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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 05.10.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 121/06
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 133 | |
WEG § 5 | |
WEG § 14 | |
WEG § 22 |
2. Entsteht durch die Anbringung eines Giebeldaches anstelle des bisherigen Flachdaches ein zusätzlicher Raum, so steht dieser Raum im Gemeinschaftseigentum.
Gründe:
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Die Anlage besteht aus zwei Gebäuden, nämlich einem Gebäude mit Flachdach und einem mehrstöckigem Wohngebäude mit sechs Wohnungen.
In der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 (Anlage A 2) hat die Gemeinschaft mehrheitlich, nämlich mit 700/1000 unter TOP 3 und 4 folgenden Beschluss gefasst:
"Es wird ein Plan für ein Giebeldach vorgelegt. Der Plan ist bei Einhaltung der Vorgaben a) 18` Dachneigung, b) kein Kniestock c) ggf. Ringanker vorab genehmigt."
Zu TOP 5 stimmten die Eigentümer mit einer Mehrheit von 700/1000 gegen die Nutzung des Satteldachs als zusätzliche Bürofläche.
Die Antragsteller haben daraufhin einen Plan erstellen lassen und für diesen eine Baugenehmigung der Landeshauptstadt München vom 17.9.2003 erholt, der zwar nach Angaben der Antragsteller eine Dachneigung von 18` vorsieht, bei dem jedoch das Dach auf dem Baukörper gedreht ist, der First also auf einer Gebäudeecke aufsitzt. Die Höhe des Bankgebäudes würde sich durch das Dach von bisher 4,14 m auf 7,495 m erhöhen.
Die Antragsteller begehren, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, die Feststellung, dass die Antragsteller in der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 (die Jahreszahlangabe 2003 beruht auf einem offensichtlichen Schreibversehen) der Ausführung der baulichen Veränderung zugestimmt haben. Ferner begehren sie unter Ungültigerklärung von TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 die Verpflichtung der Antragsgegner (die Benennung der Antragsteller ist ein offensichtliches Schreibversehen), einer Nutzung des durch die Errichtung des Giebeldaches zusätzlich entstehenden Raumes zu Bürozwecken zuzustimmen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17.1.2006 dem Antrag insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass die Antragsteller zur Errichtung eines Giebeldaches nach Maßgabe des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 berechtigt sind. Im Übrigen hat es die Anträge abgewiesen. Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner haben bezüglich der Kostenentscheidung Anschlussbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 5.7.2006 hat das Landgericht die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der Beschwerde richtet sich die weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Es liege eine bauliche Veränderung vor, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe. Die erforderliche Genehmigung liege nicht in dem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.9.2002. Es fehle an einer ausreichenden Bestimmtheit des Beschlusses. Der Beschluss sage weder etwas zum Dachüberstand, zur Position des Daches auf dem Gebäudekörper, zum verwendeten Material noch zur farblichen Gestaltung aus. Außerdem gehe der unvoreingenommene Betrachter von einem Giebeldach aus, dessen First parallel zur Hauswand verlaufe und nicht von einem Giebeldach, dessen First diagonal auf den Baukörper aufsitze. Dadurch werde nämlich das Dach höher.
Die Antragsteller hätten auch keinen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung des Giebeldaches, weil die Antragsgegner über das in § 14 WEG unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt würden. Dies sei deshalb der Fall, weil das Dach höher würde und dies zudem zu einer intensiveren Nutzungsmöglichkeit des neu entstandenen Dachraums führen würde.
Hinsichtlich des neu entstandenen Raums hätten die Antragsteller kein Recht zu einer Nutzung, da die intensivere Nutzung des Gebäudes einen erheblichen Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG darstellen würde.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung teilweise stand.
a) Die Antragsteller sind berechtigt, das Dach entsprechend der erteilten Baugenehmigung auszuführen.
