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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 10.12.2009
Aktenzeichen: 31 Wx 95/09
Rechtsgebiete: EGBGB, MSA, Genfer Flüchtlingskonvention, Personen- und Familiengesetzbuch (Burundi)
Vorschriften:
EGBGB Art. 7 | |
EGBGB Art. 24 | |
MSA Art. 2 | |
MSA Art. 12 | |
Genfer Flüchtlingskonvention Art. 12 | |
Personen- und Familiengesetzbuch (Burundi) |
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS
Aktenzeichen: 31 Wx 095/09
Der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Rojahn, der Richterin am Oberlandesgericht Förth und des Richters am Oberlandesgericht Gierl
am 10. Dezember 2009
in der Vormundschaftssache
wegen Beendigung der Vormundschaft,
beschlossen:
Tenor:
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 20. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung des Amtsgerichts vom 20.2.2009, dass die am 18.4.2006 angeordnete Vormundschaft über die am xxx 1989 geborene burundische Staatsangehörige M. N., die in Deutschland um Asyl nachgesucht hat, wegen Eintritts der Volljährigkeit (Vollendung des 18. Lebensjahres) beendet sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluss vom 20.3.2009 zurück. Mit der weiteren Beschwerde wird die Aufhebung dieser Beschlüsse begehrt.
II. Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat angenommen, dass die Regelungen des Haager Minderjährigenschutzabkommens (MSA) im vorliegenden Fall anwendbar sind, dem autonomen deutschen Kollisionsrecht vorgehen und das vom MSA berufene Recht des Aufenthaltsstaates (Art. 2 MSA), hier das deutsche Recht, die Voraussetzungen sowohl für die Anordnung als auch für die Beendigung der Schutzmaßnahme bestimme (Art. 2 Abs. 2 MSA). Nach deutschem Recht sei die Betroffene volljährig und die Vormundschaft deshalb beendet.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Die Anwendung des MSA setzt voraus, dass der Betroffene sowohl nach seinem Heimatrecht als auch nach dem Recht des Aufenthaltsstaates minderjährig ist (Art. 12 MSA). Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres am 30.11.1989 wurde M. N. nach deutschem Recht volljährig und das MSA deshalb unanwendbar. Ob die unter der Geltung des MSA angeordnete Schutzmaßnahme der Vormundschaft beendet ist, richtet sich vielmehr - vorbehaltlich eines vorrangigen Staatsvertrages wie etwa der Genfer Flüchtlingskonvention - nach dem vom autonomen deutschen Kollisionsrecht berufenen Sachrecht (vgl. im Einzelnen OLG München Rpfleger 2009, 566). Das ist nach Art. 7, Art. 24 EGBGB das Recht des Staates Burundi als Heimatrecht der Betroffenen (eine durch burundisches Recht angeordnete Rückverweisung auf deutsches Recht ist nicht feststellbar).
3. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig. Dabei kann offen bleiben, ob im vorliegenden Fall die Genfer Flüchtlingskonvention anwendbar ist, deren Kollisionsnorm (Art. 12) auf das Recht des Landes des Wohnsitzes verweist, was hier das deutsche Recht wäre. Denn auch nach burundischem Recht wird eine Person mit 18 Jahren volljährig. Das ergibt sich aus der vorgelegten Auskunft der burundischen Botschaft in Berlin.
Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln. Soweit Art. 339 des Personen- und Familiengesetzbuches (Code des personnes et de la famille) in der im Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, abgedruckten Fassung ein Volljährigkeitsalter von 21 Jahren ausweist, handelt es sich um die Gesetzesfassung von 1980 und den Sachstand der Ergänzungslieferung von 1984, die seitdem nicht mehr aktualisiert wurde; selbst die grundlegende Reform des burundischen Familienrechts von 1993 ist nicht eingearbeitet. Auch die elektronische Fassung des Bergmann/Ferid (Online-Datenbank des Verlags für Standesamtswesen) weist gemäß der Geschäftspolitik des Verlags, gedruckte und elektronische Fassung identisch zu halten, nur den Sachstand von 1984 auf. Gerade in den letzten zwei Jahrzehnten haben aber viele afrikanische Staaten, dem allgemeinen Trend folgend, das Volljährigkeitsalter von 21 Jahren auf 18 Jahre herabgesetzt (z. B. Senegal, Sierra Leone, Südafrika). Auch die vorgelegte Auskunft der Deutschen Botschaft in Burundi, wonach die Volljährigkeit mit dem 21. Lebensjahr eintritt, kann die Überzeugung des Senats von der Richtigkeit der Auskunft der burundischen Botschaft nicht erschüttern, zumal sie unter dem unrichtigen Betreff "Volljährigkeit gemäß der Burundischen Verfassung" erteilt ist; in der Verfassung ist die Volljährigkeit nicht geregelt. Der Einholung einer weiteren offiziellen Auskunft, wie beantragt, bedarf es nicht, da die vorgelegte Auskunft der burundischen Botschaft die Auskunft einer offiziellen und kompetenten Stelle ist.
Die Feststellung des Amtsgerichts, dass die Vormundschaft über M. N. beendet ist, erweist sich somit unabhängig davon, ob die Genfer Flüchtlingskonvention (und deshalb deutsches Sachrecht) oder über die autonomen deutschen Kollisionsnormen burundisches Sachrecht anwendbar ist, als zutreffend. Das Landgericht hat die Beschwerde im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weshalb die weitere Beschwerde ohne Erfolg bleibt.
4. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 a. F. KostO). Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2 a. F. KostO, § 30 Abs. 2 KostO.
Ende der Entscheidung
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