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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 04.09.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 114/07
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 45
KostO § 146 Abs. 2
KostO § 147 Abs. 2
Übersendet der Notar eine Löschungsbewilligung, für die er eine Unterschrift beglaubigt hat, an den nicht mit dem Unterschreibenden identischen Begünstigten zum Zweck der Eintragung im Grundbuch, erhält er neben der Beglaubigungsgebühr nach § 45 KostO auch eine Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 2 KostO.
32 Wx 114/07

Beschluss

Der 32. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht, Vorsitzenden Richters am Bayerischen Obersten Landesgericht a.D. Joachimski, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Wiringer-Seiler und des Richters am Oberlandesgericht Wimmer

am 4. September 2007

in der Notarkostensache

auf die weitere Beschwerde des Kostenschuldners zu 1

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Weiden i. d. Opf. vom 10. April 2007 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 24,36 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kostengläubiger beglaubigte die Unterschrift des Geschäftsführers der Kostenschuldnerin zu 2 unter einer Löschungsbewilligung für eine Sicherungshypothek über 80.426,39 DM, übersandte diese an einen Dritten und stellte folgende Rechnung, für die sich der Kostenschuldner zu 1 bereit erklärt hatte, nach § 3 Nr. 2 KostO einzustehen:

Gegenstand: Unterschriftsbeglaubigung ohne Entwurf Sicherungshypothek Geschäftswert gem. KostO § 18-30, 39, 44: 41.122 EUR

 KostO §§ 141, 32 Teil-Wert BezeichnungGebühr
45 Abs. 1 UB ohne Entwurf 30,00 EUR
152 Abs. 2 Nr. 1a,b, 2 Porto , Fax, Telefon, Auslagen 2,00 EUR
147.2 4.113 EUR Übermittlungsgebühr 21,00 EUR
Zwischensumme 53,00 EUR
151 a MwSt 16 % 8,48 EUR
Rechnungsbetrag 61,48 EUR

Da sich der Kostenschuldner zu 1 gegen die Berechnung einer Übermittlungsgebühr wandte, legte der Kostengläubiger die Sache dem Landgericht Weiden nach § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO vor.

Das Landgericht bestätigte die Notarrechnung mit Beschluss vom 10.4.2007 und ließ die weitere Beschwerde zu. Gegen diesen dem Rechtsbeschwerdeführer am 23.4.2007 zugestellten Beschluss wendet sich dieser mit der am 22.5.2007 eingegangenen weiteren Beschwerde vom gleichen Tag.

II.

Die zugelassene weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat folgendes ausgeführt:

Übersendet der Notar bei Unterschriftsbeglaubigungen ein Schriftstück auf Verlangen eines Beteiligten, so stehe ihm neben der Beglaubigungsgebühr eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zu. Die Gebühr des § 45 KostO decke nur die Beglaubigungstätigkeit ab und erfasse nicht die Weiterleitung an einen Dritten. Die Amtstätigkeit sei mit der Aushändigung des Beglaubigungsvermerks an den die Unterschrift leistenden Beteiligten abgeschlossen. Da das Hauptgeschäft für die Frage, ob ein Nebengeschäft vorliege, entscheidend sei, führe auch § 35 KostO zu keinem anderen Ergebnis. § 147 Abs. 4 Nr. 1 KostO sei eine Ausnahmevorschrift, die nicht auf andere Tätigkeiten erstreckt werden könne.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand (§ 156 Abs, 4 Satz 4 KostO, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 546 ZPO).

Der Senat teilt mit dem Landgericht die Annahme des Oberlandesgerichts Hamm (NotBZ 2002, 266 ff.), dass die Übermittlung der Löschungsbewilligung, unter der die Unterschrift beglaubigt wurde, weder mit der Gebühr des § 45 KostO abgegolten sei noch die Übermittlung eine kostenfreies Nebengeschäft nach § 35 KostO darstelle, ist aber der Auffassung, dass die Übermittlung an eine dritte Person vorliegend dem Vollzug der Löschung diene, so dass neben der Beglaubigungsgebühr eine Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 2 KostO aus dem vollen Geschäftswert anzusetzen ist.

