. Aus der Sicht des englischen Rechts sei unabhängig von dem gefestigten Aufenthalt der Beteiligten zu 1 in Deutschland weiterhin das englische Namensrecht anzuwenden. Dagegen seien die die Führung des deutschen Personenstandsregisters regelnden Vorschriften als Verfahrensrecht nach dem lex-fori-Grundsatz dem deutschen Recht zu entnehmen; § 9 PStV (a. F.) verlange die Eintragung des Geburtsnamen der Ehegatten. Die vom Standesamt F. vorgenommene Eintragung des Familiennamens der Beteiligten zu 1 mit "O. geb. P." sei richtig. Auch wenn das englische Recht einen "Geburtsnamen" im Sinne des deutschen Namensrechts nicht kenne, so entspreche doch der Familienname "P.", den die Beteiligte zu 1 bei ihrer Geburt getragen habe, dem Geburtsnamen im Sinne des deutschen Namensrechts.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Führt ein Verlobter zur Zeit der Eheschließung einen Familiennamen, der nicht sein Geburtsname ist, so ist im Heiratseintrag nach § 11 PStG a. F. diesem Namen der Geburtsname mit dem Zusatz "geborene(r)" beizufügen, § 9 Abs. 1 PStV a. F. (vgl. Hepting/Gaaz Personenstandsrecht § 11 PStG Rn. 14; nunmehr nach dem Rechtsstand seit 1.1.2009: § 15 PStG n. F. § 23 Abs. 1 PStV n. F.).
b) Zutreffend ist das Landgericht in Übereinstimmung mit dem von ihm erholten Rechtsgutachten davon ausgegangen, dass das Namensstatut der Beteiligten zu 1 das englische Recht ist, da Art. 10 Abs. 1 EGBGB auf das Heimatrecht der Namensträgerin verweist, innerhalb des Vereinigten Königreichs das englische Teilrecht zur Anwendung kommt (Art. 4 Abs. 3 EGBGB) und sich im englischen Recht eine Rückverweisung, die zu beachten wäre (Art. 4 Abs. 1 EGBGB), nicht sicher feststellen lässt (vgl. zur Problematik eines - hier verneinten - Renvoi kraft Domizilanknüpfung Staudinger/Hepting BGB Bearbeitung 2007, Vorbem. zu Art. 10 EGBGB Rn. 156). Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Landgerichts, das sich seinerseits auf das von ihm erholte Rechtsgutachten stützen konnte, Bezug genommen. Das Ergebnis der kollisionsrechtlichen Prüfung wird von der weiteren Beschwerde auch nicht in Frage gestellt.
c) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die weitere Erwägung des Landgerichts, dass das englische Namensrecht eine eigenständige Bedeutung des Geburtsnamens nicht kennt. Die Unterscheidung des deutschen Namensrechts in Familienname, Ehename und Geburtsname ist dem englischen Recht fremd. Im englischen Recht ist der Name etwas Privates; er kann vom Namensträger jederzeit unabhängig von einer familienrechtlichen Statusänderung durch Erklärung ("deed poll") abgeändert werden, sofern nur der Namensträger dem neuen Namen eine "reputation", d. h. Publizität und Anerkennung auf gesellschaftlicher Ebene, verschafft (vgl. Staudinger/Hepting Rn. 30, 37). Für die nach der lex fori vorzunehmende Eintragung des "Geburtsnamens" im deutschen Personenstandsregister ist deshalb im Wege der Angleichung derjenige Name zu ermitteln, welcher der Funktion des "Geburtsnamens" aus Sicht des deutschen Rechts am Nächsten kommt. Auch gegen diesen rechtlichen Ansatz hat die weitere Beschwerde keine Einwendungen erhoben.
