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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 22.09.2005
Aktenzeichen: 31 Wx 46/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB §§ 2032 ff. | |
BGB § 2227 | |
BGB § 2306 |
Tatbestand:
Der Erblasser verstarb am 14.1.2003 im Alter von 89 Jahren. Die Beteiligten zu 1 und 4 sind Töchter des Erblassers, die Beteiligten zu 2 und 3 seine Enkelinnen, der Beteiligte zu 5 sein Enkel. Mit Testament vom 7.4.1995 verfügte der Erblasser u.a. Folgendes:
Durch dieses Testament berufe ich zu meinen Erben:
a)
Die Tochter U. T. (Beteiligte zu 4) zu 36 %, der Enkel M. T. (Beteiligter zu 5) zu 15 %, die Tochter D. Sch.-N. (Beteiligte zu 1)zu 25 %, die Enkelin E. Sch.-N. (Beteiligte zu 2) zu 12 %, die Enkelin J. Sch.-N. (Beteiligte zu 3) zu 12 %.
Die Tochter D. Sch.-N. ist nur Vorerbin.
Zu Nacherben bestimme ich deren Kinder E. und J. zu gleichen Teilen.
Die Vorerbin ist von den Beschränkungen der Nacherbschaft nicht befreit.
Der Nacherbfall tritt ein mit dem Tode der Vorerbin.
Die Nacherben sind untereinander Ersatznacherben, soweit sie keine eigenen Abkömmlinge haben.
b)
Zum Nachlass gehört das Anwesen in R. W. L.- Straße 1.
Das Anwesen soll von den Erben nicht an einen Dritten verkauft werden.
Hinsichtlich dieses Nachlassgegenstandes ordne ich an, dass die Aufhebung der Erbengemeinschaft niemals erfolgen darf, mit der Verpflichtung den Aufhebungsausschluss im Grundbuch einzutragen.
Vom Aufhebungsausschluss ausgenommen ist eine Versteigerung unter den Mitgliedern der Erbengemeinschaft.
c)
Hinsichtlich meines Nachlassvermögens ordne ich Testamentsvollstreckung an.
Zum Testamentsvollstrecker bestimme ich meine Tochter U. T., ersatzweise deren Sohn M.
Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe den Grundbesitz zu verwalten und das sonstige Vermögen zu verteilen.
Mein besonderer Wunsch ist es, dass der Grundbesitz nicht veräußert wird.
Mit seiner nichtehelichen Tochter schloss der Erblasser am 26.10.1976 einen notariellen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag.
Die Beteiligte zu 4 nahm das Amt der Testamentsvollstreckerin an. Am 15.7.2003 erteilte das Nachlassgericht der Beteiligten zu 1 einen Teilerbschein, dass sie den Erblasser zu 25/100 beerbt hat.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21.10.2003 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Entlassung der Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstreckerin. Geltend gemacht wurden u.a. die fehlende Ordnungsmäßigkeit der Nachlassverwaltung und eine unzureichende Unterrichtung der Erben. Dem Antrag auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin trat die Beteiligte zu 3 mit Schriftsatz vom 10.11.2003 bei. Mit Beschluss vom 19.1.2004 wies das Nachlassgericht die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin zurück. Als Begründung gab es an, dass zwar auch die Beteiligte zu 1 antragsbefugt sei, ein wichtiger Grund für die Entlassung aber nicht vorliege. Gegen diese Entscheidung legten die Beteiligten zu 1 und 2 mit Schriftsatz vom 9.2.2004 Beschwerde ein. Diese hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.5.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 15.6.2005 legten die Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 19.1.2004 und die Beteiligte zu 1 gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 17.5.2005 sofortige weitere Beschwerde ein. Nach Hinweis des Senats nahmen die Beteiligten zu 1 und 2 ihre erneuten Rechtsmittel gegen den nachlassgerichtlichen Beschluss vom 19.1.2004 zurück. Der anwaltliche Vertreter stellte klar, dass nur mehr die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts weiterverfolgt werde. Mit Schreiben vom 28.7.2005 schloss sich die Beteiligte zu 3 der sofortigen weiteren Beschwerde an.
