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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 04.10.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 144/06
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 19
BGB § 133
Ist bei der notariellen Beurkundung eines Rechtsgeschäfts über eine Grundbuchbelastung der Belastungsgegenstand im Hinblick auf den übereinstimmenden Parteiwillen nicht vollständig bezeichnet, so kann dies in materiell-rechtlicher Hinsicht zwar zu einer Bindung der Parteien an das eigentlich Gewollte führen, doch bleibt dies für die Grundbucheintragung unerheblich.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Eigentümer des Grundstücks FI. Nr. der verfahrensgegenständlichen Gemarkung.

Zur notariellen Urkunde des Notars Dr. H. 09.09.1993, bestellte die damalige Eigentümerin der Grundstücke Fl. Nrn. 84 und 77 der betroffenen Gemarkung zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Fl. Nr.84/1 verschiedene Grunddienstbarkeiten. Unter anderem wurde unter Ziff. III. 4. folgende Grunddienstbarkeit bestellt:

Am Grundstück Fl. Nr.84 werden zugunsten des jeweiligen Eigentümers von Fl. Nr. folgende Grunddienstbarkeiten bestellt:

3. Die im Plan 3 braun eingezeichnete Fläche darf nicht über den bisherigen Bestand hinaus mit Bäumen bepflanzt werden und/oder mit Bauwerken bebaut werden.

Es wird bewilligt und beantragt, am Grundstück Fl. Nr. 84 zugunsten des jeweiligen Eigentümers von Fl. Nr. 84/1 die in Abs. 1., 2., 3. und 4. vereinbarten Rechte und Pflichten jeweils als Grunddienstbarkeit im Gleichrang mit den sonst in dieser Urkunde bestellten Dienstbarkeiten einzutragen und im Vorrang vor der eingetragenen Grundschuld, und zwar mit Aktivvermerk für Fl. Nr. .

Mit Schreiben vom 15.10.1993 beantragte der beurkundende Notar beim Grundbuchamt Laufen gemäß § 15 GBO den Vollzug der Urkunde. Daraufhin wurde vom Grundbuchamt in Abteilung II unter lfd. Nr. 28 zu Lasten des Grundstücks Fl. Nr.84 die Grunddienstbarkeit als Bepflanzungs- und Bebauungsbeschränkung zu Gunsten des Grundstücks FI. Nr.84/1 antragsgemäß eingetragen.

Mit Schreiben vom 19.07.2006 beantragte der Amtsnachfolger des beurkundenden Notars unter Vorlage nachfolgender "Berichtigung eines Schreibversehens" den Vollzug einer Schreibfehlerberichtigung im Grundbuch:

Berichtigung eines Schreibversehens

Zu der Urkunde des Notars Dr. A in B vom 9.9.93 berichtige ich als Amtsnachfolger des vorgenannten Notars folgendes offensichtliches Schreibversehen:

In Abschnitt III.4. der vorgenanten Urkunde ist formuliert:

"Am Grundstück Fl. Nr.77 werden zugunsten des jeweiligen Eigentümers von Fl. Nr.84/1 folgende Grunddienstbarkeiten bestellt:

(...) die im Plan 3 braun eingezeichnete Fläche darf nicht über den bisherigen Bestand hinaus mit Bäumen bepflanzt und /oder mit Bauwerken bebaut werden."

Tatsächlich wurde diese Grunddienstbarkeit mit der genannten Urkunde nicht nur an Fl. Nr.84 bestellt, sondern auch an Fl. Nr.77.

Dies ergibt sich daraus, dass der - insoweit maßgebliche - Lageplan (Anlage 3 der Urkunde) die Dienstbarkeitsausübungsfläche auch auf der Fl. Nr.77 ausweist und in Abschnitt I.3.c) festgestellt ist, dass dieser Plan als Urkundsbestandteil für die Flächen existiert, an denen Nutzungsrechte oder Nutzungsbeschränkungen bestehen sollen. Diese Lagepläne wurden zudem unter Mitwirkung der Beteiligten gefertigt und den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt, was mit öffentlichem Glauben in der Notarsurkunde niedergelegt ist.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts wies den Eintragungsantrag zurück. Er begründete dies damit, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit nicht vorliege. Maßgeblich seien Bewilligung und Antrag, die zweifelsfrei FI. Nr. 84 als belastetes und Fl. Nr. 84/1 als berechtigtes Grundstück bezeichneten. Aus der Anlage 3 könnten Umfang oder Grenzen von FI. Nrn. 84 und 77 nicht entnommen werden. Eine nachträgliche Ergänzung des Rechts scheide aus, da der jetzige Eigentümer der Grundstücke Fl. Nrn. 77 dieser nicht zustimme.

Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht zurück. Die Beteiligten verfolgen ihr Beschwerdeziel mit der vom Urkundsnotar eingelegten weiteren Beschwerde fort. Sie stützen sich vorwiegend darauf, dass die in der notariellen Urkunde gebrauchte Bezeichnung des Belastungsgegenstandes falsch war, diese Falschbezeichnung sich aber nicht auswirken dürfe.

