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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 31 Wx 76/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1822 Nr. 3
Der unentgeltliche Erwerb eines Kommanditanteils durch einen Minderjährigen an einer Kommanditgesellschaft, deren Tätigkeit sich auf die Verwaltung des von den Gesellschaftern selbst genutzten Wohnhauses beschränkt, bedarf nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB.
Gründe:

I. Im Handelsregister ist seit 24.10.2006 die D. Verwaltungs KG eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die weitere Beteiligte zu 2, Kommanditist ihr Ehemann, der Beteiligte zu 1, mit einer Hafteinlage von 800 EUR. Zweck der Gesellschaft ist ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 17.10.2006 die Verwaltung eigenen Vermögens. Der Beteiligte zu 1 brachte unter Nießbrauchsvorbehalt ein bebautes Grundstück mit einer Fläche von 1.445 m² in die Gesellschaft ein. Das Gebäude wird nach Angaben der Beteiligten von der Familie selbst bewohnt. Mit Überlassungsvertrag vom 17.10.2006 übertrug der Beteiligte zu 1 von seiner Kommanditeinlage unter Vorbehalt des Nießbrauchs, im Übrigen lastenfrei je einen Teil von 200 EUR unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Beteiligten zu 3, 4 und 5, seine minderjährigen Kinder, und trat die Gesellschaftsanteile mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister an sie ab. Die Kinder wurden bei Vertragsabschluss jeweils durch einen Ergänzungspfleger vertreten. Mit Urkunde vom selben Tag wurde u.a. diese Rechtsänderung zur Eintragung im Handelsregister angemeldet.

Das zuständige Vormundschaftsgericht teilte mit Schreiben an den Urkundsnotar vom 12.2.2008 mit, der Überlassungsvertrag bedürfe keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, da Zweck der Gesellschaft nur die Verwaltung eigengenutzter Immobilien sei. Das Registergericht verlangte mit Zwischenverfügung vom 28.3.2008 die Vorlage einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung sowie der Nachweise des Zugangs an die Ergänzungspfleger und die übrigen Gesellschafter. Die Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht mit Beschluss vom 19.6.2006 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Nach § 105 Abs. 2 HGB könne eine Gesellschaft, die nur eigenes Vermögen verwaltet, im Handelsregister eingetragen werden. Völlig unbedeutende, wirtschaftlich nicht über den privaten Bereich hinausgehende Betätigungen seien jedoch vom Begriff der nur eigenes Vermögen verwaltenden Gesellschaft nicht erfasst. Diese Tatsache sei im Eintragungsverfahren durch das Registergericht zu prüfen. Da die beteiligte Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden sei, sei davon auszugehen, dass sie nicht nur eine völlig unbedeutende, wirtschaftlich nicht über den privaten Bereich hinausgehende Betätigung durchführe. Die von der Gesellschaft ausgeübte Tätigkeit sei deshalb als Erwerbsgeschäft anzusehen. Jedenfalls unterliege die Beteiligung eines Minderjährigen auch als eintretender Kommanditist einer KG der Genehmigungspflicht, und zwar auch dann, wenn die KG nur ihr eigenes Vermögen verwalte. Denn auch in diesem Fall habe der Kommanditist seine Einlage zu leisten und die KG trage das Risiko jeder Gesellschaft, die am Markt tätig sei. Im Übrigen sei die KG aufgrund der gesetzlichen Definition zwingend ein Erwerbsgeschäft.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht den Vollzug der Anmeldung von der Vorlage einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig gemacht, denn eine solche ist nicht erforderlich für die schenkweise Überlassung der Kommanditanteile an der beteiligten Gesellschaft, die ein selbstgenutztes Wohnhaus verwaltet.