Gründe:
Der Senat sieht in dem Schriftsatz der Beteiligten zu 3 vom 28.7.2005 eine eigenständige weitere Beschwerde, weil eine Anschließung an das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 rechtlich nicht möglich ist. Das Rechtsmittel ist jedoch wegen Formmangels als unzulässig zu verwerfen. Die (sofortige) weitere Beschwerde kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eines der beteiligten Gerichte eingelegt werden (§ 29 Abs. 1 und 4, § 21 FGG). Wird die (sofortige) weitere Beschwerde wie hier durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt, so muss diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Dies hat die Betroffene nicht beachtet. Sie wurde hierauf durch den Senat hingewiesen.
III.
Die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beschwerdeführerinnen seien befugt, die Entlassung der Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstreckerin zu betreiben. Zu einem solchen Antrag seien alle Personen berechtigt, deren Rechte und Pflichten durch die Regelung der Angelegenheit unmittelbar betroffen werden können, die also ein rechtliches Interesse an der Testamentsvollstreckung haben. Die Beteiligten zu 2 und 3, deren Anteile der Testamentsvollstreckung unterliegen, seien unmittelbar belastet. Aber auch die Beteiligte zu 1, der gegenüber die Beschränkung der Testamentsvollstreckung wegen § 2306 BGB rechtlich nicht wirke, habe aufgrund wirtschaftlicher Auswirkungen ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Pflichten des Testamentsvollstreckers. Die Voraussetzungen der Entlassung der Testamentsvollstrecker nach § 2227 Abs. 1 BGB seien allerdings nicht gegeben.
2. Die Entscheidung des Landgerichts ist, soweit sie noch der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
a) Zu Unrecht hat das Landgericht angenommen, dass die Beteiligte zu 1, deren weitere Beschwerde allein noch beim Senat anhängig ist, antragsberechtigt ist. Die Entlassung eines Testamentsvollstreckers nach § 2227 Abs. 1 BGB kann ein Beteiligter verlangen. Wer Beteiligter ist, legt das Gesetz nicht näher fest. Der Beteiligtenbegriff in § 2227 Abs. 1 BGB ist nach herrschender Auffassung grundsätzlich weit auszulegen (vgl. BGHZ 35, 296/300). Beteiligte im Sinne des § 2227 Abs. 1 BGB sind jedoch nur solche im materiellen Sinne. Dies sind alle Personen, deren Rechte und Pflichten durch die Regelung der Angelegenheit unmittelbar betroffen werden können (BGH aaO).
b) Die Beteiligte zu 1 ist nicht nach § 2227 Abs. 1 BGB antragsbefugt, weil sie die Rechtsfolgen der Testamentsvollstreckung nicht unmittelbar treffen. Ihr Erbteil unterliegt entgegen der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 7.4.1995 nicht der Testamentsvollstreckung. Der Beteiligten zu 1 als einem pflichtteilsberechtigten Abkömmling hat der Erblasser einen Erbteil von 1/4 hinterlassen. Bei zwei zu berücksichtigenden Abkömmlingen entspricht die Erbquote der Beteiligten zu 1 genau ihrer Pflichtteilsquote. Ist aber ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder durch eine Teilungsanordnung beschränkt, so gilt die Beschränkung als nicht angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt (§ 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Erbteil der Beteiligten zu 1 ist folglich von der vom Erblasser verfügten Beschränkung der Testamentsvollstreckung nicht betroffen. Somit unterstehen allein die Miterbenanteile der Beteiligten zu 2 bis 5 den Beschränkungen der Testamentsvollstreckung.