II.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und auch im Sinne des § 80 GBO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO scheidet deswegen aus, weil die Grunddienstbarkeit am Grundstück Fl. Nr.77 nicht außerhalb des Grundbuchs entstehen konnte. Es könne lediglich wegen des Inhalts des einzutragenden Rechts, nicht aber wegen des Belastungsgegenstandes auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand:

a) Die von den Beschwerdeführern vertretene Auffassung, eine Falschbezeichnung des Vertragsgegenstandes müsse nicht notwendig dazu führen, dass lediglich das objektiv Erklärte Vertragsgegenstand werde, trifft zu. Die Rechtsprechung hat dies sowohl für das schuldrechtliche beurkundungsbedürftige Rechtsgeschäft (vgl. BGH NJW 1983, 1610 und OLG Frankfurt MittBayNot 2005, 40) wie auch für das dingliche Rechtsgeschäft der Auflassung (vgl. BGH NJW 2002, 1038/1039) bejaht. Voraussetzung für die Wirksamkeit des tatsächlich gewollten Rechtsgeschäftes ist es, dass das wirklich Gewollte zur Überzeugung des Gerichts feststeht.

Ob dies bereits durch eine Erklärung des Amtsnachfolgers des ursprünglichen Urkundsnotars, der selbst bei der Beurkundung nicht zugegen war, erfolgen kann, kann dahinstehen, weil es auf die Frage nicht ankommt. Soweit nämlich die Eintragung in das Grundbuch betroffen ist, ist ausschließlich auf die verfahrensrechtliche Seite abzustellen (vgl. Meikel/Böhringer, Kommentar zur GBO, Einleitung G 44 am Ende).

b) Die grundbuchrechtliche Situation wird dadurch gekennzeichnet, dass eine Grunddienstbarkeit nur am Grundstück Fl. Nr.84 eingetragen ist, nicht aber am Grundstück Fl. Nr.77. Die Eintragung am erstgenannten Grundstück ist auch nicht etwa auslegungsfähig in dem Sinne, dass die eingetragene Grunddienstbarkeit sich auch auf das Grundstück Fl. Nr. 77 bezöge. Dafür gibt es weder einen Anhaltspunkt in der Eintragung selbst noch in der Eintragungsbewilligung, soweit auf diese überhaupt Bezug genommen werden darf. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach § 874 BGB - wie das Landgericht bereits zutreffend festgestellt hat - nur wegen des Inhalts eines Rechtes, nicht aber wegen des Belastungsgegenstandes auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden kann. Bei der Auslegung einer Eintragung wiederum ist unerheblich, was derjenige gewollt hat, auf dessen Bewilligung sich die Eintragung gründet (vgl. Demharter, Kommentar zur GBO, 25. Auflage, Rn. 4 zu § 53 GBO).

Eine Auslegung der Eintragung in dem von den Antragstellern gewünschten Sinne, die einen Berichtigungsvermerk erlauben würde, scheidet also schon deswegen aus, weil das dienende Grundstück in der Eintragung eindeutig bezeichnet ist (vgl. BGHZ 123, 297 = DNotZ 1994, 230; BayObLGZ 1992, 204; BayObLG DNotZ 1998, 295).

c) Darauf, ob die Eintragungsbewilligung anders als vom Grundbuchamt geschehen auszulegen oder gar umzudeuten sei, kann es nicht ankommen: Zwar ist die Eintragungsbewilligung als verfahrensrechtliche Erklärung grundsätzlich auslegungsfähig, es sei denn, dass ihre Eindeutigkeit eine Auslegung ausschließt (vgl. Demharter, GBO, Rn. 28 zu § 19). Das Grundbuchamt ist zur Auslegung auch nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet. Bei der Auslegung ist - wie bei der von Grundbucheintragungen - auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (vgl. BGHZ 113, 374/378).

Wäre nun entsprechend der Ansicht der Beschwerdeführer und entgegen § 874 BGB auch wegen des Belastungsgegenstandes ein Rückgriff auf den Erklärungsinhalt, wie er sich aus den Anlagen zur Eintragungsbewilligung ergibt, möglich und würde die Auslegung der Gesamterklärung zu dem Ergebnis führen, dass auch eine Belastung des Grundstücks Fl. Nr. 77 gewollt war, so hätte das Grundbuchamt dem Antrag in der notariellen Urkunde vom 9.9.1993 nicht vollständig entsprochen. Es müsste dann über den verbleibenden Teil des Eintragungsantrags, soweit er durch die Eintragung nicht verbraucht wurde (BayObLG DNotZ 1998, 295, 299) erneut entschieden werden. Bei dieser neuen Entscheidung wäre aber von dem Grundbuchstand auszugehen, wie er sich jetzt darstellt. Es bedürfte daher der Bewilligung des jetzigen Eigentümers von Grundstück Fl. Nr. 77. Der Rang dieser Eintragung würde sich nach dem jetzt vorhandenen Belastungszustand richten; die mittlerweile vorgenommenen Belastungen würden also der Grunddienstbarkeit im Rang vorgehen. Dies ist von den beteiligten Antragstellern ausdrücklich so nicht gewollt.

3. Eine Kostenentscheidung war ebenso wenig veranlasst wie eine Neufestsetzung des vom Landgericht zutreffend festgesetzten Gegenstandswerts.



Ende der Entscheidung

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