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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 20.06.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 125/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 5
Ein Beschluss über die Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nichtig, wenn sich dem Beschluss nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt, welche Ansprüche geltend gemacht werden sollen.
Gründe:

I.

Im Rubrum war klarzustellen, dass die Erstbeschwerde vom Antragsgegner eingelegt wurde.

II.

Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, der der Antragsgegner angehört.

In der Eigentümerversammlung vom 22.11.2001 wurde mehrheitlich folgender Beschluss gefasst:

Die Hausverwaltung wird beauftragt - in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat - alle notwendigen, insbesondere auch gerichtliche Schritte - unter Einschaltung eines RA - gegen Eigentümer (insbesondere Greitsch und Ulbrich) einzuleiten, welche sich bzgl. Gartengestaltung und -pflege nicht an die Teilungserklärung halten. Z.B. müssen die Gärten in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden und nicht genehmigte Gartenhütten entfernt werden (Genehmigt werden kann nur eine Gerätekiste mit max. 3 m3 Rauminhalt max. 1 m Höhe über Gelände).

Dieser Beschluss blieb unangefochten.

Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht unter anderem beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, folgende Gegenstände von der Fläche seines Sondernutzungsrechts zu entfernen: ca. 2 m hohe Gartenhütte an der südlichen Hauswand, ca. 6 m lange und ca. 1,80 m hohe Bastmatte, eine Kletterpflanze (wilder Wein), einen Laubbaum (Wildbirne). Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.2.2005 die beantragte Verpflichtung ausgesprochen. Die insoweit vom Antragsgegner eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 13.10.2005 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners, mit der er weiterhin die Abweisung der Anträge verfolgt.

III.

Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Gartenhaus stelle eine bauliche Beeinträchtigung dar, die die übrigen Wohnungseigentümer wegen der optischen Beeinträchtigung nicht hinzunehmen bräuchten. Dasselbe gelte für die Bastmatte. Aus dem vorgelegten Lichtbild lasse sich die Beeinträchtigung anschaulich entnehmen. Der wilde Wein stelle eine beeinträchtigende bauliche Veränderung dar, da die Pflanzen nicht an einem Klettergerüst, sondern an der Hausfassade hochranken würden. Nachdem die Teilungserklärung lediglich Pflanzen mit einer Höhe von 3 m erlaube, sei der Antragsgegner verpflichtet, einer Entfernung der Birne zuzustimmen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Hinsichtlich der Gartenhütte hat das Landgericht die Beseitigungsverpflichtung zu Recht ausgesprochen. Die Verpflichtung ergibt sich bereits aus dem unangefochten gebliebenen Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22.11.2001. Die Entfernung von nicht genehmigten Gartenhütten ist dort ausdrücklich und unmissverständlich angesprochen. Im Übrigen kann der Antragsgegner im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mit seiner Behauptung gehört werden, es handele sich dabei nur um eine "Kiste", da er sich damit in Widerspruch zu den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts setzt (§ 27 FGG, § 529 ZPO).

b) Hinsichtlich der übrigen vom Amtsgericht ausgesprochenen Verpflichtungen, die Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind, ist das Rechtsmittel jedoch begründet.

aa) Der Eigentümerbeschluss vom 22.11.2001 ist insoweit wegen Unbestimmtheit nichtig. Die betroffenen Wohnungseigentümer, gegen die vorgegangen werden soll, sind nur "insbesondere" benannt. Die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands der Gärten ist nur "Z.B." genannt. Was ein "ordnungsgemäßer Zustand" ist, ist relativ unbestimmt und kann nicht nur von der Auslegung der Teilungserklärung, sondern auch von einer Wertung abhängen. Mag man im Wege der Auslegung auch davon ausgehen können, dass gegen die Wohnungseigentümer G. und U. in jedem Fall vorgegangen werden soll, so verbleibt es doch dabei, dass die Verwendung des Begriffs "ordnungsgemäßer Zustand" nicht ausreichend ist. Was ordnungsgemäß sein soll, ist gerade bei der Anlegung von Gärten Geschmacksfrage. Was dem einen als Verwilderung erscheint, wird vom anderen als Naturgarten bezeichnet. Ebenso können durchaus unterschiedliche Meinungen darüber bestehen, was auf einer Terrasse oder einem Garten gelagert werden darf, bis die Bezeichnung "Rumpelkammer" gerechtfertigt ist. Eine hinreichende Konkretisierung kann auch nicht aus den anderen Feststellungen im Protokoll entnommen werden. Das Protokoll gibt nur die Äußerungen von Wohnungseigentümern wieder. Es ist aus dem Protokoll nicht erkennbar, dass die Mehrheit, die den Beschluss gefasst hat, diese Äußerungen in ihre Willensbildung aufgenommen hat. Dass es nicht auf die Äußerung einzelner Versammlungsteilnehmer, sondern auf den Wortlaut des Beschlusses ankommt, ergibt sich aus der ausdrücklichen Protokollfeststellung, dass der Beschlussantrag mehrfach verlesen wurde.

bb) Ob, unabhängig vom Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22.11.2001, ein Beseitigungsanspruch besteht, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen.

Der Antrag wird von der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband gerichtlich geltend gemacht. Folgt man der Auffassung des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München (ZMR 2005, 733), so stehen die Beseitigungsansprüche nur den einzelnen Wohnungseigentümern und nicht dem Verband zu. Folgt man der Auffassung des erkennenden Senats (NZM 2006, 106), dass Beseitigungsansprüche unter Umständen auch dem Verband zustehen können, so fehlt es an einer Ermächtigung des Verwalters, diese Ansprüche gerichtlich geltend zu machen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG). Schließt man sich der vermittelnden Auffassung von Wenzel (ZMR 2006, 245) an, so fehlt es bereits daran, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Sache durch Beschluss zu einer Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung gemacht hat.

Die Nichtigkeit des Beschlusses zur materiellen Beseitigungspflicht führt nämlich dazu, dass der Beschluss auch insoweit nichtig ist, als er die Beseitigung zu einer Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung macht bzw. den Verwalter zur Geltendmachung der Ansprüche ermächtigt. Aufgrund der Unbestimmtheit fehlt es nämlich auch an einer hinreichenden Klarstellung, welche Ansprüche geltend gemacht werden sollen.

3. Angesichts des teilweisen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten sowie der unterschiedlichen Rechtsauffassung der Instanzen entspricht es der Billigkeit, die Kosten in allen Rechtszügen gegeneinander aufzuheben (§ 47 WEG). Die in Übereinstimmung mit dem Landgericht getroffene Geschäftswertfestsetzung folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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