Die Rechtsbeziehungen des Testamentsvollstreckers zu den Erben, deren Anteile er verwaltet, sind andere als zu einem Erben, wie hier der Beteiligten zu 1, über dessen Anteil er keine Rechtsmacht hat. Auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und den verwaltungsunterworfenen Erben finden, obwohl kein Auftragsverhältnis besteht, die Vorschriften über den Auftrag entsprechende Anwendung (§ 2218 Abs. 1 BGB). Im Fall einer Pflichtverletzung haftet der Testamentsvollstrecker den Erben und den Vermächtnisnehmern unmittelbar kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (§ 2219 BGB).
Eine Haftung des Testamentsvollstreckers nach § 2219 BGB gegenüber der Beteiligten zu 1 kommt hingegen nicht in Betracht. Vielmehr bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den durch den Testamentsvollstrecker vertretenen Erben und der Beteiligten zu 1 ausschließlich nach den Vorschriften über die Erbengemeinschaft (vgl. Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung 2. Aufl. Rn. 438). So hat z.B. die Beteiligte zu 1 gegen die Beteiligte zu 4 keinen Anspruch auf Erteilung eines Nachlassverzeichnisses nach § 2215 Abs. 1 BGB, weil diese Vorschrift nur für die verwaltungsunterworfenen Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker anwendbar ist. Auskunft könnte die Beteiligte zu 1 gegenüber dem Testamentsvollstrecker, der die Anteile der Miterben verwaltet, nur nach den allgemeinen Vorschriften verlangen (vgl. hierzu: Palandt/Edenhofer BGB 64. Aufl. § 2038 Rn. 13). Träfe der Testamentsvollstrecker z.B. eine nach § 2038 BGB unzulässige Verwaltungsmaßnahme, stünde der Beteiligten zu 1 als Miterbin der Rechtsweg zu den Zivilgerichten offen. Ein Antrag nach § 2227 BGB kommt nicht in Betracht, weil ihr Erbteil nicht der Testamentsvollstreckung unterworfen ist (OLG Köln NJW-RR 1987, 1098). Die abweichende Ansicht hierzu (vgl. Muscheler AcP 197 [1997] 226/239 Fn. 41; Zimmermann aaO Rn. 805) überzeugt nicht. Als Begründung für die Auffassung, auch der nicht der Testamentsvollstreckung unterliegende Miterbe könne einen Entlassungsantrag stellen, wird angegeben, dass auch der Erbteilstestamentsvollstrecker in einem gesetzlichen Schuldverhältnis zu allen Erben stehe (Muscheler aaO). Dieser Umstand rechtfertigt es hingegen nicht, einem Miterben ein Verfahren zu eröffnen, das er in einer Miterbengemeinschaft üblicherweise nicht hat. Für Rechtsstreitigkeiten unter Miterben steht allein die streitige Zivilgerichtsbarkeit zur Verfügung. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass Miterbenanteile von einem Testamentsvollstrecker verwaltet werden. Denn das Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB ist Korrelat zu der schwachen Stellung des Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker (Muscheler AcP 197 [1997] 226/227); es ist Surrogat für das sonst dem Geschäftsherrn zustehende Widerrufsrecht, das dem Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker bedingt durch dessen Funktionen versagt ist (vgl. Muscheler aaO S. 233). Wer nicht dem Handeln des Testamentsvollstreckers unmittelbar unterworfen ist, bedarf folglich keiner Antragsberechtigung nach § 2227 Abs. 1 BGB. Für die Versagung der Antragsberechtigung eines Miterben, dessen Anteil nicht der Testamentsvollstreckung unterliegt, spricht schließlich auch Folgendes: Der Testamentsvollstrecker hat allein die Interessen der Erben wahrzunehmen, deren Anteile er verwaltet. Diese Interessen müssen nicht zwangsläufig identisch mit denen sein, die ein anderer Miterbe verfolgt.
Nach alledem kann die Beteiligte zu 1 ihre Einwendungen gegen die Handlungen der Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstreckerin nicht im Rahmen eines Verfahrens nach § 2227 Abs. 1 BGB geltend machen.
Ende der Entscheidung
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