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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: 31 Wx 65/05
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 12
Bestimmt die nach dem 1.4.2005 in das Handelsregister einzutragende Satzung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Veröffentlichungsorgan der Gesellschaft den "Bundesanzeiger" ohne nähere Angabe, ob der elektronische Bundesanzeiger oder der Bundesanzeiger in Papierform oder beide gemeint sind, kann das Registergericht diese Satzungsbestimmung als unklar beanstanden.
Tatbestand:

Die Beteiligte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Am 10.12.2004 wurde eine neue Fassung der Satzung beschlossen. Die Änderungen betrafen insbesondere die Firma, den Gegenstand, das Stammkapital und die Vertretungsbefugnis. § 19 Abs. 1 der Satzung lautet: "Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen, soweit gesetzlich vorgeschrieben, nur im Bundesanzeiger." Eine wortgleiche Regelung enthält auch die Satzung von 1992.

Die Neufassung der Satzung wurde am 31.1.2005 zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Mit Zwischenverfügung vom 28.4.2005 beanstandete das Registergericht § 19 Abs. 1 der Satzung mit der Begründung, nach § 12 GmbHG n.F. müssen Veröffentlichungen der Gesellschaft jedenfalls auch im elektronischen Bundesanzeiger erfolgen, die Satzung sei daher entsprechend zu ändern. Dagegen legte die beteiligte Gesellschaft Beschwerde ein mit der Begründung, nach Inkrafttreten des § 12 GmbHG n.F. am 1.4.2005 sei unter "Bundesanzeiger" der elektronische Bundesanzeiger zu verstehen, der nun das gesetzlich vorgeschriebene Publikationsorgan sei. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde. Sie erwies sich als zulässig, jedoch nicht begründet.

Gründe:

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Da die Anmeldung der Satzung zu einem Zeitpunkt nach dem 1.4.2005 wirksam werde, müsse sie sich auch an den zu diesem Zeitpunkt gültigen gesetzlichen Vorschriften orientieren. Der am 1.4.2005 in Kraft getretene § 12 GmbHG schreibe als Pflichtorgan für Bekanntmachungen zwingend den elektronischen Bundesanzeiger vor. § 19 Abs. 1 der Satzung sei unklar, da aus ihm nicht hervorgehe, ob der elektronische oder der weiterhin existierende papierene Bundesanzeiger gemeint sei. Bei der Eintragung einer neuen Satzung im Handelsregister stelle sich nicht die Frage, ob eine gesetzeskonforme Auslegung möglich sei. Das Registergericht sei nicht verpflichtet, eine Satzung zu akzeptieren, die unklare Bestimmungen enthalte.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Seit 1.4.2005 bestimmt § 12 GmbHG den elektronischen Bundesanzeiger zum Pflichtveröffentlichungsblatt für Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Daneben kann der Gesellschaftsvertrag andere Gesellschaftsblätter bezeichnen. Außer dem elektronischen Bundesanzeiger gibt es weiterhin den Bundesanzeiger in Papierform, der auch nach wie vor als (zusätzliches) Veröffentlichungsblatt zur Verfügung steht. So sieht das auf der Internetseite des Bundesanzeigerverlags eingestellte Formular für einen Anzeigenauftrag zur Bekanntmachung der Auflösung der Gesellschaft ausdrücklich zwei Ankreuzkästchen vor, nämlich für die Bekanntmachung im gedruckten Bundesanzeiger und für die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. Tatsächlich finden sich solche Bekanntmachungen noch in der Druckversion, wenn auch nur in geringer Anzahl.

b) Welche Folgen sich aus der Neuregelung ergeben, wenn ein Gesellschaftsvertrag aus der Zeit vor dem 1.4.2005 "den Bundesanzeiger" zum Veröffentlichungsblatt bestimmt, ist nicht ausdrücklich geregelt. Die Bundesregierung ging ausweislich der Begründung zum Entwurf eines Justizkommunikationsgesetzes (BT-Drs. 15/4067; BR-Drs. 609/04) davon aus, dass in diesen Fällen, ohne dass es einer entsprechenden Satzungsänderung bedürfte, die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger erfolgt und daneben eine Veröffentlichung in dessen nicht inhaltsgleicher Druckversion oder in einem anderen Gesellschaftsblatt nicht erforderlich ist, sofern nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für einen anderslautenden Willen bestehen. Diese Auffassung hat in ersten Veröffentlichungen ganz überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. Noack, DB 2005, 599/600; Krafka MittBayNot 2005, 293/294; DNotI-Report 2005, 81/82; Roth/Altmeppen GmbHG 5. Aufl. § 12 Rn. 8; a.A. Melchior GmbHR 2003, R 397). Eine solche Auslegung mag im vorliegenden Fall auch insbesondere deshalb nahe liegen, weil schon die Formulierung "nur im Bundesanzeiger" dafür spricht, dass Veröffentlichungen auf das Mindestmaß, nach gesetzlicher Festlegung des elektronischen Bundesanzeigers als Pflichtveröffentlichungsorgan also auf diesen, beschränkt bleiben sollen. Für diese Auslegung spricht auch der Grundsatz, dass bei mehrdeutigen Bestimmungen eine gesetzes- bzw. satzungskonforme Auslegung, gegebenenfalls sogar gegen den Wortlaut, den Vorzug verdient, durch die ihre Gültigkeit bejaht und die Vereinbarkeit mit dem übrigen Vertragsinhalt am besten gewährleistet werden kann (vgl. Baumbach/Fastrich GmbHG 17. Aufl. § 2 Rn. 27).

