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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 13.01.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 137/05
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 29 Satz 1
KostO § 30 Abs. 2
Für Eintragungen in das Vereinsregister ist der Geschäftswert nicht nach einem bestimmten Vomhundertsatz des Vereinsvermögens festzusetzen. Vielmehr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Sache, der Vermögenslage des Vereins des Vereins und der Mitgliederzahl über eine angemessene Ermäßigung bzw. Erhöhung des Regelwertes des § 30 Abs. 2 zu entscheiden. Bei der Vermögenslage des Vereins darf nicht unberücksichtigt bleiben, welchen Nutzen der Verein aus dem Vermögen zieht.
Tatbestand:

Auf Antrag des Beschwerde führenden Vereins wurden Eintragungen der Änderung des Vereinsvorsitzenden des Beschwerdeführers ins Vereinsregister vorgenommen und dafür zunächst jeweils eine Gebühr von 432,-- EUR bei einem Geschäftswert von 250.000 Ç mit Rechnungen vom 1.4.2003 und 26.11.2003 gefordert. Mit Schreiben vom 22.12.2003 legte der Beschwerdeführer gegen die Gebührenforderung vom 2.3.2004 Erinnerung ein. Nach Mitteilung des Beschwerde führenden Vereins vom 22.12.2003, dass kein Vermögen vorhanden sei, die Jahreseinnahmen von Mitgliedsbeiträgen 220 Ç sowie die Mitgliederzahl des Vereins 22 Personen betragen würde, änderte das Amtsgericht Erlangen am 10.3.2004, von einem Geschäftswert von 1.000 Ç ausgehend, die Gebührenrechnung auf 10 Ç. Auf Intervention vom 18.6.2004 des Beteiligten setzte daraufhin das Amtsgericht den Geschäftswert mit Beschluss vom 22.11.2004 auf 500.000 Ç fest. Zur Begründung führte es aus, dass das Vermögens des Verein 20.513.036 Ç betrage.

Das Landgericht bestätigte mit Beschluss diese Entscheidung. Hiergegen richtete sich die zugelassene weitere Beschwerde des Beschwerdeführers.

Gründe:

Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des Geschäftswerts.

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Das Amtsgericht habe den Geschäftswert zu Recht auf 500.000 Ç festgesetzt. Der Geschäftswert für die Eintragung einer Satzungsänderung richte sich nach § 30 Abs. 2 KostO. Zwar sei regelmäßig für Idealvereine ohne nennenswertes Vermögen der Geschäftwert auf 3.000 Ç festzusetzen. Da der Beschwerde führende Verein kein Idealverein ohne nennenswertes Vermögen sei, sei der Geschäftswert unter Berücksichtigung der Vermögenslage, des Zweckes des Vereins sowie der Bedeutung der Eintragung zwischen 1.000 Ç und 500.000 Ç festzusetzen. Das Vereinsvermögen betrage nach Abzug der Verbindlichkeiten 20.513.036 Ç. Auch, wenn man berücksichtige, dass der Verein gemeinnützig sei und nicht kostendeckend arbeite, das Beitragsaufkommen nur 4.840 Ç betrage, sei angesichts der Bedeutung der Eintragung des Vereinsvorsitzenden für die Festsetzung des Geschäftswerts 5 % des Vereinsvermögens maßgebend. Da der Betrag den Höchstbetrag des § 30 Abs. 2 KostO übersteige sei der Höchstwert von 500.000 Ç maßgebend.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§ 31 Abs. 3 Satz 5, § 15 Abs. 5 Satz 2 KostO, § 546 ZPO).

a) Richtigerweise hat has Landgericht allerdings die Änderung des Geschäftswert nicht schon wegen Verstoßes gegen § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO aufgehoben, da die Frist von sechs Monaten nicht für die erstmalige Festsetzung des Geschäftswert durch das Gericht gilt (Korintenberg/Lappe KostO 16. Aufl. § 31 Rn. 54). Die Annahme eines bestimmten Geschäftswerts in der Kostenrechnung setzt damit die Frist nicht in Lauf.

b) Zu Unrecht hat aber das Landgericht den Geschäftswert nach einem bestimmten Vomhundertsatz des Vereinsvermögens festgesetzt (BayObLGZ 1979, 223 ff. = Rpfleger 1979, 398 f.). Der Geschäftswert für die hier vorgenommene Eintragung bestimmt sich nach § 29 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Danach war dieser Wert im maßgeblichen Zeitpunkt (§ 18 Abs. 1, § 7 KostO) regelmäßig mit 3.000 Ç anzunehmen; er konnte aber nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht unter 1.000 Ç und nicht über 500.000 Ç angenommen werden.

