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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 124/06
Rechtsgebiete: WEG, ZVG
Vorschriften:
WEG § 16 Abs. 2 | |
WEG § 28 Abs. 1 | |
WEG § 28 Abs. 2 | |
WEG § 28 Abs. 5 | |
ZVG § 155 Abs. 1 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin macht als Verwalterin in Verfahrensstandschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Antragsgegnerin Zinsen aus verspätet gezahltem Wohngeld sowie eine Sonderumlage nebst Zinsen geltend.
Die Antragsgegnerin war im Jahr 2001 Eigentümerin der Wohneinheiten Nr. 5 und Nr. 6 in der betroffenen Wohnanlage. Aus den am 18.12.2002 bestandskräftig genehmigten Einzel- und Gesamtjahresabrechnungen für den Zeitraum vom 1.1.2001 bis 31.12.2001 ergab sich für die beiden Wohnungen eine Wohngeldnachzahlung in Höhe von insgesamt 1.287,83 EUR, deren Begleichung von der Antragstellerin erstmals mit Schreiben vom 3.2.2003, der Antragsgegnerin zugegangen am 4.2.2003, angemahnt wurde. Die Bezahlung durch die Antragsgegnerin erfolgte am 27.5.2003.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 18.12.2002 fassten die Wohnungseigentümer weiter zu Tagesordnungspunkt (TOP) 5 den Beschluss, für Baumaßnahmen eine Sonderumlage in Höhe von 30.000 EUR zu erheben. Auch dieser Beschluss blieb unangefochten. Nachdem die Antragsgegnerin die Wohnung Nr. 5 zwischenzeitlich veräußert hatte, verlangte die Antragstellerin von ihr unter Zugrundelegung des auf die Wohnung Nr. 6 entfallenden Miteigentumsanteil von 35,12/100 mit Schreiben vom 23.12.2002 einen Betrag in Höhe von 10.536 EUR. Der entsprechende Mahnbescheid wurde am 20.5.2003 zugestellt.
Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.287,83 EUR für die Zeit vom 5.2.2003 bis 26.5.2003 und weiter zur Zahlung von 10.536 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.5.2003 zu verpflichten.
Durch Beschluss vom 24.10.2005 hat das Amtsgericht dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 3.7.2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie macht geltend, für die Wohnung Nr. 6 sei für den Zeitraum vom 11.4.2002 bis 27.3.2003 die Zwangsverwaltung angeordnet gewesen. Von der Antragsgegnerin seien daher lediglich Wohngelder zu bezahlen gewesen, die bis 11.4.2002 angefallen gewesen seien. Zumindest liege kein Verzug der Antragsgegnerin vor, da diese bei Nichtzahlung durch den Verwalter noch gesondert hätte gemahnt werden müssen. Der Sonderumlage habe die Antragsgegnerin nicht zugestimmt. Darüber hinaus seien Arbeiten angeordnet worden, die weit über die beschlossene Sanierung hinausgegangen seien, und es liege auch eine mangelhafte Ausführung vor. Schließlich seien die Miteigentumsanteile nicht richtig berechnet.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Antragstellerin sei nach dem Verwaltervertrag berechtigt, Hausgeld und Sonderumlage im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.
Für die Antragsgegnerin bestehe auf Grund der bestandskräftig genehmigten Jahresabrechnungen eine Verpflichtung zur Zahlung der Wohngeldrückstände und, ab Verzug, zur Zahlung der hieraus anfallenden Zinsen. Daran ändere auch die Anordnung der Zwangsverwaltung für die Wohnung Nr. 6 nichts, da diese lediglich dazu führe, dass der Zwangsverwalter neben den Wohnungseigentümer trete, mit der Folge, dass der Wohnungseigentümer in Höhe der tatsächlich vom Zwangsverwalter erbrachten Leistungen von seiner Zahlungspflicht frei werde.
Bezüglich der Sonderumlage liege ein bestandskräftiger Beschluss vor. Die Berechnung des auf die Antragsgegnerin entfallenden Anteils sei nach den in der Teilungserklärung festgelegten Miteigentumsanteilen erfolgt. Es könne hier dahinstehen, ob die Angaben in der Teilungserklärung richtig seien. Der Einwand, die mit der Sonderumlage finanzierten Sanierungsarbeiten seien mangelhaft durchgeführt worden, könne nicht erhoben werden.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin berechtigt ist, in Verfahrensstandschaft tätig zu werden. Das neben der Ermächtigung durch die aktiv legitimierte Wohnungseigentümergemeinschaft, die hier im Verwaltervertrag enthalten ist, erforderliche eigene schutzwürdige Interesse der Verfahrensstandschafterin an der Geltendmachung fremden Rechts ergibt sich aus der Pflicht des Verwalters, seine Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos zu erfüllen (BGHZ 73, 302/307; 104, 197/199).
b) Die Antragsgegnerin ist auf Grund der bestandskräftigen Eigentümerbeschlüsse zur Genehmigung der Jahresabrechnungen und zur Festsetzung der Sonderumlage zur Zahlung der Hauptforderungen und ab den jeweiligen Verzugszeitpunkten zur Zahlung der Zinsen verpflichtet (§16 Abs. 2 WEG).
aa) Die Anordnung der Zwangsverwaltung für eine Eigentumswohnung hat zur Folge, dass der Zwangsverwalter für Wohngeldansprüche, die nach Anordnung der Zwangsverwaltung fällig geworden sind, zur Zahlung verpflichtet ist (BayObLG NZM 1999, 715; OLG Zweibrücken NJW-RR 2005, 1682). Damit haftet der Zwangsverwalter nicht für Wohngeldforderungen aus Jahresabrechnungen, die vor Beginn der Zwangsverwaltung beschlossen wurden. Im vorliegenden Fall sind die entsprechenden Einzel- und Jahresgesamtabrechnungen erst am 18.12.2002 unter TOP 2 genehmigt worden, so dass grundsätzlich vom Verwalter die sich hieraus ergebenden Abrechnungsspitzen als Ausgaben der Zwangsverwaltung zu bestreiten sind.
Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Verwalter an die Stelle des Eigentümers tritt. Dieser haftet, unabhängig vom Zwangsverwalter, auch persönlich für die Hausgeldansprüche (OLG Zweibrücken aaO, OLG Köln WE 1989, 30/31). Die Antragsgegnerin konnte daher von der Verwalterin sowohl für das Hausgeld, als auch für die daraus folgenden Zinsen in Anspruch genommen werden, nachdem spätestens mit der Mahnung der Antragstellerin Verzug eingetreten ist.
bb) Gleiches gilt für den ebenfalls am 18.12.2002 gefassten Beschluss zur Sonderumlage (OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 724/725). Auch dieser Beschluss ist unangefochten geblieben. Gründe für eine Nichtigkeit wegen nicht hinreichender Bestimmtheit oder wegen mangelnder Beschlusskompetenz sind nicht gegeben.
(1) Nach seinem Wortlaut ist durch den Eigentümerbeschluss zu TOP 5 lediglich die Erhebung einer Sonderumlage sowie deren Gesamthöhe festgelegt worden. Nicht angegeben ist in dem Beschluss selbst, wie die Erbringung der Sonderumlage auf die einzelnen Eigentümer verteilt werden soll. Da ein Umlagebeschluss einen Nachtrag zum Jahreswirtschaftsplan der Eigentümergemeinschaft bildet und diesen ändert oder ergänzt, muss ein solcher Beschluss entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WEG grundsätzlich die anteilsmäßige Beitragsverpflichtung der Wohnungseigentümer bestimmen (BGH WE 1989, 197).
Bei der Auslegung eines Eigentümerbeschlusses können aber auch Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ohne weiteres für jedermann erkennbar sind (BGH NJW 1998, 3713). Für einen Sonderumlagebeschluss bedeutet dies, dass die betragsmäßige Bezeichnung des von einem einzelnen Wohnungseigentümer geschuldeten Anteils ausnahmsweise dann fehlen kann, wenn sich der geschuldete Betrag einfach errechnen lässt. Dies gilt zum einen, wenn der Verteilungsmaßstab in dem Beschluss angegeben ist (BayObLG NJW 2003, 2323), aber auch, bei Fehlen dieser Angabe, wenn für die Wohnanlage ein allgemein geltender Verteilungsschlüssel festgelegt ist (vgl. BayObLG WE 1993, 27), der herangezogen werden kann.
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht ohne Rechtsfehler, und damit für den Senat bindend (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO) festgestellt, dass für die Sonderumlage, die nach dem Beschlussinhalt eindeutig durch die Gemeinschaft und nicht durch einzelne Wohnungseigentümer getragen werden soll, der in der Teilungserklärung festgelegte allgemeine Verteilungsschlüssel herangezogen wurde. Nachdem sich daraus die Anteile an der Sonderumlage ohne weiteres errechnen ließen, ist der Umlagebeschluss insoweit auch hinreichend bestimmt.
(2) Die vorgenommene Kostenverteilung nach den in der Teilungserklärung festgelegten Miteigentumsanteilen stellt in keinem Fall einen vereinbarungsabändernden Beschluss dar, für den der Wohnungseigentümergemeinschaft die Beschlusskompetenz gefehlt hätte. Zum einen orientiert sich die Verteilung ja gerade an dem in der Teilungserklärung verbindlich festgelegten Miteigentumsanteil, zum anderen wäre die Abweichung vom vereinbarten Verteilungsschlüssel im Einzelfall allenfalls ein Grund für die Anfechtbarkeit des Beschlusses (BayObLG NZM 2003, 644/645).
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der in der Teilungserklärung angegebene Miteigentumsanteil nicht sachgerecht war, da nichts dafür ersichtlich ist, dass ein Festhalten an dem darauf beruhenden Kostenverteilungsschlüssel aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu grob unbilligen, gegen Treu und Glauben verstoßenden Ergebnissen führt, das die Antragsgegner berechtigen würde, dem Zahlungsbegehren den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenzuhalten (vgl. BayObLG WuM 1997, 61).
(3) Der Einwand, die mit der Sonderumlage finanzierten Arbeiten seien zum Teil nicht am Gemeinschaftseigentum, zum Teil mangelhaft ausgeführt worden oder gingen über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus, berührt die Zahlungsverpflichtung, die sich aus dem bestandskräftigen Umlagebeschluss ergibt, nicht (BayObLG WuM 1997, 61). Im Übrigen sind auch die Eigentümerbeschlüsse, die den Umfang der Sanierung betreffen, nicht angefochten worden, so dass sich für die Wohnungseigentümergemeinschaft in dem beschlossenen Umfang auch die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für die Sanierung von Sondereigentum ergibt (vgl. OLG Köln NZM 1998, 877 a. E.).
(4) Spätestens mit dem Abruf der Sonderumlage durch die Verwalterin ist deren Fälligkeit eingetreten (BayObLG ZMR 1996, 619/620), mit der Zustellung des Mahnbescheids der Verzug (§ 286 Abs. 1 BGB).
3. Dem Senat erscheint es nach § 47 WEG angemessen, der in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsgegnerin neben den gerichtlichen auch die außergerichtlichen Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Soweit der Geschäftswert der ersten Instanz betroffen ist, erfolgte die Festsetzung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 Kostenordnung.
Ende der Entscheidung
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