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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 08.11.2005
Aktenzeichen: 32 Wx 113/05
Rechtsgebiete: KostO, AktG


Vorschriften:

KostO § 27 Abs. 3
KostO § 36 Abs. 2
KostO § 44
KostO § 47
AktG § 30
Beurkundet der Notar anlässlich der Gründung einer Aktiengesellschaft in derselben Urkunde zugleich den Beschluss der Gründer über die Bestellung des ersten Aufsichtsrats, so erwächst ihm außer der Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO für die Beurkundung der Feststellung der Satzung zusätzlich eine gesonderte Gebühr gemäß § 47 KostO.
Tatbestand:

Der Notar beurkundete die Errichtung der Kostenschuldnerin zu 2 - einer Aktiengesellschaft - durch den Kostenschuldner zu 1. In der gleichen Urkunde wurde unter Ziff. IV der erste Aufsichtsrat bestellt. Gemäß Kostenrechnung vom gleichen Tage berechnete er hierfür sowie für die Anmeldung zum Handelsregister EUR 245,41. Die Berechnung der Beurkundung des Beschlusses über die Bestellung des ersten Aufsichtrates unterblieb, da der Notar der Auffassung war, dass die Bestellung des ersten Aufsichtrates ein Teil der Gründung sei.

Auf die nach Beanstandung durch die Notarkasse auf Weisung des Landgerichtspräsidenten eingelegte Beschwerde änderte das Landgericht die Kostenrechnung unter Aufrechterhaltung im übrigen dahingehend ab, dass zusätzlich eine 20/10 Gebühr gemäß § 47 KostO für die Beurkundung der Bestellung des ersten Aufsichtsrates in Höhe von EUR 168,00 erhoben werde und sich der Gesamtbetrag der Rechnung auf EUR 440,29 erhöhe. Ferner ließ es die weitere Beschwerde zu.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Kostenschuldners zu 1 mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und die Weisungsbeschwerde zurückzuweisen. Der Notar hält seine ursprüngliche Kostenrechnung für richtig und ist der Auffassung, dass die Beschwerde Erfolg haben muss. Die zulässige weitere Beschwerde erwies sich als unbegründet.

Gründe:

1. Das Landgericht hat seine Entscheidungen folgendermaßen begründet:

Die Bestellung des ersten Aufsichtrates erfolge nach dem Gesetz durch Beschluss der Gründer, wobei die Gründerversammlung als Organ der Aktiengesellschaft tätig werde. Sehe das Gesetz die Willensbildung durch ein Beschlussorgan vor, liege selbst dann ein Beschluss und keine Erklärung vor, wenn das Organ aus einer Einzelperson bestehe. Die Gebühr erhöhe sich daher um EUR 168,00 zuzüglich Umsatzsteuer.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.

a) Zu Recht hat das Landgericht in der Bestellung des ersten Aufsichtsrates einen gesonderten Beschluss, die den Anfall einer gesonderten Gebühr nach § 47 KostO begründe, und nicht zusammen mit der Feststellung der Satzung nach § 23 AktG eine einheitliche Erklärung bildet gesehen. Im Unterschied zur GmbH, bei der nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GmbHG die Geschäftsführer entweder im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der Gesellschafterversammlung berufen werden, geschieht die Bestellung des ersten Aufsichtsrats bei Gründung der Aktiengesellschaft allein durch Beschluss der Gründer (vgl. etwa MünchKommAktG/Pentz, AktG 2. Aufl. § 30 RdNr. 10; Großkomm/Röhricht AktG 3. Aufl. § 30 RdNr. 3 - 5; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG § 30 II 1 ). Wird in einem Gesellschaftsvertrag ein Beschluss der Gründerversammlung (hier: Wahl des ersten Aufsichtsrats) mitbeurkundet, entsteht daher nach ganz überwiegender Ansicht für die Beschlussfassung eine gesonderte Gebühr gemäß § 47 KostO (vgl. Göttlich/Mümmler aaO Stichwort: "Aktiengesellschaft" Anm. 1.4 und "Beschlüsse von Gesellschaftsorganen" Anm. 3; Rohs/Wedewer, KostO 3. Aufl. Stand 08/05 § 41c RdNr. 44; Streifzug durch die Kostenordnung, 5. Aufl. Rdnr. 709; Beck'sches Notarhandbuch, 2. Aufl. D III Rdnr. 16; OLG Zweibrücken JurBüro 2002, 492 f).

Die Gegenmeinung (Waldner, Die Kostenordnung für Anfänger, 5. Aufl. RdNr. 284; Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit 21. Aufl. § 148 RdNr. 6) übersieht, dass § 23 AktG nichts über die Bestellung des ersten Aufsichtsrates enthält; der Gesetzgeber hat also selbst die Errichtung der Aktiengesellschaft von der Bestellung des ersten Aufsichtsrates getrennt. Während für die Feststellung der Satzung Einstimmigkeit erforderlich ist, erfolgt die Bestellung der ersten Aufsichtsratsmitglieder durch Wahl (Großkomm/Röhricht AktG 3. Aufl. § 30 RdNr. 5), wobei die Gründer mit Errichtung der Aktiengesellschaft erstes Organ der Gesellschaft zum Zwecke dieser Wahl werden. Die Anfechtung der Aufsichtsratsbestellung erfolgt entsprechend §§ 241 AktG ff (MünchKommAktG/Pentz, AktG 2. Aufl. § 30 RdNr. 11). Schon aus diesem Grunde kann die Bestellung des ersten Aufsichtsrates nicht Teil der die Satzung feststellenden Erklärung sein.

b) Völlig zu Recht nimmt auch das Landgericht an, dass, wenn das Gesetz eine Beschlussfassung anordnet, es keinen Unterschied macht, ob das beschlussfassende Organ aus einer Person oder aus mehreren Personen besteht (Korintenberg / Reimann, KostO 16. Aufl. § 41 c RdNr. 13).

c) Bei einem Zusammentreffen von Beschlüssen mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen (wie hier die Gründung der Aktiengesellschaft) ist § 44 KostO nicht anwendbar; dann liegen nämlich nicht mehrere Beschlüsse in derselben Verhandlung vor, die Verweisung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 KostO a. F. bzw. § 41 c Abs. 1 Satz 1 KostO n. F. ist also nicht einschlägig (vgl. Korintenberg/Reimann, aaO, § 41 c RdNr. 10 und § 44 Rdnr. 6; Göttlich/Mümmler, KostO 14. Aufl. Stichwort "Beschlüsse von Gesellschaftsorganen" Anm. 3 m.w.N.; OLG Zweibrücken aaO; OLG Stuttgart JurBüro 1990, 1633 ff; OLG Zweibrücken MittBayNot 1988, 141; Kammergericht Berlin JurBüro 1983, 1551 ff).

3. Das Landgericht hat schließlich auch die Gebührenerhöhung richtig berechnet. Insoweit kann auf die Berechnung auf S. 6 f des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen werden.

Ende der Entscheidung

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