Das Gesetz hat in diesen Fällen den Geschäftswert ausdrücklich nicht in der Weise an das Vereinsvermögen gebunden, wie dies bei Eintragungen in das Handelsregister § 26 Abs. 2 Satz 1 KostO in der bis 30.11.2004 geltenden Fassung durch die Anknüpfung an das Betriebsvermögen anordnet. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat deshalb bereits in BayObLGZ 1960, 1/5ff entschieden, dass bei Anmeldungen zum Vereinsregister nicht etwa der Geschäftswert "anhand von irgendwie auffindbaren Beziehungen zu Vermögenswerten" zu schätzen ist, dass vielmehr der Gesetzgeber durch die Verweisung auf § 30 Abs. 2 KostO schon das Fehlen genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung unterstellt. Deshalb ist in der Überbewertung der Beziehungen, welche die Geschäfte der Anmeldung und Eintragung der Vorstandsänderung zum Vermögen des Vereins und zu dessen Verwaltung haben, eine rechtsirrige Auslegung des § 30 Abs. 2 KostO gesehen worden.

Der Regelwert des § 30 Abs. 2 KostO gilt für alle durchschnittlichen Fälle. Wenn auch die Abweichung von diesem Wert nicht bloß eine seltene Ausnahme bilden soll, so lässt doch die Beibehaltung des Wortes "regelmäßig" anlässlich aller bisherigen Neufassungen dieser Bestimmung noch für die Mehrzahl der Fälle einen Wert von 3000 Ç als gewollt erkennen. Die Wendung "nach Lage des Falles" unterstreicht besonders deutlich, dass alle Umstände zu berücksichtigen sind, die das Geschäft als außerhalb der durchschnittlichen Fälle erscheinen lassen; im Vordergrund stehen die Bedeutung des Geschäfts, das Interesse der Beteiligten daran und die Vermögenslage des Kostenschuldners (BayObLGZ 1960, 1/9 mit weiteren Nachweisen).

3. Da dies das Landgericht nicht ausreichend beachtet hat, war dessen Beschluss aufzuheben. Zu einer Zurückverweisung der Sache indes bestand kein Anlass, weil neue Tatsachenfeststellungen nicht zu treffen sind. Der Senat kann vielmehr, da der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, selbst entscheiden (Keidel/Kuntze/Winkler FGG 11. Aufl. § 27 Rn. 65). Dabei ist zu erwägen:

a) Die Bedeutung des Wechsels eines Vorstands ist für den Verein nicht größer als die anderer Vorgänge, die der Eintragung in das Vereinsregister bedürfen; nur solche Vorgänge können hier zum Vergleich dienen. Auch wenn die Bedeutung die Bedeutung größer ist als die Eintragung des Kassiers bei 5 Vorstandmitgliedern, liegt dennoch nur eine durchschnittliche Bedeutung der Sache vor.

b) Ein besonderes, über den Regelfall hinausgehendes Interesse an der Eintragung ist nicht ersichtlich. Das allgemeine Interesse an der Eintragung einer Änderung des Vorstandes, wie sie hier vorliegt, muss außer Betracht bleiben. Im Übrigen müssen solche Änderungen ohne Rücksicht auf etwaige besondere Interessen kraft Gesetzes zur Eintragung angemeldet werden (§ 67 Abs. 1 BGB).

c) Die Vermögenslage des Vereins ist allerdings weit überdurchschnittlich günstig. Indessen darf nicht außer Acht gelassen werden, welchen Nutzen der Verein aus dem Vermögen zieht. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Verein gemeinnützig, d.h. nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet, er arbeitet auch nicht kostendeckend. Das Vereinsvermögen ist für den Betrieb des Wohnstiftes zweckgebunden. Dabei ist es unerheblich, dass der Verein durch die Immobilien Einnahmen erzielt, da diese gerade zum Kostendeckungsbeitrag der erbrachten Leistungen dienen.

d) Die Zahl von 22 Mitgliedern und das Beitragsaufkommen von rund 4.840 Ç, ist eher unterdurchschnittlich.

e) Diese Überlegungen rechtfertigen vor allen wegen Buchst. c eine mäßige Überschreitung des Regelwertes des § 30 Abs. 2 KostO. Ein Wert von 30.000 Ç, also das Zehnfache des Regelwertes trägt in angemessener Weise der Bedeutung der Eintragung und der wirtschaftlichen Lage des Vereins Rechnung. Auf diesen Betrag war daher der Geschäftswert festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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