c) Von der Frage der richtigen Auslegung "alter" Satzungsbestimmungen ist jedoch die anders gelagerte Fragestellung zu unterscheiden, wie das Registergericht zu verfahren hat, wenn eine derartige Satzungsklausel nach dem 1.4.2005 zur Eintragung angemeldet wird oder die Anmeldung erst nach diesem Zeitpunkt zum Vollzug ansteht. Hier geht es um die registergerichtliche Überprüfung einer für Dritte bedeutsamen Satzungsbestimmung im Anmeldeverfahren, in dem eine Klarstellung noch möglich ist. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner generellen Klärung, inwieweit dem Registergericht bei der Anmeldung von Satzungsänderungen und Satzungsneufassungen ein Überprüfungs- und Beanstandungsrecht zukommt (vgl. BayObLG v. 23.5.2001 BayObLGZ 2001, 137/138; Scholz/Priester GmbHG 9. Aufl. § 54 Rn. 28a; Michalski GmbHG § 54 Rn. 33).

Jedenfalls bei Satzungsklauseln von erheblicher Bedeutung für außenstehende Dritte, wie hier die Benennung des für die Bekanntmachungen der Gesellschaft maßgeblichen Gesellschaftsblattes, hat das Registergericht im Eintragungsverfahren auf die Änderung unklarer, widersprüchlicher oder unrichtiger Bestimmungen hinzuwirken (vgl. BayObLG v. 8.2.1985 WM 1985, 572; BayObLG v. 29.10.1992 BayObLGZ 1992, 318 = NJW - RR 1993, 494; Hachenburg/Ulmer GmbHG 8. Aufl § 54 Rn. 44; Rowedder/Zimmermann GmbHG 4. Aufl. § 54 Rn. 18; a.A. Michalski GmbHG § 54 Rn. 34).

d) Die Auffassung des Registergerichts und des Beschwerdegerichts, dass die satzungsmäßige Benennung des "Bundesanzeigers" in diesem Sinne "unklar" ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Mit der Benennung des "Bundesanzeigers" kann seit 1.4.2005 der elektronische Bundesanzeiger oder der Bundesanzeiger in Papierform oder eine Veröffentlichung in beiden Versionen des Bundesanzeigers gemeint sein. Es erscheint keineswegs ausgeschlossen, dass Gesellschaftsgläubiger, deren Schutz durch diese Veröffentlichungen in erster Linie bezweckt wird, die Klausel als beide Versionen des Bundesanzeigers umfassend verstehen - das Gesetz lässt die Bestimmung eines oder mehrere weiterer Gesellschaftsblätter zusätzlich zum elektronischen Bundesanzeiger ja ausdrücklich zu -, während die Gesellschaft einzig den elektronischen Bundesanzeiger meint und nur dort veröffentlicht. Diese Überlegungen gelten auch für die hier streitige Klausel "nur der Bundesanzeiger". Denn selbst wenn man die Auslegung, es sei nur der elektronische Bundesanzeiger gemeint, für objektiv richtig ansieht - siehe die Ausführungen oben unter b) -, so birgt die Klausel doch die jedenfalls nicht völlig fern liegende Gefahr von Missdeutungen durch Gläubiger mit unter Umständen nicht unerheblichen nachteiligen Folgen. Das rechtfertigt unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes die Beanstandung durch das Registergericht.

e) Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass die angemeldete Neufassung der Satzung die streitige Klausel gar nicht geändert hat, greift ebenfalls nicht durch. Eine angemeldete Neufassung unterliegt im Rahmen des dem Registergericht zukommenden Überprüfungsrechts insgesamt, und nicht nur hinsichtlich geänderter Bestimmungen, der Überprüfung. Eine Beanstandung kann sich deshalb insbesondere auch gegen die Beibehaltung inhaltlich überholter, für Dritte bedeutsamer Bestandteile im Satzungswortlaut richten (Hachenburg/Ulmer § 54 Rn. 44 a.E.); das gilt zumal für etwa notwendige Anpassungen der Satzung an eine neue Gesetzeslage.

Ende der Entscheidung

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