a) Der Abgeltungsbereich der nach § 45 KostO für die Unterschriftsbeglaubigung zu erhebenden Gebühr in Höhe eines Viertels der vollen Gebühr ist sehr eng. Diese Gebühr deckt lediglich die für die Unterschriftsbeglaubigung als solche erforderliche Tätigkeit des Notars ab, also neben dem in § 40 BeurkG beschriebenen Beglaubigungsvorgang die Feststellung der Person der Beteiligten sowie die Durchsicht der Erklärung zum Zweck der Feststellung, ob Gründe zur Versagung der Amtstätigkeit bestehen. Hingegen trägt der Notar bei der reinen Unterschriftsbeglaubigung keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Erklärung. Vielmehr ist seine Amtstätigkeit abgeschlossen, wenn er dem Beteiligten die Erklärung mit dem Beglaubigungsvermerk zur weiteren Verwendung aushändigt. Dementsprechend liegen alle weiteren Tätigkeiten des Notars, die er zum Zustandekommen oder Vollzug des mit der beglaubigten Erklärung beabsichtigten Rechtsgeschäft vornimmt (hier: Übersendung der Genehmigungserklärung an den Berechtigten zum Zweck der Eintragung im Grundbuch) außerhalb seiner notariellen Amtstätigkeit bei der Unterschriftsbeglaubigung (OLG Hamm aaO). Zwar ist Nebengeschäft im Sinne des § 35 KostO alles, was mit dem Hauptgeschäft so eng zusammenhängt, dass es nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung tritt und somit alles, was zur Förderung und Herbeiführung des Rechtserfolgs des Hauptgeschäft erforderlich ist (Hartmann Kostengesetze 36. Aufl. § 35 Rn. 4, 5 KostO). Die Beglaubigung hat jedoch nicht als Haupterfolg die Durchführung der Löschung, sondern ist nach den obigen Ausführungen bereits abgeschlossen, wenn er dem Beteiligten die Erklärung mit dem Beglaubigungsvermerk zur weiteren Verwendung aushändigt (vgl. auch Korintenberg/Bengel/Tiedtke KostO 16. Aufl. § 147 RN. 135a; Rohs/Wedewer KostO Stand August 2006 § 147 Rn. 30). Dies kann auch aus dem Rechtsgedanken des § 146 Abs. 2 KostO entnommen werden, wonach der Notar, wenn der Notar bei den dort bestimmten Gegenständen nur eine Unterschriftsbeglaubigung vorgenommen hat, für den Vollzug eine zusätzliche Gebühr erhalten soll, bei Beurkundung aber nur, wenn Anträge oder Beschwerden tatsächlich oder rechtlich begründet werden (§ 146 Abs 3 KostO).

b) Der Senat sieht aber in der Übersendung eine Vollzugshandlung, so dass der Notar richtigerweise die Übermittlungstätigkeit nach § 146 Abs. 2, 4 KostO, nicht aber nach § 147 Abs. 2 KostO abrechnen müsste. Der in § 146 KostO verwendete Begriff des Vollzugs ist nach Ansicht des Senats nicht auf die dingliche Erfüllung des beurkundeten Grundstücksgeschäfts beschränkt, sondern kostenrechtlich zu verstehen. Dem Vollzug dienen hiernach alle Tätigkeiten, die zu den schuldrechtlichen oder dinglichen Vereinbarungen der Beteiligten notwendigerweise hinzukommen müssen, um deren Wirksamkeit herbeizuführen und ihre Ausführung zu ermöglichen (so OLG Hamm OLGR 2002, 146, 147; OLG Düsseldorf JurBüro 2002, 45, 46 u. JurBüro 1994, 497; OLG Zweibrücken JurBüro 1997, 658; OLG Braunschweig NdsRpfl. 1993, 233; OLG Frankfurt DNotZ 1990, 321; OLG Schleswig JurBüro 1987, 1393; Rohs, aaO, § 146 Rdn. 4 und 27; Assenmacher/ Mathias, KostO, 15. Aufl., "Vollzugsgebühr" Ziff. 1.6.5; Mümmler, JurBüro 1994, 498; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 146 KostO Rn. 19 "Löschungsunterlagen").

c) Da jedoch das Gericht bei einem mit dem Ziel der Gebührenherabsetzung eingelegten Rechtmittel keine Gebührenerhöhung vornehmen darf (Korintenberg/Bengel/ Tiedke KostO 16. Aufl. § 156 Rn. 58), hat es bei der Rechnung zu verbleiben.

d) Die Gebührenerhebung für die Übermittlung hat auch nicht gemäß § 141, § 16 Abs. 1 KostO wegen unrichtiger Sachbehandlung zu unterbleiben. Zwar hat der Notar von mehreren möglichen Gestaltungsmöglichkeiten die billigste, gleich sichere, sachdienliche und übliche zu wählen (Korintenberg/BengelTiedtke aaO § 16 Rn. 51 f; BayObLG JurBüro 2001, 151 ff). Verletzt der Notar diese aus § 24 BNotO (Korintenberg/ Bengel/Tiedke aaO § 16 Rn. 49), nach a.A. aus § 17 BeurkG (OLG Köln JurBüro 1990, 75/78; Keidel/Winkler BeurkG 14. Aufl. § 17 Rn. 118) herrührende Pflicht, so sind auch die durch die unrichtige Vorgehensweise verursachten Mehrkosten gemäß §§ 141, 16 Abs. 1 KostO nicht zu erheben bzw. zurückzuerstatten (KG DNotZ 1970, 437/438; BayObLG aaO). Der Aufwand höherer Kosten ist jedoch nach den obigen Grundsätzen gerechtfertigt, wenn Gründe für einen anderen Weg als den kostengünstigsten sprechen; diese Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn eine in Notarkostenfragen erkennbar erfahrene Person oder, wie hier, ein von einem Notar vertretener Beteiligter eine bestimmte Verfahrensweise anregt. In diesem Fall braucht der Notar in der Regel nicht klären, wieso gerade diese nicht kostensparendste Vorgehensweise gewählt wurde. Dies gilt vor allem, wenn der Kostenunterschied zur kostensparendsten Vorgehensweise nicht besonders ins Gewicht fällt.

3. Eine Vorlage an den BGH ist nicht erforderlich, da der Senat nur in der Begründung, nicht jedoch im Ergebnis des vorliegenden Falles von der Rechtsprechung des OLG Hamm abweicht (Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 28 Rn. 13).

III.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, 30. Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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