a) Nach § 1915 Abs. 1, § 1822 Nr. 3 Alternative 2 BGB ist die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird. Der Begriff des Erwerbsgeschäfts umfasst jede regelmäßig ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit, die mit dem Willen zur Gewinnerzielung ausgeübt wird und auf eine gewisse Dauer angelegt ist (vgl. BayObLGZ 1995, 230/234; Palandt/Diederichsen BGB 67. Aufl. § 1822 Rn. 5, Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 1822 Rn. 12; Staudinger/Engler BGB Bearbeitungsstand 2004 § 1822 Rn. 34). Diese Voraussetzungen sind bei der Verwaltung privaten Vermögens, insbesondere Grundbesitzes, nicht in jedem Fall gegeben, auch wenn die private Vermögensverwaltung in gesellschaftsrechtliche Form gebracht wird (BayObLGZ 1995, 230/234; Erman/Saar BGB 12. Aufl. § 1822 Rn. 5, 14; MünchKommBGB/Wagenitz 5. Aufl. § 1822 Rn. 21). Die Abgrenzung im Einzelnen ist umstritten; unter anderem wird darauf abgestellt, ob eine geschäftsmäßige, gleichsam berufliche Tätigkeit erforderlich ist oder die Gesellschafter unternehmerisches Risiko übernehmen (vgl. MünchKommBGB/Wagenitz aaO.; Erman/Saar § 1822 Rn. 14; weitergehend Wertenbruch FamRZ 2003, 1714/1716, der den Abschluss von Verträgen mit Dritten ausreichen lassen will). Ein Erwerbsgeschäft liegt etwa vor bei einer Gesellschaft, deren Gegenstand die Verwaltung, Vermietung und Verwertung gewerblich nutzbarer Immobilien von erheblichem Wert ist (vgl. BayObLGZ 1995, 230; 1997, 113; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 117/119 jeweils zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Die Verwaltung eines selbstgenutzten Wohnhauses erfordert hingegen keine regelmäßig ausgeübte, auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit und stellt folglich kein Erwerbsgeschäft dar (so auch Wertenbruch FamRZ 2003, 1714/1716). So liegt der Fall hier: Das in die Gesellschaft eingebrachte Grundstück wird, wie von den Beteiligten vorgetragen, von den Gesellschaftern zu eigenen Wohnzwecken genutzt; andere Tätigkeiten als die Verwaltung dieses Grundstücks entfaltet die Gesellschaft nicht.

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen liegt nicht schon deshalb ein Erwerbsgeschäft vor, weil für die Verwaltung des privaten Vermögens die Rechtsform der Kommanditgesellschaft, mithin einer Handelsgesellschaft, gewählt wurde. § 1822 Nr. 3 BGB knüpft nicht an die Rechtsform der Gesellschaft an, an der der Minderjährige beteiligt wird, sondern allein daran, ob der Gesellschaftsvertrag auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist.

aa) Vor Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes 1998 standen die Rechtsformen der OHG und der KG allerdings nur den Gesellschaften offen, die ein Handelsgewerbe betrieben, so dass bei einer Personenhandelsgesellschaft stets auch ein Erwerbsgeschäft im Sinne des § 1822 Nr. 3 BGB vorlag. Das ist jetzt jedoch nicht mehr der Fall, weil durch das Handelsrechtsreformgesetz auch anderen, nämlich rein vermögensverwaltenden Gesellschaften der Zugang zu den Personenhandelsgesellschaften eröffnet ist. Nun kann auch eine Personengesellschaft, deren Gegenstand sich auf die Verwaltung eigenen Vermögens beschränkt, als offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft im Handelsregister eingetragen werden (§ 105 Abs. 2, § 161 Abs. 2 HGB). Absicht des Gesetzgebers war es, den Vermögensverwaltungsgesellschaften wie Immobilienverwaltungs-, Objekt- und Besitzgesellschaften nach Betriebsaufspaltung sowie Holdings aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer in der Regel gewerblich orientierten Unternehmensstruktur und der berechtigten wirtschaftlichen, steuerlichen und haftungsrechtlichen Bedürfnisse den Zugang zu den Personenhandelsgesellschaften zu ermöglichen. Völlig unbedeutende und wirtschaftlich nicht über den alltäglichen privaten Bereich herausreichende Betätigungen sollten allerdings nicht erfasst werden. Allerdings sei auch kaum zu befürchten, dass es in diesem Bereich zu vermehrter Inanspruchnahme von Personenhandelsgesellschaften komme, da dies wirtschaftlich nicht sinnvoll sei (vgl. BT-Drucksache 13/8444 S. 41).

