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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 02.02.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 9/09
Rechtsgebiete: EGAktG, AktG, HRV


Vorschriften:

EGAktG § 18 Abs. 1
AktG § 37 Abs. 3 Nr. 1
AktG § 39 Abs. 1 S. 1
HRV § 24 Abs. 2
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ist infolge der durch Art. 5 MoMiG angeordneten Änderungen des Aktiengesetzes eine bereits vor dem 1.11.2008 im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft nur dann zur Anmeldung ihrer inländischen Geschäftsanschrift nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 Satz 2 EGAktG verpflichtet, wenn sie entgegen § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV diese Anschrift vor dem 1.11.2008 dem Registergericht nicht mitgeteilt oder sich die Anschrift geändert hat.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Aktenzeichen: 31 Wx 9/09

Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn und der Richterinnen am Oberlandesgericht Förth und Klotz am 2. Februar 2009

in der Handelsregistersache

wegen Anmeldung der Geschäftsanschrift,

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Landgerichts München I vom 11.12.2008 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München vom 17.11.2008 werden aufgehoben.

Gründe:

I. Die Beschwerdeführerin, die als KG gegründet und später in eine GmbH & Co. KG umgewandelt wurde, ist nach erneutem Rechtsformwechsel seit 12.12.2000 als Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragen. In der Anmeldung des Formwechsels vom 26.7.2000 hat die Gesellschaft ihre seither unveränderte Geschäftsanschrift dem Registergericht mitgeteilt. Am 10.11.2008 meldete die Gesellschaft unter Angabe dieser Geschäftsanschrift das Erlöschen der Gesamtprokura ihres Prokuristen zur Eintragung an. Das Registergericht beanstandete mit Zwischenverfügung vom 17.11.2008, dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne, weil mit dieser entgegen § 18 EGAktG nicht zugleich die Geschäftsanschrift der Gesellschaft zur Eintragung angemeldet worden sei. Die gegen diese Beanstandung gerichtete Beschwerde der Gesellschaft wies das Landgericht mit Beschluss vom 11.12.2008 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Pflicht zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift nach § 37 AktG in der seit 1.11.2008 geltenden Fassung gelte nach der Übergangsvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1 EGAktG nicht für Gesellschaften, die zu diesem Zeitpunkt im Handelsregister eingetragen seien und ihre Geschäftsanschrift gem. § 24 Abs. 2 HRV bereits mitgeteilt hätten, sofern sich diese Anschrift nicht geändert habe. Nehme eine hiernach an sich nicht anmeldepflichtige Aktiengesellschaft jedoch nach dem Stichtag 1.11.2008 eine sonstige Anmeldung vor, so müsse sie mit dieser Anmeldung zugleich die inländische Geschäftsanschrift anmelden. Dies folge aus § 18 Abs. 1 Satz 2 EGAktG. Die Ausnahmevorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz EGAktG greife nur dann ein, wenn nach dem Stichtag keine sonstige die Gesellschaft betreffende Eintragung angemeldet werde. Vorliegend bestehe daher eine Anmeldepflicht hinsichtlich der Geschäftsanschrift; dieser könne durch die Angabe der Geschäftsanschrift im Betreff der sonstigen Anmeldung nicht Genüge getan werden.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht den Vollzug der Anmeldung von der zeitgleichen Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift abhängig gemacht, denn zu einer solchen Anmeldung war die Gesellschaft nicht verpflichtet, da sie bereits vor dem 1.11.2008 im Handelsregister eingetragen war, ihre Geschäftsanschrift gem. § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV mitgeteilt hatte und sich diese Anschrift auch nicht geändert hat.

a) Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ist infolge der durch Art. 5 MoMiG angeordneten Änderungen des Aktiengesetzes auch bei der Erstanmeldung einer Aktiengesellschaft seit 1.11.2008 eine inländische Geschäftsanschrift zur Eintragung anzumelden, § 37 Abs. 3 Nr. 1 AktG in der seit 1.11.2008 geltenden Fassung. Bereits vor dem 1.11.2008 war bei der Erstanmeldung die Lage der Geschäftsräume der AG, mithin die Geschäftsanschrift, anzugeben, § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV (in der bis 31.10.2008 geltenden Fassung; dieselbe Verpflichtung ist in der seit 1.11.2008 geltenden Fassung von § 24 HRV enthalten). Die hiernach mitgeteilte Anschrift wurde jedoch nicht Registerinhalt. Nach der Reform wird nun die inländische Geschäftsanschrift Registerinhalt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 AktG), was die Zustellung an die Gesellschaft nach den durch die Reform ebenfalls neu gefassten Zustellungs- und Zugangsregelungen erheblich erleichtert (vgl. BT-Drucks. 16/6140 S. 35 u. S. 124 f.; Wedemann GmbHR 2008, 1131).