Der Eigentümerbeschluss zu Tagesordnungspunkt 3 und 4 enthält eine für die Zukunft wirkende Regelung. Er ist deshalb vom Rechtsbeschwerdegericht uneingeschränkt selbst auszulegen, wobei die Auslegung aus dem Beschluss heraus objektiv und normativ zu erfolgen hat, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten ankommt (OLG Düsseldorf WE 2004, 65/66).
Der Senat vermag die Auslegung des Beschlusses durch das Landgericht nicht zu teilen und ist der Auffassung, dass der Beschluss auch ausreichend bestimmt ist.
Zwar hätte es nahe gelegen, für die Ausführung des Daches im Beschluss nähere Vorgaben festzulegen. Ob der Beschluss so wie er gefasst worden ist, lediglich ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, ist jedoch nicht zu prüfen, da der Beschluss bestandskräftig geworden ist. Deswegen ist es auch unerheblich, dass die sonst notwendige Einstimmigkeit fehlte (BGHZ 54, 65).
Eine Nichtigkeit des Beschlusses wegen Unbestimmtheit liegt nicht vor. Bei einer objektiven und normativen Auslegung enthält der Beschluss Vorgaben, die zwingend einzuhalten sind. Diese Vorgaben sind eingehalten. Im Beschluss ist außerdem festgelegt, dass bei Einhaltung dieser Vorgaben der Plan vorab genehmigt ist. Damit ist der Beschluss unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit nicht zu beanstanden. Vielmehr haben sich die Wohnungseigentümer eines weiteren Einflusses auf das Bauvorhaben begeben. Ob dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, kann - wie ausgeführt - nicht mehr geprüft werden. Eine mangelnde Bestimmtheit liegt jedoch nicht vor.
b) Zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 5 und den Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegner, einer Nutzung des neu entstehenden Raumes zu Bürozwecken zuzustimmen, abgelehnt.
Wie bereits das Bayerische Oberste Landesgericht im Beschluss vom 14.2.2001 (2Z BR 117/00) festgestellt hat, steht das verfahrensgegenständliche Gebäude nach Maßgabe des § 5 WEG im Gemeinschaftseigentum, ohne dass hieran anderslautende Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung etwas ändern könnten. Sowohl der das ursprüngliche Flachdach bildende Gebäudeabschluss als auch das neu zu errichtende Dach sind für Bestand und Sicherheit des Gebäudes erforderlich und stehen damit zwingend im Gemeinschaftseigentum. Der durch das neue Dach entstehende Raum ist ebenfalls Gemeinschaftseigentum. Dies ergibt sich bereits daraus, dass dieser Raum, da er bei der Errichtung der Teilungserklärung noch nicht vorhanden war, nicht als Sondereigentum ausgewiesen ist. Zu einer ausschließlichen Nutzung dieses Gemeinschaftseigentums haben die Antragsteller kein Recht.
Davon abgesehen ist dem Landgericht auch darin zuzustimmen, dass die übrigen Wohnungseigentümer die durch einen zusätzlichen Raum entstehende intensivere Nutzungsmöglichkeit nicht nach § 14 Nr. 1 WEG dulden müssen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Vergleich zu einer früheren Nutzung tatsächlich eine intensivere Nutzung stattfindet. Entscheidend ist bei einer objektiven und generalisierenden Betrachtungsweise, dass eine intensivere Nutzung möglich ist, an der die Antragsteller im Falle des Ausspruchs der begehrten Verpflichtung später nicht gehindert werden könnten. Dass ein zusätzlicher Raum eine intensivere Nutzungsmöglichkeit des Gesamtobjekts bietet, liegt auf der Hand.
3. Angesichts der Kompliziertheit der tatsächlichen und rechtlichen Situation, der unterschiedlichen Entscheidung der Instanzen und des teilweise Obsiegens und Unterliegens von Antragsteller und Antragsgegner hält es das Gericht für angemessen, die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen gegeneinander aufzuheben (§ 47 WEG).
Die in Übereinstimmung mit der nicht beanstandeten Entscheidung des Landgerichts getroffene Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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