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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: 31 Wx 7/07
Rechtsgebiete: SpruchG, ZPO
Vorschriften:
SpruchG § 11 | |
SpruchG § 12 | |
ZPO § 148 | |
ZPO § 252 |
2. Gegen die Entscheidung des Landgerichts, ein Spruchverfahren auszusetzen, ist in entsprechender Anwendung von § 252 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft.
Gründe:
I.
Die Antragsteller waren Aktionäre der E. & M., welche auf die Antragsgegnerin verschmolzen wurde. Sie beantragen in dem anhängigen Spruchverfahren die Festsetzung einer baren Zuzahlung, weil das gewährte Umtauschverhältnis, welches in Aktien beglichen wurde, nicht angemessen sei. Das Landgericht unterbreitete im Beweisbeschluss vom 1.8.2005 einem Sachverständigen die Frage, ob bei der Ermittlung des Unternehmenswerts die in dem rechtshängigen Verfahren vor dem Landgericht München I geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der übertragenden Gesellschaft von Belang für eine bare Zuzahlung seien. Der Sachverständige kam in seinem Zwischenbericht vom 15.12.2005 zu dem Ergebnis, dass der Ausgang des Verfahrens gegen die früheren Organmitglieder den zu bestimmenden Unternehmenswert maßgeblich beeinflussen könnte. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.12.2006 das gegenständliche Spruchverfahren bis zur Entscheidung des Rechtsstreits vor der erkennenden Kammer (Az 5 HK O 19261/04) in erster Instanz über das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Antragsgegnerin gegen ihre ehemaligen Organmitglieder ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 5 vom 3.1.2007.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. In Spruchverfahren ist im Fall der Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von §§ 148, 252 ZPO die sofortige Beschwerde statthaftes Rechtsmittel. Die Statthaftigkeit ergibt sich nicht bereits aus § 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG, da das dort bezeichnete Rechtsmittel nur Endentscheidungen im Sinne des § 11 SpruchG behandelt. Im Übrigen wird die Auffassung vertreten, dass gegen Zwischenentscheidungen, welche die Rechte der Verfahrensbeteiligten betreffen, in Spruchverfahren die einfache Beschwerde statthaft ist (Kölner Kommentar zum SpruchG/Wilske § 12 Rn. 5 m.w.N.); Klöcker/Frowein Spruchverfahrensgesetz § 12 Rn. 3; MünchKomm AktG/Volhard 2. Aufl. § 12 SpruchG Rn. 15). Dieses gilt jedoch nicht im Falle einer Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 148 ZPO; denn in den Verfahren, auf die § 148 ZPO unmittelbar Anwendung findet, ist gegen einen in erster Instanz erlassenen Aussetzungsbeschluss das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben (§ 252 ZPO). Nichts anderes kann für die Aussetzung in Spruchverfahren gelten. Eine solche Handhabung entspricht dem in anderen Verfahren entwickelten Grundsatz, dass hinsichtlich der Statthaftigkeit von Rechtsmitteln gegen Beschlüsse, die in entsprechender Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung erlassen worden sind, auf die einschlägigen Vorschriften der ZPO zurückgegriffen werden kann (vgl. für das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit: BayObLGZ 2002, 89 und 147; OLG Düsseldorf FGPrax 2003, 283; für die Kostenbeschwerde: BayObLG FamRZ 2006, 137).
2. In Spruchverfahren kann mangels entsprechender gesonderter Vorschriften der allgemeine, in § 148 ZPO enthaltene Grundsatz herangezogen werden, wonach die Aussetzung eines Verfahrens als zulässig anzusehen ist, wenn Vorgreiflichkeit gegeben ist. Eine solche ist zu bejahen, wenn die das Verfahren beendende Entscheidung ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, und wenn die Aussetzung des Verfahrens den Beteiligten zumutbar ist (BayObLG FamRZ 2006, 137; OLG Düsseldorf AG 1995, 467/468; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz S. 233).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Die Aussetzung liegt im Ermessen des Erstrichters. Vom Beschwerdegericht kann die Ausübung des Ermessens nur eingeschränkt überprüft werden, nämlich auf die Einhaltung der Grenzen des Ermessens und Ermessensfehlgebrauch (BGH MDR 2006, 704, BayObLG FamRZ 2006, 137; Zöller/Greger ZPO 26. Aufl. § 252 Rn. 3). Diese Einschränkung des Prüfungsumfangs gilt auch in Verfahren, in welchen §§148, 252 ZPO nur entsprechend angewendet werden (vgl. BayObLG FamRZ 2006, 137; a. A.: OLG Düsseldorf AG 1995, 467/468).
Ermessensfehler des Landgerichts sind nicht ersichtlich. Nach dem Zwischenbericht des Sachverständigen vom 15.12.2005 hat das Bestehen oder Nichtbestehen eines derartigen Schadensersatzanspruchs wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der verschmolzenen Gesellschaft. Diese Beurteilung ist auch nachvollziehbar, da die geltend gemachten Schadensersatzbeträge eine Dimension besitzen, welche auch bei Anlegung eines großzügigen Schätzungsmaßstabs nach § 287 ZPO bei der Bemessung des Unternehmenswerts der verschmolzenen Gesellschaft nicht übergangen werden kann. Entgegen der Auffassung der sofortigen Beschwerde kommt es auch nicht darauf an, ob sich eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses aus anderen Gesichtspunkten wie dem Komplex des steuerlichen Verlustvortrags ergeben mag. Das Landgericht ist gemäß dem insoweit nach wie vor geltenden § 12 FGG vielmehr gehalten, sämtlichen Parametern nachzugehen, die einen greifbaren Einfluss auf die Unternehmensbewertung ausüben können. Ein solcher ist auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Schadensersatzanspruchs der verschmolzenen Gesellschaft gegen frühere Organmitglieder. Unbehelflich ist die Einwendung des Antragstellers zu 5, wonach die Schadensersatzfrage inzidenter im Spruchverfahren behandelt werden könnte. Eine solche Vorgehensweise wäre hier unzweckmäßig, weil dadurch das Spruchverfahren mit umfangreichen Ermittlungen zu Sachverhalten befrachtet würde, die Gegenstand des bereits anhängigen Schadensersatzprozesses sind. Nach einer gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren kann seitens des Gerichts des Spruchverfahrens sinnvoll in eine Bewertung des ausgeurteilten Schadensersatzanspruchs eingetreten werden. Deshalb ist der vom Landgericht für das Ende der Aussetzung vorgesehene Zeitpunkt der Entscheidung des Schadensersatzprozesses in erster Instanz - auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Aussetzung für die Verfahrensbeteiligten - sachgerecht.
3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.
Der Senat hält es für angemessen, für die Frage der Zulässigkeit der Aussetzung eines Spruchverfahrens ein Viertel des in § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG vorgesehenen Mindestgeschäftswerts von 200.000 EUR anzunehmen. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da sich die Kostentragungspflicht unmittelbar aus der Kostenordnung ergibt. Eine Anordnung der Erstattung von Kosten der Antragsgegnerin nach § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG war nicht veranlasst, da diese sich im Beschwerdeverfahren nicht bestellt hatte.
Ende der Entscheidung
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