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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 09.08.2007
Aktenzeichen: 31 Wx 34/07
Rechtsgebiete: EGBGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 224 § 3 Abs. 3
Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB findet auch dann Anwendung, wenn dem vor dem 1.4.1994 geborenen Kind ein aus den Namen der Eltern zusammengesetzter Geburtsname aufgrund einer Rechtswahl zugunsten eines ausländischen Rechts erteilt wurde, die für das nachgeborene Geschwisterkind nicht mehr möglich ist.
31 Wx 34/07

Beschluss

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn, des Richters am Oberlandesgericht und am Obersten Landesgericht a.D. Dr. Kainz und der Richterin am Oberlandesgericht Förth

am 9. August 2007

in der Personenstandssache

wegen Eintragung in das Geburtenbuch,

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 werden der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. März 2007 und der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 14. November 2006 aufgehoben.

II. Der Standesbeamte wird angewiesen, als Geburtsnamen der Beteiligten "xxx" in das Geburtenbuch einzutragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte ist am 25.5.2006 als drittes Kind der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 in N. geboren. Ihre Eltern sind seit 1992 verheiratet; sie führen keinen Ehenamen. Die weitere Beteiligte zu 2 war bis zu ihrer Einbürgerung am 2.4.1998 honduranische Staatsangehörige. Die Eltern haben beantragt, als Geburtsnamen "St. S." einzutragen, der sich aus dem Geburtsnamen des Vaters und dem ersten Teil des Geburtsnamens der Mutter zusammensetzt. Diesen Namen führt auch der 1997 in N. geborene Sohn, wobei die Eltern für dessen Namensführung honduranisches Recht gewählt haben. Die älteste Tochter ist 1993 in L./Schweiz geboren. Im März 1996 haben die Eltern gegenüber dem deutschen Standesamt Br., bei dem das Familienbuch geführt wurde, die Erklärung abgegeben, dass ihre Tochter nach honduranischem Recht den Familiennamen "St. S." führen solle. Dementsprechend wurde im Familienbuch am 11.4.1996 bei der Eintragung hinsichtlich dieses Kindes vermerkt "führt durch Erklärung, wirksam seit 18.3.1996, den Familiennamen St. S.".

Der Standesbeamte hat die Eintragung des Geburtsnamens "St. S." für die Beteiligte abgelehnt. Den Antrag, ihm eine entsprechende Anweisung zu erteilen, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 14.11.2006 zurückgewiesen. Die Beschwerde blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beteiligte könne als Geburtsnamen nur den Familiennamen des Vaters oder den der Mutter erhalten, nicht aber einen aus beiden gebildeten Doppelnamen. Die Rechtswahl zu Gunsten des honduranischen Rechts sei für sie nicht möglich, da die Mutter nicht mehr honduranische Staatsangehörige sei. Art. 224 § 3 EGBGB sei nicht anwendbar, weil diese Übergangsvorschrift nur die Unterschiede in der Anwendung des BGB in der früheren und in der neuen Fassung regele. Hier ergäben sich die unterschiedlichen Geburtsnamen der Geschwister aber aus der für die beiden Erstgeborenen getroffenen Rechtswahl, die nun nicht mehr möglich sei. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt. Die Namenserklärung für das erstgeborene Kind sei nämlich nicht beim zuständigen Standesbeamten des Standesamtes I in Berlin eingegangen. Selbst wenn diese Erklärung dort noch eingehe und wirksam werde, könne der beantragte Geburtsname schon deshalb nicht eingetragen werden, weil er nicht aus dem vollständigen Geburtsnamen der Eltern zusammengesetzt sei; derjenige der Mutter laute nämlich "S. L.".

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Nach § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB kann als Geburtsname eines Kindes, dessen Eltern keinen Ehenamen führen, entweder der Name des Vaters oder derjenige der Mutter bestimmt werden. Ein aus dem Namen der Eltern zusammengesetzter Doppelname ist hingegen nicht zulässig. Abweichend hierzu sieht Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB vor, dass die Eltern auch den aus ihren Namen zusammengesetzten Geburtsnamen, den ein vor dem 1.4.1994 geborenes Kind führt, zum Geburtsnamen ihres nach dem 31.3.1994 geborenen Kindes bestimmen können.

Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, war Hintergrund dieser Regelung, dass ein Kind während der Übergangszeit zwischen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991 bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des Namensrechts zum 1.4.1994 einen aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Doppelnamen erhalten konnte. Im Interesse der Namenseinheitlichkeit sollten abweichend von § 1617 Abs. 1 BGB Geschwister unter den Voraussetzungen des Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB ebenfalls den Doppelnamen erhalten können. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich von Art. 224 § 3 Abs. 3 EGBGB jedoch nicht ausdrücklich auf diese Fallgestaltungen beschränkt, die Anlass und Hauptanwendungsfall für die Übergangsregelung waren. Es erscheint auch nicht geboten, die gesetzliche Regelung einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur Anwendung findet auf die Fälle, in denen unter Anwendung deutschen Rechts aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991 ein Kind einen derartigen Doppelnamen erhalten hat (a.A. Staudinger/Rauscher BGB Stand 2003 Art. 224 § 3 EGBGB Rn. 12). Dem Anliegen des Gesetzgebers, grundsätzlich Doppelnamen nicht zuzulassen, ist durch die engen Voraussetzungen des Art. 224 § 3 EGBGB Rechnung getragen. Der für die Ausnahmeregelung entscheidende Gesichtspunkt, Namensgleichheit unter Geschwistern zu ermöglichen, gilt auch in den seltenen Fällen, in denen sich - wie hier - der Doppelname der älteren Geschwister auf andere Rechtsgrundlagen stützt als die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5.3.1991.

b) Auch die Voraussetzungen des Art. 224 § 3 Abs. 3, Abs. 2 EGBGB sind gegeben. Das älteste Kind der weiteren Beteiligten ist vor dem 1.4.1994 geboren und führt einen aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Geburtsnamen. Die Eltern haben gegenüber dem Standesbeamten in Br. erklärt, dass dieses Kind den Familiennamen "St. S." führen soll. Diesen Namen hat der dortige Standesbeamte in das Familienbuch eingetragen.

Die Erklärungen der Eltern über die Bestimmung des Kindesnamens sind amtsempfangsbedürftige Willenserklärungen. Sie werden wirksam, wenn sie dem zuständigen Standesbeamten zugehen (vgl. § 130 Abs. 1, Abs. 3 BGB). Das Kind erwirbt den Namen mit dem Wirksamwerden der Erklärung, und zwar rückwirkend von dem Zeitpunkt der Geburt an (Henrich/Wagenitz/Bornhofen, Deutsches Namensrecht Stand 2005, § 1617 Rn. 77). Hier war für die Entgegennahme der Erklärung der Standesbeamte des Standesamtes I in Berlin zuständig (§ 31 a Abs. 2 Satz 3 PStG). Abgegeben wurde die Erklärung in zulässiger Weise vor dem Standesbeamten in Br. (§ 31 Abs. 1 PStG). Die vorgeschriebene (vgl. § 367 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden) Übersendung einer beglaubigten Abschrift an den zuständigen Standesbeamten ist allerdings zunächst unterblieben. Inzwischen ist jedoch die Erklärung der weiteren Beteiligten auch beim zuständigen Standesbeamten eingegangen und damit rückwirkend zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes wirksam geworden, wie sich aus der vorgelegten Bescheinigung des Standesamtes I in Berlin ergibt. Diese offenkundige Tatsache kann auch im Verfahren der weiteren Beschwerde berücksichtigt werden (vgl. Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 45).

Das Landgericht rügt auch zu Unrecht, der von den erstgeborenen Kindern geführte Doppelname sei nicht in zulässiger Weise gebildet. Art. 224 § 3 Abs. 2 EGBGB verlangt lediglich "einen aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Geburtsnamen". Daraus kann nicht entnommen werden, dass dieser bei der hier gegebenen Fallkonstellation auch sämtliche Teile eines von einem Elternteil geführten Doppelnamens enthalten muss. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass bei Namen aus dem spanischen Rechtskreis, wie dem der Beteiligten zu 2, auch bei Anwendung deutschen Rechts nur der erste Namensbestandteil auf die folgende Generation übertragen wird (vgl. BGH NJW 1990, 634; BayObLGZ 1987, 418 = StAZ 1988, 199 jeweils m.w.N.).

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 127 Abs. 2, § 131 Abs. 1, § 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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