d) Rechtlich bedenkenfrei ist schließlich auch die Würdigung des Landgerichts, dass der von der Beteiligten zu 1 nach ihrer Geburt zuerst erworbene Name "P." seiner Funktion nach dem Geburtsnamen des deutschen Rechts am Nächsten kommt. Dabei kann offen bleiben, ob nach englischem Recht ein Kind den Namen, den ein Elternteil oder beide Eltern gegenüber dem Standesamt erklären, mit der Geburt oder jedenfalls im Zeitpunkt der Registrierung erwirbt, oder ob auch hier für den Namenserwerb zusätzlich das Entstehen einer "reputation" erforderlich ist (vgl. Meyer-Witting, Das Personennamensrecht in England, S. 133). Der Name "P." ist jedenfalls der zuerst erworbene Name der Beteiligten zu 1. Diesen Namen hat sie - soweit seine Funktion als "zuerst erworbener Name" in Frage steht - durch die späteren Namensänderungen nicht verloren; denn durch spätere Namenserklärungen wird der zuerst erworbene Name nur überlagert, nicht aber verdrängt (vgl. OLG Hamburg StAZ 1980, 285/287).
Die gegen diese Würdigung gerichteten Einwendungen der weiteren Beschwerde greifen nicht durch. Es ist zwar richtig, dass der Geburtsname nach deutschem Recht nicht zwingend der Name ist, den eine Person bei ihrer Geburt erwirbt, sondern derjenige Name, der nach dem fortgeführten Geburtsregister in eine Geburtsurkunde einzutragen wäre (vgl. § 1355 Abs. 6 BGB); der Geburtsname des deutschen Rechts unterliegt insoweit Änderungen, die auf zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgen können. Dies steht aber nicht der Würdigung entgegen, dass der nach englischem Recht "zuerst erworbene Name" seiner Funktion nach dem Geburtsnamen des deutschen Rechts am Nächsten kommt. Auf die vom Landgericht angestellte Erwägung, dass die Beteiligte zu 1 auch nach ihrer Namensänderung in "O." ihrem früheren Namen "P." im Sinne des englischen Namensrechts eine "reputation" verschafft, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Es ist nach Auffassung des Senats grundsätzlich auch nicht von entscheidender Bedeutung, aus welchem Anlass der Namensträger die (nach englischem Recht gerade keines bestimmten Anlasses bedürftige) Änderung vornimmt. Eine andere Beurteilung mag geboten sein, wenn die nach englischem Recht vorgenommene Änderung einem Tatbestand gleichkommt, der nach deutschem Recht ausnahmsweise als Änderung des Geburtsnamens zu würdigen wäre. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Die Beteiligte zu 1 hat den Namen ihres ersten Ehemannes angenommen und später - noch während des Bestehens der ersten Ehe, aber im Hinblick auf die beabsichtigte Scheidung und Wiederverheiratung - den Namen ihres zweiten Ehemannes, also zweimal jedenfalls im weiteren Sinn eine auf die Ehe bezogene Namensänderung vorgenommen. Ehebedingte Namensänderungen führen aber auch nach deutschem Recht gerade nicht zu einer Änderung des Geburtsnamens.
Die in der deutschen Rechtsprechung und Literatur gelegentlich anzutreffende Unterscheidung zwischen "legal name" und "conventional name" (vgl. OLG Hamburg aaO.; Spindler StAZ 1997, 22; Luther StAZ 1980, 61), auf die sich die Standesamtsaufsicht zunächst berufen hatte, kann deren Rechtsauffassung ebenfalls nicht stützen. Es kann hier offen bleiben, ob diese in Anlehnung an eine Entscheidung der englischen Rechtsprechung aus dem Jahr 1962 verwendete Begrifflichkeit das englische Recht überhaupt zutreffend widerspiegelt (kritisch: Meyer-Witting S. 129 ff.; Könnecke StAZ 1986, 148). Wenn man sich schon dieser Terminologie bedienen will, so kann allenfalls der zuerst erworbene "legal name" - und nicht der später durch Namenserklärung erworbene "conventional name" - als Entsprechung des deutschen Geburtsnamens angesehen werden (vgl. OLG Hamburg aaO.).
3. Die einzig als Kostenschuldnerin in Betracht kommende Standesamtsaufsicht ist von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit (§ 51 Abs. 1 Satz 2 PStG n. F.). Einer Festsetzung des Geschäftswerts bedarf es nicht.
Ende der Entscheidung
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