bb) Es mag sein, dass die Verwaltung des eigengenutzten Hauses durch Ehegatten (und ihre Kinder) nicht dem Bild einer Vermögensverwaltungsgesellschaft entspricht, der mit der Neufassung des § 105 Abs. 2 HGB die Eintragungsoption eröffnet werden sollte (vgl. K. Schmidt NJW 1998, 2161/2165). Allerdings hat eine entsprechende Einschränkung keinen Eingang in den Wortlaut des § 105 Abs. 2 HGB gefunden (so auch Baumbach/Hopt HGB 33. Aufl. § 105 Rn. 13). Ob in einem solchen Fall die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister abgelehnt werden kann (so Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Wertenbruch HGB 2. Aufl. § 105 Rn. 23 m.w.N.; a.A. Baumbach/Hopt aaO.; MünchKommHGB/K.Schmidt 2. Aufl. § 105 Rn. 67), kann hier dahinstehen, denn Gegenstand der angefochtenen Zwischenverfügung und des Verfahrens ist das Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung der Überlassung von Kommanditanteilen an der bereits eingetragenen Gesellschaft, nicht die Eintragung der Gesellschaft selbst.

c) Der Umstand, dass die Verwaltung des privaten Vermögens - hier des selbst genutzten Wohnhauses - nun in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft betrieben wird, lässt für sich genommen diese deshalb nicht zum Erwerbsgeschäft im Sinn des § 1822 Nr. 3 BGB werden (so auch OLG Bremen NZG 2008, 750 zur nicht gewerblichen Verwaltung von Unternehmensbeteiligungen; Hohaus/Eickmann BB 2004, 1707/1709; a.A. MünchKomm HGB/Grunewald 2. Aufl. § 161 Rn. 23; Werner GmbHR 2006, 737/2006). Maßgeblich ist vielmehr, dass im konkreten Fall die Gesellschaft eine berufsmäßig ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit zum Gegenstand hat. Das ist hier mit der Verwaltung des eigengenutzten Hauses nicht der Fall. Der Gesellschaftszweck "Verwaltung eigenen Vermögens" ließe - wie das Registergericht angemerkt hat - zwar auch eine erheblich umfangreichere Tätigkeit der Gesellschaft zu, etwa unter Hinzuerwerb weiteren Grundbesitzes oder sonstiger Vermögenswerte. Hierfür liegen aber keine konkreten Anhaltspunkte vor. Abgesehen davon ist vom weit gefassten Gesellschaftszweck der Gegenstand der Gesellschaft zu unterscheiden, der durch - formlos mögliche - gesellschaftsvertragliche Vereinbarung der Gesellschafter bestimmt wird (vgl. MünchHdbGftsR/Bezzenberger 2. Aufl. KG § 3 Rn. 132 ff.). Den Gegenstand der Gesellschaft haben die Gesellschafter, wie aus ihren Erklärungen im vormundschaftsgerichtlichen und registergerichtlichen Verfahren ersichtlich, bestimmt als Verwaltung des selbst genutzten Hauses. Die Aufnahme einer anders gelagerten, erheblich umfangreicheren Vermögensverwaltung, die als Erwerbsgeschäft im Sinne des § 1822 Nr. 3 BGB anzusehen wäre, bedürfte als wesentliche, dem Neueintritt der minderjährigen Kommanditisten in eine ein Erwerbsgeschäft betreibende Gesellschaft gleichkommende Änderung des Gesellschaftsvertrages, solange der Gesellschaft minderjährige Gesellschafter angehören, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (vgl. Palandt/Diederichsen § 1822 Rn. 9 a.E.; MünchKommBGB/Wagenitz § 1822 Rn. 28; MünchKommHGB/K.Schmidt § 105 Rn. 159).

3. Der Beschluss des Landgerichts und die Zwischenverfügung des Registergerichts sind deshalb aufzuheben. Das Registergericht wird den Eintragungsantrag unter Abstandnahme von seinen Bedenken neu zu prüfen haben. Eine auf Eintragung gerichtete Anweisung an das Registergericht kommt nicht in Betracht, da Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gegen die Zwischenverfügung nur die gerügten Eintragungshindernisse sind, nicht aber eine Entscheidung über den Eintragungsantrag (vgl. hierzu BayObLG NJW-RR 1996, 413/414 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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