b) Für die zum Stichtag 1.11.2008 bereits im Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaften regelt die Übergangsvorschrift des § 18 Abs. 1 EGAktG, ob und ggf. wie diese der Pflicht aus § 37 AktG zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift nachzukommen haben. § 18 Abs. 1 Satz 1 EGAktG erstreckt die Anmeldepflicht nicht auf alle Altgesellschaften, sondern macht hiervon in Halbsatz 2 eine Ausnahme:

Die Verpflichtung zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift besteht nicht, wenn die Gesellschaft ihre Anschrift nach § 24 Abs. 2 Satz 1 HRV bereits mitgeteilt und sich diese Anschrift auch nicht geändert hat.

Unmittelbar im Anschluss hieran bestimmt § 18 Abs. 1 Satz 2 EGAktG, dass "in diesen Fällen" - also in den Fällen des Satz 1 - die inländische Geschäftsanschrift mit der ersten die eingetragene Gesellschaft betreffenden Anmeldung ab dem 1.11.2008, spätestens aber bis zum 31.10.2009 anzumelden ist. Dieser Satz regelt die Modalitäten der Anmeldung, setzt also die in Satz 1 normierte Anmeldepflicht voraus. Wen schon nach Satz 1 Halbsatz 2 keine Anmeldepflicht trifft, der ist von den in Satz 2 geregelten Modalitäten, wie und bis wann der Anmeldepflicht nachzukommen ist, von vornherein nicht betroffen.

Die Auslegung des Landgerichts, Satz 2 gelte auch für die nach Satz 1 Halbsatz 2 der Anmeldepflicht an sich nicht unterliegenden Gesellschaften, sofern diese nach dem 1.11.2008 eine sonstige Anmeldung vornehmen, läuft darauf hinaus, gleichsam als Rückausnahme zu Satz 1 Halbsatz 2 eine Anmeldepflicht auch für diejenigen Gesellschaften zu konstituieren, die nach dem vorangegangenen Satz gerade keine Anmeldepflicht trifft. Hierfür lässt sich weder im Wortlaut noch aus dem Sinnzusammenhang eine überzeugende Begründung finden. Der Normaufbau spricht dagegen. Auch die Gesetzesmaterialien stützen die Auslegung des Landgerichts nicht: Die Begründung zum Gesetzentwurf unterscheidet zwischen anmeldepflichtigen Altgesellschaften und solchen, die von der Anmeldepflicht ausgenommen sind, und erläutert, wie "der Pflicht" nachzukommen ist (BT-Drucks. 16/6140, S. 48 u. S. 124 f.). An dieser Grundkonzeption hat sich im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nichts geändert (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/9737). Auch unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien verbleibt es daher bei der sich aus der Norm selbst ergebenden Auslegung: Nur für die Fälle, in denen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 EGAktG eine Verpflichtung zur Anmeldung der Geschäftsanschrift überhaupt besteht, regelt § 18 Abs. 1 Satz 2 EGAktG Art und Weise sowie die Frist zur Vornahme der Anmeldung (zur wortgleichen Übergangsregelung in § 3 EGGmbHG vgl. Senatsbeschluss vom 28.1.2009, Az. 31 Wx 05/09; Wicke GmbHG 2008 § 8 Rn. 17; Wedemann GmbHR 2008, 1131 f.; Steffek BB 2007, 2077 f.).

c) Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen konnte die Beschwerdeführerin daher das Erlöschen der Gesamtprokura ihres Prokuristen isoliert anmelden, da sie ihrer Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 HRV bereits vor dem 1.11.2008 nachgekommen und die Geschäftsanschrift gleich geblieben war, sodass eine Verpflichtung zur zeitgleichen Anmeldung der Anschrift nicht bestand.

Der Beschluss des Landgerichts und die Zwischenverfügung des Registergerichts sind deshalb aufzuheben. Das Registergericht wird den Eintragungsantrag unter Abstandnahme von seinen Bedenken neu zu prüfen haben. Eine auf Eintragung gerichtete Anweisung an das Registergericht kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens nur die vom Registergericht beanstandete Nichtanmeldung der Geschäftsanschrift, nicht aber die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst ist (vgl. hierzu BayObLG NJW-RR 1996, 413/414 m.w.N.).

3. Eine Entscheidung über die Kosten ist nicht veranlasst. Gerichtskosten für die Beschwerde und die weitere Beschwerde fallen nicht an, da Gebühren nur für die Zurückweisung oder Verwerfung eines Rechtsmittels erhoben werden (§ 131 Abs. 1, § 131 c Abs. 1 KostO).

Ende der Entscheidung

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